Kommentar
Der Chef des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, hatte mit einem Verein zu tun, der angeblich Kontakte zum russischen Geheimdienst aufweist.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser will ihn abberufen, berichten mehrere deutsche Medien. Die SPD selbst geriet während des Ukrainekonflikts in die Kritik, weil einflussreiche Politiker in der Vergangenheit mit Russland kooperirten in Bereichen wie dem Energiehandel.
Es geht um den Verein „Cyber-Sicherheitsrat Deutschland“ bei dem Schönbohm Gründungspräsident war. Mitglied ist die Berliner Cybersecurity-Firma, früher noch unter dem Namen Infotecs GmbH, ein Tochterunternehmen der russischen Cybersecurityfirma O.A.O.Infotecs, die nach Informationen des Recherchenetzwerks „Policy Network Analytics“ von einem ehemaligen Mitarbeiter des russischen Nachrichtendienstes KGB gegründet wurde. Über die Kontakte zu russischen Geheimdienststellen hatte das ARD-Magazin Kontraste bereits 2019 berichtet. Infotecs arbeitet angeblich auch für russische Regierungsstellen wie dem Inlandsgeheimdienst FSB.
Das Recherchenetzwerk „Policy Network Analytics“ und das ZDF Magazin Royale brachten neue Erkenntnisse, über die Schönbohm nun seinen Posten verlieren wird.
Die Russenfirma in dem Verein ist noch lange kein ernster Bruch von Sicherheitsbestimmungen. Der Verfassungsschutz (den Faeser kontrolliert) und der Bundesnachrichtendienst müssten solche Gelegenheiten, russische Netzwerke zu ergründen, eigentlich standardmäßig nutzen.
Die russischen Geheimdienste haben ihre Finger in vielen Firmen und Industrien. Schönbohm war früher tätig bei dem Top-Rüstungskonzern EADS und soll über keine computertechnischen Kenntnisse verfügen. Er gilt vielen IT-relevanten Politikern als zu rechtskonservativ in seinen Kontakten. Neben seiner Tätigkeit für EADS ist er Mitglied der pro-amerikanischen Atlantik-Brücke und des Offiziers-Vereins Clausewitz-Gesellschaft. Sein Vater war der Generalleutnant und CDU-Politiker Jörg Schönbohm.
Der traditionell links stehende Chaos Computer Club bezeichnete Arne Schönbohm bei seiner Ernennung als „Cyber-Clown“. Es überrascht nicht, dass Andy Müller-Maguhn (ehemals Leiter beim Chaos Computer Club) ins Fadenkreuz der US-Behörden gekommen ist wegen seiner Beziehung zu Julian Assange/Wikileaks. Der CCC-Gründer Wau Holland hielt er die erste Sitzung des Chaos Computer Clubs in Deutschland am ehemaligen Tisch der kommunistischen Kommune 1 in den Redaktionsräumen der linken Zeitung taz. Die Kommune 1 hatte sich zunächst in der leerstehenden Wohnung des Schriftstellers Hans Magnus Enzensberger getroffen, der sich dann mitten im Kalten Krieg und kurz nach der Ära Stalins, zu einer “Studienreise” nach Moskau begeben hatte.
Die Firma Protelion wurde aus dem Cyber-Sicherheitsrat-Verein ausgeschlossen. Sie verspricht auf der Webseite „inspirierende Sicherheitslösungen für die neu definierten Grenzen und Ränder der digitalen Welt“, was im Prinzip Verschlüsselung und VPN bedeutet, die von vielen Konkurrenten angeboten werden.
Böhmermann in seiner Sendung polterte, dass dass die Firma 1991 von Andrey Chapchaev gegründet wurde, der zuvor ein Jahrzehnt in der Forschungsabteilung des KGB gearbeitet hat. Es ist bekannt, dass Böhmermann politisch nach links tendiert. Geht es ihm wirklich um Cybersicherheit? Was ist, wenn Faeser von der höchst suspekten SPD einen neuen BSI-Chef ernennt aus linken Kreisen? Ist Böhmermann dann zufrieden?
