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Russlands Wirtschaft bot nur genug für Schein-Imperialismus

Datum:

Die BIP-Rangliste von 2021 spricht eine deutliche Sprache:

  • USA mit 23 Billionen $
  • China mit 17,7 Billionen $
  • Deutschland mit 4,3 Billionen $
  • Russland mit 1,8 Billionen $

Russland wird sogar übertroffen von Südkorea und Italien. Die Performance ist nur marginal besser als die des Irans. Dennoch wurde die Entscheidung getroffen, die Ukraine zu überfallen und niemand will die klaren Motive benennen. Es ging nicht primär darum, dass die militärisch schwache Ukraine der NATO beitreten wollte, was die Russen mit der Unterzeichnung des Vertrags mit der NATO von 1997 durchaus erlaubten. Die Ukrainer wären wie die Polen zuvor nur drittklassige NATO-Mitglieder geworden ohne wirklich rüsten zu dürfen. Es ging auch nicht um die Launen von Putin und das Gewäsch, unbedingt einen glorreichen Sieg einzufahren.

Stattdessen benötigte man 40 Millionen frische Bürger und die äußerst wichtige ukrainische Industrie, ohne die das russische Militär keine Zukunft erwarten konnte. Die vielfältigen Güter woanders einzukaufen, war zu teuer. Die Produktion selbst zu übernehmen, war zu schwierig und zu kostspielig, denn man müsste die entsprechenden Betriebe hochziehen, die Experten ausbilden und alles irgendwie rentabel organisieren.

Der Vorstoß in die Ukraine wirkte wie der verzweifelte Versuch, dem russischen Imperium die letzte Chance zu geben, nicht dauerhaft an Status zu verlieren und nie wieder aufholen zu können. Ein psychologischer Trick spielte den Russen in die Hände, nämlich ironischerweise die eigene wirtschaftliche Schwäche. Reagiert die NATO zu stark, droht (scheinbar) gewaltige Instabilität in Russland oder gar der Zerfall, sodass verschiedene Warlords wie Prigoschin mit Atomwaffen in der Hand Teile des ehemaligen russischen Staats kontrollieren würden.

Dementsprechend verliefen die Waffenlieferungen der NATO an die Ukraine betont langsam und Russland durfte auf vielfältige Weise die Sanktionen umgehen.

Aktuell wird gemunkelt, dass sich eine Einigung über die Ukraine abzeichnet. Russland bekäme Gebiete zugesprochen, aber der Rest der Ukraine dürfte der NATO beitreten. Die Russenpropaganda versucht natürlich, zu lügen bis sich die Balken biegen über die wirtschaftliche Situation, um den Kreml in eine möglichst gute Verhandlungsposition zu bringen. Es heißt, Russland hätte genügend Geld, um auf Zeit zu spielen. Die Amerikaner hingegen könnten sich die überschaubaren Beträge, die bisher gezahlt werden, nicht leisten.

Eine Einigung über die Ukraine müsste auch die wirtschaftliche Ebene umfassen: Was müssten die Russen zahlen für den Wiederaufbau der Ukraine? Würden die Europäer wieder russisches Gas kaufen, damit Russland sich am Wiederaufbau beteiligen kann? Was ist mit den Sanktionen?

Selbst wenn die Russenpropaganda eine Einigung als Sieg bewirbt, so steht der Kreml ohne große Beute da. Nur ein paar Millionen Ukrainer wurden erbeutet und die Werften der Krim. Das reicht nicht, um künftig ein großes Imperium zu sein.

Die massive Zinserhöhung der russischen Zentralbank in dieser Woche soll den fallenden Rubel stützen. Die Regierung hat im Prinzip die russische Wirtschaft mit Geld überschwemmt, um die Versorgung ihrer Truppen in der Ukraine sicherzustellen. Durch Taktieren kann die Regierung das neue Geld schneller benutzen als die Bevölkerung, bevor es an Kaufkraft verliert. Es handelt sich um eine indirekte Form der Besteuerung.

