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Russischer Geheimdienst wollte Italiens Rechtspartei „Lega“ kaufen

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Bild: Quirinale.it

Kommentar

Russlands Geheimdienst arbeitet immer noch mit den gleichen alten Methoden aus vergangenen Jahrzehnten und wird dabei spielend leicht erwischt. Der aktuelle Fall betrifft die italienische Rechtspartei „Lega Nord“, die sich öffentlich zum Putin-Regime bekannte und sich damit zur Zielscheibe machte für die Überwachung durch westliche Dienste.

Im Jahr 2018 reisten Vertreter der Lega nach Moskau auf der Suche nach frischem Geld. Nicht einmal im historischen Metropol Hotel in der Nähe des Roten Platzes konnte man sich ungestört unterhalten. Bald landeten Einzelheiten in der westlichen Presse über den Vorschlag, umgerechnet 65 Millionen US-Dollar zur Unterstützung der Lega durch ein Ölhandelsprogramm zu waschen. Jemand hatte die Gespräche sogar heimlich aufgezeichnet.

The Insider kann nun zusätzlich enthüllen, dass mindestens einer der russischen Vertreter ein Offizier des Fünften Dienstes des Geheimdienstes FSB war: Andrey K.

Gianluca Savoini, die rechte Hand des derzeitigen stellvertretenden italienischen Ministerpräsidenten Matteo Salvini von der Lega, mag sich dumm stellen. Aber er kann nicht wissen, wie viele andere Informationen längst abgefangen wurden durch elektronische und klassische Spionage. Insbesondere die Amerikaner hören weltweit ab, wen sie wollen. Wird jemand erwischt, kann der Fall auch an die CIA übergeben werden, um die betreffende Person zur Kooperation zu „überzeugen“.

Das russische Programm zur Beeinflussung von Europas Politik kann so schnell nach hinten losgehen. Der Fünfte Dienst des russischen FSB hat mindestens zwei gut platzierte politische Aktivisten in Europa rekrutiert und betreut: Tatjana Zdanoka, eine lettische Europaabgeordnete, gegen die derzeit vom Europäischen Parlament ermittelt wird, und Wladimir S., ein ehemaliger Berater des deutschen Parlamentariers Eugen Schmidt von der AfD.

Die Verbindung des 1980 in Aserbaidschan geborenen K. zum FSB, dem russischen Inlandsgeheimdienst und Nachfolger des KGB aus der Sowjetzeit, wurde durch ein kürzliches Leak russischer Sozialversicherungsdaten nachgewiesen, das The Insider untersuchte. Von Bedeutung waren seine Versicherungspolicen, aus denen deutlich hervorging, wer seine Arbeitgeber in den letzten zwei Jahrzehnten waren: Es handelte sich allesamt um Militäreinheiten, die mit dem FSB verbunden waren.

K. ist derzeit mit Igor Levitin verbunden, einem Präsidentenassistenten Putins und selbst Mitglied des Fünften Dienstes.

Der Deal

Im Oktober 2018 im Metropol Hotel im Zentrum von Moskau erörterte man die Idee, über einen Zwischenhändler drei Millionen Tonnen Öl von einem nicht näher genannten russischen Energieunternehmen an ein italienisches Gegenstück, Eni, zu einem Preis von nur 1,5 Milliarden US-Dollar verkauft – ein Rabatt von 65 Millionen US-Dollar angesichts des damaligen Marktpreises.

Der Rabatt (oder ein Teil davon) würde in die Kassen der Lega fließen, die im März 2018 zur zweitgrößten Partei im italienischen Parlament geworden war. Wie Stefano Vergine und Giovanni Tizian, die Ermittlungspartner von The Insider, berichten, bestanden die Verhandlungen über das Ölabkommen „aus 40 Treffen, die hauptsächlich zwischen April 2018 und Februar 2019 stattfanden“.

Italienische Staatsanwälte leiteten Ermittlungen ein, stellten diese jedoch letzten Sommer ein und erklärten dem Untersuchungsrichter, sie hätten keinerlei Beweise dafür gefunden, dass die geplante Öltransaktion jemals stattgefunden habe.

Savoini machte eine „globalistische“ Weltverschwörung dafür verantwortlich, die Lega in ein schlechtes Licht zu rücken. Im Jahr 2014 wurde ein lächelnder Salvini auf dem Roten Platz in Moskau fotografiert, der ein weißes T-Shirt trug, auf dem ein Porträt Putins prangte, und das mit militärischen Insignien geschmückt war.

Im Jahr 2019 bezeichnete Salvini Putin als „den besten Staatsmann der Welt“ und blieb auch nach der unprovozierten Invasion des Kremls in der Ukraine im Februar 2022 kritisch gegenüber den Sanktionen des Westens gegen Russland.

