Supermächte

Bilderberg von Bloomberg, FT als Speerspitze gegen den Ostblock umschrieben

Kommentar

Die verschwiegene und elitäre Bilderberg-Gruppe beruft ausgerechnet den Ex-Generalsekretär der NATO Jens Stoltenberg in den Lenkungsausschuss und signalisiert damit drei Dinge:

  • Eine scheinbare neue Offenheit angesichts eines drohenden Weltkriegs
  • Der Eindruck, die Teilnehmer der jährlichen Geheimkonferenzen decken ein breites politisches Spektrum ab und fungieren quasi wie ein demokratisches Elite-Weltparlament
  • Bilderberg sei die Speerspitze der Verteidigung gegen Russland und China

Auch künftig verlaufen äußerst wichtige transatlantische Koordinationen im Geheimen, aber man will der Öffentlichkeit signalisieren, dass mächtige und diskrete Eliten wie bereits im Zweiten Weltkrieg und im Kalten Krieg für unsere Sicherheit sorgen. Stoltenberg war NATO-Generalsekretär, nicht ein obskurer Bürokrat aus den USA oder der EU. Und er war in seiner Frühzeit sehr links. Das Verteidigungsbündnis warnt vor einem größeren globalen Konflikt in rund fünf Jahren; dadurch sehnen sich die Bürger nach starken Anführern und Bilderberg möchte diese Sehnsucht bedienen.

Charlie Skelton veröffentlichte nun im London Guardian einen Kommentar zu dieser neuen Öffentlichkeitsstrategie von Bilderberg, nachdem er einige Jahre lang persönlich als Reporter zu den Konferenzen gereist war, die immer in einem anderen Land stattfanden.

Auch Bloomberg brachte einen Artikel.

Framing

Bei der Financial Times erschien im September ein Nachruf auf Victor Halberstadt, ein Urgestein der Geheimkonferenzen. Das Framing ist bereits zu Beginn des Beitrags erkennbar:

Victor Halberstadt verbrachte seine frühen Jahre im Versteck. Er wurde 1939 in Amsterdam als Sohn einer jüdischen Familie geboren. Im folgenden Jahr marschierte Nazideutschland in die Niederlande ein. Später fand er heraus, dass Henry Kissinger, der ein enger Freund wurde, mit der US-Armee in der Nähe stationiert war.

Der Leser soll denken, Bilderberg sei die Bastion des Guten. So einfach ist es aber nicht. Halberstadt arbeitete in verschiedenen Rollen für die niederländische Krone und Regierung. Königin Beatrix war lange Zeit bei Bilderberg aktiv. Der neue NATO-Generalsekretär Rutte stammt ebenfalls aus Holland.

Das niederländische Königshaus besteht im Wesentlichen aus den Dynastien Oranien-Nassau, Mecklenburg und Lippe. Prinz Bernhards Mitgliedschaft in der NSDAP ist bekannt, seit in den 1990er Jahren in den Vereinigten Staaten eine Kopie seines Mitgliedsausweises gefunden wurde. Das Original lag still im Safe eines amerikanischen Beamten, als es ihm einige Jahre nach dem Krieg diskret zurückgegeben wurde, begleitet von einer freundlichen Notiz, in der es hieß, der Prinz habe es „verdient“, es selbst zu zerstören. Seine Mitgliedschaft endete 1936, als er sich mit der niederländischen Thronfolgerin Juliana verlobte. Bernhard leugnete seine Mitgliedschaft in der Nazi-Partei bis zu seinem letzten Atemzug. Der Hochadel infiltrierte die NSDAP und spionierte anscheinend das Dritte Reich aus zugunsten von Britannien. Die NS-Führung war naiv genug, dem Hochadel zu trauen.

Der Niederländer Sir Henri Wilhelm August Deterding war der extrem reiche Hauptaktionär des Ölkonzerns Shell mit Verbindungen zum Hochadel. Sein Partner Marcus Samuel hatte die Unterstützung des Bankhauses Rothschild, das wiederum vom Hochadel aufgebaut worden war. Im Jahr 1920 wurde er vom britischen König George V. aus dem Hause Hannover zum Ritter geschlagen.

Zu den Großaktionären von Shell gehörte unter anderem das niederländische Königshaus. Glyn Roberts enthüllte in dem Buch „The most powerful man in the world“, dass Deterding bereits im Jahr 1921 Hitler finanzierte, also noch bevor der britische Konsul in Deutschland auf Hitler aufmerksam wurde. Über den Agenten Georg Bell seien 4 Millionen Gulden geflossen. Nach dem gescheiterten Putschversuch 1923 beschlagnahmte die bayerische Regierung erst einmal alles; die Vermögenswerte und die Schulden. Aber Deterding gab auch Geld an die rechten Freikorps und an Alfred Rosenberg.

