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Alle drei Supermächte kultivierten einen Mythos um die Revolutionen, aus denen sie entstanden waren: In dem Geschichtsverständnis der USA war das Leben als Kolonialisten des britischen Imperiums noch gekennzeichnet durch fürchterliche Tyrannei und Ausbeutung. Nach der Revolution hätten die Menschen hingegen in „Freiheit“ gelebt; das Zauberwort des amerikanischen Staatskultes. Rein wissenschaftlich betrachtet waren in dem neuen System einfach wesentliche britische Elemente übernommen worden. Wer zu dem kleinen Kreis elitärer Familien der USA zählte, bekam von Anfang an die Top-Positionen im Staat und in der Wirtschaft zugeschanzt. Im Laufe der Zeit entstand eine weitreichende Verkettung dieser Clans, die an den altmodischen Adel erinnerte, und man rekrutierte behutsam neue Talente aus der gewöhnlichen Bevölkerung, die dann die Kaderschmieden der hohen Universitäten durchliefen. Loyalität wurde über Generationen hinweg fortlaufend geprüft nach einem System, das von den Anführern des britischen Empires perfektioniert worden war. Es gab in den USA nie eine echte Trennung zwischen der Regierung und den Konzernen wegen dieser familiären Superstrukturen; ähnlich wie bei der „British East India Company“ der Briten und ähnlichen Institutionen. Wenn es darum geht, die Menschen zu besteuern, geschieht dies über eine „Staatsbehörde“, und wenn es darum geht, den Steuerzahlern Einsicht zu verweigern und mit ihnen Gewinne nicht zu teilen, dann werden „Privatunternehmen“ verwendet.
90% der US-Bürger besitzen auch heute noch keine nennenswerten Vermögenswerte, was ziemlich genau den Verhältnissen altmodischer Imperien entspricht. Wenn man zu den Normalsterblichen zählt, ist man bei dem Rechtssystem völlig im Nachteil, weil es zu viele komplizierte Gesetze sowie Straftatbestände gibt und eine Verteidigung durch Anwälte sehr teuer ist. Mitglieder der oberen 10%, vor allem die „Old Money“-Familien, können sich effektiv absichern und selbst wenn sie in Schwierigkeiten geraten, erhalten sie bevorzugte Behandlung. Top-Konzerne der USA sind nach feinster britischer Art organisiert als Gewirr von Beteiligungsgesellschaften und Teil-Konzernen mit Sitz in unterschiedlichen Steueroasen. Die ganz unzufriedenen Bürger, die realisiert haben, dass etwas ganz fundamental nicht stimmt, werden entweder vom sozialistischen Lager aufgefangen oder landen im patriotisch-konservativen bis rechtsextremen Spektrum. Gemäß der linken Ideologie waren die Aufklärungsbewegung und der Kapitalismus nicht gut genug und es bräuchte eine linke Diktatur auf absehbare Zeit als Übergangsform hin zu dem reinen Kommunismus. Letztendlich fällt linken Ideologen aber auch nichts anderes ein, als die Democrats zu wählen. Sozialismus in der Realität ist nichts anderes als eine modernere Form der altmodischen Leibeigenschaft. Stramme Konservative und Anhänger der klassischen Verschwörungsmythologie klammern sich nach wie vor an die schwärmerische Darstellung der Amerikanischen Revolution. Es hätte sich um den größten Fortschritt in der Menschheitsgeschichte gehandelt, der im Laufe der Zeit dann aber vermiest wurde durch linke Strömungen oder durch eine gigantische Verschwörung. Ein paar winzige jüdische Familien wie die Rothschilds hätten mühelos mit billigen Tricks in den 1800er Jahren die Macht über das britische Empire übernommen und dann auch noch über die USA. Selbst die große Industrialisierungsphase der USA ab den 1870ern mit Unternehmern wie den Rockefellers und Vanderbilts wäre heimlich von den jüdischen „Weisen von Zion“ verwaltet worden und hätte den ursprünglichen freiheitlichen Charakter der USA ruiniert. Wissenschaftlich betrachtet gab es aber diese wundersame, rund 100 Jahre währende Früh-Phase des Landes nicht. Es ist nur eine „Garten von Eden“-Vorstellung, deren Wiederkehr man heute den Menschen als Verlockung vor die Nase hinhält.
