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Der „Flügel“ der AfD zündet nur im Osten, wo fünfmal weniger Bürger wohnen

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ikmerc / Shutterstock.com

Kommentar

Kein Zweifel, der sogenannte AfD-Flügel wird bald im Osten bei den Landtagswahlen abräumen. Gilt aber die umgekehrte Logik, dass die AfD im Westen ähnliche Ergebnisse einfahren würde, wäre sie auf der Flügel-Linie? Nein. Der Flügel kommt im Westen, wo fünfmal mehr Bürger wohnen, einfach nicht an und die Erfolge im Osten gehen zu Lasen der Ergebnisse im Westen.

Doris Sayn Wittgenstein hielt kürzlich eine Rede auf einer COMPACt-Konferenz und argumentierte dabei so simpel wie möglich: Man müsse „vom Osten lernen“ wegen den Wahlergebnissen, es gäbe wenig Streit in der Ost-AfD, die „immer erfolgreicher“ werde. „Einigkeit macht stark.“

Genau diese einfachen Talking Points kommen beim Publikum an, als ginge es immer nur bergauf mit dem Flügel-Kurs, auch im Westen, und der Kurs sei ohnehin alternativlos.

Georg Pazderski, der Berliner Landesvorsitzende, kann immerhin rechnen: Im Osten leben nur 10,2 Millionen Wähler, im Westen dagegen 51,5 Millionen. Für jede Stimme, die im Westen verloren geht, müsste man im Osten also fünf dazugewinnen. Oder anders gerechnet: Die West-AfD holt mit einem Ergebnis von 10% insgesamt 5,15 Millionen Wähler. Die Ost-AfD holt mit einem Ergebnis von 25% nur 2,55 Millionen Wähler.

Richard Hilmer vom Politik-Forschungsinstitut policy matters kommt in seinen Berechnungen auf eine bundesweite Stammwählerschaft der AfD von etwa sieben bis acht Prozent. Der Rest sind Protestwähler und experimentierfreudige Wähler. Selbst ein Viertel der AfD-Anhänger glaubt, dass rechtsextremes Gedankengut in der Partei weit verbreitet ist.

Sayn Wittgenstein erklärt sich die höheren Wahlergebnisse im Osten mit dem Slogan, dass die Leute im Osten sich an Unterdrückung und an den Kampf um Freiheit erinnern würden, während die Westler eher trandusig seien nach Jahrzehnten der bundesrepublikanischen Existenz. Diese Antwort ist aber viel zu kurz.

Millionen Ostdeutsche waren vor dem Mauerbau in den Westen geflohen und hatten viel Gelegenheit, im Westen ihren Kindern beizubringen, wie die Unterdrückung der SED aussah. Sind daraus außergewöhnlich viele AfD-Wähler im Westen entstanden? Nein. Sofort nach der Wende verließen nochmal fast 1,4 Mio. Bürger ihre ostdeutschen Herkunftsländer. Gleichzeitig zogen jetzt aber auch vermehrt Westdeutsche in Richtung Osten. Doch die gesamten Austauschsalden für Ostdeutschland blieben immer negativ. Ab Ende der 90er Jahre setzte noch dritte Wanderungswelle ein. Seitdem ziehen vermehrt junge Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen, und darunter insbesondere Frauen, fort.

Westdeutschland war im Kalten Krieg recht konservativ und bürgerlich. Eigentlich hätte die AfD davon profitieren müssen, aber vielen Bürgerlich-Konservativen im Westen ist die AfD zu abgeschwirrt. Wir sehen auch innerhalb des Flügels Gift und Galle, die gespuckt werden in Richtung der angeblich zu weichen, zu wenig revolutionären Bügerlich-Konservativen.

Sayn Wittgenstein zeigt leider keine Meinungsforschung, aus der hervorgeht, dass West-Wähler weitaus stärker AfD gewählt hätten und wählen würden, wenn die West-AfD einen Flügel-Kurs gefahren hätte. Solche Studien würden nur wenige tausende Euros kosten, was die AfD problemlos bezahlen könnte. Stattdessen bekommen wir immer nur die scheinbare Logik „Flügel hat höhere Wahlergebnisse, also ließe sich das im Westen reproduzieren“ sowie „Ost-Bürger verstehen die Bedrohung durch das linke Merkel-Regime besser und wählen deshalb mehr AfD.“ Es gäbe viele Gründe, eine seriöse bürgerlich-konservative Partei zu wählen und Erinnerungen an das SED-Regime wäre nur einer von vielen Gründen.