Deterding kaufte Ölfelder in den USA und drängte auch auf den russischen Markt mit Hilfe des Leiters des englischen Militärgeheimdienstes George Macdonogh, der auch am berüchtigten „Royal Institute of International Affairs“ beteiligt war, dessen Gegenstück in Amerika der Council on Foreign Relations wurde.

Die genaue Gesamtsumme, die er an die Nazis spendet, ist unbekannt. 1937 gab es 10 Millionen Gulden für Hitler und 40 Millionen Reichsmark für das deutsche Winterhilfswerk. Glyn Roberts schätzte insgesamt 55 Millionen Pfund, aber viele Dokumente sind einfach nicht mehr auffindbar.

Elite-Parlament

Die Financial Times schreibt:

Zu den 120 Personen beim Bilderberg-Treffen in Washington im Jahr 2022 gehörten der nationale Sicherheitsberater der USA, der Direktor der CIA, der Generalsekretär der NATO, zwei europäische Ministerpräsidenten und die Geschäftsführer von Pfizer, OpenAI, Palantir, BP und TotalEnergies.

Halberstadt war Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Leiden, als er 1975 zum ersten Mal zum Bilderberg-Treffen eingeladen wurde. Dort stieß er auf Margaret Thatcher und Donald Rumsfeld. Die FT verrät, wie Halberstadt von Joseph Luns, dem damaligen Generalsekretär der NATO, hergewunken wurde. Denis Healey, der britische Schatzkanzler, saß ebenfalls am Tisch. Thatcher machte einen Bogen um die Herren, weil sie Healey für einen Kommunisten hielt.
Halberstadt wird als Sozialdemokrat beschrieben, ein langjähriges Mitglied der niederländischen Arbeiterpartei.

Diese Anekdote dient dem Framing, Bilderberg und die NATO seien kein rechtskonservativer, einheitlicher Block, unabhängig von dem Einfluss von Wählern, sondern eine Art Elite-Parlament.

Die FT lässt unter den Tisch fallen, wie Joseph Luns 1933 der Nationalsozialistischen Bewegung in den Niederlanden (NSB) beigetreten war. Er machte Karriere im diplomatischen Dienst und der Spionage. Luns heiratete Baronin Lia van Heemstra, eine Nichte von Baronin Ella van Heemstra.

Ella van Heemstra gehörte zu den frühen Unterstützern von Adolf Hitler und seinem Nazi-Regime und verfasste mehrere Artikel zum Lob des faschistischen Führers. Sie hatte Adolf Hitler 1935 kennengelernt und schrieb in einer britischen faschistischen Zeitung, er sei eine „äußerst charmante Persönlichkeit“. Sie hat von diesem Tag ein gerahmtes Foto von sich aufbewahrt, das in Hitlers Münchner Hauptquartier aufgenommen wurde. Nach der Invasion der Niederlande durch Deutschland sah sie die beste Möglichkeit, ihre Familie zu schützen, indem sie freundschaftliche Beziehungen zu deutschen Nazi-Offizieren pflegte. Eine Zeit lang war sie sogar mit einem Nazi-Offizier zusammen.

Ost-Spione

Denis Healey, mit dem sich Margaret Thatcher bei der Bilderberg-Konferenz 1975 nicht abgeben wollte, war einst von dem skandalträchtigen Premierminister Harold Wilson in die britische Regierung berufen worden.

Einflussreiche Personen suchten die Unterstützung von Lord Louis Mountbatten (Haus Hessen) für eine Art sanften Putsch gegen die Labour-Regierung von Wilson.

James Angleton von der Spionageabwehrabteilung der CIA teilte dem britischen Inlandsgeheimdienst MI5 mit, dass Wilson wahrscheinlich ein sowjetischer Agent sei. Diese Informationen stammten von einer Quelle (dem sowjetischen Überläufer Anatoliy Golitsyn), die Angleton nicht preisgeben wollte. Überläufer hatten mehrere Labour-Abgeordnete und Gewerkschafter beschuldigt, darunter Joseph Kagan, einen engen Freund Wilsons.

Wilson bestand natürlich darauf, dass ruchlose Leute im MI5 ihn einfach nur verunglimpfen wollten. MI5-Direktor Sir Roger Hollis selbst geriet später unter ernsthaften Verdacht, ein sowjetischer Agent zu sein. Peter Wright, ehemaliger stellvertretender Direktor des MI5, schrieb darüber ausführlich in seinem Buch „Spycatcher“, das im Vereinigten Königreich von der Regierung von Premierministerin Margaret Thatcher verboten wurde.

Premierminister Wilson hatte mit seiner Privatsekretärin Marcia Williams, Baroness Falkender, Reisen in die UdSSR unternommen. Wilsons Pressesprecher Joe Haines sagte, das Paar habe sich zum ersten Mal bei einem Abendessen mit dem sowjetischen Ministerpräsidenten Nikita Chruschtschow getroffen.