Für Kommunisten weltweit war hingegen die Revolution in Russland mitsamt dem Bürgerkrieg dort die wichtigste, beste Entwicklung in der Menschheitsgeschichte; das Niederwerfen von Tyrannei, die große Befreiung, das Ende des klassischen Imperialismus. Leider folgte die Revolution dem seit Jahrtausenden gängigen Muster eines Umsturzes und einer Ausdehnung des ursprünglich kleinen neuen Herrschaftsgebiets. Anschließend wurde die Bevölkerung auf dem Territorium streng überwacht und ausgebeutet, wie es altmodischer Leibeigenschaft entsprach.
Die Revolution in China war von der sowjetrussischen Führung geplant und finanziert worden. Das Marketing als Befreiungsaktion war dementsprechend identisch. Statt eine „klassenlose Gesellschaft“ hervorzubringen, gibt es heute die 1% an der Spitze, ein paar wenige Prozent als Mittelschicht und die Masse an Untertanen ohne nennenswerte Vermögenswerte und Rechte.
Wir haben es heute mit drei Supermächten zu tun, die bald in einem dritten Weltkrieg aufeinanderprallen können, nachdem sie über Generationen hinweg miteinander weitreichenden Handel betrieben haben und sich eigentlich die Welt bequem untereinander aufteilen könnten. Wozu sich wirklich bekriegen angesichts des Vernichtungspotenzials von ABC-Waffen? Wozu sich gegenseitig schwächen, wenn dadurch Konkurrenten wie Japan, Frankreich, Muslime oder Afrikaner profitieren würden?
Die Zukunft der Menschheit ist nach gewöhnlicher Sichtweise abhängig von einer Mischung aus Politikwissenschaft und Geschichtsforschung. Diese beiden Felder sollen uns erklären, wie freiheitliche und totalitäre Staaten funktionieren und interagieren. Wie man Krieg möglichst vermeidet oder zumindest so weit in Grenzen hält, dass nicht alles gleich in Schutt und Asche liegt. Es muss ja eigentlich selbstverständlich sein, auf Wissenschaft zu setzen, und schließlich hat uns Wissenschaft in anderen Bereichen wie Medizin, Physik oder Chemie alle möglichen Durchbrüche beschert.
Geht es um Menschen und Imperien müssen prinzipiell das Geheimdienstwesen und die Psychopathologie integriert werden in eine möglichst vollständige Herangehensweise. Das wurde aber bisher nicht wirklich getan. Wir wissen inzwischen sowohl von hochgefährlichen Störungen, die eine einzelne Person betreffen, als auch von den psychopathischen und narzisstischen Dynamiken innerhalb von Gruppen. Imperien konnten selbst vor tausenden Jahren nur auf der Basis von Informationen funktionieren: Wie die eigenen Bevölkerungsgruppen dachten und fühlten, wie gut der Zusammenhalt der eigenen Eliten war, was die gegnerischen Imperien vorbereiten und wo sie schwach aufgestellt waren. Jedes Imperium hatte nur knappe Ressourcen und musste jene so gezielt wie möglich einsetzen, was ein ausladendes, professionelles Spionagewesen voraussetzte.
Historiker, die sich meist gar nicht mit Geheimdienstfragen auskennen, berichten, dass Geheimdienste vor dem 20. Jahrhundert klein, ad hoc und eher dilettantisch waren. Erst als der Erste Weltkrieg bevorstand, improvisierten Briten, Amerikaner, Franzosen, Deutsche und Russen in aller Eile „echte“ Dienste und besetzten sie mit Abenteurern, Anwälten, Polizisten, Buchhaltern, Geschäftsleuten, Militäroffizieren und mystisch angehauchten Freimaurern. Wer wie seine Vorfahren einen Abschluss von einer Eliteuniversität hatte und aus alteingesessenen Kreisen stammte, hatte eine gute Chance, aufgenommen zu werden. Häufige Auslandsreisen und Fremdsprachenkenntnisse waren ein großes Plus. Ebenso eine paramilitärische Ausbildung. Mehr war das nicht, sagen uns die Historiker, denn das steht auf den Papierunterlagen, die man zur Auswertung vorliegen hatte.