Die Inflation liegt auf einer Jahresrate von 7,6%, wobei zu beachten ist, dass viele große Transaktionen in Russland intransparente Tauschgeschäfte sind ohne marktübliche Preise die man vergleichen kann. In der Corona-Pandemie war bereits klar, dass an der Gesundheit der Menschen gespart wurde. Nun sinkt die Qualität aller möglichen anderen Produkte, die die Leute kaufen können, was eine Art Inflation ist. Die Qualitätskontrolle im russischen Lebensmittelsektor scheint zusammengebrochen zu sein. Milchproduzenten fügten ihrer Milch routinemäßig Stärke hinzu. Man entdeckte, dass Brotbäcker Weizen der „fünften Klasse“ verwendeten, die Sorte, die normalerweise für Rinder bestimmt ist. Mehr als die Hälfte des geschnittenen Lachses in den Ladenregalen gilt als unsicher. Sechzig Prozent der von Roscontrol getesteten Produkte sind von schlechter Qualität, unsicher oder gefälscht. Bei einer Buttermarke, deren Verpackung Comic-Kühe zeigt, die auf einer neongrünen Wiese grasen, und die einen Fettgehalt von 72,5 Prozent aufweist, wurde festgestellt, dass sie „kein tierisches Fett, sondern nur pflanzliche Öle“ enthält. Lediglich sieben der 33 von Roscontrol im März getesteten Wurstmarken erfüllten die Qualitätsstandards. Manchmal kann Rospotrebnadzor nicht einmal den Täter finden – es ist bekannt, dass Hersteller gefälschte Firmennamen auf Produktetiketten anbringen.

In einem weiteren Versuch, die Währung zu stützen, hat die russische Regierung laut der russischen Wirtschaftszeitung Wedomosti eine informelle Vereinbarung mit Exporteuren getroffen, um einen größeren Teil ihrer Auslandserlöse wieder in Rubel umzutauschen.

Die Staatsausgaben als Teil des Bruttoinlandsprodukts sind im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 13,5% gestiegen. Das russische System steht nicht vor dem unmittelbaren Zusammenbruch, aber es ist nicht konkurrenzfähig.

Russland konnte sich keinen echten Imperialismus leisten. Das deutet darauf hin, dass die Bindung zu China viel enger ist, als öffentlich zugegeben.

Der reale Maßstab ist das, was die Wirtschaft tatsächlich produzieren kann. Russlands Fähigkeit, die Produktion in seinen eigenen Fabriken zu steigern, ist bereits an ihre Grenzen gestoßen. In Branchen, die das Militär beliefern, arbeiten die Werke im Mehrschichtbetrieb, um die Aufträge zu bearbeiten.

Nichtmilitärische Industriesektoren schwächeln unterdessen, belastet durch den fehlenden Zugang zu westlichen Teilen, Ineffizienz und eine Geschichte schwacher Investitionen in die Instandhaltung von Maschinen und Ausrüstung. Die Automobilproduktion ist im Jahresvergleich um mehr als 10% zurückgegangen.

Laut einer im Juni veröffentlichten Umfrage der Moskauer Hochschule für Wirtschaft sind etwa 65 % der Industrieunternehmen in Russland auf importierte Ausrüstung angewiesen. Microsoft Windows und Mercedes stellen ihren Support ein.

Nach Angaben des Finanzministeriums stiegen die Warenimporte in diesem Jahr bis Juli um 18%.

Ein schwächerer Rubel verteuert auch die Importe gemessen am Rubel und treibt die Inflation in die Höhe. Russland war weniger erfolgreich bei der Suche nach neuen Lieferanten für Mid- und High-Tech-Produkte wie Flugzeugteile, die von westlichen Sanktionen betroffen sind. Laut einer vom Center for Economic Policy Research veröffentlichten Analyse gingen diese Importe im letzten Quartal 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 7 Milliarden US-Dollar zurück.

Der russische Milliardär Oleg Deripaska warnte diesen Monat, dass Russland das Geld ausgeht. Nachdem es seinen europäischen Nachbarmarkt weitgehend verloren hat und sich andere westliche Investoren zurückziehen, wird Moskau immer abhängiger von China und droht, die seit langem schwelenden Befürchtungen in Moskau zu verwirklichen, eine Wirtschaftskolonie seines dominanten Nachbarn zu werden.