Man muss auch daran erinnern, dass Sayn Wittgenstein auf einer COMPACT-Veranstaltung sprach; also einer Zeitschrift, deren Chefredakteur Elsässer vor Jahren noch strammer antideutscher Kommunist war und dem Verlust der DDR hinterhertraute.

Viele erwarteten irgendwelche kontroversen, geschichtsrevisionistischen Aussagen von Sayn Wittgenstein und wurden enttäuscht. Es gab nur Geschwurbel darüber, dass die Ostbürger einen „anderen Geschichtsunterricht“ gehabt hätten, ein „wissenschaftliches Geschichtsbild“, ein „wahrhaft nationales Geschichtsbild“ das der „nationalen Grundkonzeption der Arbeiterklasse entsprach“ und den Entwicklungsweg der menschlichen Gesellschaft wissenschaftlich richtig erkannte.“ Was soll das bitte bedeuten? Elsässer war bei dem Thema schon deutlicher, und behauptete, die DDR sei zumindest der „deutschere“ von beiden Staaten gewesen und spielte auf hohle SED-Propaganda an, die ein paar Versatzstücke aus dem alten preußischen Erbe umdeutete als Lametta für den Sozialismus. Die DDR war Elsässer früher nicht antideutsch genug gewesen und betrachtete dies als verpasste Gelegenheit.

Im Westen gäbe es, so Sayn Wittgenstein, ein durchweg negatives Geschichtsbild, das Deutschland quasi das historische Lebensrecht aberkennt. Irgendetwas Kontroverses folgt daraufhin nicht. Nur ein paar kritische Sätze über den ins Negative umgedeutete Begriff des Volkes und dass man für die klassische Sicht aus der Ära des Kalten Krieges heute als extrem rechts verunglimpft wird. Wenn aber Leute im rechten Spektrum selten unterscheiden können und wollen, ab wann man ins NPD-Fahrwasser abdriftet und die Wähler vergrault dann braucht man sich nicht wundern, dass andere Leute ebenfalls keine Unterscheidung mehr zustandebringen oder gar die Verwischung von Grenzen gezielt manipulativ ausnutzen.

Die Bibel des Flügels

Der Flügel ist beeinflusst durch klassische Verschwörungsliteratur, gewöhnliche rechtsrevisionistische Bücher und teilweise auch durch klassische Rechtsesoterik. Der gemäßigt-bürgerliche Teil der Partei hält sich größtenteils fern von solchen Medien. Dies ist der Ursprung der Spaltung in der AfD. Die Flügel-Anhänger werden nie von diesen Einflüssen loslassen, weil nur in dieser Literatur größere Verschwörungen behandelt werden und nur in dieser Literatur eine Neubetrachtung der deutschen Geschichte vorgenommen wird. Die gemäßigten Bürgerlichen werden sich nie auf diese Einflüsse einlassen, weil darin zu große Irrtümer und Irreführungen enthalten sind und die allermeisten Menschen im Inland und Ausland abstößt.

Der Flügel denkt, ein Ablassen von klassisch rechter (Verschwörungs-) Literatur wäre wie eine komplette Amputation und Selbstaufgabe. Die Bürgerlichen denken, sie würden ihren bürgerlichen Charakter verlieren, wenn sie sich auf rechte (Verschwörungs-)Literatur einlassen.

Die AfD kann nicht als braune Partei funktionieren, sie kann aber auch nicht als harmlose Spießerpartei funktionieren. Die Lösung liegt auf der Hand: Es braucht endlich wissenschaftliche Medien und Forschung, die sich mit Verschwörungen und ausländischen Geheimdienstoperationen gegen Deutschland in der Vergangenheit und Gegenwart beschäftigen. Nur so lassen sich verheerende Irrtümer eliminieren und neue Erkenntnisse gewinnen und nur so finden Menschen aus dem rechten Spektrum und generell aus der gesamten Bevölkerung zusammen.

Die britischen, amerikanischen, russischen und hochadeligen (!) Spionageabteilungen kombinierten ihre Geheimdienstoperationen immer mit psychologischer Kriegsführung, um die Menschen auf falsche Fährten zu locken. Man kontrolliert seit dem späten 18. Jahrhundert die Leitlinien der modernen Verschwörungsmedien.

Je mehr sich jemand einlässt auf die gängigen Verschwörungs- und Revisionisten-Medien, umso einfacher kann derjenige unter Druck gesetzt werden.

AlexBenesch
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