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Kommentar
Erik Ahrens, kaum über 30 Jahre alt, war einst der Social-Media-Zauberer für die AfD und maximierte das Prinzip des Netzwerkens mit einflussreichen Figuren weltweit. Inzwischen arbeitete er mit dem gleichen Eifer daran, die bestehende rechte Szene zu zerstören. Ob es sich einfach um einen Sinneswandel handelt, oder nur um den Versuch, nach seinem Scheitern Kapital aus ebenjenem Scheitern zu ziehen, ist aktuell noch unklar.
Seine ehemaligen Kameraden wie Götz Kubitschek waren es ja gewohnt, die aktuellen Talking Points für die rechte Szene zurechtzulegen und diese über Influencer ans Publikum zu verteilen. Dementsprechend gilt Ahrens nun als Verräter und U-Boot, der angeblich im Rahmen eines staatlichen Aussteigerprogramms agiere. Sachlich betrachtet ist es wenig relevant, ob er sich hat „kaufen“ lassen oder gar frühzeitig die Szene nur infiltrierte.
Ich beschreibe seit vielen Jahren die Zustände in der rechtsextremen Szene und liefere passende Leitfäden, ohne plumpe Appelle an die Leute, sich doch bitte in das Standardlager der politischen Mitte einzugliedern oder in das Standardlager der Linken.
Wäre er früh ein Informant gewesen, dann müsste man jetzt darauf hinweisen, dass die Szene wie immer machtlos gegenüber solchen Techniken ist. Jemand muss nur die gewünschte Ideologie bekunden, Geld herbeischaffen und besonders aktiv sein (also Ergebnisse einfahren) und schon wird demjenigen vertraut und er erhält mehr Einblicke und mehr Möglichkeiten. Echte professionelle Hintergrundprüfungen gibt es nicht.
Es spricht einiges gegen die These, dass Ahrens ein klassischer Behörden-Spion war: Anstatt in Kubitscheks orthodoxem Lieblings-Kloster in Niedersachsen so zu tun, als fände er die „byzantinischen“ okkulten Rituale in unterirdischen Katakomben toll, und anstatt dem Priester dort zuzunicken als jener erzählt haben soll, er möchte einen „mitteldeutschen feudalen Bauernstaat“ in der Zukunft, lehnte er die ganze Veranstaltung ab und zerstritt sich endgültig mit Kubitschek. Ein Spion wäre vorab entsprechend vorbereitet worden und hätte dann genau die richtigen Worte abgespult und mit Hintergrundwissen geglänzt.
Ähnlich sieht es aus mit seiner Beziehung zu Maximilian Krah von der AfD. Jener begeisterte die extrem rechten Wähler und brauchte zusätzlich noch Arens‘ TikTok-Guerilla für den Wahlkampf. Bezahlen wollte er die Dienste von Ahrens angeblich so gut wie gar nicht. Aus dubiosen Quellen, so wird behauptet, erhielt Krah jedoch laufend frisches Geld. Zudem soll der beleibte AfD-Politiker sehr, sehr hedonistisch gewesen sein und nach dem Wahlsieg distanzierte er sich noch von Kernüberzeugungen der Rechtsextremisten. Ein angeleiteter Spion wäre nicht wütend und enttäuscht gewesen, sondern hätte praktisch alles verziehen und Krah zugestanden, einfach aus Strategie zu handeln. Hauptsache, man hält die Beziehung warm und gelangt an mehr relevante Informationen.
Spione sind die Beschaffer von Informationen und leiten diese weiter an die Auswerter und letztendlich landen die Berichte dann bei den Entscheidern. Irgendwann kann man eine Organisation wie die AfD mit den vorliegenden Erkenntnissen beschädigen, oder zerstören (verbieten) oder sie als Sammelbecken kontrollieren. Vergangene Fälle wie die NPD und SRP sind weithin bekannt. Zahllose weitere Fälle gibt es ebenfalls. Und trotzdem benutzte die AfD über Jahre hinweg das gleiche Standard-Schema und rekrutierte aus längst infiltrierten Kreisen neues Personal.
Alle Bedenken wurden weggewischt mit festgelegten Talking Points: Illegaler Rechtsextremismus ist konsequent zu leugnen. Über Geheimdienste spricht man nur insofern, dass die Altparteien den Verfassungsschutz politisch instrumentalisieren, um die AfD schlechtzureden. Über ausländische Dienste, die eigentlich seit Generationen die deutsche Szene ausspionieren, redet man gar nicht.
Die allermeisten, die solche Talking Points akzeptieren und nachplappern, sind einfach nur Amateure ohne angemessene Bildung, gefangen in einem emotionalisierten Kult-System. Manche sind aber Informanten von Behörden, die solche Talking Points benutzen, damit niemand auf die Idee kommt, Spionageabwehr zu betreiben. Jeder echte Spion und jeder echte Amateur würde nach dem Ahrens-Fiasko nun darauf bestehen, ihn als Verräter abzustempeln und genau so weiterzumachen wie bisher.
Im Moment traut niemand mehr Ahrens und das natürlich aus gutem Grund. Keiner weiß, welche Absichten er wirklich verfolgt; wie hoch seine persönlichen Ambitionen sind, aus seinen vergangenen Einblicken Kapital zu schlagen. Sein bisher veröffentlichtes Material ist nur ein Teaser oder Trailer. Ob er tatsächlich die versprochenen Beweise abliefern wird, können wir nicht sagen.