Savoini unternahm allein im Jahr 2018 insgesamt 14 Reisen nach Russland. Er wurde mit Aleksandr Dugin, Russlands bedeutendstem faschistischen Philosophen und Befürworter des Eurasismus, fotografiert. Dugins Vater war Oberstleutnant beim GRU, dem russischen Militärgeheimdienst. Im Jahr 2016 schickte Savoini eine E-Mail an Dugins Tochter und lud ihren Vater ein, an einem „großartigen Treffen der Lega mit Marine Le Pen“, der Vorsitzenden des französischen Front National, dem österreichischen rechtsextremen FPÖ-Vorsitzenden Heinz-Christian Strache „und anderen“ teilzunehmen.“

Im Jahr 2014 bestand die Vorhut der russischen Militär- und Sicherheitskräfte, die die Annexion der Krim und Putins schmutzigen Krieg im Donbas anführten, größtenteils aus Dugins ideologischen Anhängern. K. bezeichnete sich in russischen Medien als „Nahost-Direktor“ von Dugins Organisation.

Er gab auch zu, bei Dugin studiert zu haben.Dugins globale Aktivitäten werden größtenteils von Konstanin Malofeev getragen, einem zutiefst religiösen Milliardär, der manchmal als „orthodoxer Oligarch“ bezeichnet wird. Er wurde von den USA und der EU wegen seiner Finanzierung prorussischer Militanter in der Ukraine und der Erleichterung der Besetzung der Krim mit Sanktionen belegt. Aufzeichnungen zeigen, dass Salvini sich mit Malofeev getroffen hat.

In einer von Savoinis eigenen E-Mails, die in der von New Lines untersuchten Tranche digitaler Dokumente enthalten war, heißt es:

„K wird Ende Januar in seinem Büro in Moskau auf Sie und Herrn Björn Hoecke warten, wenn Sie können. Am selben Tag werde ich Ihnen Andrey Klimov, den Chef der Außenbeziehungen der Partei „Einiges Russland“, vorstellen und wir werden im Zentralbüro der Partei empfangen. Das Treffen mit Herrn K. wird natürlich privat sein.“

„Herr. „K“ bezog sich hier auf Konstantin Malofeev.

Die doppelte Infiltration Italiens

Italien kannte vor und nach der „Vereinigung“ nur traditionelle Herrschaftsverhältnisse, bis dann der Faschismus durchprobiert wurde unter Benito Mussolini, der mindestens in seiner Frühzeit ein britischer Agent war. Nach dem Zweiten Weltkrieg sollten plötzlich geordnete demokratische Verhältnisse her, ohne dass dafür die Voraussetzungen gegeben waren. Der Faschismus und das Königshaus hatten immer noch viele Anhänger und die Kommunistische Partei Italiens war gigantisch. Dass der sowjetische Geheimdienst versuchen würde, Politiker und Meinungs-Influencer heimlich zu bezahlen, war selbstredend. Dass die Amerikaner sich einmischen, auch.

Das rechtskonservative Spektrum sollte eingebunden werden in das Bollwerk gegen die UdSSR und die Rechtsextremisten gar als als Partisanen-Netzwerk auf Abruf für Notfälle. Der amerikanische National Security Act von 1947, der verdeckte Auslandsoperationen ermöglichte, legalisierte das Bezahlen italienischer Politiker aus dem christdemokratischen Spektrum.

„Wir hatten Geldsäcke, die wir an ausgewählte Politiker geliefert haben, um ihre politischen Ausgaben, ihre Wahlkampfausgaben, für Plakate, für Broschüren zu bestreiten“,

so der CIA-Agent F. Mark Wyatt. Die Mission bestand 1948 darin, den Wahlsieg der italienischen Christdemokraten über die Kommunistische Partei sicherzustellen. Die genauen Kosten der verdeckten Kampagne wurden nie verraten, die Einzelheiten der Operation jedoch schon. Die Christdemokraten gewannen die Wahlen mit einem komfortablen Vorsprung und bildeten eine Regierung, die die Kommunisten ausschloss. Die Praxis der CIA, politischen Einfluss zu kaufen, wurde in den nächsten 24 Jahren bei jeder italienischen Wahl wiederholt, und der politische Einfluss der CIA in Rom dauerte mindestens eine Generation, wie freigegebene Aufzeichnungen zeigen. Wie es danach aussah, ist immer noch geheim.

