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Canceln wir Karl Marx wegen eindeutig antisemitischem Stuss

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Kommentar

Ein im Nachhinein sehr berüchtigt gewordener Deutscher hasste die Dänen, die Schweizer, die Inder, die Franzosen, Muslime und die Russen. Juden seien wie Flöhe. Deutschland solle den Franzosen Gebiete abspenstig machen und den Slawen im Osten das Fürchten lehren. Die Bauernschaft sei die dümmste Menschenklasse und die Arbeiter kaum gut genug, um als Kanonenfutter zu taugen. Die Russen waren Barbaren, die zu dumm für Wissenschaft wären und zerstört gehören. Dieser Deutsche hielt es für einen „Fortschritt, wenn ein Weltkrieg ganze Völker vom Erdboden verschwinden lässt.“ Sklaverei sei positiv und auch der Einsatz von Folter.

Wer war dieser Deutsche, der solche Wörter niedergeschrieben hatte? Der deutsche Kaiser vor dem Ersten Weltkrieg? Einer seiner Generäle? Bismarck? Oder vielleicht der nach dem Ersten Weltkrieg als aufstrebender Politiker arbeitende Adolf Hitler, der die alten preußisch dominierten Strukturen ersetzte durch seine NS-Bewegung? Nein, diese Worte stammen von Karl Marx aus seiner Brief-Korrespondenz mit Friedrich Engels.

Bei dem aktuellen Skandal um Hubert Aiwanger aus Bayern lässt sich nichts mehr wirklich rekonstruieren. Die einen gealterten Zeugen, vornehmlich links, belasten ihn total. Die anderen sprechen ihn komplett frei.

Widmen wir uns lieber jemandem zu, den man eindeutig canceln muss: Karl Marx.

Marx, der Verschwörungstheoretiker

Der Name Karl Marx kommt einem zunächst gar nicht in den Sinn als ein klassischer Verschwörungstheoretiker, aber die Einflüsse der französischen Frühsozialisten bei ihm sind unverkennbar und er predigte nicht einfach nur, dass Juden im Verborgenen die Ausbeutung der Menschen plotten, sondern er predigte, dass alle kapitalistischen Unternehmer und Händler andauernd die Ausbeutung der Menschen plotten. Seine jüdischen Wurzeln wollte er abstreifen und betrachtete das Bankwesen als überlappend mit spezifisch jüdischem Verhalten, Geld als Gott anzubeten und Geld mit Geld zu verdienen („Zinswucher“), was die übelste Form der Ausbeutung sei. Die hohen Kapitalisten ohne jüdische Wurzeln seien zumindest in ihrem Wesen nach jüdisch, weil sie es zuließen, dass die besondere jüdische Gier auf sie abfärbt. Man beschrieb Marx‘ Erklärung, was mit der Welt nicht stimmt, als eine Mischung aus antisemitischem Gelaber aus Studenten-Cafés gemischt mit den alten Ideen von Rousseau. Kapital sei parasitär, blutsaugend. Sogar Kinder seien nicht sicher vor den Vampiren. Es erinnert an all die Mythen über jüdische Blutrituale an Kindern und an das Geschwätz der französischen Frühsozialisten.

Karl Marx hatte seine Ideen einfach übernommen von den französischen Frühsozialisten.

