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Das bedeutet das „Gesetz über digitale Dienste“ in der EU

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Kommentar

Was ist eine Social Media Plattform? Eigentlich nichts anderes als ein altmodisches, aber riesiges Internet-Forum, in dem es viel zu wenige Moderatoren gibt und stattdessen Algorithmen die Moderations-Arbeit übernehmen sollen.

Jeder, der noch die alten Foren kennt, oder sogar selbst den Stress hatte, eines zu managen, weiß was für ein Problem die Moderation ist: Verrückte und Fanatiker sehen es als Gelegenheit, zu missionieren. Wie will man eine Heerschar von Moderatoren bezahlen, die sich mit allen möglichen Themen auskennen und mit dem geltenden Recht? Wie will man in die AGBs eine Zillion Bedingungen anfügen, was akzeptiert wird und was nicht?

Wenn man schlichtweg seine eigene Webseite betreibt, seine eigenen Videos hostet, besitzt man die volle Kontrolle. Social Media-Giganten lockten die Leute mit Zugang zu viel Publikum und kostenlosem Hosting. Youtubes langjähriges Vorgehen, jedem Nutzer zu erlauben, pro Tag Stunden an Stuss kostenlos hochzuladen, und dann auch noch Werbeeinnahmen zu teilen, war „zu gut um wahr zu sein“. Auf Twitter und Facebook sparten sich Nutzer nicht nur Kosten für Hosting, sondern man konnte auch noch beliebig anderer Leute Inhalte abschreiben. Der moderne Aktivist muss also nichts können.

Die Algorithmen setzen die Entscheidungen der Firmenführung um, welche Inhalte stärker oder weniger beworben werden. Twitter beispielsweise hatte einen stark linken Kurs. In der Corona-Pandemie wurden sogar Inhalte zensiert, die die These untersuchten, die Krankheit könnte von dem Wuhan-Labor ausgegangen sein. Später wurde dieses Szenario in mehreren US-Geheimdienstberichten ernsthaft erwogen.

Facebook erlebte Erfolg durch rechten Aktivismus, der aber dann beseitigt wurde, woraufhin die Plattform langweilig war. Der Aktivismus verlagerte sich woanders hin, und wurde immer verrückter; insbesondere im Zusammenhang mit der QSekte, Trump und den Russen.

Das neue europäische Gesetz, der Digital Services Act, soll Social-Media-Giganten dazu zwingen, neue Richtlinien und Praktiken einzuführen, sowie Transparenz zu zeigen. Aber wieviel Transparenz wird die EU selbst dabei zeigen?

Es geht wohlgenmerkt um Social Media und Marktplätze; nicht wirklich um einzelne Webseiten.

Die Europäische Kommission und die Mitgliedsstaaten wollen Zugang zu den Algorithmen sehr großer Online-Plattformen. Nutzer müssen besser darüber informiert werden, wie ihnen Inhalte empfohlen werden, und es muss mindestens eine Option dazu angeboten werden, die nicht auf Profiling basiert.

Die Algorithmen sind aber das große Betriebsgeheimnis.

„Rechtspopulismus ist immer attraktiver“, sagte ein Facebook-Manager kürzlich in einem Interview mit POLITICO-Reportern. „Deshalb schneiden Boulevardzeitungen besser ab als die [Financial Times], und es ist auch eine menschliche Sache. Menschen reagieren viel stärker auf fesselnde Emotionen als auf trockene Berichterstattung.“

Das nächste Problem bei Social Media sind Bots und Fake-Accounts. Die Russen beispielsweise können ganze Bürogebäude mit Personen füllen, von denen jede mehrere Accounts betreibt und Sachen postet, Likes setzt und kommentiert. Ein bestimmtes Narrativ kann so gestützt werden, dass der Social-Media-Algorithmus denkt, es sei organisch populär, und es noch weiter fördert.

