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Massive Verschärfung des deutschen Rechts gegen Russenpropaganda

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Kommentar

Die Ampel-Koalition hat heimlich still und leise den Volksverhetzungsparagraf verschärft und erfüllt damit, reichlich spät, eine EU-Vorgabe. Das lautlose Vorgehen, die überbordende Autorität der EU und das Timing der Gesetzesänderung mitten im Ukraine-Krieg sind nicht nicht einmal das Gravierende bei der Angelegenheit. Sondern, dass der Gesetzestext schwammig ist und den Gerichten zuviel Spielraum einräumt.

Wir sind keine Anwälte und geben keine rechtliche Beratung. Wer sich also nicht mehr sicher ist, was im Netz gesagt oder nicht gesagt/geteilt werden darf, der muss einen Anwalt konsultieren.

Der neue Volksverhetzungsparagraf kann künftig, unter bestimmten Bedingungen, auch die Leugnung, „gröbliche Verharmlosung“ oder „Billigung“ von aktuellen Kriegsverbrechen unter Strafe stellen. Die Bedingungen lauten, dass betreffenden Aussagen geeignet sind, zu Hass oder Gewalt aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.

Wie genau ist eine Aussage definiert, die zu Hass oder Gewalt anstachelt oder den öffentlichen Frieden stört? Was eine Leugnung ist, ist klar. Was aber ist der Schwellenwert, ab dem es sich um eine „gröbliche“ Verharmlosung handelt? Und was exakt ist eine Billigung?

Es war immer klar, dass eine Asymmetrie vorherrscht zwischen einer offenen Diktatur wie Russland und den westlichen Gesellschaften: Russenmedien für ein westliches Publikum wurden ab 2008 immer dreister und auch auf sozialen Medien wurden immer mehr eindeutige Fakes geteilt. Für jede Krise stand sofort ein Narrativ zur Verfügung, dass von westlichen Nutzern und Influencern abkopiert wurde. Der russische Geheimdienst hat natürlich eine Abteilung für Desinformation. Westliche Medien in Russland hingegen wurden in Grund und Boden reguliert. Russia Today brachte bei uns Corona-Stuss, aber gegenüber dem russischen Publikum lobte man Eindämmungsmaßnahmen.

Es war immer klar, dass westliche Regierungen und Konzerne reagieren werden und dabei nicht die Grundrechte verletzen dürfen. Die Gesetzesänderung ist auch nicht dafür gedacht, über Nacht den ganzen Bereich investigativer Berichterstattung auszutrocknen. Zunächst ist es ein Instrument gegen die Russenstusser. Die Verunsicherung wird sich bald ausbreiten bei den üblichen Verdächtigen, die rauf und runter alles wegleugnen oder relativieren, was ihnen nicht passt. Von Folterkammern der Russen in der Ukraine über hingerichtete Zivilisten auf den Straßen bis hin zu Bombardierungen der zivilen Infrastruktur. Kein Beleg zählt für sie. Alles sei nur gelogen oder massiv übertrieben. Der linke Deep State der Unterhosen von Zion hätte Mütterchen Russland eingekreist (obwohl alle Armeen Europas in erbärmlicher Verfassung sind) und gedemütigt. Die (schwache) Ukraine hätte den ultimativen Mega-Angriff auf Russland geplant. Und so weiter und so weiter. Es gibt einige Publikationen, Print und Online, sowie unzählige Telegram-Kanäle, die hauptsächlich solchen Content bringen, weil das Zielpublikum für die Fantasie bezahlt, seine politischen Interessen würden vertreten werden von seiner Heiligkeit Zar Putin I.

Ist solcher Content jetzt strafbar? Nur wenn er regelmäßig gebracht wird? Was ist mit den ganzen Inhalten, die Influencer in den letzten Monaten oder Jahren produziert haben? Ist das alles jetzt unverkäuflich und muss geschreddert werden? Was ist mit neuen Propagandabüchern, die gedruckt wurden?

Die Billigung von Kriegsverbrechen, womit eher ein Zujubeln gemeint ist oder ein total explizites „Passt schon“, war hierzulande schon bisher strafbar. Genauso wie die Billigung eines Angriffskrieges. Leugnen und Verharmlosen war bisher schon strafbar, wenn es um Nazi-Verbrechen geht.

Und natürlich versuchten Personen, sich irgendwie an den Gesetzen vorbeizumogeln. Beispielsweise erzählten viele Influencer in einem kurzen Disclaimer-Satz, dass sie den Ukraine-Krieg für einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg halten, und brachten danach sofort eine ganze Reihe an billigenden Äußerungen. Wie sieht es aber jetzt aus mit der Gesetzesänderung zu Kriegsverbrechen? Kann man sich daran vorbeimogeln?

Der Rahmenbeschluss, den die Ampel-Koalition umsetzen musste, bot die Option, nur solche Kriegsverbrechen zu erfassen, die etwa vom Internationalen (Straf-)Gerichtshof endgültig festgestellt wurden. Aber diese Option wurde nicht genutzt. Sondern Staatsanwaltschaften und Gerichte sollen drauflos agieren.

Dummheit schützt?

Wer der russischen Propaganda glaubt, die Invasion sei zur Abwehr eines Angriffs seitens der Ukraine, oder aus ähnlichen Gründen völkerrechtlich gerechtfertigt, der handelt ohne Vorsatz und kann womöglich nicht nach § 140 bestraft werden. Solange sich Medien und Aktivisten dumm stellen und die Kreml-Narrative nachplappern, könnten sie unter Umständen davonkommen. Aber wie weit reicht dieser Schutz tatsächlich? Nach der Gesetzesänderung?

Und für wen? Wenn ein Normalbürger nach dem dritten Bier etwas postet und derjenige keine Qualifikation hat, Informationen zu bewerten, dann wird im Zweifel zugunsten des Angeklagten entschieden. Aber was ist, wenn die Computer und andere Gräte der Person durchsucht werden und diverse Aussagen ans Licht gelangen, die eben doch eine Billigung nahelegen? Im Prinzip könnte jeder jede Art von Billigung eines Angriffskrieges vornehmen und steif darauf beharren, dass das angegriffene Land halt im Bunde sei mit den (non-existenten) Weisen von Zion und Gefahr im Verzug war. Falls Russland bald ein weiteres Land angreift, könnten Gerichte das Gesetz schärfer auslegen und die Politiker könnten Gesetze klarer formulieren.

Keine Konsequenzen fordern für einen Angriffskrieg?

Aktivisten könnten auch ihren Schwerpunkt verlagern auf eine Ablehnung jeglicher Sanktionen und anderer negativer Reaktionen gegen Russland. Ist das aber nicht auch eine Art Billigung, wenn man darauf pocht, dass ein Angriffskrieg straffrei bleiben soll? Wir werden sehen, wie bei einzelnen Verfahren die Beweisführung verläuft. Insbesondere bei Medien, die seit Jahren nachvollziehbar ständig die Haltung des Kremls einnehmen. Vielleicht werden Angeklagte dann erklären müssen, welche Schritte sie unternommen hatten, um Moskaus Behauptungen zu überprüfen. Ein Normalbürger kommt da wohl eher davon als ein ausgebuffter Berufs-Journalist. Und was ist, wenn die USA künftig einen Krieg führen und diesen als Spezialaktion bezeichnen? Erleben wir dann einen Doppelstandard?

AlexBenesch
AlexBenesch
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