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Wie mischen sich die USA und Russland in die türkischen Wahlen ein?

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Kommentar

Die Wahlen in der Türkei blieben zunächst ohne eindeutigen Ausgang und es kommt wohl zur Stichwahl zwischen Recep Erdogan (AKP) und Herausforderer Kemal Kilicdaroglu (CHP).

Erdogan vertritt die „rechte“, traditionelle und islamische Linie, während Kılıçdaroğlu vor rund 10 Jahren zum Vizepräsidenten der Sozialistischen Internationale (SI) wurde.

Im Kalten Krieg hatten die USA noch vehement rechte Regierungen in den Türkei gestützt und das Land als wichtigen NATO-Partner aufgebaut. Sobald aber Erdogan an einer eigenen türkischen Großmacht schraubte, fiel er in Ungnade.

Die USA hatten lange an Erdogans Ast gesägt, mit wirtschaftlichen Methoden die türkische Wirtschaft geschwächt und mit seinen Rivalen angebandelt wie Mustafa Koc und Fethullah Gülen. Koc ist überraschend Anfang 2016 gestorben. Er wurde zur Zielscheibe, nachdem er den Demonstranten der Gezi Park-Proteste geholfen hatte. Seiner Firmen wurden von den Steuerbehörden ins Visier genommen und große Staatsaufträge wurden abgesagt. Studiert hatte er an der George Washington University in Washington D.C. und nahm an Bilderberg-Konferenzen teil. Seine Unternehmensgruppe kooperierte mit westlichen Unternehmen wie Ford. In der deutschen Presse waren schwärmerische Artikel über ihn erschienen.

Gülen lebt immer noch im amerikanischen Exil und beteuert seine Unschuld am Putschversuch. Sogar das FBI und die russischen Geheimdienste vermuten, dass Gülen Geld von der CIA und den Saudis erhält. Die Massenmedien betonen nun, dass die vergangenen Säuberungsaktionen Erdogans allesamt angeblich nur auf Lügen und Verschwörungstheorien basierten, wie etwa Ergenekon. Allerdings verschweigen die Medien alle bislang bekannten Fakten zu dem sogenannten „tiefen Staat“ und den klandestinen Netzwerken.

Aus Amerika hieß es bereits, falls der linke Kemal Kilicdaroglu gegen Erdogan gewinnt, würden amerikanische Investoren zurückkehren und quasi die neue Regierung stützen und die türkische Bevölkerung zufriedenstellen.

Aber wie stark ist Kilicdaroglu wirklich den Amerikanern hörig? Er stellte sich beim Putschversuch am 15. Juli 2016 mit seiner Partei hinter den Präsidenten Erdoğan. Am 25. August 2016 wurde in der Region Artvin ein Anschlag auf die Fahrzeugkolonne verübt, in der sich Kılıçdaroğlu befand. Im Jahr 2017, vor dem Referendum, zeigte Kılıçdaroğlu das von Nationalisten verwendete Grauwolf-Handzeichen.

Möglicherweise sind sich Erdogan und Kilicdaroglu heimlich viel näher, als es die meisten ahnen. Russland favorisiert Erdogan und die USA anscheinend Kilicdaroglu.

CIA

Das türkische Militär putschte beispielsweise am 12. September 1980. Auslöser war die sehr instabile Phase in den 1970er-Jahren, die durch wechselnde politische Koalitionen, politische und wirtschaftliche Instabilität und Terrorakte durch das extrem rechte und linke politische Spektrum geprägt war. Das Militär unter General Kenan Evren verhängte über das Land das Kriegsrecht und verbot alle politischen Parteien. Die Junta ging heftig gegen die kurdischen Separatisten und linke Oppositionelle vor. Am 7. November 1982 wurde die von den Militärs vorgelegte und bis heute gültige Verfassung der Republik Türkei durch eine Volksabstimmung angenommen und trat am 9. November 1982 in Kraft.

Evren war der Kommandant des türkischen Zweigs des NATO-Programms Gladio, die sogenannte Counter-Guerrilla. Er wurde zu einem Teil des neuen herrschenden Triumvirats nach einem Putsch 1980. Das Parlament wurde aufgelöst. Der Chef des CIA-Büros in Ankara, Paul B. Henze, erhielt damals einen Anruf aus dem Situation Room des Weißen Hauses:

“Paul, deine Jungs haben es geschafft.”

Seal_of_the_Turkish_National_Intelligence

Die CIA unterhält auch eine Reihe an Spionen im türkischen Geheimdienst. 1977 gab der ehemalige Geheimdienstvize und CIA-Kollaborateur Sabahattin Savasman dies zu.

Die USA stabilisierten noch in der Anfangszeit Erdogans Wirtschaft und machten ihn zu Mr. Wirtschaftswunder, der sich hohen Umfragewerten in der Bevölkerung erfreuen konnte. Später jedoch gab es starke Spannungen, der wirtschaftliche Support wurde eingestellt und man sah eher Bemühungen, die türkische Wirtschaft zu sabotieren, in der Hoffnung, einen Regierungswechsel herbeizuführen. Gleichzeitig sah man eine Verstärkung der Volksproteste, die möglicherweise von ausländischen Geheimdiensten gefördert wurde.

Der Putsch-Versuch vor ein paar Jahren gegen Erdogan trug die Handschrift der Amerikaner.

Derweil deutet alles darauf hin, als würde Erdogans AKP erneut stärkste Kraft im Parlament, das ebenfalls am Sonntag gewählt wurde.

Die Opposition hat der Regierung Manipulationen und Verzögerungstaktiken an den Wahlurnen vorgeworfen. „Sie [die regierungsfreundlichen Kräfte] beanstanden die Ergebnisse in den CHP-Hochburgen und lassen sie immer wieder nachzählen“, sagte ein ranghoher Funktionär der Partei.

Erdogan dominierte die türkische Politik zwei Jahrzehnte lang, verstärkte seinen Einfluss auf das Land und untergrub die demokratischen Institutionen im eigenen Land. Herr Kilicdaroglu hat versprochen, die Türkei näher an die USA und ihre Verbündeten heranzuführen und gleichzeitig eine stabile Beziehung zu Russland aufrechtzuerhalten. Sollte Kilicdaroglu gewinnen, dürften westliche Investitionen wieder in die Türkei fließen, nachdem die Anleger jahrelang ihr Engagement in der Landeswährung reduziert hatten, sagen Analysten.

Eine Rückkehr ausländischer Investitionen könnte zur Stabilisierung der türkischen Lira beitragen und einen Weg zur langfristigen Wiederbelebung der Wirtschaft des Landes bieten. Die USA verhängten Sanktionen gegen die Verteidigungsindustrie der Türkei und schlossen das Land aus einem fortschrittlichen Düsenjägerprogramm aus, nachdem die Erdogan-Regierung ein russisches Luftverteidigungssystem gekauft hatte.

Dann warf Kilicdaroglu Moskau vor, sich in die türkischen Wahlen einzumischen, indem es eine „Deep-Fake“-Kampagne verbreitete, nachdem im Internet ein angebliches Sexvideo eines türkischen Drittkandidaten aufgetaucht war. „Hände weg vom türkischen Staat. Wir sind weiterhin für Zusammenarbeit und Freundschaft“, schrieb er am Donnerstagabend auf Twitter. Russland hat die Vorwürfe zurückgewiesen.

AlexBenesch
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