Aufgrund dieses albernen zivil-akademischen Denkens sind Politikwissenschaft und Geschichte keine echten Wissenschaften, vergleichbar mit Chemie, Physik oder Medizin. Es hat nie einen echten Durchbruch in Politikwissenschaft oder Geschichtsforschung gegeben.
Die „aufklärerischen“ Ideen demokratischer Republiken sind sehr simpel gehalten und gehen auf frühe Versuche in der Antike zurück. Sozialismus war nie ein wirkliches Konzept, wie man ein Land und seine Wirtschaft regiert, sondern nur ein Gedankenkonstrukt, das darauf abzielte, die Bauern zu radikalisieren. Faschismus ist lediglich eine Fortsetzung der römischen Herrschaft.
Es ist unvorstellbar, dass Spionage in der Antike nicht bereits erheblich hochskaliert und professionalisiert worden war. Viel später beherrschte zeitweise das britische Empire die Meere, kontrollierte riesige Kolonien mit minimalem Personalbestand und ließ Konkurrenten wie die Franzosen hinter sich. Und das alles ohne massive Spionage? Keine Chance.
Wie messen wir wirklich die Qualität der Politikwissenschaft und der Geschichtswissenschaften? Idealerweise würden uns diese beiden Bereiche eine gewisse Vorhersagekraft verleihen, aber das ist eindeutig nicht der Fall. Wir können keine mathematischen oder chemischen Formeln verwenden und Laborexperimente entwickeln. Das Qualitätsniveau wird letztlich davon bestimmt, wie sehr eine Untersuchung in die Logik von Geheimdiensten und klassischer, fokussierter imperialer Führung passt. Die Akademiker behaupten jedoch, die entscheidenden Qualitätskriterien seien die genaue Lektüre möglichst vieler öffentlich zugänglicher Akten und die Zufriedenheit der Universitäten oder wer auch immer ihre Gehälter bezahlt.
Daher berücksichtigen Politikwissenschaftler und Historiker die zentralen Merkmale für die Qualität ihrer Arbeit nicht. Sie können das Wie und das Warum nicht erklären.
Westliche Mächte gaben vor, den klassischen Imperialismus aufgegeben zu haben, und leugneten bis in das 20. Jahrhundert hinein, ernsthafte Geheimdienste zu betreiben. Selbst die Existenz des britischen GCHQ, des MI5 und SIS/MI6 sowie der amerikanischen NSA wurde lange Zeit noch geleugnet.
Frühe Verschwörungsmythologien
Vor langer Zeit lancierten mächtige Regierungen ein pseudowissenschaftliches Feld, das versprach, geheime Spionageoperationen aufzudecken: Der Vatikan, unterstützt von Frankreich, zirkulierte Verschwörungspropaganda gegen Großbritannien und die Anglo-Kirche. Man behauptete, britische Freimaurer würden Teufelswerk betreiben und traditionelle Strukturen destabilisieren. Die Briten revanchierten sich mit Verschwörungspropaganda über den Jesuitenorden und die französischen Freimaurer.
Im frühen 19. Jahrhundert propagierte die sozialistische Bewegung den modernen Antisemitismus, weil dies ein einfacherer Weg war, die antikapitalistische Botschaft vorbei an der staatlichen Zensur zu verbreiten: Profit und Handel wurden als jüdisch, parasitär, teuflisch und unnatürlich beschrieben. Die Sozialisten ließen schließlich das antisemitische Element fallen, ließen aber die restlichen Elemente des Feindbildes vom parasitären Kapitalismus intakt. Der Hauptfeind war immer noch eine Karikatur; das kapitalistisch-imperialistische „Schwein“. Die extreme Rechte griff die antisemitische Verschwörungstheorie um 1850 auf und kopierte dafür sogar ältere linke Texte.
