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„Der Exorzist“ von 1973: Antike Dämonen gegen katholische Kirche

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Vor 50 Jahren startete Der Exorzist“ in den Kinos und konfrontierte das Publikum mit einer konkreten Darstellung über das metaphysische Böse in Form eines Dämons namens Pazuzu, der ein 12-jähriges Mädchen in Washington D.C. befällt und von zwei katholischen Priestern ausgetrieben werden muss.

In den Evangelien steht, dass Satan und seine Dämonen die Ursachen von Krankheiten wie Fieber oder Lepra seien. Die moderne Wissenschaft hat dies klar widerlegt. In der Offenbarung des Johannes ist Satan der heimliche Herrscher des Römischen Reichs, welches ursprünglich geprät war von einer Vielfalt an Kulten. Der Begriff „Mysterienkult“ ist weit gefasst. Die allermeisten Mysterien waren nicht besonders geheim. Manche, wie der Mithras-Kult hingegen sehr exklusiv und es haben keine Texte überlebt, die uns beschreiben, was genau die mächtigsten Männer in den stickigen, simpel gehaltenen und abseits gelegenen Tempeln bzw. Höhlen getrieben hatten. Es gab noch eine Reihe an wählerischen Kulten, in deren innersten Zirkeln anscheinend Psychedelika rituell konsumiert wurden. In der Offenbarung werden die Juden von Smyrna als „Synagoge Satans“ bezeichnet. Anscheinend drehte sich die Kontroverse um die Frage, ob Juden sich prinzipiell mit der Römischen Großmacht arrangieren und die entsprechende „Steuer“ (i.e. Schutzgeld) zahlen sollten. Ein Aufstand der Juden wurde bekanntermaßen von zehntausenden römischen Soldaten niedergewalzt.

Im Mittelalter spielte „der Teufel“ keine große Rolle in der Theologie. Die Inquisition war gerichtet gegen christliche Gemeinschaften, die sich nicht an die katholische Linie hielten. In der frühen Neuzeit gab es die Hexenverfolgung, bei der die Delikte im deutschen Raum verbucht wurden als „Schadenszauber“.

Der Film „Der Exorzist“ war nicht einfach nur als schmierige Skandal-Unterhaltung gedacht, die besonders auffallen wollte. Die Darstellungen des Bösen als dämonische Kräfte sind angelehnt an die christliche Doktrin.

Der Film beginnt mit einer Ausgrabung im Irak, also auf dem Territorium des alten Mesopotamiens, wo Lankester Merrin den Kopf einer Pazuzu-Dämonenstatue findet und dann auch einer größeren Pazuzu-Statue gegenübersteht. Die Bilder sprechen eine deutliche Sprache: Die Dämonen der Antike würden weiterhin existieren und die katholische Kirche hätte die Aufgabe, sie einzudämmen. Die allererste Kameraeinstellung des Films zeigt die Sonne, also das Zentrum des Sonnenkultes.

Der amerikanische Autor der Romanvorlage William Peter Blatty ist der Sohn von christlichen Libanesen, besuchte mehrere elitäre katholische Schulen und Universitäten, und arbeitete sowohl für einen amerikanischen Geheimdienst als auch in der psychologischen Kriegsführung. Libanon liegt interessanterweise auf ehemaligem mesopotamischem Gebiet und man kann spekulieren, ob Blatty durch den Einfluss seiner Eltern und der Römisch-Katholischen Kirche tatsächlich an Dämonen und die Schutzfunktion der Kirche glaubte.

Eine Filmszene, die es nicht in die finale Schnittfassung schaffte, weil die Tonaufnahmen verloren gingen, zeigt, wie das Mädchen Reagan mitsamt der Mutter ein Denkmal in Washington D.C. für die Kriegsgefallenen besucht, das aussieht wie ein römischer Tempel.

Die alles durchdringende Botschaft scheint zu sein, dass Katholiken mit ihrem römischen Erbe in Amerika das Böse bekämpfen. Die späteren christlichen Kirchen seien nicht gut genug und standen dem Freimaurertum zu nahe, das sich begeistert für die Imperien der Antike.

