spot_img

So schlecht ist der Film „Ukrainian Agony“

Datum:

Kommentar

Die Plattform Nuoviso (inzwischen „Nuoflix“) tauchte irgendwann während der Bush-Administration auf der Bildfläche auf und versuchte, die amerikanische Trendwelle zu reiten, Medien zu produzieren gegen Präsident Bush, 9/11, die Neocons und generell die NATO. Ähnlich wie „Schall & Rauch“, oder Christoph Hörstel oder Jürgen Elsässer kam man erst so richtig in Gang, als bereits Obama Präsident war und 9/11 samt Bushs „Krieg gegen den islamischen Terror“ in Vergessenheit geriet. Alle diese neuen Medien schienen es nicht fertig zu bringen, das russische Imperium genauso kritisch zu sehen wie die USA. Dabei ähnelte Putin frappierend George Bush, war auch durch False Flags populär geworden und hatte mit Schamil Bassayev seinen eigenen Bin-Laden-Verschnitt. Der Tschetschenienkrieg sprach auch Bände.

Russlands Invasion der Ukraine schien Nuoviso zu überraschen. Hatte man jahrelang das Publikum umsäuselt, man stünde für „Frieden“ und kenne sich bestens damit aus, Frieden hervorzubringen, förderte man gleichzeitig den Kriegstreiber Putin. Jetzt ist der Krieg da und Nuoviso erinnert eher an FOX News während der Bush-Administration. Jetzt ist die Frage, wie weit man sich aus dem Fenster lehnen will, denn einerseits verlangt das Publikum nach Russenstuss, andererseits fürchtet Nuoviso Löschungen bei Youtube, anderen Hostern und generell die Arbeitslosigkeit. Putin ist bereit, den Kampf der Worte bis zum letzten deutschen Influencer zu kämpfen. Wenn die Influencer kaputtgehen, ist das egal, denn sie sind ersetzbar.

Frank Höfer kennt sich nach eigenen Angaben mit militärischen Themen nicht aus, will eine „künstlerische“ Plattform betreiben, habe den Journalistenberuf nie gelernt und würde beruflich lieber lustige Filmchen drehen. Nuoviso sei nicht einmal eine investigative Plattform.

Ich gab den ernst gemeinsten Ratschlag, dass NATO-Kritik nur dann funktionieren kann, wenn man sich gleichzeitig konsequent fernhält von Russland und China. Denn ansonsten macht man damit die NATO nur stärker. Westliche Regierungen wollen ja gerade, dass die Unzufriedensten und Misstrauischsten den Russen auf den Leim gehen und sich dadurch angreifbar machen.

Nichtsdestotrotz fühlte man vor wenigen Jahren bei Nuoviso die Notwendigkeit, den Film „Ukrainian Agony“ zu veröffentlichen, der jetzt wieder hervorgekramt wird. Der Film ist heute sogar noch dreister als damals. Erwartet Nuoviso im Ernst von seinen Followern, Verständnis zu haben und zu proklamieren für Putins Krieg? Niemand muss Putin schönreden, um die NATO zu kritisieren. Niemand muss der NATO vertrauen, wenn man gegen Putins Krieg ist. Wenn eine der drei Supermächte stärker wird, werden es die anderen auch. Es besteht eine signifikante Wahrscheinlichkeit, dass die drei Supermächte ein heimliches Kartell formen und miteinander koordinieren, damit nie irgendwelche anderen Mächte nach oben kommen und echte Konkurrenten werden. Hat Nuoviso es jemals fertiggebracht, die Risiken ihres eigenen Kurses zu analysieren?

Wir sollen uns alle so fühlen wie in den Jahren nach dem elften September 2001: Der große böse Wolf namens NATO gegen einen einsamen, schwachen Underdog, dem niemand hilft. Damals schien die Welt noch so simpel. Weder die Taliban-Regierung in Afghanistan noch Saddam im Irak steckten hinter 9/11. Die Supermacht USA kam trotzdem angerollt.

Das alternative Publikum sollte im Jahr 2015 glauben, dass der Ukraine-Konflikt sich in das gleiche Muster pressen lässt. Das ist aber nicht der Fall. Dieses Mal streiten sich nämlich ZWEI Supermächte um die Beute. Dass der deutsche Ableger von Russia Today den Film bewarb, war schon mal gar kein gutes Zeichen.

Der Film beginnt mit einer viel zu langen Reihe an Texttafeln, u.a. über die Maidan-Protste, die sich erwiesen hätten „als geplanter Putsch gegen die legitim gewählte Regierung“.

