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Russlands Wirtschaft versucht es mit Tricks und Tollerei

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Russlands Regime ist abhängig von der Illusion von Stärke und Beständigkeit. Glauben die Menschen dort nicht mehr daran, dass stillhalten und weitermachen wie bisher die mit Abstand beste Option ist, kann alles zerfallen. „It’s the economy, stupid“ gilt auch für Russland und es brauchte eine ganze Reihe an Tricks, um den Ukraine-Krieg zu bezahlen und die Sanktionen abzufedern.

Um die Bevölkerung zu beruhigen, hat Russland beispielsweise seinen Bürgern günstige Kredite in Milliardenhöhe für den Kauf neuer Häuser gewährt. Dieses Geld verursacht nun ein schnell wachsende Immobilienblase.

Die Zentralbank muss die Stabilität gewährlisten und der Kreml will gleichzeitig die Sympathien der Bevölkerung sichern. Präsident Wladimir Putin sagte letzte Woche, er plane, ein beliebtes Hypothekenprogramm, das Familien mit Kindern ermäßigte Zinssätze bietet, bis Ende nächsten Jahres zu verlängern.

Die Gouverneurin der russischen Zentralbank, Elvira Nabiullina, hat unterdessen dazu aufgerufen, Teile der subventionierten Hypothekenprogramme abzuschaffen, und warnte davor, dass diese die Bemühungen der Zentralbank zur Abkühlung von Nachfrage und Inflation untergraben würden.

Im Westen sind Hypotheken völlig normal, aber das russische System ist darauf nicht vorbereitet. Das russische Hypothekenvolumen ist in diesem Jahr um 72 % auf fast 70 Milliarden US-Dollar gestiegen. Ein künstlicher Bauboom hat die Wirtschaft angekurbelt auf Pump.

Laut der russischen Zeitung Wedomosti geht die Regierung davon aus, dass sich die Kosten des Hypothekenprogramms im nächsten Jahr fast vervierfachen werden. Russen, die überhaupt etwas Geld übrig haben, flüchten sich in Immobilien um die Inflation abzufedern. Der Staat kann sich die Subventionen aber nicht leisten und letzten Endes müsste Geld wieder von den Bürgern geholt werden.

Familien von Soldaten, die in der Ukraine gefallen sind, können von der Regierung etwa 56.000 US-Dollar, und weiteres Geld von von regionalen Behörden, Renten und Versicherungszahlungen erhalten. Viele haben damit Immobilien gekauft.

Wenn die Regierung ihre Unterstützung einstellt oder kürzt, geraten die Haushalte mit ihren Hypotheken in Verzug und die Banken bleiben auf den Schulden sitzen.

Russland finanziert seine Defizitausgaben durch Reserven im National Wealth Fund (dessen Liquidität das Finanzministerium derzeit auf 6,94 Billionen Rubel oder 4,6 Prozent des BIP schätzt) und durch Staatskredite. Der Mangel an Industriekapazitäten und Arbeitskräften wird auch die Entwicklung des verarbeitenden Gewerbes in Russland einschränken.

Mehr als 85 Prozent der Unternehmen leiden unter Personalmangel, wobei Fachkräfte am knappsten sind. Die Abwanderung von Facharbeitern auf der Flucht vor Krieg und politischen Repressionen sowie die Beteiligung und den Tod von Hunderttausenden Menschen am Krieg haben dem Arbeitskräftepool Russlands etwa eine weitere Million Arbeitskräfte entzogen.

Der Abzug von über 1.000 globalen Unternehmen aus Russland (von 1.400 großen globalen Unternehmen vor dem Krieg) hatte lähmende Auswirkungen auf das Geschäftsvertrauen, ausländische Investitionen und die gesamte russische Wirtschaft. Der Austritt aus Russland war für globale multinationale Unternehmen wertsteigernd und nicht wertzerstörend. Beispielsweise schrumpfte der Unternehmenswert von Gazprom um 75 %, weit mehr als die Bewertungsabschläge, die die meisten ausländischen Unternehmen hinnehmen mussten. In der Luftfahrt beispielsweise ist die Zahl der Flugzeugausfälle in Russland in diesem Jahr um 320 % gestiegen, und inländische kommerzielle Fluggesellschaften bieten viele Strecken nicht mehr an, wobei die Fluggesellschaft S7 aufgrund von Schwierigkeiten bei der Wartung von Airbus nicht in der Lage ist, mindestens 20 % ihrer Flotte zu betreiben.

Unterdessen hätten zwischen Februar 2022 und Juni 2023 privates Kapital in Höhe von 253 Milliarden US-Dollar Russland verlassen, sagten Sonnenfeld und Tian unter Berufung auf Daten der russischen Zentralbank. Und Sanktionen, die Moskau von einem Großteil der internationalen Finanzierung abschneiden, haben russische Unternehmen daran gehindert, neue Aktien oder Anleihen auf einem westlichen Markt auszugeben.

AlexBenesch
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