Die Ursprünge von Pazuzu sind schwer zu rekonstruieren, aber man assoziierte ihn meistens mit schädlichem Wind. Das Tragen von Pazuzu-Amuletten und die Anrufung von Pazuzu sollte die bösartige Macht des Dämons dazu nutzen, noch viel bösartigere Dämonen wie den weiblichen Lamashtu fernzuhalten, der als besonders gefährlich für Mütter und Babys galt. Lamashtu war die Tochter des Himmelsgottes Anu und galt als verantwortlich für eine Reihe an Krankheiten. In Akkad wurde Brot geopfert vor einer kleinen Lamashtu-Figur, man goss Wasser darüber, ein schwarzer Hund musste die Figur herumtragen, man steckte das Herz eines Ferkels in den Mund der Figur und dann legte man die Figur drei Tage lang neben den Kopf eines kranken Kindes. Dreimal sprach man die Anrufung (den Zauberspruch), weitere Opfergaben waren notwendig und schließlich begrub man die Figur außerhalb des Hauses. Diese Vorgehensweisen zeigen, wie die Menschen sich das gewünschte Resultat erarbeiten und erkaufen wollten.

Die Opfergabe ist Teil eines Geschäfts, eines Austauschs. Man gibt etwas Kostbares (Zeit, Nahrungsmittel, Aufwand), um im Gegenzug etwas dafür zu erhalten und man scheut nicht, sich notfalls auch mit dunklen Gestalten wie Pazuzu zu verbünden.  Da sozial höhergestellte Menschen damals mit größeren Aufgaben betraut waren, wie etwa Krieg und der Aufrechterhaltung des Reichs, waren auch die Opfergaben für solche Ziele dementsprechend größer und auch die Bereitschaft, dunkle Kräfte und Dämonen anzurufen. Wie weit diese Bereitschaft ging, ist die interessante Frage.

In der Romanvorlage wird jedes Symptom und Verhalten, das das Mädchen Reagan zeigt und das auf Besessenheit hindeuten könnte, verglichen mit medizinischen Fällen, bei denen festgestellt wurde, dass dieselben Phänomene natürliche, wissenschaftliche Ursachen haben.

In nicht-katholischen amerikanischen Großkirchen gab es Interpretationsversuche,

Götter-Wirrwarr

Man könnte seine ganze Karriere mit dem Versuch zubringen, das religiöse Wirrwarr in Mesopotamien im Detail aufzudröseln, man würde nie damit fertig werden und liefe dann immer noch Gefahr, die wesentlichen Aspekte und Mechanismen dabei zu verpassen. Im Laufe der Zeit entstand eine immer größere Reihe an Götter-Figuren mit menschenähnlicher Form, unterschiedlichen Aufgabengebieten, Persönlichkeiten, Verwandtschaftsverhältnissen und Stellungen in einem göttlichen Machtgefüge. Diese Götter in Mesopotamien plagten sich trotz ihrer Göttlichkeit mit klischeehaften Problemen, mit Eifersucht, Leidenschaften und Intrigen herum, was zuweilen an eine Seifenoper erinnert. Anders als die Götter in späteren monotheistischen Religionen wie dem Judentum, dem Christentum oder dem Islam, galten die Götter der Antike nicht als allmächtig und nicht als zuständig für alles. Es gab auch mehrere unterschiedliche Namen für ein und denselben Gott und unterschiedliche Versionen von demselben Göttermythos. Immer wieder wurden Götter auch miteinander kombiniert, ihre Rollen auf- oder abgewertet, ihre Zuständigkeitsbereiche erweitert oder eingegrenzt. Außerdem gab es strikte Unterscheidungen dabei, was ein Gott für einen gewöhnlichen Bürger zu bedeuten hatte und was für einen Eingeweihten in einem Geheimkult. Mit jeder neuen Herrscher-Generation und mit jeder Veränderung im Machtgefüge und jeder territorialen Ausweitung konnten teils erhebliche religiöse Neuerungen in der Götterwelt und im Hinblick auf das Verhältnis zwischen dem Herrscher und den Göttern befohlen werden, an die die Bürger sich gewöhnen mussten.