Ein „blutiger Machtwechsel, der durch die US-Regierung und den Westen geschürt wurde“. Bevor also überhaupt die ersten richtigen Bilder zu sehen sind, gibt es russische Talking Points serviert. Washington sei an allem Schuld, als könnten die Amerikaner einfach nach Belieben in ehemaligen Sowjetrepubliken treiben, was sie wollen. So einfach ist die Welt aber nicht. Der Kontext, dass die überwiegende Mehrheit der Ukrainer und genügend einflussreiche Individuen trotz ihrer KGB- und Kommunisten-Vergangenheit gegen Janukowitsch und die enge Russlandbindung waren, fällt unter den Tisch. Ebenso gibt es keinen aufschlussreichen historischen Kontext über die sowjetische Diktatur bis 1991, oder die Art, wie Russland gegen Tschetschenien Krieg führte.

Auch kein Wort über die russischen Truppen, die ohne Markierungen und ohne formelle Kriegserklärung samt schwerem Gerät einmarschiert sind. Stattdessen soll der Zuschauer glauben, es handle sich um simple Bürger, die in der Rolle des Underdogs alleine gegen die Übermacht Kiew ihre Russischstämmigkeit verteidigen. In der russischen Propaganda war es lange Zeit selbstverständlich, von ganzen Faschistenhorden zu fantasieren, die aus dem Westen angerollt kämen. Auch in „Ukranian Agony“ wird bei Minute 42 eingeschoben, dass sich russische Amateure „freiwillig“ den Einheiten angeschlossen hätten. Sie hätten den „aufziehenden Faschismus gesehen“ und seien gekommen um zu helfen.

Der Moskauer Faschismus mit Führerkult und Kriegs-Geheul und Einheitspartei wird selbstverständlich nicht erwähnt. Auch nicht, wie Neonazis und fanatische Eurasien-Kämpfer unter der russischen Führung gedeihen.

Es wechseln sich wackelige Vor-Ort-Bilder ab mit Erzählungen des Filmemachers. Man erfährt nicht, wie genau er in den Donbass gelangte. Setzte er sich womöglich, wie beispielsweise Abgeordnete der deutschen Partei DIE LINKE, bequem in den Flieger nach in Moskau und tuckerte dann eingebettet bei den Separatisten in den Donbass? „Embedded Journalism“ können die Russen nämlich auch.

Mark Bartalmai trägt anscheinend kein Make-Up, um den dramatischen Effekt zu erhöhen. Er sieht aus, als hätte er 10 Jahre an der Front verbracht. Er guckt betroffen, man sieht Bilder von Leichen, er schluckt zwischendurch, und erzeugt damit Stimmung gegen Kiew, Brüssel und Washington. Nicht aber gegen Russland. Er ist (anscheinend) bei Minute 6 zu sehen, wie er auf einem gepanzerten Fahrzeug mitfährt und filmt. Es sind Kämpfer zu sehen in bunt zusammengewürfelten Tarnuniformen. Wieso trauten diese Männer ihm und seiner Story? War er eingebettet? Wer sind diese Männer wirklich? Kann er überhaupt mit irgendeiner Bestimmtheit sagen, dass keine russischen Profi-Soldaten dabei waren? Glaubte er diesen Typen aufs Wort?

Es folgen Bilder von weinenden Menschen mit traurigen Gesängen. Würden die westlichen Massenmedien so etwas bringen, würden die Putinistas sofort schreien, so etwas sei manipulativ. Es geht weiter mit dem Maidan: Bösartige Menschen hätten dort Chaos verursacht.

Gäbe es hingegen einen von Russland geförderten Aufstand in Mexiko-City gegen die pro-amerikanische Regierung dort, dann bezweifle ich dass der Herr Kriegsjournalist große Tränen weinen würde. Bei Minute 18 gibt es prompt Lob für Putin. Dann wiederholt er die typischen einseitigen Sichtweisen über das Flugzeugdesaster MH 17, obwohl die Faktenlage stark suggeriert, das russische und pro-russische ukrainische Kämpfer versehentlich einen Abschuss durchgeführt hatten.

Schließlich interpretiert er den gesamten Konflikt als Versuch, Russland hineinzuzwingen und zu schwächen. Der Widerstand im Donbass würde paradoxerweise verhindern, dass die ganze Ukraine als Kriegsinstrument gegen Russland eingesetzt wird. Helden im Donbass also, gegen den Satan USA.

„Das muss man wissen.“

Kein Wort, dass Putin dringend neue außenpolitische Abenteuer braucht, um seinen Personenkult und den russischen Imperialismus zu befeuern. Kein Wort, dass Russland fast 100 Jahre lang vom Westen technologisch gefördert und querfinanziert wurde. Zu Beginn des Films heißt es zwar, dass alles nur die Meinung des Filmemachers sei, aber wenn sich seine Meinungen fast deckungsgleich mit der Meinung des Moskauer Regimes überschneidet, werde ich hellhörig.