Man wird heute dazu gedrängt, sich für eine von zwei Sichtweisen zu entscheiden: Entweder der Glaube, dass weltumspannende Imperien vor dem 20. Jahrhundert ohne massives Spionagewesen auskommen konnten, oder der Glaube, dass es ein paar Juden gelungen sei, das britische Empire mit einfachen Krediten und simplen Tricks zu übernehmen. Heute glauben viele Menschen weltweit (darunter der Großteil aller Muslime) immer noch, dass Mayer Amschel Rothschild, ein Kleinhändler aus einem deutschen Ghetto, dem mächtigen Adelshaus Hessen ein Vermögen gestohlen habe und dass Nathan Rothschild nach der Schlacht von Waterloo die britische Börse manipulierte und seiner Familie so die Übernahme des Bankenviertels „City of London“ und der Zentralbank „Bank of England“ ermöglichte. Alles Unsinn. In Wirklichkeit rekrutierte das Haus Hessen die kleine Familie Rothschild, um Aufgaben für Großbritannien zu erfüllen und vermutlich gegen die Österreicher und Franzosen zu spionieren.
Der typischen Verschwörungsmythologie zufolge waren die Aristokraten recht dumm und naiv, während Juden wahre Wunder mit Spionage bewirkten. In der Verschwörungsliteratur findet man aber lediglich Beschreibungen einfachster Tricks und Techniken.
Wie das Spiel gespielt wurde
Nach dem Ende des Weströmischen Reiches etablierten sich verstreute Eliten im heutigen Italien, Deutschland, Frankreich, Spanien usw. Das einzige Modell zur Führung eines Imperiums war das römische, und daher nutzten die Clans es weiterhin. Man musste Gebiete sichern, in denen Getreide angebaut werden konnte, und man brauchte leibeigene Bauern, die auf den Feldern arbeiteten. Und man brauchte viel Spionage und Spionageabwehr.
Rom konnte in seiner Blütezeit hunderttausende Berufssoldaten mobilisieren, und diese waren oft besser als eine größere gegnerische Streitmacht. Dennoch waren die Außengrenzen des Reiches zu groß und zu teuer zu verteidigen. Mehr Streitkräfte waren nur durch größere Gebiete mit Landwirtschaft zu finanzieren, was aber den Aufwand für die Verteidigung des Gebiets vergrößerte. Nach Rom verfügte die Karolinger-Dynastie in Europa über Armeen, die schätzungsweise nur einige Tausend oder wenige Zehntausend Mann umfassten. Die Überschuldung eines schwächelnden neuen Reiches war ebenso gefährlich wie die Unterschätzung seiner Konkurrenten. Dem neuen islamischen Kalifat gelang es, bis nach Nordafrika und sogar in das heutige Spanien und Portugal zu expandieren. Die Muslime litten jedoch unter internen Machtkämpfen und einigen der gleichen Probleme wie Rom mit seinen übergroßen Grenzen und seinen endlosen Feldzügen. Das spätere osmanisch geführte Kalifat hatte zwar die spanischen und portugiesischen Gebiete verloren, umfasste aber Teile der heutigen Ukraine, des Balkans und Ungarns.
Europäische Dynastien bekämpften sich oft gegenseitig und hatten Mühe, ihre Kontinuität und ihren Zusammenhalt zu wahren. Dem Haus Anjou (Plantagenet) gelang es, das heutige Großbritannien und einen großen Teil des heutigen Frankreichs zu kontrollieren, bevor es aufgrund innerer Spannungen und des Mangels an geeigneten Erben zerfiel. Zeitweise war das portugiesische Reich von großer Bedeutung, ebenso wie das spanische. Ein wirklich geeintes Deutsches Reich gab es lange Zeit nicht.
Alle Reiche hatten mit den gleichen Problemen zu kämpfen: Zu wenig Einheit. Das geeignete Personal war einfach nicht groß genug und nicht gut genug ausgebildet.
Die Anomalie
Es gab eine bemerkenswerte Ausnahme: Ein Supercluster, bestehend aus drei Familienclustern des Hochadels: Welfen, Wettiner und Reginare. Jedes der drei Cluster umfasste Linien und Unterlinien mit Namen, die meist deutschen Orten entsprachen: Die Häuser Hessen, Sachsen, Schleswig-Holstein, Braunschweig-Wolfenbüttel, Hannover usw.