Frühsozialisten

Wer hatte zuerst das Waterloo-Märchen über Nathan Rothschild erfunden? Anscheinend war es der französische Sozialist Mathieu Georges Dairnvaell mit seiner Schrift „Histoire édifiante et curieuse de Rothschild Ier, Roi des Juifs“ von 1846. Über seine Person ist so gut wie nichts bekannt, er verwendete zahlreiche Pseudonyme und beschrieb sich als „Schreiber ohne Namen, Position, Titel oder Rang“. Während den 1840er Jahren gab es eine ganze Reihe an französischen Sozialisten, die eine neue Art des Antisemitismus verbreiteten, laut dem es Juden gelungen sei, die Institutionen der Staaten und die Wirtschaft zu unterwandern. In Deutschland war gerade eben erst die Leibeigenschaft zu Ende gegangen und in Frankreich folgte auf die kurzlebige Zweite Republik wieder ein Kaiserreich unter Napoleon III. Der sozialistische französische Journalist Alphonse Toussenel gilt als Begründer des modernen Antisemitismus, da er nicht nur die altmodischen Klischees ausbreitete über Satansanbetung, sondern eine neuartige Rassentheorie formte und diese mit einer politischen Ideologie verband. Sein Buch „Die Juden, Könige der Epoche: Eine Geschichte des Finanzfeudalismus“ von 1846 gilt als Schlüsselwerk des linken Antisemitismus. Als großer Aufhänger wird James de Rothschild benutzt, der die Bahnlinie von Paris nach Belgien erwerben konnte. Toussenel warnte eindringlich davor, dass Juden die Weltherrschaft anstreben würden. Die Firma „Compagnie des chemins de fer du Nord“ (NORD) gehörte dem französischen und dem britischen Arm der Rothschild-Bankerfamilie und wurde in der Folgezeit immer weiter ausgebaut. Aber 1938 erfolgte die Verstaatlichung der NORD und anderer Privatbahnen. Sicherlich war es für einige Beobachter suspekt, wenn eine einzelne Bank solch ein Übergewicht hatte und dann auch noch ein britischer Zweig beteiligt war. Aber die Eisenbahn war wohl kaum ein Beleg für eine jüdische Weltverschwörung. Jeder wusste, dass die politische Situation in Frankreich wackelig war und dass theoretisch jederzeit eine neue Regierung privatwirtschaftliche Projekte verstaatlichen könnte. Der deutsche Dichter Heinrich Heine, der einen jüdischen Familienhintergrund hatte, besuchte 1841 die Pariser Bank seines Freundes Baron James de Rothschild und schrieb hinterher:

Geld ist der Gott unserer Zeit, und Rothschild ist sein Prophet.

Juden hatten über viele Jahrhunderte in Europa hinweg gelitten unter der Diskriminierung, die primär vom Adel und der Kirche gesteuert war. Deshalb wirkte das Freimaurertum, dem Heine angehörte, so attraktiv, denn hier wurde die alttestamentarische Tradition der Antike gewürdigt und Mitglieder, die den dritten Grad erreicht hatten, galten zumindest in der Loge als ebenbürtig. Sozialistische Ideen wirkten für Heine teils spannend, teils gefährlich. Der Verdacht ist, dass James de Rothschild im Auftrag Britanniens spionierte und mit verdeckten Geldzahlungen aufrührerische Gruppen finanzierte, was ein völlig normaler Vorgang gewesen wäre. Den antisemitischen Klischées der 1800er Jahre zufolge hatten Juden keine Wurzeln und keine echte Heimat; demzufolge seien sie politisch neutral und würden sich nur um Gewinne scheren, anstatt um die Belange irgendeiner bestimmten Nation. Diese stereotypen Vorstellungen boten eine gewisse Tarnung für die Aktivitäten von James de Rothschild, aber gleichzeitig entstand im Laufe der Zeit der gefährliche Mythos, der Rothschild-Clan hätte im Zusammenspiel mit anderen jüdischen Bankern immer beide Seiten von kriegerischen Auseinandersetzungen in Europa und anderswo finanziert, um die Nationen gegeneinander auszuspielen. Falls auch nur der Hauch eines ernsthaften derartigen Verdachts aufgekommen wäre, hätte dies die Verhaftung oder gar Ermordung der Rothschilds bedeutet und sogar eine Gefahr für die Frauen und Kinder in der Familie. Jeder wusste, wo die Rothschilds wohnten. Die großen Nationen Europas und deren dominierende Adelshäuser hatten immer wieder sondiert, ob ein dauerhafter Zusammenschluss machbar sei und waren sich durchaus bewusst darüber, dass große Konflikte potenziell ruinös sind und dass man unbedingt darauf achten muss, dass keine aufstrebende kleinere Macht die Großmächte in ruinöse Kriege verwickelt. In den gängigen Verschwörungsmedien der 1800er und 1900er Jahre hielt sich hartnäckig der Mythos, die Rothschilds hätten mühelos alle großen Adelshäuser gegeneinander ausgespielt und dann auch noch die Revolutionen finanziert in Frankreich, Russland und China.