Der MI5 untersuchte mit Hilfe von Angleton von der CIA die Möglichkeit, dass Wilsons Vorgänger Gaitskill vom sowjetischen Geheimdienst ermordet worden war. Wilson hatte einmal als Vertreter eines Ost-West-Handelsunternehmens gearbeitet, und der MI5 begann, seine osteuropäischen Kontakte und die seiner Sekretärin zu verfolgen. Als nächstes arbeitete Wilson für Montague Meyer, Holzimporteure die hinter dem Eisernen Vorhang einkauften. Mit und ohne seine Sekretärin hatte er 19 Reisen in die Sowjetunion unternommen. Wilson nutzte den MI5, wenn er ihn brauchte, um seine Gegner zu diskreditieren, wie etwa die Seemannsgewerkschaft im Streik von 1966. Er versuchte sogar, einen Polizisten zum neuen Chef des MI5 zu machen.

https://www.cia.gov/readingroom/docs/CIA-RDP90-00965R000201540001-2.pdf

Louis Mountbatten wurde wiederholt von einflussreichen Leuten kontaktiert, die Wilson loswerden und eine neue Übergangsregierung bilden wollten. Der Plan hörte sich an wie eine Art Staatsstreich. Cecil King machte viel Lärm in dem Verschwörerkreis. Nach einem hitzigen Geheimtreffen weigerte sich Mountbatten, sich solchen Plänen anzuschließen und sagte, er sei zu alt. Er hatte sich den Vorschlag angehört, dass die Krone irgendwann in der Zukunft eingreifen könnte, und die „Streitkräfte in dieser Hinsicht dann wichtig“ wären. Mountbatten wurde bei diesen Treffen nahegelegt, er solle sich aus der Öffentlichkeit fernhalten, um später bei der Aktion dann neutral und pragmatisch zu erscheinen. David Stirling, Gründer der SAS, rekrutierte bereits Aristokraten und ehemalige Militärs für die Sache. Als die Presse davon Wind bekam, entstand eine unsachlich geführte öffentliche Debatte. Der MI5 war verschrien als Werkzeug von rechten Eliten, mit dem Wilson in den Dreck gezogen werden sollte. Mountbatten selbst geriet immer mehr in Verdacht, mit der UdSSR zu kooperieren.

Eines der wichtigsten Bilderberg-Mitglieder war Henry Kissinger. Sein Einfluss brachte US-Präsident Nixon dazu, China entgegenzukommen, eine der verheerendsten Entscheidungen der Geschichte.

Victor Halberstadt machte laut FT „viele Mitglieder der [Bilderberg-]Gruppe zu Vertrauten und Dinnergästen in seiner Wohnung mit Blick auf die Amstel in Amsterdam, die mit Gemälden seiner zweiten Frau, der Künstlerin Masha Trebukova, geschmückt war.“

Masha Trebukova wurde in Moskau, UdSSR, geboren und wuchs dort auf. 1986 schloss sie ihr Studium der Schönen Künste und des Druckens an der Surikov-Kunstakademie ab.

Im Nachhinein klang sie negativ im Hinblick auf die Verhältnisse in der UDSSR:

Es gab keinen Markt, also war es unmöglich, Kunst zu machen und sie zu verkaufen. Aber selbst wenn man die Ausbildung abgeschlossen hat, konnte man von den Einsätzen kaum leben. Am Anfang bist du freischaffender Künstler, eine Festanstellung hast du erst nach zwanzig Jahren bekommen.

Fazit

Der Leser der Financial Times mag sich einlullen lassen von der Vorstellung, die Bilderberg-Gruppe schütze uns leidenschaftlich und kompetent vor der Bedrohung durch das Putin-Regime und China. Die elementaren Probleme solcher Netzwerke wie Bilderberg bleiben aber bestehen und werden in der Presse immer noch nicht erwähnt: Die Infiltration durch Russland und die möglichen Sympathien für ein klassisches Regime wie jenes von Putin.

Wohin konnten die Russen nach 1991 viel Geld transferieren und dem Zugriff der eigenen Bevölkerung entziehen? Die City of London, die Bastion des Hochadels.

Alte adelige Spionagenetzwerke der Briten existieren auch seit langer Zeit in den USA wie Skull and Bones. Wenn die Briten geheime Verbindungen starteten zu der UdSSR gleich nach der kommunistischen Revolution, dann könnte Moskau Zugriff erhalten haben auf die britischen Netze in Amerika.

Bones war instrumentell darin, Handel zu treiben mit dem kommunistischen China.

Und dennoch will die Financial Times suggerieren, wir könnten Bilderberg vertrauen bei den Anstrengungen, uns vor Russland und China zu schützen. In fünf Jahren könnte der nächste Weltkrieg beginnen und diese massiven Probleme westlicher Eliten sind ungelöst und werden nicht angesprochen.

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