Besonders ominös an dem neuen Gesetz: Nutzer digitaler Dienste werden das Recht haben, Entschädigung für Schäden oder Verluste zu verlangen, die sie aufgrund von Verstößen durch Plattformen erlitten haben. Das kann bedeuten, wenn Twitter nicht eine russische Kampagne abbremst, die sich gegen eine Firma oder Organisation oder einen Politiker richtet, gibt es Schadensersatz-Forderungen. Teils ist das nicht anders als das Standard-Recht, das jeder hat, nicht verleumdet zu werden. Jede Zeitung muss genau prüfen, was sie veröffentlicht und die Verantwortung übernehmen. Social Media-Firmen konnten besonders in den USA diese Verantwortung abschmettern. Sie stellen ja nur eine Infrastruktur zur Verfügung, nicht die Inhalte. Aber der Algorithmus wirkt eben mit. Was ist aber, wenn Inhalte sich gegen eine Impfung richten wie gegen COVID? Jemand hört darauf, erleidet Schaden durch die Krankheit, und verklagt dann mehrere Social Media-Konzerne? Pandemieübungen wie Pacific Eclipse drehen sich um Smallpox und antizipieren Misinformation. Russland pushte Nonsens über COVID im Westen und verbot den gleichen Content zuhause. Alex Jones wurde wegen Nonsens-Berichten über die Sandy Hook-Schießerei zu 1,5 Milliarden Dollar Schadensersatz verdonnert. Können künftig die europäischen Betroffenen von solche Berichten auch gegen Social Media klagen? Was ist mit Politikern, die von russisch motivierten Kampagnen getroffen wurden?

Sehr große Online-Plattformen müssen sich künftig jedes Jahr unabhängigen Prüfungen unterziehen.

Wenn eine Krise eintritt, z. B. eine Bedrohung der öffentlichen Sicherheit oder der Gesundheit, kann die Kommission von sehr großen Plattformen verlangen, dringende Bedrohungen auf ihren Plattformen zu begrenzen.

Was ist, wenn hinter einer Pandemie eine biologische Attacke vermutet wird? Oder hinter einem Blackout? Die EU hat ein Interesse daran, ihre eigenen Interessen zu sichern. Die großen Zeitungen werden sich an die Obrigkeit halten.

Wer tiefschürfende Untersuchungen haben möchte, fand diese ohnehin bisher so gut wie gar nicht auf Social Media und künftig werden sich die Konzerne fünfmal überlegen, wen sie bei sich was posten lassen.

Ein US-Bundesberufungsgericht entschied diesen Monat, dass die Biden-Regierung höchstwahrscheinlich gegen die Garantie der freien Meinungsäußerung im Ersten Verfassungszusatz verstoßen habe, indem sie Social-Media-Unternehmen dazu drängte, Inhalte zu entfernen.

Europas neues Gesetz hat bereits die Voraussetzungen für einen Konflikt mit Elon Musk, dem Besitzer von X, früher bekannt als Twitter, geschaffen. Musk hat sich in diesem Jahr von einem freiwilligen Verhaltenskodex zurückgezogen, muss sich aber an das neue Gesetz halten – zumindest auf dem Markt der Europäischen Union mit fast 450 Millionen Menschen.

Die Regulierungsbehörden müssten künftig nachweisen, dass eine Plattform systemische Probleme hatte, die Schaden verursachten, ein unerprobtes Rechtsgebiet, das letztendlich zu jahrelangen Rechtsstreitigkeiten führen könnte. Moderation durch Menschen ist teuer. Social Media finanziert sich am liebsten durch Werbung durch große, traditionelle Firmen wie etwa Autohersteller. Twitter/X erlaubte wieder mehr konservative, aktivistische Inhalte und wurde über die Werbepartner abgestraft. Es ist erstaunlich, wie negativ Nutzer reagierten auf die Erwägungen durch X, eine monatliche Gebühr zu verlangen. Leute sparen lieber ein paar Dollar und nehmen all die gewaltigen Nachteile dafür in Kauf. Informationen dürfen nichts kosten und das macht sie wertlos bzw. Qualität ist fast nicht finanzierbar.

Man sah in den letzten Jahren, wie die Republican Party und deren Gönner im Prinzip das Feld der klassischen Verschwörungsmedien übernommen haben. Selbst altgediente Influencer machen nun Dauerwerbung für die Partei.

Die Interaktionen mit Kreml-nahen Inhalten stiegen seit Kriegsbeginn auf Facebook und Instagram, die beide zu Meta gehören, geringfügig an, stiegen jedoch auf YouTube um fast 90 Prozent und haben sich auf TikTok mehr als verdoppelt.

„Online-Plattformen haben die Fähigkeit des Kremls, einen Informationskrieg zu führen, gesteigert und dadurch neue Risiken für die öffentliche Sicherheit, die Grundrechte und den bürgerlichen Diskurs in der Europäischen Union verursacht“,

heißt es in dem Bericht.

Meta und TikTok lehnten es ab, sich zur Verabschiedung des neuen Gesetzes zu äußern. X hat auf eine Anfrage nicht geantwortet. Ivy Choi, eine Sprecherin von YouTube, sagte, das Unternehmen arbeite eng mit den Europäern zusammen und die Ergebnisse des Berichts seien nicht schlüssig.

AlexBenesch
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