Kommentar
Der Tenet-Skandal zeigt erneut: Es gibt praktisch keine verlässlichen Medien, denen man vertrauen kann. Nach dem Sendeverbot für Russia Today floss anscheinend einfach Geld in eine Tarnorganisation, die wiederum populäre Influencer wie Tim Pool bezahlte.
Diese Gestalten gaben sich nach den Ermittlungsergebnissen des US-Justizministeriums als Opfer. Sie hätten überhaupt nicht geahnt, dass hinter ihren Geldgebern die Russen stecken könnten.
Den Infuencern wurde ein Steckbrief gegeben über einen Geschäftsmann namens Eduard Grigoriann, der die ganze Sache angeblich finanziert. Die Person existierte gar nicht und das Foto war von einem Bilderdienst lizensiert worden. Ein klein wenig Aufwand hätte also gereicht, um zu merken, dass da nichts stimmt.
Ähnlich wie bei dem erwischten Hubert Seipel, der 600.000 Euro kassierte von den Russen für ein einziges Buchprojekt, erklärten die amerikanischen Influencer, sie hätten die ganze Zeit über die volle Kontrolle besessen über ihre Inhalte. Niemand hätte sie zu etwas gedrängt oder ihnen etwas untersagt.
Einige von Tenets Kommentatoren hatten Karrieren bei klasischen etablierten Medien, bevor sie sich selbstständig machten: Tim Pool war Reporter bei Vice Media und Benny Johnson war Autor bei BuzzFeed und dem Independent Journal Review (Johnson wurde von beiden Medien entlassen), bevor sie MAGA-Influencer wurden. Rubin, einst als Libertärer bekannt, der beim progressiven Netzwerk The Young Turks arbeitete, bevor er nach rechts in die konservativen Medien abdriftete, moderiert seine Sendung „The Rubin Report“ auf Glenn Becks The Blaze und YouTube. Andere, wie Lauren Southern, haben sich in den Online-Kreisen der Alt-Right und des weißen Nationalismus einen Namen gemacht. Die von Tenet versammelten Kommentatoren hatten mehr als 6 Millionen YouTube-Abonnenten.
Die Russen drängten Tenet laut Anklage auch dazu, Videos zu bewerben, die in den sozialen Medien viral gingen. In einem Fall wurden Tenet-Mitarbeiter gebeten, ein Video eines „bekannten US-Politikkommentators“ erneut zu posten, vermutlich des ehemaligen Fox News-Moderators Tucker Carlson, der im Februar einen Lebensmittelladen in Russland besuchte und sich positiv über die Qualität, Auswahl und Preise der Lebensmittel äußerte.
„Es fühlt sich einfach wie offensichtliche Werbung an“, schrieb ein Mitarbeiter, der als „Produzent-1“ identifiziert wurde, laut Anklage in einem internen Chat an einen der Firmengründer.
Aber der Produzent gab schließlich dem Druck eines der Tenet-Gründer nach und antwortete: „Okay, ich veröffentliche es morgen“, heißt es in der Anklage.
Einer kürzlichen eidesstattlichen Erklärung des FBI zufolge hat eine mit dem Kreml verbundene Propagandaorganisation angeblich weltweit 2.800 digitale Influencer als mögliche Kandidaten für die Verbreitung prorussischer Botschaften identifiziert.
Der Traum vieler ist, medial Stimmungen zu beeinflussen, sich in den Mittelpunkt zu stellen und dafür noch gut bezahlt zu werden. Klassische TV-Sender wie FOX News zahlten einem Tucker Carlson noch Millionen und übten selbstverständlich einen großen Einfluss auf dessen Sendung aus.
FOX verhedderte sich trotz Erfahrung und Anwälte mit der Berichterstattung zu den Wahlen 2020 und musste sich teuer einigen mit den Herstellern von Wahlcomputern. Auf sich alleine gestellt musste Tucker Carlson ein neues Team zusammenstellen und entschied sich dafür, weiter groteske Russenpropaganda zu betreiben und ansonsten die leicht beinflussbaren Aktivisten anzusprechen. Damit betritt er den Marktbereich eines Alex Jones, der sich auch verhedderte und nach eigenen Angaben sieben Millionen Dollar Kosten pro Jahr hatte mit seiner Firma.
Einige große Youtuber warfen das Handtuch in den letzten Jahren. Der Job ist zu aufwändig und die Kosten sind zu hoch. Kann man nicht gleichzeitig schreiben, moderieren, produzieren und Regie führen und die Technik managen, eskaliert das unternehmerische Risiko.
Genau das wissen die Russen und liefern einfach das Geld, wodurch der jeweilige Influencer erst einmal kein nennenswertes unternehmerisches Risiko mehr hat. Aber ohne Russengeld würde alles kollabieren und die Influencer wären niemand mehr. Schlimmer noch, wenn jemand zu radikal gesprochen hat und in der normalen Welt nicht mehr vermittelbar ist.