Pierre-Joseph Proudhon (1809 bis 1865) war ein linker französischer Ökonom und Soziologe, der als einer der bedeutendsten Frühsozialisten gilt. Er geriet mit seinen Ideen und Projekten in Schwierigkeiten unter Napoleon III. Mit Karl Marx war er in einen Streit verwickelt um theoretische Details, was die sozialistische Bewegung weiter spaltete. Juden hielt er für eine minderwertige Menschenrasse, die zu wirtschaftlicher Produktivität, zu metaphysischer Begriffsbildung und zu eigener Staatlichkeit nicht fähig sei. Juden seien immer Parasiten, ein „Feind der menschlichen Art“. Daher blieben nur zwei Möglichkeiten:

„Man muß diese Rasse nach Asien verweisen oder vernichten. Durch das Eisen oder durch das Feuer oder durch die Ausweisung ist es notwendig, dass der Jude verschwindet.“

Edouard Drumont, ein französischer Journalist aus dem rechten Spektrum, der teils anarchistische Ideen vertrat, veröffentlichte 1886 das Werk „La France Juive“, von dem hunderttausende Exemplare verkauft wurden. Es gab auch eine deutsche Ausgabe unter dem Titel „Das verjudete Frankreich“. Im Prinzip handelte es sich dabei um eine Argumentationslinie, die Augustin Barruel schon in den 1790er Jahren vorgegeben hatte und genau dem entsprach, was Britanniens Geheimdienste auch über weitere Verschwörungsbücher verbreitet hatten. Hauptsache, eine Ablenkung von den britischen Geheimdiensten. Drumont meinte schwammig, Juden und Freimaurer würden heimlich Frankreich kontrollieren. Da sich das Freimaurertum schon weit verbreitet hatte, rituell Bezug nahm auf ein paar alttestamentarische Elemente aus der Antike, und James de Rothschild ein mächtiger Banker in Frankreich war, schien diese Verschwörungshypothese für Leser plausibel. Wie bereits erwähnt, erhielten Juden in Freimaurerlogen das Gefühl, mit nicht-jüdischen Logenbrüdern auf einer Stufe zu stehen und an einer neuen Welt zu arbeiten. Drumont predigte eine Rassentheorie, laut der sich Juden vom Rest der Menschheit gravierend unterscheiden würden durch ihre parasitären Eigenschaften. Bedeutende linke Figuren wie Karl Marx und Ferdinand Lasalle seien Juden und deshalb sei der Sozialismus Teil der großen Verschwörung. Drumont bezeichnete sogar den Illuminatengründer Weishaupt als Juden, um zu unterstellen, dass diese Verschwörung hinter der Französischen Revolution steckte. Genau diese Narrative lenkten ab von Britanniens Geheimdiensten und sorgten für Misstrauen und politisches Chaos. 1889 gründete Drumont eine französische „Antisemitenliga“ und eine entsprechende Zeitung. Vorbild war die deutsche Antisemitenliga des linken Anarchisten Wilhelm Marr. Jener hatte in den Welfenhochburgen Hannover und Braunschweig Schulen besucht und dann im Norden Ausbildungen durchlaufen. Im Februar 1879 erschien in Berlin Marrs Propagandaschrift „Der Sieg des Judenthums über das Germanenthum“. Er meinte, Frankreich und das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Irland würden von Juden beherrscht. Sein Schüler war ausgerechnet Theodor Fritsch, der im rechten Spektrum sehr erfolgreich wurde und bis in die Nazi-Ära hinein das Publikum belieferte mit Büchern und Pamphleten, darunter deutsche Übersetzungen der Protokolle der Weisen von Zion und der von Henry Ford unter dem Titel „Der internationale Jude“ herausgegebenen Zeitschriftenaufsätze.