Man muss davon ausgehen, dass auf den höchsten Ebenen Russland und China seit Jahrzehnten eng koordinieren, und die wahre Beziehung zueinander in der Öffentlichkeit verschleiern. Das Scheitern im Ukraine-Krieg erweckt den Eindruck, Putin müsste sich nun aus reinem Pragmatismus Peking kurzfristig andienen. Dabei kann von den beiden Supermächten seit Jahren ein Mehrstufen-Plan beabsichtigt sein. In naher Zukunft könnte es eine Großoffensive geben zusammen mit Nordkorea.

Die russische Haushaltslücke erreichte in diesen ersten zwei Monaten 34 Milliarden US-Dollar, was mehr als 1,5 % der gesamten Wirtschaftsleistung des Landes entspricht. Das zwingt Moskau, tiefer in seinen Staatsfonds einzusteigen, einen seiner wichtigsten Anti-Krisen-Puffer.

Die Regierung kann immer noch im Inland Kredite aufnehmen, und der Staatsfonds verfügt immer noch über 147 Milliarden Dollar, selbst nachdem er seit der Invasion um 28 Milliarden Dollar geschrumpft ist. Russland hat Wege gefunden, sein Öl an China und Indien zu verkaufen. China ist eingesprungen, um viele Teile zu liefern, die Russland früher aus dem Westen bekommen hat.

Russlands Inflation lag im Februar bei rund 11 % im Vergleich zu jenem Monat des Vorjahres.

Die Industrie des Landes befindet sich in der schlimmsten Arbeitskrise seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1993, sagte das in Moskau ansässige Gaidar-Institut für Wirtschaftspolitik. Der Braindrain nach der Invasion und die Militärmobilisierung von 300.000 Mann im letzten Herbst haben laut der Zentralbank dazu geführt, dass etwa die Hälfte der Unternehmen mit Arbeitskräftemangel konfrontiert sind. Schlosser, Schweißer und Maschinenbediener sind sehr gefragt.

Bei einem kürzlichen Besuch in einer Flugzeugfabrik sagte Herr Putin, der Arbeitskräftemangel hemme die militärische Produktion. Er sagte, die Regierung habe eine Liste mit vorrangigen Berufen für die Aussetzung aus dem Dienst erstellt.

Unternehmen passen sich den Importverboten des Westens an. Während Moskau den Import von Technologien, die für seinen Krieg in der Ukraine von entscheidender Bedeutung sind, aus anderen Ländern, einschließlich Halbleitern und Mikrochips aus China, verstärkt hat, sind Teile in vielen zivilen Sektoren schwer zu ersetzen.

Die Zentralbank sagte, dass die Risiken im Luftfahrtsektor steigen, wo ein Mangel an neuen Flugzeugen und Teilen zu Problemen bei der Wartung führen könnte. IT- und Finanzunternehmen haben ohne Zugang zu westlichen Technologien wie Software, Datenbankverwaltungssystemen und Analysetools und -ausrüstung zu kämpfen, sagte die Bank.

Im Januar und Februar dieses Jahres gingen die Steuereinnahmen für Öl und Gas, die fast die Hälfte der gesamten Haushaltseinnahmen ausmachen, jedoch im Jahresvergleich um 46 % zurück, während die Staatsausgaben um mehr als 50 % stiegen.

Analysten schätzen, dass Russlands fiskalischer Break-Even-Ölpreis – der benötigt wird, um seine Bücher auszugleichen – auf über 100 Dollar pro Barrel angestiegen ist, da die Kriegsausgaben den Haushalt belasten.

Das Ural-Rohöl des Landes erzielte laut Finanzministerium im Februar durchschnittlich 49,56 $ pro Barrel, ein deutlicher Abschlag gegenüber der Benchmark Brent, die in diesem Monat mit rund 80 $ pro Barrel gehandelt wurde.

AlexBenesch
AlexBenesch
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