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Fakt, Mythos und Kulturphänomen: Taktische Ausbildung & Ausrüstung – Teil 2

Datum:

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Von Alexander Benesch

Mythos #3: Söldner sind durchweg totale Profis und immer finstere Typen die machen können was sie wollen

Dieser Mythos hält sich „dank“ Blackwater so hartnäckig wie der Islam in der Wüste. Niemand außer linken Sessel-Bolschewisten benutzt den Begriff „Söldner“, stattdessen heißt es „Contractor“, also Vertragsnehmer oder Vertragsarbeiter. Was hat im Vergleich dazu der staatliche Soldat unterschrieben? Genau, auch einen Vertrag. Männer bewerben sich also für Verträge mit einer Laufzeit von 3 Monaten (selten) bis 1 Jahr (die Regel). Die Aufgabengebiete sind verschieden und involvieren nicht pausenlos epische Feuergefechte: Personenschutz, Leute finden, Sachen bewachen usw. Für einen Contract gibt es zwischen 60.000 und über 300.000 $ steuerfrei plus Versicherung und Krankenkasse plus bezahltem Urlaub von bis zu 3 Monaten im Jahr; Neulinge starten meist bei 80.000$. Ka-Ching!

Das mit dem großen Reibach stimmt also; wie sieht es dann mit dem Rest der allgemeinen Vorstellung aus? Letztendlich ist man gezwungen, sich in allen möglichen und unmöglichen Situationen auf diejenigen Figuren verlassen, die der Auftraggeber sonst noch so angeheuert hat. Idiotenquote statt Blutsbrüder, und das in einer lebensgefährlichen Umgebung! Es gibt keine standardisierte Ausbildung wie im Militär, sondern man castet alles von übergewichtigen Ex-Marines, Fobbits (Soldaten die sich nur sicher in der Forward Operating Base aufhielten), Leute die es nicht zu den Spezialeinheiten geschafft haben, unehrenhaft Entlassene und 20-jährige die noch nicht erwachsen sind.

Garantiert einem ein Contract den gleichen unantastbaren Status wie ein Botschafter? Können Kamele fliegen? Es gilt für die Tough Guy Contractors in Katar oder Kuwait bestes Benehmen und strengstes Alkoholverbot. Wer erwischt wird, fliegt. Man muss jederzeit peinlichst darauf achten, beim Überqueren von Grenzen oder anderswo in Dritte Welt-Ländern keine der geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze zu verletzen, um nicht verhaftet zu werden. Eine leere Patronenhülse im Gepäck? Da werden sie die gleiche Reaktion ernten, als hätten sie eine Bazooka über die Grenze schmuggeln wollen. Eine Packung Schmerztabletten die sie auf dem Schwarzmarkt oder woanders sogar legal erstanden haben? Sie gelten nun als internationaler Drogenschmuggler, landen in einem überfüllten Gefängnis mit verstopften Toiletten und verlieren ihre Erlaubnis für Contractor-Arbeit. Sie beleidigen aus Ärger Einheimische oder die Regierung in Katar oder Saudi-Arabien? Ab ins Loch. Ihr Ex-Arbeitgeber findet schnell Ersatz für sie, Abenteurer gibt es genug.

Die einheimischen Gesetze sind das Papier nicht wert auf dem sie gedruckt sind und sie als „Ungläubiger“ dürfen sich dann gegen die Scharia-Gerichte in einer anderen Sprache verteidigen. Der für sie zuständige Botschafter ist zu beschäftigt damit, in seinem 20.000 $ Appartment Dinnerparties abzuhalten und private geschäftliche Deals abzuschließen, um mehr für sie zu tun als ihnen einen nutzlosen Besuch abzustatten und ihnen die Nummer eines örtlichen Anwalts zu geben, der ihnen und ihrer Familie sämtliche Ersparnisse abknöpfen wird. Falls sie gefoltert werden, lässt der Botschafter seiner Sekretärin einen Brief „mit starken Formulierungen“ diktieren der dann an ihre Haftanstalt gesendet wird. Ihre Firma hält genau 30 Tage lang den Anschein aufrecht, sich um sie zu kümmern, dann darf man sie als „Missing in Action“ deklarieren und betrachtet sich nicht länger als zuständig.

Happy Contracting!