Henri Roger Gougenot des Mousseaux stammte aus einer hochadeligen Familie und war Kammerherr des französischen Bourbonenkönigs Karl X. 1869 veröffentlichte Gougenot des Mousseaux das Werk, für das er noch heute bekannt ist: Die Kampfschrift „Le Juif, le judaïsme et la judaïsation des peuples chrétiens.“ In dieser Schrift stützte er sich auf den traditionellen, christlich begründeten Antijudaismus von Autoren wie Théodore Ratisbonne. Er glaubte, das Freimaurertum sei eine Falle der Judenverschwörer, um Christen zu rekrutieren und zu manipulieren. 1921 übersetzte der prominente Nationalsozialist Alfred Rosenberg die Schrift von Gougenot des Mousseaux unter dem Titel „Der Jude, das Judentum und die Verjudung der christlichen Völker“ ins Deutsche. Es sei nochmals betont: Gougenot des Mousseaux stammte aus dem ausbeuterischen Adel und diente direkt einem König aus dem Haus der Bourbonen. Die Leibeigenschaft der Bauern wurde erst 1779 bei der Französischen Revolution beendet. Der Adel mit der katholischen Kirche zusammen war der größte, dreisteste Ausbeuter in Frankreich gewesen, den man sich nur vorstellen kann. Trotzdem präsentierte Gougenot des Mousseaux die Juden per se als die Ausbeuter. Andere Großmächte wie Britannien, Österreich oder Russland wurden nach wie vor von ausbeuterischem Adel beherrscht, wobei die Briten zunehmend die Weltherrschaft anstrebten mit Hilfe von Wissenschaft, Militär, Handel und Spionage. Für Gougenot des Mousseaux aber griff ein Grüppchen Juden nach der Weltherrschaft mit ein paar Krediten und Kostümen in Logen. Wie konnte es sein, dass überhaupt irgendjemand solche Schriften wie die von Gougenot des Mousseaux ernst nahm? Die Antwort lautet, dass die instabile Situation in Frankreich, wo alle paar Jahre die Regierung wechseln konnte von Republik zu Kaiserreich und wieder zurück, begleitet war von einer Ausbreitung des Freimaurertums, welches in den Ritualen ein paar alttestamentarische Elemente besaß wie Legenden um Salomon, den König von Israel, von dem so gut wie keine historischen/archäologischen Belege überliefert sind. Nur das Alte Testament behandelt ihn und lässt durchscheinen, dass er abhängig war von Hiram von Tyros, einem phönizischen König, der ein Reich an der Küste besaß, das immer wieder in Abhängigkeit geriet von den noch stärkeren Assyrern, Babyloniern und Persern. Für Gougenot des Mousseaux war es einfach, die Behauptung aufzustellen, dass hinter dem Freimaurertum eine jüdische Verschwörung stecken würde und dass die christlichen Mitglieder zu dumm wären, dies zu verstehen. Wenn der gewöhnliche französische Bürger hörte, dass die politischen Verwerfungen vom Freimaurertum begleitet waren und dass einzelne Figuren wie James De Rothschild zu großem Reichtum gekommen waren, dann schien die Verschwörungshypothese plausibel. Britannien schuf 1717 offiziell das moderne Freimaurertum, auch wenn es vorher schon in Schottland entwickelt worden war. Die alttestamentarischen Elemente in den Logenritualen sind mehr oder minder ein Einstiegstor in die geistige Welt der Antike. Dieses Einstiegstor wirkt auf Christen meistens unverdächtig und unverfänglich. Das winzige jüdische Reich der Antike verblasst gegenüber dem alten Ägypten, dessen Symbolik eine wesentliche Rolle im Freimaurertum spielt. Auch altgriechische und römische Elemente sind im Freimaurertum repräsentiert. Selbst wenn jemand nur oberflächliche Kenntnisse der Antike besitzt, so müsste demjenigen eigentlich klar sein, dass es damals eine breite Landschaft an recht ähnlichen Religionen, Kulten und auch exklusiven Geheimgesellschaften gab, die sich scheinbaren „Mysterien“ widmeten. Das Judentum in der Antike hatte ursprünglich viele Götter und machte dann den Schritt hin zum Monotheismus. Auch solche Elemente wie die Kabbala waren nichts Ungewöhnliches. Nachdem das Römische Reich das Christentum geheimdienstlich infiltriert und übernommen hatte, wurde es angeglichen an die Traditionen der Antike, während die wichtigen Mysterienkulte beibehalten wurden. Nach dem Untergang des weströmischen Reichs etablierten sich die europäischen großen Adelshäuser und führten Mysterienkulte weiter. Zusätzlich verpasste das britische Kolonialreich 1717 unter dem Hannoveraner König George I. dem Freimaurertum eine starke wissenschaftsfreundliche Komponente und entwickelte die Geheimgesellschaft parallel zur elitären Wissenschaftsgemeinschaft „Royal Society“. Nichtsdestrotrotz erklärten Gougenot Des Mousseaux und Rosenberg das Freimaurertum zu einer jüdisch-kabbalistischen Verschwörung:

Die aus den geheimnisvollen Doktrinen der Kabbala entsprossene Freimaurerei ist nichts anderes als die moderne Form des Okkultismus, dessen Fürst der Jude ist, der jahrhundertelange Herr der Kabbala.

Der Jude ist also aus seiner Natur heraus, und wir sagen, notwendigerweise, die Seele, der eigentliche Gebieter der Maurerei, von der die bekannten Würdenträger meist nichts weiter sind als die betrügerischen und betrogenen Chefs des Ordens.

Selbstverständlich beklagt der adelige Gougenot Des Mousseaux in seinem Buch nicht den Tod und das Verderben, das die Bourbonen und die katholische Kirche über die Jahrhunderte hinweg über die Menschen gebracht hatten. Krieg, Inquisition, die Ausbeutung der Bauern und die antiken Mysterienkulte beim Adel bleiben unerwähnt. Stattdessen erzählt er eine Fantasiegeschichte, wie ein paar Juden für ein gelungenes Osterfest ein Menschenopfer gebraucht hätten:

„Tobias ging vor dem Abend auf die Straße und traf einen Jungen von über zwei Jahren, der Simon hieß. Das Kind wurde verlockt, entführt und sorgsam versteckt, denn die Eltern und die Bevölkerung waren sofort auf die Suche gegangen. Was ist aus dem Kinde geworden? Wer hat den Raub vollführt? Man muß es bei den Juden suchen! So Hieß es. Aber die Nacht brach an. Die Juden führten das Kind in ein Vorzimmer, und einer von ihnen, Moses, welcher als ein Wissender über die Zeit der Ankunft des Messias galt, setzte es auf seine Knie. Hier wurde es gefoltert. Samuel schnürte ihm den Hals mit einem Tuche zu, um das Schreien zu unterdrücken, andere hielten Hände und Beine, während Moses die Beschneidung vollführte. Gleich darauf machte er sich daran, das Kind zu peinigen und ihm Fleischstücke auszureißen. Dann machte jeder, was Moses getan hatte; das fließende Blut wurde in Näpfen gesammelt. Aber das um den Hals des Kindes gewickelte Tuch hatte sich gelöst, und ein aus der etwas freigewordenen Kehle ertönender Schrei beunruhigte die Juden. Sie drückten die Hände auf den Mund des Kindes und es schien beinahe tot. Moses ließ Samuel zu seiner Linken niedersitzen. Die beiden Männer breiteten die Arme des Opfers kreuzförmig aus und die mit Nägeln bewaffneten Juden ergötzten sich nun an der Lust, es kreuzigen zu können. So haben wir Jesus, den Gott der Christen, getötet! So sollen auf immer unsere Feinde gestürzt werden. Und das Kind tat nach mehr als einstündiger Qual seinen letzten Seufzer. Die Juden wuschen sofort das Blut von seinem Körper und besprengten mit diesem Wasser ihre Häuser, froh, sich auch die Hände und das Gesicht damit waschen zu können . . .“

Nicht nur seien Juden gierig auf solche individuellen satanischen Rituale, sondern sie würden generell beabsichtigen, den Tod von Christen herbeizuführen. Da im Laufe der Geschichte Clans wie die Rothschilds im Auftrag von den Regierungen Frankreichs, Preußens oder Britanniens u.a. mit Bonds handelten, um bei der Finanzierung von militärischen Auseinandersetzungen zu helfen, wurde dies in einschlägigen Medien uminterpretiert als Beleg für eine jüdische Verschwörung, um Nationen gegeneinander aufzuhetzen und immer beide Seiten eines Konflikts zu finanzieren, um den maximalen Schaden anzurichten. Selbst der amerikanische Bürgerkrieg wurde in der Verschwörungsliteratur so gedeutet: Wucherjuden seien damit gescheitert, US-Präsident Lincoln Geschäfte mit hohen Zinsen aufzudrängen und hätten dann jüdische Agenten auf der Seite der Südstaaten sowie in New York eingesetzt, um einen Kampf loszutreten. Gougenot des Mousseaux muss zugeben, keinerlei verwertbare Belege für satanische Ritualmorde vorweisen zu können, aber ihm reicht es, dass sich solche mythischen Erzählungen viral verbreitet haben:

Jedoch, wenn diese Worte klar, wenn die Tatsachen zahllos sind, wenn sie von allen Zeiten und aus allen Ländern stammen, und wenn die Geschichte durch ihre Genauigkeit und verschwenderische Fülle der Einzelheiten uns Photographien zu geben scheint; der Jude leugnet.

Als nächstes bezieht sich Gougenot des Mousseaux in seinem Werk von 1869 auf diejenigen Narrative, die bereits ab den 1790er Jahren in manipulativen Verschwörungsbüchern zirkulierten.  Damals war der bayerische Illuminatenorden wegen Schlamperei aufgeflogen und interne Mitgliederlisten und andere Dokumente, die die bayerische Polizei einkassiert hatte, wurden der Öffentlichkeit zugänglich. Die mächtigsten Mitglieder der Illuminaten waren eng verwandt mit dem britischen Thron (die Prinzen Karl von Hessen und Ferdinand von Braunschweig sowie die Herzöge Ernst von Sachsen-Gotha und Carl August von Sachsen-Weimar) und es bestand die Gefahr, dass der Orden als Tarnorganisation des britischen Geheimdienstes enttarnt wird. Aus dem Umfeld der britischen Royal Society veröffentlichten plötzlich Figuren wie John Robison, Augustin Barruel und August von Starck Verschwörungsbücher, die eine hohe Verbreitung erfuhren und ablenken sollten vom britischen Geheimdienst. Der Tenor lautete, dass unbekannte Hintermänner oder „geheime Obere“ heimlich die Fäden bei den Illuminaten gezogen hätten und den gewöhnlichen Mitgliedern nichts vorzuwerfen sei außer zu viel Vertrauensseligkeit.  

Einige unter aufmerksam gewordenen Augen vorgefallene Ungeschicklichkeiten; mehrfache im Zustande der Trunkenheit des nahen Triumphes entschlüpfte Vertrauensbrüche; klare Eingeständnisse, Untersuchungen; das alles erlaubt uns, neben unseren persönlichen Unterlagen, uns ein ganz bestimmtes Urteil über die Art und die Macht der Tätigkeit der hohen geheimen Gesellschaften zu bilden, in denen die Christen sich unter der Hand des Juden als die Herde einstigen lassen. In diesem Deutschland, wo die Juden und die ihnen helfenden Gesellschaften sich schon längst an die Spitze der Bestrebungen zur Vereinigung der Völker und zur Konstituierung in einem Imperium gestellt haben, mit dem Zwecke, später leicht die andere Regierungsform unterschieben zu können, die Form der kosmopolitischen Republik; in diesem Deutschland veröffentlichten die „Münchner historischen und politischen Blätter“ im Jahre 1862, anläßlich der Broschüre von Alban Stolz über die Freimaurerei, die Klagen eines Maurers. Die Schriftstücke, sagt man, sollen König Wilhelm vorgelegt worden sein . . . und der Verfasser, ganz dem protestantischen Kultus ergeben, nennt in ihnen als größte Gefahr für Thron und Altar „die Macht, welche die Juden mit Hilfe der Freimaurerei sich zu verschaffen verstanden haben, eine Macht, welche heute ihren Höhepunkt erreicht hat“. Es besteht in Deutschland, sagt er uns — und wir überlassen ihm die ganze Verantwortung für seine Worte — „es besteht eine geheime Gesellschaft mit Maurerformen, welche unbekannten Chefs unterstellt ist. Die Glieder dieser Vereinigung sind zumeist Juden, ihre Grade und ihre Systeme haben christliche Symbole nur als äußere Form und dienen umso besser dazu, ihre wahre Tätigkeit zu verdecken. Die Juden benutzen das Christentum nur aus Spottsucht und um die Dunkelheit ihrer Machenschaften zu vergrößern.“