Historiker wissen, dass dieser Supercluster existiert, und sie haben ihn kartiert, aber nie dessen tatsächlichen Zusammenhalt, dessen systematisches Verhalten und dessen Spionagefähigkeiten rekonstruiert. Diese Gruppe wurde groß und organisiert genug, um einen überwältigenden Spionagedienst zu unterhalten; nicht nur durch eheliche Nachkommen, sondern auch durch viele uneheliche Kinder mit abweichenden Namen.
Welfen, Wettiner und Reginare infiltrierten Dänemark, Schottland und schließlich England in mehreren Etappen. Insbesondere das „Britische Empire“ brachte ein Element der Abgeschiedenheit mit sich, das auf dem europäischen Festland zuvor fehlte an Orten wie Schleswig-Holstein oder Hessen, die ständig von den Franzosen bedroht waren.
Nach außen hin sollte die neue Monarchie in Großbritannien geschwächt und eingeschränkt wirken: König Georg I. war ein Welfe aus dem deutschen Gebiet Hannover (Braunschweig-Wolfenbüttel). Die Leibeigenschaft der Bauern endete in Großbritannien früh, und die neue Ära schien sich um politische Parteien und Unternehmen zu drehen.
Etwa zehntausend Jahre lang funktionierten alle Reiche praktisch gleich: Sie besetzten und verteidigten ein Gebiet, auf dem leibeigene Bauern Getreide anbauten, um alles zu finanzieren. Die einzige Ideologie war der Gehorsam gegenüber der Führung. Die moderne Wissenschaft veränderte jedoch die grundlegenden Berechnungen. Die Größe des Territoriums und die Zahl der Leibeigenen waren nicht mehr die entscheidenden Faktoren. Wissenschaftliche Innovationen erleichterten die Nahrungsmittelproduktion erheblich und erforderten deutlich weniger Arbeitskräfte für die Feldarbeit. Stattdessen konnten diese Menschen in Massenarmeen, Fabriken und Forschungseinrichtungen eingesetzt werden, um bessere Schiffe, Waffen und Lieferketten zu entwickeln. Welfen, Wettiner und Reginare hatten geheime Strukturen innerhalb der Universitäten, der führenden wissenschaftlichen Organisation „Royal Society“, des Rechtssystems, der politischen Parteien und der Unternehmensstrukturen aufgebaut. Die britische Freimaurerei wurde 1717, nur drei Jahre nach der Thronbesteigung von König Georg I., als Schwesterorganisation der Royal Society gegründet. Der Supercluster verfügte über das Geld, das Personal und die Spionagefähigkeiten, um die Kontrolle über die Ideen der „Aufklärung“ zu übernehmen und die Bewegung zu gestalten. Geheimdienste gründeten politische und wirtschaftliche Tarnorganisationen.
Es war möglich, militante Strömungen der revolutionären Aufklärung auf dem Boden des Erzfeindes Frankreich zu verbreiten. Radikalismus wurde auch auf deutschem Gebiet eingesetzt. Kontrollierter, überwachter Wandel fand unterdessen in Großbritannien statt.
Amerikanische Revolution
Die 13 Kolonien waren ein eher kleines Gebiet an der amerikanischen Ostküste, hatten aber eine hohe wirtschaftliche und strategische Bedeutung. Weiter westlich besaßen die Franzosen riesige Gebiete und arbeiteten mit den Einheimischen zusammen. Für Großbritannien (und den Supercluster) war es unerlässlich, zuverlässige Geheimdienststrukturen in Amerika aufzubauen, um einen Zerfall oder eine ausgewachsene Rebellion zu verhindern oder zumindest im Falle einer Rebellion ein gewisses Maß an Infiltration zu gewährleisten. George Washington verfügte weder über eine echte Marine noch über Geld, Waffenproduktion oder Truppenstärke. Die Franzosen finanzierten ihn, während Großbritannien sich in seiner Reaktion deutlich zurückhielt. Zahlreiche Gelegenheiten, ihn gefangen zu nehmen und seine kleine, unterfinanzierte Armee zu vernichten, wurden nicht genutzt. Hätte der Supercluster rechtzeitig über bedeutende Spionagenetzwerke in Amerika verfügt, hätte er die Amerikanische Revolution weiterlaufen lassen und eine vollständige verdeckte Übernahme anstreben können. Der enorme Vorteil in diesem hypothetischen Szenario bestand darin, dass die Franzosen durch ihre Hilfe für Washington beinahe bankrottgingen und ihn als Partner und nicht als Konkurrenten betrachteten.