Mythos #4: Taktische Ausrüstung und Training ist nichts für Zivilbürger

So stellt sich ein Trottel vor, wie ein bewaffneter Amerikaner auf einen gefährlichen Einbrecher reagiert: Joe Redneck schreckt im Schlaf hoch, greift seinen 44. Magnum-Revolver unter seinem Kopfkissen, rennt in seiner Unterhose ziellos in seinem Haus herum und schießt planlos in die Richtung wo er den Eindringling vermutet und ballert durch die Wand seine Kinder tot. Und so stellt sich ein Trottel vor, wie Joe Redneck hätte reagieren sollen: Das Telefon greifen und den Notruf wählen, sich dann im Schrank verstecken, „Mimimimimi….“ winseln und hoffen dass alles gut ausgeht.

Auch gewöhnliche Bürger haben sich den Zeiten angepasst und buchen Kurse für home defense bei professionellen Lehrern, die auch contractors ausbilden.

Die Trennung von Militär und Zivilbürger ist sowieso nichts anderes als schnöde Illusion. Regierungen fahren hier einen unfairen Doppelstandard, man gibt sich selbst carte blanche, schreibt aber den Bürgern alles Mögliche vor. Man zieht eine Trennung zwischen militärisch und zivil, hält sich aber selber im Ernstfall nicht dran. Ehrliche Militärs haben in Büchern zugegeben, dass die Trennung von zivil und militär überholt und naiv ist. Der vermeintliche Schutz, den man als Zivilist „genießt“ ist oft eher Vogelfreiheit.

Die Schweizer haben das längst erkannt und ein Milizsystem etabliert, genauso wie die USA ursprünglich per Verfassung und gesundem Menschenverstand ein Milizsystem eingerichtet hatten. Leider verstecken Regierungen hinter der Trennung von militärisch und zivil meist nur unbegründete Verbote für Bürger. Zivilisten sind praktisch immer direkt von Kriegen betroffen. Regierungen zielen auf gegnerische zivile Infrastruktur ab um den gesamten Feind zu lähmen. Regierungen verpflichten auch nach eigenem Gutdünken ihre Zivilbürger in nullkommanichts für einen Kriegdienst: „Hier ist ihre Schaufel und ihr Gewehr! Jetzt marschieren sie und schießen in die Richtung die wir ihnen befehlen!“

Die sog. Staatengemeinschaft, gemeint sind die verschiedenen Regierungen, schreiben eigentlich allen Soldaten bzw. Partisanenkriegern oder sonstigen Kämpfern vor, dass sie sich jederzeit als Soldaten zu erkennen geben müssen. Keine Sau hält sich aber dran. Weltweit führen Männer Doppelleben als gewöhnliche Bürger und Widerstandskämpfer. Man taucht in der generellen Bevölkerung unter. Oft mit Segen von NATO, Russland, al-Kaida oder sonstwem. So entstehen ja gerade die meisten neuen Regierungen.

Regierungen verschmieren, wenn sie es für nötig halten, die fiktive Trennlinie zwischen militärisch und zivil. Da werden Militär, Polizei und Geheimdienste einfach zusammengeworfen und das Trennungsgebot aufgehoben. Soldaten und Spitzel operieren in zivil oder ohne parlamentarische Aufsicht. Zivilisten werden zwangsweise eingezogen und zum Kampf ausgebildet oder für Aufgaben verpflichtet, die zwar kein Schießen beinhalten, aber trotzdem eine militärische Bedeutung haben. Man verhängt das Kriegsrecht wegen einer Misere die man selbst verursacht hat. Der Staat macht was er will und erklärt seine eigenen Handlungen für legal während man seinen Gegnern mit übelsten Konsequenzen droht wegen unerlaubter „Kriegslisten“.

In Mexiko hatten beispielsweise Bürger die Schnauze voll von den grausamen Mafiakartellen und der korrupten Polizei und bildeten Selbstschutzgruppen, die sog. Autodefensas. Die Mitglieder versuchen natürlich, alles an taktischer Ausrüstung zu bekommen was zu beschaffen ist. Payday, bitches!

In den USA sind Bürgermilizen sogar in der Verfassung verankert. Dort dürfen bewaffnete Bürger auch Millionen Verbrechen pro Jahr verhindern. Selbstverständlich wird da der Staat schnell nervös. Viele taktische Gegenstände wie Schalldämpfer und Trainings sind in vielen Ländern verboten.

In den USA ist die Rechtslage völlig chaotisch und von Bundesstaat zu Bundestaat unterschiedlich. Es werden zunehmend Magazine mit einer Kapazität über zehn Schuss verboten, Politiker wollen gar alle halbautomatischen Waffen verbieten und jedwede taktischen Kapazitäten für den Staat beanspruchen.