Neben Satanismus und der Unterwanderung von Institutionen der Gesellschaft würden Juden wohl auch noch (metaphysisch) eine biologische Kriegsführung betreiben:   

Seit dem Jahre 1832 sind die Juden fast vollständig [von Seuchen] verschont geblieben, selbst wenn sie die schmutzigsten Stadtteile bewohnten. Das ganze Mittelalter bezeugt die Immunität der Juden während der Pestepidemien, die oft einen Vorwand zur Verfolgung abgab. Über die Pest von 1346 berichtet der Historiker Tschudi, daß diese Krankheit die Juden in keinem Lande ergriffen hätte. Die Juden, sagt Die Internationale in London, leben in einer ungesunden Umgebung, und zur Zeit der Cholera, wo alle Einwohner desselben Stadtteiles dieser Krankheit verfielen, entgingen die Juden wunderbarerweise dieser Geißel. Frascator zeigt uns, daß die Juden von der Typhusepidemie von 1505 vollständig verschont worden waren; Rau bestätigt dasselbe über das Jahr 1824; Ramazzini sagt es über die Fieberepidemie in Rom 1691; Deguer zeigt uns die Juden 1736 von der Dysenterie in Nimegue verschont; Eisenmann behauptet die Seltenheit der Bräune bei den jüdischen Kindern; nach Wawruch findet man bei den deutschen Juden keine Bandwurmerkrankungen.“

Als Erklärung diente über Jahrhunderte hinweg, dass Juden die Brunnen vergiftet hätten. Welcher Prozentsatz an Juden an Seuchen verstarb, ist nicht mehr zu rekonstruieren. Die Päpste erklärten während dem „Schwarzen Tod“ mehrfach öffentlich, dass Juden nicht verantwortlich seien. Nichtsdestotrotz veranstalteten Christen Pogrome in der Erwartung, damit das Seuchenproblem zu lösen. 1349 hatte König Karl IV. erklärt, dass nicht nur der Besitz von jüdischen Pestopfern an die Verwaltung der Stadt Frankfurt fallen sollte, sondern auch der Besitz von Juden, die erschlagen wurden. Sehr bald darauf wurden alle Frankfurter Juden (etwa 60) erschlagen oder in ihren Häusern verbrannt. Im Mittelalter galt prinzipiell die Dominanz des Adels und der Kirche über die gewöhnliche Bevölkerung. Für Juden gab es besondere Gesetze wie das „Judenregal“ oder der „Judenschutz“, was nichts anderes war als Schutzgelderpressung. Unter Rudolf von Habsburg wurde das Judenregal als königliche Leibeigenschaft interpretiert, woraus sich das Recht ableitete, Juden gegebenenfalls entschädigungslos zu enteignen. Karl IV. übertrug dann 1356 das Judenregal (also das Recht auf Schutzgelderpressung) auf die Kurfürsten. Das Aufkommen einzelner jüdischer Hoffaktoren (auch abschätzig Hofjuden genannt), die für den Adel bestimmte Geschäfte abwickelten, und die Etablierung von jüdischen Bankhäusern wurde von einigen Frühsozialisten gedeutet als Umkehrung von Machtverhältnissen. Es ist jedoch ein klassischer Anfängerfehler (oder der Versuch einer Verschleierung), die offiziell in den Papieren gelisteten Eigentümerverhältnisse von Konzernen und Privatbanken aus den 1700er und 1800er Jahren einfach so als Fakt zu betrachten, ohne die Wahrscheinlichkeit einzuschätzen, dass es geheime (adelige) Eigentümerverhältnisse gab und es sich nur um eine Tarnfirma handelte. Für einen Geheimdienst gehört die Etablierung von Tarnfirmen zu den essentiellen Techniken und deshalb ist die Geschichte des (CO2-intensiven) Kapitalismus viel komplizierter, als es den Historikern bewusst ist.