Hinter dem Pseudonym „Mark Bartalmai“ verbirgt sich Berichten zufolge ein Mirko Möbius, Berater für Onlinehandel und Suchmaschinenoptimierung für Webshops. Vor seiner Reise 2014 in die Ostukraine schien er nichts mit Journalismus am Hut zu haben, allerdings besitzt er enge Kontakte zu dem Netzwerk aus prorussischen Eurasien-Figuren und der deutschen Mahnwachen-Szene. Seine Darstellungen werden im Netz bereits heftig kritisiert:

Er müsse sich entschuldigen, denn er könne nicht laut reden. Der Krieg sitzt ihm noch zu sehr in den Knochen. So begann Mark Bartalmai seine Rede auf der Braunschweiger ‚Friedensmahnwache‘ am 22.09.14. [1] Dann fand er aber doch seine Stimme und es folgte eine schwülstige Erzählung von Erlebnissen, die der als Kriegsreporter vorgestellte Herr kürzlich in der Ostukraine erlebt und erfahren haben will. Unter anderem behauptete er, die ukrainische Armee habe nach der Einnahme der Stadt Slawjansk ein Kind vor den Augen seiner Mutter gekreuzigt…
Diese krude Geschichte verbreitete der russische TV-Sender „Kanal 1“ Mitte Juli 2014. Sie ist schon damals sofort als frei erfunden entlarvt worden. [2] Nicht nur in westlichen Medien, auch in Russland selbst löste die groteske Propagandalüge massive Proteste aus. [3] Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist die ganze Story von einem sehr ähnlichen Gerücht inspiriert worden, das der Rechtsesoteriker Alexander Dugin einige Tage zuvor im sozialen Netz verbreitete. [4]

[1] http://youtu.be/B3Z_JhHoRP0
[2] http://www.n-tv.de/politik/Russischer-Sender-berichtet-von-Kreuzigung-article13210266.html
[3] http://www.tt.com/politik/konflikte/8642410-91/propaganda-bericht-über-gekreuzigtes-kind-empört-russen.csp
[4] http://www.themoscowtimes.com/news/article/state-run-news-station-accused-of-making-up-child-crucifixion/503397.html

Linke Medien behaupten weitere aufschlussreiche Kontakte:

Gleichzeitig wohnte Evelin Pietza, eine Unterstützerung Bartalmais bei seinem pseudo-journalistischen Projekt [7], den Siegsparaden in Moskau bei .[8] Sie reiste gemeinsam u.a. mit der Elsässer-Vertrauten Yasmine Pazio (RT Deutsch und Compact). [9] In der geschlossenen Facebook-Gruppe, die die Fahrt organisierte, war u.a. auch Jurij Kofner aktiv (Compact und Eurasische Jugendbewegung von Alexander Dugin). [10]
[7] https://about.me/pietza
[8] on.fb.me/1So07Rg
[9] https://goo.gl/vbJ6As
[10] Gruppe: facebook.com/groups/377190962405637/ Zu Kofner: facebook.com/kofner?fref=grp_mmbr_list und http://goo.gl/F6BeVW

AlexBenesch
AlexBenesch
Senden Sie uns finanzielle Unterstützung an: IBAN: DE47 7605 0101 0011 7082 52 SWIFT-BIC: SSKNDE77 Spenden mit Paypal an folgende Email-Adresse: [email protected]
spot_img
spot_img
spot_img
spot_img
spot_img
spot_img
spot_img

Related articles

Geheimdienste sollen verdeckte russische Finanzierung für Politiker in Europa aufgedeckt haben

Kommentar "Voice of Europe" schien wie eine typische, pro-russische Nachrichtenseite im Internet mit entsprechenden Beiträgen und Interviews mit europäischen...

Recentr LIVE (26.03.24) ab 19 Uhr: Dunkelfeld

Wir leben in einem Zeitalter, in dem die Menschen die falschesten Vorstellungen von den drei Supermächten besitzen. https://youtu.be/Q87IgKxwsQo

Islamischer vs. westlicher Globalismus

Propaganda aus der muslimischen Welt enthält viele Elemente, die auch westliche Sozialisten verwenden, und solche, die bei westlichen...

ISIS-K ist Russlands nächstes Problem

Kommentar Russland unter den Zaren träumte davon, das ottomanisch-islamische Kalifat zu zerstören und zu übernehmen. In der sowjetischen Phase...