Yahya Sinwar, der Herrscher des Gaza-Streifens schrieb kürzlich „Wir haben die Israelis genau dort, wo wir sie haben wollen“, in einer Nachricht an andere Hamas-Funktionäre.
Das Wesen der Aufstandskriegsführung lässt den Israelis keine andere Wahl, als Techniken der Aufstandsbekämpfung einzusetzen und dies führt zwangsläufig zu zivilen Opfern. Die Hamas setzt darauf, dass dadurch die Palästinenser weiter radikalisiert werden und dass Bevölkerungen in westlichen Ländern nicht die Dynamik des Konflikts begreifen.
In Dutzenden von Botschaften, die vom Wall Street Journal überprüft wurden, erklärt Sinwar seinen Kontaktleuten seine Logik. Seit Beginn des Krieges wurden in Gaza mehr als 37.000 Menschen getötet, die meisten davon Zivilisten, sagen palästinensische Beamte. Die Zahl gibt aber keine Auskunft darüber, wie viele davon Kombattanten waren und sich bewusst inmitten von Zivilisten versteckten.
In einer Botschaft an die Hamas-Führer in Doha erwähnte Sinwar zivile Verluste in nationalen Befreiungskämpfen an Orten wie Algerien, wo Hunderttausende Menschen im Kampf für die Unabhängigkeit von Frankreich starben, und sagte:
„Dies sind notwendige Opfer.“
Wenn Israel internationale Unterstützung verliert und sich auf fragwürdige Bedingungen für einen Waffenstillstand einlassen muss, gewinnt Sinwar und kann bereits die zukünftigen Kriege planen.
Sein Verhältnis mit dem zweithöchsten Hamas-Funktionär Ismail Haniyya gilt als angespannt. Es ist weiterhin unklar ob Haniyya und die anderen Hamas-Führer über den Angriff am 7. Oktober informiert waren.
Es ist möglich dass Sinwar heimlich russische Rückendeckung hatte. Die Israelis wissen, dass sie vorab gründlich ausspioniert worden waren und ihre eigene Spionage den Angriff nicht vorhersehen konnte. Man sucht aktiv nach Verrätern in den eigenen Reihen.
Selbst ohne einen dauerhaften Waffenstillstand glaubt Sinwar, dass Netanjahu kaum eine andere Wahl hat, als Gaza zu besetzen und sich monate- oder jahrelang im Kampf gegen einen von der Hamas geführten Aufstand festzufahren.
Die Hamas könnte einen Krieg mit Israel verlieren, aber dies würde eine israelische Besetzung von mehr als zwei Millionen Palästinensern zur Folge haben.
„Für Netanjahu wäre ein Sieg noch schlimmer als eine Niederlage“, sagte Sinwar 2018 einem italienischen Journalisten.