Französische Revolution
Es ist so gut wie sicher, dass Großbritannien versuchte, die verfeindeten Seiten der Französischen Revolution anzufeuern, um mehr Schaden anzurichten. Der Supercluster kontrollierte weiterhin seine älteren deutschen Gebiete und nutzte diese als Ausgangspunkt für Geheimoperationen gegen Frankreich. Es war eine Mischung aus Pech und Schlamperei, die zur Enttarnung des bayerischen Illuminatenordens, einer aristokratischen Tarnorganisation, führte. Interne Schriften wurden in allen möglichen europäischen Zeitungen zitiert und es drohte die Enttarnung weiterer Netzwerke.
Der Supercluster begründete als Maßnahme zur Schadensbegrenzung eine neue Generation populärer Verschwörungsliteratur wie John Robisons „Proofs of a Conspiracy“ und Barruels vierbändige Reihe. Diese Bücher nahmen die mächtigsten aristokratischen Mitglieder der Illuminaten und der britischen Monarchie in Schutz. Die „Verschwörung“ der Illuminaten wurde diversen undurchsichtigen und nie wirklich dokumentierten Mächten hinter Adam Weishaupt zugeschrieben. Robison beschrieb die britische Freimaurerei als loyal gegenüber der Krone und patriotisch, während er die französische Freimaurerei und deutsche Logen verschiedener Art als verdächtig und revolutionär bezeichnete.
Russische Revolution
Der Supercluster hatte im Laufe der Zeit mühselig den russischen Thron übernommen. Die Zaren gehörten Häusern wie Hessen und Schleswig-Holstein an. Ihre Kontrolle war jedoch begrenzt und wurde ständig von der regulären russischen Aristokratie in Frage gestellt. Eine Katastrophe schien sehr nahe, da das Reich sehr rückständig und instabil war. Ideen, das britische oder das amerikanische System für Russland zu kopieren, wurden von den gewöhnlichen Aristokraten abgelehnt.
Das deutsche Haus Hohenzollern überwies während des Ersten Weltkriegs hohe Summen an die kommunistische Bewegung in der Hoffnung, an der Ostfront Frieden zu schließen. Diese Bewegung war jedoch bereits vom Supercluster infiltriert. Großbritannien entschied sich offiziell im letzten Moment dagegen, den letzten Zaren und seine Familie zu evakuieren. Größere britische Truppenverbände wollte man auch nicht entsenden, um die Kommunisten zu stoppen. Ebenso agierten die Amerikaner. Die „Roten“ (Kommunisten) zurückzudrängen, hätte bedeutet, den sogenannten „Weißen“ zu helfen, also den faschistisch gesinnten russischen Aristokraten, halb-mongolischen Warlords oder Partnern der Japaner. Es hieß, die Russen müssten über ihr eigenes Schicksal entscheiden. Großbritannien und die USA sabotierten sogar ihre eigenen Geheimdienstmissionen gegen die Kommunisten.
Das Quellenmaterial, das die Ermordung des letzten Zaren und seiner Familie beschreibt, ist praktisch wertlos, wie mehrere Untersuchungen gezeigt haben, dennoch ist es nach wie vor die akzeptierte Erzählung in den Geschichtsbüchern. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Romanows von den Kommunisten an ihre britischen oder dänischen Verwandten verkauft wurden. Vier Großfürsten wurden angeblich ebenfalls ermordet, aber wir haben keine glaubwürdigen Leichen oder andere bedeutende Beweise. Viele andere Romanows verließen Russland einfach auf britischen Schiffen.