Insgesamt hatten die USA mindestens 10 bis 20 Millionen US-Dollar in das Land geschleust. Zusätzlich wurden Millionen von Dollar von der mit dem Marshall-Plan verbundenen Economic Cooperation Administration für antikommunistische „Informationsaktivitäten“ ausgegeben. Wyatt meinte:

„Die Kommunistische Partei Italiens wurde finanziert … durch schwarze Geldsäcke direkt aus dem sowjetischen Gelände in Rom; und die italienischen Dienste waren sich dessen bewusst. Als die Wahlen näher rückten, wuchsen die Beträge und die Schätzungen [sind] dass 8 bis 10 Millionen Dollar pro Monat tatsächlich in die Kassen des Kommunismus geflossen sind.“

Der Überläufer Mitrochin lieferte allerhand Akten über die KGB-Aktivitäten in Italien. Die Mitrochin-Kommission war eine italienische parlamentarische Kommission, die 2002 eingesetzt wurde, um angebliche KGB-Verbindungen einiger italienischer Politiker zu untersuchen. Sie wurde vom italienischen Parlament gegründet, dann von Silvio Berlusconis Mitte-Rechts-Koalition geführt. Berlusconi entsprang den Seilschaften um GLADIO und dem Logensystem P2.

Ende 1945 war die kommunistische Partei Italiens auf 1,76 Millionen Mitglieder angewachsen. Man hing in Fabriken Porträts von Stalin auf und warb immer neue Mitläufer an. Der vielleicht bedeutendste Sowjetagent in Italien war wohl Deckname DARIO; er wurde angeworben 1932, gab sich nach außen als Faschist und trat 1937 der Partito Nazionale Fascista bei. Im Außenministerium tätig warb er weitere Quellen dort an und lieferte 40 Jahre lang geheimes Material. Anfang der 60er Jahre traf LEDA, DARIOs Frau ihren Führungsoffizier vom Sowjetgeheimdienst in Rom einmal wöchentlich in Kinos oder an anderen Orten.

Der italienische Kommunistenführer Palmiro Togliatti holte bei den Wahlen 1948 gewaltige 31% der Stimmen. Er war beteiligt an dem Vorstoß des italienischen Autokonzerns FIAT (Agnelli-Familie), Fabriken in der Sowjetunion zu bauen. Das Ergebnis war AwtoWAS und die Automarke Lada. Als Dank für die Vermittlerrolle benannten die Sowjets die Stadt der wichtigen Fabrik an der Wolga nach ihm.

Agnelli ist eine der wichtigsten Figuren im italienischen Wirtschaftsleben der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er war ein Symbol des Kapitalismus und wurde von vielen als „der wahre König Italiens“ betrachtet. Agnelli war einer der bekanntesten Italiener außerhalb des Landes, mit engen Beziehungen zum internationalen Finanzwesen und zu Politikern (einige von ihnen wurden enge Freunde, wie zum Beispiel der Bilderberg-Boss Henry Kissinger).

Der KGB infiltrierte mit und ohne Hilfe der italienischen kommunistischen Partei diverse Ministerien. Im Innenministerium stahl DEMID geheime Codes. Ein anderer Agent beschaffte Listen mit Personen, die unter Überwachung standen. Die technische Spionage war recht ergiebig. Der Großteil der Topagenten waren jedoch Journalisten, die gegen hohe Bezahlung die vorgegebenen Talking Points verbreiteten gegen die NATO und für eine Ostbindung.

Im Falle einer Machtergreifung durch Kommunisten stand das GLADIO-Netzwerk bereit, um einen Partisanenkampf zu führen. Anscheinend war dem KGB die Struktur allerdings wohlbekannt und man hatte seinen eigenen Geheimlager für Waffen in Westeuropa. Professor Christopher Andrew, ein Experte für die Geschichte der Geheimdienste, untersuchte dahingehend ein Geheimarchiv. Eine im Archiv enthaltene Karte zeigte drei Standorte mit den Namen Kollo, Fosso und Bor in der Umgebung von Rom. Und eine weitere Notiz enthielt Anweisungen zum Entschärfen einer explosiven Sprengfalle namens Molniya oder Lightning.

Die GLADIO-Struktur wurde anscheinend auch missbraucht für terroristische Zwecke, um kommunistische Politik zurückzudrängen. GLADIO hing zusammen mit der schrägen Freimaurerloge Propaganda Due 2 (P2) in die wiederum Silvio Berlusconi, der Sohn des letzten Königs und die Anführer der italienischen Geheimdienste verwickelt waren. 2008 wurde Giorgia Meloni zur Jugendministerin im Kabinett Berlusconi IV ernannt.

Berlusconi und Putin hatten benachbarte Luxusvillen an der Emeraldküste Sardiniens, der russische Ex-KGB-Vorsitzender und Präsident ließ sogar seine Töchter in Berlusconis Villa wohnen.

AlexBenesch
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