Der zehn Jahre lang gültige Federal Assault Weapons Ban war Teil des Violent Crime Control and Law Enforcement Act of 1994 und machte den Verkauf bestimmter halbautomatischer Schusswaffen, welche nach Inkrafttreten des Gesetzes hergestellt wurden, zwischen dem 13. September 1994 und dem 13. September 2004 illegal. Modelle wie das Colt AR-15, die TEC-9, Varianten der AK-47 sowie Uzis wurden namentlich aufgeführt; desweiteren wurden generelle taktische Merkmale festgehalten wie u.a. Klappschafte, Teleskopschafte, Pistolengriffe, Bayonetthalterungen und Mündungsfeuerdämpfer.

Die Gründungsväter schufen das Milizsystem auf Basis der Annahme, dass kriegstaugliche Schusswaffen explizit erlaubt sein müssen. Schätzungen besagen, dass zwischen einem und sieben Prozent aller Morde mit Assault Weapons begangen werden. Die vier Millionen Assault Weapons in den USA stellen nur etwa 1.7 Prozent aller Schusswaffen dar.  Von 1985 bis 1989 wurde in der berüchtigten Problemstadt Chicago nur ein einziger Mord mit einem Gewehr begangen welches für ein militärisches Kaliber ausgerichtet war. Von den 17.144 von der Polizei Chicagos beschlagnahmten Schusswaffen waren nur 175 “vom militärischen Typ.” Von den mehr als 4000 im Brennpunkt Los Angeles polizeilich beschlagnahmten Schuswaffen waren nur rund 3% Assault Weapons. Landesweit werden in weniger als vier Prozent aller Morde in den vereinigten Staaten Gewehre verwendet. 47 solcher Studien ergaben zusammengefasst, dass weniger als 2% der für Verbrechen  verwendeten Schusswaffen Assault Weapons gewesen sind.

Mythos #5: Taktische Ausrüstung muss ausgefallen sein oder sei nur Marketing Gag

Der Stiefel-Hersteller MAGNUM verkauft seit Jahrzehnten in fast alle Länder der Welt. Auf der IWA-Messe habe ich erfahren, warum für jede einzelne Region und oft sogar einzelne Länder völlig andere Modelle produziert werden: Die einen Kunden schauen nur auf den Preis, die anderen ist die Lebensdauer der Stiefel am wichtigsten, die anderen wollen schwere Sohlen, die anderen leichte Sohlen, und so weiter und so fort. Ein hurrah auf den Kapitalismus! Im Kommunismus gab es stattdessen „die Stiefel“, ein hundsmiserables Einheitsmodell mit begrenzter Verfügbarkeit.

Magnum bastelte den ersten Stiefel bei dem sogar die Sohle in Crye Multicam war. Dummerweise musste man jede produzierte Charge erst Crye zur Prüfung vorlegen….

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Der größte Verkaufsschlager ist jedoch immer noch das einfache Basismodell:

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Man nimmt das was man kriegen kann. Kriegt man moderne Sachen, hat man gut lachen. Materialversagen kann im realen Leben schnell gefährlich werden, zu Verlust von weiteren wichtigen Gegenständen führen, zu Verletzungen und weiteren Problemen. Eine richtige Einsatzjacke oder Hose z.B. kann einen 10 Jahre und weit länger begleiten und ist in extremen Zeiten extrem viel Wert. Die Verfügbarkeit neuer Sachen ist bei chaotischen Zuständen ein Riesenproblem. Praktisch die gesamte Kleidungsproduktion befindet sich seit langem in Dritte-Welt-Ländern. China kann die Produktion schnell umstellen auf vorwiegend eigene militärische Nutzung und schon stellen die Fabriken keine kik-Discount-Hosen mehr her sondern BDUs für die kommunistische Volksarmee.

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Der Look alleine macht einen bestimmt nicht zum Jack Bauer; in voller Montur beim Ausleihen von 24-Staffeln in der Videothek auf dem Heimweg nicht ausgeraubt zu werden, ist noch keine taktische Leistung.

Es gibt Jacken von Arc’teryx für schlappe 1000 €. Wer’s kauft, hat besser einen dicken Geldbeutel. Manche Gegenstände auf dem Markt erfüllten bereits so wie sie waren, die geforderten taktischen Voraussetzungen. In einem Extrem-Übungs-Kurs von James Yeagers Tactical Response hieß es: Glock-Pistolen funktionierten noch ein bisschen, alles andere funktionierte gar nicht mehr.

Alle Witze über übertriebenes Tactical-Marketing wurden schon gemacht:

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Die meisten Gegenstände werden auf Basis von Kundenwünschen und Kundenfeedback entwickelt.

Go with the times – go tactical!

AlexBenesch
AlexBenesch
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