Der Supercluster hatte die Möglichkeit, Russland nach dem Ersten Weltkrieg in einem Bürgerkrieg weiter zu zerreiben und in Brand zu stecken. Falls man die kommunistische Bewegung zuvor in ausreichendem Maße geheimdienstlich infiltriert hatte, wäre dies der naheliegendste Plan gewesen. Der nächste Schritt wäre dann die Revolution in China gewesen.
Folgendes ist demnach zu prüfen:
- Wie sind die Geheimdienstkapazitäten von Welfen, Wettinern und Reginaren einzuschätzen?
- Mit welcher Wahrscheinlichkeit liefen erhebliche Operationen im Zusammenhang mit den Revolutionen in Amerika, Russland und China?
- Wie sieht es aus mit den möglichen Erfolgen, Teil-Erfolgen und Misserfolgen dieser potenziellen Operationen?
Man sollte eine Gruppierung des Hochadels mit einer über tausendjährigen Geschichte weder unterschätzen noch überschätzen. Gelang eine ausreichende Infiltration und Kontrolle über die amerikanischen Revolutionäre und über die kommunistische Bewegung, dann wären Britannien, die USA, Russland und China zusammen ein gigantisches Weltimperium, dessen Existenz fast niemand kennen durfte. Eine solche Struktur wäre wohl schnell zerfallen, wenn zu viele unbefugte Personen von ihrer Existenz Kenntnis erlangt hätten. Die Vorstellung mag auf den ersten Blick zu gewaltig erscheinen, aber wir konnten seit hunderten Jahren beobachten, wie die Anzahl relevanter Imperien immer weiter schrumpfte. Im Jahr 1900 hätte für gebildete Menschen die Vorstellung abstrus erschienen, dass relativ bald nur noch drei Supermächte existieren und alle anderen Länder keine nennenswerte Rolle mehr spielen. Henry Kissinger bearbeitete US-Präsident Nixon dahingehend, ein möglichst geordnetes Nebeneinander zwischen USA, China und der UdSSR zu verfolgen. Nach 1991 kooperierten die drei Mächte sogar noch stärker miteinander, während es in der Politikwissenschaft als realistisch gepredigt wurde, dass sich eine Art Weltsystem entwickelt mit einer gewissen politisch-ideologischen Ost-West-Angleichung. Der Experte Carroll Quigley schrieb in seiner Abhandlung über den Imperialismus „Tragedy and Hope“, dass die neuen Massenvernichtungswaffen den Krieg recht sinnlos gemacht hätten. Man könne nicht mehr mit akzeptablen Verlusten gewinnen wie früher. Die USA und die UdSSR seien deshalb ganz pragmatisch in eine Art Kartell-Situation hineingerutscht, die sich idealerweise ausnutzen ließ, um gewöhnliche konkurrierende Länder in Schach zu halten. Solange die Welt sich vor einem totalen Atomkrieg fürchtete und hin und wieder Stellvertreterkriege wie in Korea geführt wurden, entwickelte sich keine Konkurrenz für die Supermächte.
Die Frage nach einem heimlichen Kartell hat also heute die höchstmögliche Wichtigkeit und die Plausibilität ist sogar deutlich höher als die konventionelle Sichtweise, aber genau diese Frage wird überhaupt nicht gestellt und untersucht, abgesehen vielleicht von den hintersten Seiten in Quigleys altem Buch aus den 1960er Jahren.
Ein weiteres Szenario ist das Scheitern oder teilweise Scheitern der Geheimoperationen im Zusammenhang mit den Revolutionen und die Versuche, die Situationen wieder unter Kontrolle zu bringen. Der Supercluster wurde möglicherweise von Kommunisten kompromittiert. Der Aristokrat Lord Louis Mountbatten aus dem Haus Hessen, der Zugang hatte zu den Geheiminformationen der britischen Krone, gilt seit Lebenszeiten als hochverdächtig, der UdSSR zugearbeitet zu haben. Seine ausgelebte Pädophilie war dabei ein wesentlicher Faktor. Und er schickte nach dem Zweiten Weltkrieg ausgerechnet den sowjetischen Spion Anthony Blunt nach Deutschland, um hochsensible Unterlagen von Verwandten aus dem Hochadel der Welfen, Wettiner und Reginare abzuholen und nach England zu transportieren. Mountbatten machte seinen vertrauten Kollegen Lord Hastings Ismay zum ersten NATO-Generalsekretär, was zu vielen auffälligen Misserfolgen führte, die der UdSSR zugutekamen.