Das Leben der Menschen in Mesopotamien war gekennzeichnet von Fortschritt und gleichzeitig Rückständigkeit, von bisher ungeahnten Möglichkeiten, aber auch größeren Möglichkeiten des Scheiterns.

Formativ für die Massenreligionen und exklusiven Geheimkulte waren die Kräfte der Natur, die Sonne, der Mond, die Sterne, der Wind und das Wasser, die bestimmten Regeln folgten und deren Entstehung ein Rätsel war. Wegen dem erheblichen Einsatz von halluzinogenen Rauschdrogen, insbesondere in den Kulten, hielt man selbst leblose Gegenstände für beseelt, man ging von unterschiedlichen Sphären aus, vom Konzept eines Geistes bzw. einer Seele und hielt rituelle Handlungen für geeignet, um Einfluss zu nehmen auf physische Ereignisse. Es gab keine richtige Trennung zwischen Religion und technologischen Forschungen und Errungenschaften.

Hundertprozentig exakt können wir im Nachhinein gar nicht mehr rekonstruieren, wie sich die Vorstellungen über einzelne Götter und Dämonen im Laufe der Zeit entwickelten und veränderten. Marduk war zunächst nur der Stadtgott von Babylon, wurde aber später von Hammurapi zum führenden Gott und Sohn des Ea umgedichtet. Es war Hammurapi gelungen, andere Stadtstaaten unter seine Kontrolle zu bringen und so lag es nahe, dass er Marduk dementsprechend aufwertete und ihm viele Funktionen anderer Götter zuschrieb.

An die Annunaki glaubten die Sumerer, die Akkadier, die Assyrer und Babylonier, allerdings unterschieden sich dabei die Überzeugungen stark voneinander, wie viele Annunaki es gab, welche Funktionen sie hatten und in welchem Verhältnis sie zu anderen Göttern und Dämonen standen.

Der Glaube an die sumerische Göttin bzw. Dämonin Lilith verbreitete sich in diversen Variationen in Mesopotamien und schaffte es in stark abgewandelter Form sogar bis in die jüdische Mythologie hinein, laut der sie gemeinsam mit Samael eine Reihe an Dämonen aussendet, um die Welt zu erobern.

In Ägypten verliefen die Grenzen zwischen Göttern und Dämonen manchmal fließend. Die Dämonen hatten zum Beispiel den Auftrag, die Unterwelt bzw. die Hallen von Osiris zu schützen vor dem Zutritt durch unwürdige, unerleuchtete Menschen, die die geheimen Zauberformeln nicht kennen. Manche Dämonen reisten auf eigene Faust oder im Auftrag der führenden Götter in der Gegend herum, um die Menschen heimzusuchen mit Unglück, Seuchen und Wahnsinn. Von vielen Geschichten gibt es mehrere unterschiedliche Versionen, über die nicht einmal spezialisierte Forscher unbedingt Klarheit haben und ständig können archäologische Ausgrabungen neue Informationen liefern. Manche jüdische Mythen des Alten Testaments finden wir bereits in anderer Form bei deutlich älteren und deutlich größeren Reichen.

In einem berüchtigten Mythos aus Sumer verschafft sich Inanna Zutritt zur Unterwelt, weil sie der Begräbniszeremonie von Gugalanna beiwohnen möchte. Sie muss sieben verschiedene Tore in der Unterwelt durchlaufen und jedes Mal dabei Kleidung und Schmuck ablegen, wodurch sie ihre Kräfte verliert. Man verwandelte sie wegen ihrem arroganten Auftreten in eine Leiche und hing sie an einen Haken. Später wird sie wieder zum Leben erweckt und sie lässt ihren untreuen Ehemann Dumuzi (später bekannt als Tammuz) von Galla-Dämonen in die Unterwelt entführen. Später bekommt der arme Dumuzi eine Begnadigung. Selbstverständlich existieren mehrere unterschiedliche Versionen der Geschichte und von Inanna selbst. Die Reiche Akkad, Babylon und die Assyrer setzten sie gleich mit Istar, es gab sie aber auch in Form von Ninegal. Inannas Aufgabenbereich umfasste Sex, Liebe, Fruchtbarkeit, Krieg, Justiz und politische Macht. Ihr Symbol war der achteckige Stern. Viele britische Orden aus der Zeit des Welfen-Adels haben 8 Ecken, wie zum Beispiel das Großkreuz des Royal Victorian Order, der Order of the Bath, der Order of the British Empire und der Guelphen-Orden. In Stanley Kubricks Film „Eyes Wide Shut“ sieht man bei der Weihnachtsparty des einflussreichen Zieglers mehrfach den Istar-Stern als Dekoration. Später stellt sich heraus, dass Ziegler in einem abgelegenen Palast mit vielen anderen einflussreichen Männern maskiert an uralten Sex-Ritualen teilnimmt zu orientalischen Klängen. Der gewöhnliche Bürger feiert Weihnachten, der Eingeweihte hingegen feiert alte Götter.