Der Sozialist Mikhail Bakunin stammte aus einer adelige Familie, der Vater war Karrierediplomat. Er umgab sich mit Vertretern der Aufklärungsbewegung, studierte drei Semester in Berlin und freundete sich danach in Dresden mit Arnold Ruge an, der mit dem italienischen Revolutionskämpfer Mazzini zu tun hatte. Mazzini war von Welfen unterstützt. Anstatt zu studieren, wurde Bakunin immer mehr zum Aktivisten, bis die russischen Behörden ihn nach Russland zurückbeorderten, was er ablehnte, und so ging er mit Georg Herwegh in die Schweiz. Zwischen 1869 und 1870 tuschelte er mit dem russischen Revolutionär Sergey Nechayev. Sein Einstieg ins Freimaurertum fand statt in einer Loge des schottischen Ritus unter dem Großorient-Dachverband Frankreichs. Dann lernte er in Florenz die freimaurerischen und revolutionären Strukturen kennen von Garibaldi und Mazzini, worauf er zum Atheismus konvertierte. Bei Bakunin hatte sich auch der Gedanke einer jüdischen Weltverschwörung verfangen. Anscheinend hatte er antisemitische Bestseller-Bücher des Frühsozialismus gelesen, denn er äußerte identische Vorstellungen von inhärent parasitären Juden, die über Zentralbanken die arbeitende, nicht-jüdische Bevölkerung ausbeuten wollen. Dies war nicht mehr der altmodische Antisemitismus, sondern der moderne, neue, politisierte. An die Bologna-Abteilung der Internationalen schrieb er:

„Diese ganze jüdische Sphäre ist eine einzige ausbeuterischen Sekte, eine Art blutsaugendes Volk, eine Art organischer zerstörerischer kollektiver Parasit, der nicht nur die Grenzen der Staaten überschreitet, sondern auch die Grenzen der politischen Meinungen. Diese [jüdische] Sphäre ist nun, zumindest größtenteils, unter Kontrolle von Marx und Rothschild.“

Alexander Iwanowitsch Herzen war der Sohn der aus Stuttgart stammenden Henriette Wilhelmina Luise Haag und des russischen Adligen Iwan Alexejewitsch Jakowlew. Er trat 1829 in die physikalisch-mathematische Fakultät der Universität Moskau ein. Bald fand er Zugang zu einem oppositionellen Studentenzirkel. Seit dem August 1852 hielt Herzen sich in London auf, wo er Vertreter der politischen Emigration wie Louis Blanc, Gottfried Kinkel, Lajos Kossuth und Giuseppe Mazzini kennenlernte. Die Erzieherin seiner Kinder war Malwida von Meysenbug aus dem hessischen Adel. Karl Marx und Friedrich Engels hassten die Dänen, die Schweizer, die Inder, die Franzosen, Muslime und die Russen. Weil sie vom populären Sozialistenführer Ferdinand Lasalle nichts abgreifen konnten, nannten sie ihn einen jüdischen Nigger und man verglich Juden mit Flöhen, obwohl Marx‘ zwei Großväter Rabbiner gewesen waren. Deutschland sollte ihren Vorstellungen zufolge den Franzosen wieder Elsass und Lothringen abspenstig machen und den Slawen im Osten das Fürchten lehren. Die Bauernschaft sei die dümmste Menschenklasse und die Arbeiter kaum gut genug, um als Kanonenfutter zu taugen. Die Russen waren für sie Barbaren, die zu dumm für Wissenschaft wären und zerstört gehören. Über seinen Vater lernte Marx den Baron Ludwig von Westphalen kennen, der Macht und Ansehen besaß, und Verbindungen aufwies zur Oberschicht Großbritanniens und Schottlands. Man muss vermuten, dass Ludwig dem jungen Karl auf den langen gemeinsamen Spaziergängen deutlich mehr vermittelt hat, als nur Shakespeare und andere harmlose Gedanken. Die Familie von Westphalen hatte tiefe Verbindungen zu den Nachrichtendiensten und Geheimgesellschaften, die immer gut informiert sein wollten über revolutionäre Gruppen und ideologische Netzwerke. Immer wieder knüpfte Marx neue Kontakte, trat neuen revolutionären Gruppen bei und sorgte dann für Streit, wobei er oft anderen Sozialisten vorwarf, Agenten und Spitze der Polizei zu sein.

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