Was wir wirklich sagen können, ist, dass die AfD und ihr Umfeld sehr dysfunktional und leicht zu infiltrieren sind. Wir brauchen keinen Ahrens, um zu vermuten, wie Krah wirklich drauf ist. Wir brauchen keinen Ahrens um zu wissen, dass in der Szene orthodoxem Okkultismus gefrönt wird und der Russe Alexander Dugin damit verbunden ist. Wir brauchen auch keinen Ahrens, um zu wissen, dass hochmotivierte Aktivisten schnell frustriert und demoralisiert werden. Wenn man wiederholt mit toxischen Selbstdarstellern zu tun hat, Karriereschweinen und Landesverrätern, dann wird unweigerlich klar, dass man keinen Blumentopf gewinnen kann, egal wie sehr man sich anstrengt.
Ahrens plapperte 2023 in einem Restaurant in Athen von seinen hochtrabenden Plänen, als eine versteckte Kamera mitlief. Der „Investor“, der mit Geld lockte, war in Wirklichkeit ein britischer Aktivist der Organisation „Hope Not Hate“. Es reichte also, dass jemand eine falsche Rolle spielte, um Ahrens vor laufender Kamera dazu zu bewegen, sich um Kopf und Kragen zu reden; wie er der neue Führer werden wollte. Das war übrigens nicht der einzige Vorfall mit versteckter Kamera.
Seit vielen Jahren weise ich darauf hin, dass für die AfD alles steht und fällt, inwiefern sich wichtige Mitglieder verhalten, wenn sie denken, abseits der Öffentlichkeit mit vertrauenswürdigen Gleichgesinnten zu sprechen. Jede Bekundung offensichtlich illegaler Absichten wäre hartes Beweismaterial für ein Parteiverbot, für Anklagepunkte gegen die individuelle Person oder aber kompromittierendes Material um die betreffende Person als Informant zu rekrutieren. Ein Parteiverbot würde der rechten Szene einen äußerst harten Schlag verpassen. Mit dem Urteil verschwinden die Posten und das Parteivermögen. Nachfolgeorganisationen würden automatisch verboten werden. Der Nachteil an diesem Szenario für die klassischen Parteien wäre aber, dass ein parteipolitisches Vakuum entsteht, das von Kräften gefüllt werden könnte, die konservativ sind und sich konsequent von Rechtsextremen abgrenzen. Beliebter ist die Variante, die AfD heimlich zu kontrollieren und sie ggf. der CDU als Koalitionspartner zuzuführen nach ein paar Säuberungen.
Ahrens behauptete, große Summen Geld erhalten zu haben via Andrew Conru, der mit der Human Diversity Foundation zusammenhängt. Diese „Stiftung“ war ursprünglich der Pioneer Fund, welcher von einflussreichen US-Eliten geschaffen worden war. Gründer Harry Laughlin war Direktor des Eugenics Record Office im Cold Spring Harbor Laboratory auf Long Island, New York, eine Eugenik-Einrichtung, die es nicht bei blanker Theorie belassen hatte. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde in den USA tatsächlich ein Programm durchgeführt, bei dem quasi die untersten 10% der Gesellschaft identifiziert und sterilisiert werden sollten. Neonazis verachten eigentlich diese Ostküsten-Eliten Amerikas, weil sie gemäß der klassischen Verschwörungsideologie unter Kontrolle der „Weisen von Zion“ stehen. Diverse NSDAP-Größen waren vor ihrer Machtübernahme bereits große Fans der US-Eugeniker.
Während wir bei Britannien längst genau wissen, dass es ein breit angelegtes Täuschungsmanöver gegeben hatte, um den Nazis Sympathien vorzugaukeln, haben wir bei den Amerikanern weniger Belege, aber die Wahrscheinlichkeit für ein eigenes Täuschungsprogramm ist sehr hoch. Zum opportunsten Zeitpunkt distanzierten sich Führungsfiguren von Standard Oil, GM oder Ford von den Deutschen und fuhren die Kriegsproduktion nach oben.
Der jüdische Historiker Edwin Black entlarvte in seinem Werk „IBM and the Holocaust“ die Verflechtungen der Industrie mit den Nazis. In „War Against the Weak: Eugenics and America’s Campaign to Create a Master Race“ geht es um die amerikanischen Eugeniker und das Eugenics Record Office im Cold Spring Harbor Laboratory.
Es ist durchaus denkbar, dass vor Jahren der jungen Erik Ahrens noch sehr wenig relevante Bildung besaß und sich dementsprechend leicht hineinziehen ließ in radikale Kreise, ohne das größere Spiel zu verstehen. Aktuell tritt er als geläuterter Aussteiger auf und spult die akademischen Standard-Sätzchen ab über seine frühere Ideologie. Egal ob er komplett in der Bedeutungslosigkeit verschwinden wird oder als eine Art Kronzeuge auftritt mit handfesten Beweisen; Rechtsextremismus seit 1945 befindet sich inhaltlich und personell primär unter Kontrolle von Anglo-Eliten und Russen. Beide Supermächte bearbeiten das gesamte politische Spektrum, also reicht es nicht, wenn ein Ahrens sich nun eingliedern möchte in eine andere Standard-Kategorie wie links oder die politische Mitte.