Der Supercluster konnte es sich nicht leisten, entblößt zu werden, und die UdSSR konnte es sich nicht leisten, die westliche technologische Unterstützung zu verlieren, und so schloss man möglicherweise eine geheime Vereinbarung. Der Hochadel unterhielt immer noch erhebliche Netzwerke in den USA wie „Skull&Bones“, die zeitweise der Industrialisierung der UdSSR halfen. Hochrangige Verräter bzw. Ost-West-Kollaborateure schützten die sogenannten Atomspione wie Klaus Fuchs und bremsten James Angleton von der CIA aus, der versuchte, kommunistische Spione zu überführen.
Jeder ernsthafte Mensch hätte schon früh erkennen müssen, dass die Russen in den 1960er Jahren ihre Feindseligkeiten mit den Chinesen nur inszenierten und so die Möglichkeit schufen, in einem geeigneten Moment als eine einzige Macht loszuschlagen.
Falls es eine hochgeheime Übereinkunft zwischen Ost und West gibt, können die Supermächte das Drehbuch für die nächsten Jahrzehnte schreiben und dann entsprechend umsetzen. Hinterher wäre es wahrscheinlich unmöglich, dass jemals wieder Konkurrenten gefährlich werden. Denkbar ist auch, dass die geheime Übereinkunft eher wacklig ist und beide Seiten frühzeitig daran arbeiteten, irgendwann die Vereinbarung zu brechen.
1991 endete die UdSSR offiziell, und jeder Experte hätte mit der üblichen kurzen Schrumpfung und späteren Wiederausdehnung des russischen Reiches rechnen müssen, genau wie in den über 1000 Jahren zuvor. Doch auch dieses Thema wurde in der Öffentlichkeit lange Zeit weitestgehend vermieden und abgetan als Paranoia und Pessimismus. Der lange anhaltende Handel mit den Russen und die Beschwichtigungspolitik hielten Russland in einem Zustand der Abhängigkeit vom Westen. Warum das Reich modernisieren? Warum die pseudo-aufklärerischen Systeme des Westens kopieren? Jahrzehntelang war Russland auf den Export von Öl und Gas angewiesen und importierte Technologie, wodurch eine erhebliche Rückständigkeit resultierte, die vielleicht nicht mehr umkehrbar ist. Das Einzige, das dem hochproduktiven Westen noch fehlte, waren technologische Durchbrüche, um sich umfassend gegen ABC-Waffen zu verteidigen. Dann hätten die Russen und Chinesen kein echtes Druckmittel mehr in der Hand.
Die Erwartung des Kremls bestand darin, die Ukraine zu überrennen und ihre 40 Millionen Einwohner zu gewinnen, um die Bevölkerungsstruktur Russlands zu stabilisieren und gleichzeitig die Rüstungsindustrie und die Fachkräfte der ukrainischen Industrie zu stehlen. Mit einem einzigen erfolgreichen Blitzkrieg wären zwei massive Problem auf einmal gelöst worden. Die Ukrainer wären dann einer Gehirnwäsche unterzogen worden, man züchtet eine neue Generation an Fachkräften und Soldaten heran und attackiert als nächstes Europa. Als letzter Schritt erfolgt dann der Angriff gegen die USA.
Doch die Panzer und Militärstrategien aus der Sowjetzeit scheiterten ebenso wie Putins Wirtschaft und Spionage.
Wir dürfen bei den Fragen nach unterschiedlichen möglichen Kartellstrukturen bei den Supermächten nicht falsch liegen, weil die Konsequenzen verheerend wären, also müssen wir diese Fragen überhaupt erst einmal untersuchen.