Insbesondere bei Firmen-Logos großer Konzerne sehen wir heute noch das mesopotamische Erbe.

Die Mythen in Mesopotamien hatten unterschiedliche Bedeutungen für unterschiedliche Gesellschaftsklassen: Sumerische Herrscher ahmten in einem Sex-Ritual zum Neujahrsfest Inanna und Dumuzi nach, während von den gewöhnlichen Bürgern ein gemäßigtes Verhalten erwartet wurde. Die Herrscher entschieden im angeblichen Einklang bzw. mit dem Einverständnis von Inanna über Krieg und Recht, während der gewöhnliche Bürger den Entscheidungen brav folgen musste.

Laut der Überlieferung durch Herodot mussten Frauen mindestens einmal in ihrem Leben außen am Tempel von Istar (Inanna) sitzen und Sex mit einem fremden Mann vereinbaren. Historiker bezweifeln, dass sich diese Regel auf alle Frauen bezog, aber es ist klar, dass es der damaligen Gesellschaft um mehr Nachwuchs ging und man solche Maßnahmen religiös aufwertete.

Das Thema Sex wurde ohne Schüchternheit behandelt und ausgewertete Schriften sprechen von unterschiedlichen Stellungen beim Sex, ausgefallenen Orten und sogar Homosexualität. Es gab aber harsche Strafen, wenn (außerehelicher) Sex das Familien-Gefüge zerstörte und damit die Stabilität der Gesellschaft gefährdete. Die Männer hatten hierbei wesentlich mehr Spielraum und durften sich weitere Frauen zulegen, um bei Laune zu bleiben und um mehr Nachwuchs hervorzubringen. Fremdgehende Frauen, die vor ihren Männern flüchteten, wurden im Fluss ertränkt oder gepfählt. Vereinzelt gelang es Frauen, in eine andere Region oder Stadt zu flüchten und ein neues Leben zu beginnen. Wenn ein Mann keine Lust hatte, eine Familie zu ernähren und dem Regime neue Untertanen und Steuereinnahmen zu verschaffen, dann wurde dies vom Regime und der Gesellschaft nicht ohne weiteres toleriert. Genauso wenig durften Männer die Götter nachäffen wie es die Herrscher in Ritualen taten.

Die ägyptischen Pharaonen gingen sogar soweit, es bei ihrer Fortpflanzung den Göttern gleichzutun und die eigenen Schwestern und Halbschwestern zu heiraten. Untersuchungen von mumifizierten Pharaonen zeigen eine Reihe an schwersten Behinderungen, die aus dem inzestuösen Verhalten resultierten. Bis in die moderne Zeit heirateten Adelige in Europa innerhalb ihres eigenen Familienzirkels und handelten sich damit genetische Schäden ein.

Die antike Götter-Welt hatte eine Funktion, die meistens unterschätzt und nicht explizit erwähnt wird, nämlich das Abladen der Schuld für Unwetter, Seuchen und Missernten auf die Gläubigen. Ging etwas Großes schief, hätte das Volk eigentlich kritisch auf die Herrscher blicken müssen, die sich als Götter oder Halbgötter ausgaben, aber stattdessen wurde der schwarze Peter durchgereicht ans Volk, das nicht genug oder nicht korrekt genug gebetet und den Göttern geopfert hätte.

AlexBenesch
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