Das BSI meint dazu:
„Dem BSI ist nicht bekannt, ob diese Algorithmen in Deutschland eingesetzt werden.“
Damit spielt man den Ball zurück an die deutschen Geheimdienste. Denn das BSI kann nicht unbedingt bei jeder Firma mit Russenverbindungen jedes relevante Produkt bis zum letzten Code-Fitzel überprüfen auf Backdoors und zudem ist das BSI nicht beauftragt mit klassischer Spionage bzw. Gegenspionage und Spionageabwehr.
Die Produkte würden im BSI nicht eingesetzt, ob dessen Produkte in der Bundesregierung verwendet werden, sei nicht bekannt.
Obwohl der Großteil des Infotecs-Geschäfts aus Russland und anderen Ländern in Übersee stammt, unterhält das Unternehmen seit über zwei Jahrzehnten mehrere Unternehmenseinheiten in den Vereinigten Staaten. Laut mindestens einem Mitarbeiter von Infotecs gehörten zu den wichtigsten US-Kunden Cigna, die Rutgers University und das Hackensack University Medical Center. Rutgers dementierte.
In Russland werden die Umsätze durch russische Verträge auf ärmliche 20 Millionen $ geschätzt. Infotecs behauptete auf der englischen Website, dass das Unternehmen „der offizielle Lieferant für die Vereinten Nationen“ sei. Ein Sprecher der UNO wies diese Behauptungen jedoch zurück.
Motherboard berichtete zuvor, dass Kryptografie-Experten einen scheinbaren Fehler in Streebog und Kuznyechik gefunden haben, zwei in Russland hergestellten Algorithmen, die für die Verschlüsselung vertraulicher oder privilegierter Informationen von zentraler Bedeutung sind. Diese Algorithmen wurden von Infotecs in Zusammenarbeit mit einem der russischen Geheimdienste entwickelt.
Im September 2018 setzte das Bureau of Industry and Security (BIS) des US-Handelsministeriums 14 Unternehmen, darunter Infotecs in Russland, auf eine Exportverbotsliste. Was noch kein Geschäftsverbot in den USA bedeutet.
Die Verbindungen von Infotecs zu Artem Klyushin wurden untersucht, einem russischen Geschäftsmann, den der Geheimdienstausschuss des US-Senats als „mit dem Kreml verbundener Bot-Entwickler, der russische Einflussoperationen unterstützt hat“ bezeichnete.
In seinem Bericht äußerte der Geheimdienstausschuss des Senats zahlreiche Bedenken hinsichtlich Klyushin und Klyushina, die beide vom aserbaidschanischen Oligarchen Aras Agalarov und seinem Sohn Emin angeheuert wurden. Kljuschin erhielt russische Regierungsgelder, unterstützte die Social-Media-Einflussoperationen des Kremls und stellte dem Kreml „Social-Media-Expertise“ zur Verfügung, sagte das Komitee.
Bis 2013 warben der Bot-Entwickler und seine damalige Frau im Auftrag der Agalarovs für Trump und Miss Universe und verbrachten während der Moskau-Reise viel Zeit mit Trump.
„Während der Reise 2013 nach Moskau für die Wahl zur Miss Universe verbrachten zwei Mitarbeiter von Agalarov, Artem Klyushin und seine damalige Frau Yulya Klyushina, Zeit mit Donald Trump“, erklärte das Komitee. „Insbesondere am Samstag, dem 9. November 2013, dem Tag der Wahl zur Miss Universe, weisen öffentlich zugängliche Informationen darauf hin, dass Kljuschina und Kljuschin. hatte den ganzen Tag über an mehreren Stellen Kontakt mit Trump. Der Ausschuss hat wenig Einblick in die Art dieser Wechselwirkungen.“
Die Interaktionen zwischen Kljuschin und Trump wurden auf Twitter von der Frau eines hochrangigen Infotecs-Mitarbeiters beworben, der anscheinend eine enge Beziehung zu Kljuschin und Kljuschina hatte, als sie für die Agalarovs arbeiteten.
Pavel Sokolov, Projektmanager von Infotecs, und seine Frau Angelika Sokolova haben zahlreiche Male über verschiedene Social-Media-Plattformen mit Klyushin und seiner Frau Klyushina korrespondiert.
Jahre später, im Jahr 2018, während ihr Mann für Infotecs in den USA arbeitete, posierte Sokolova für ein Foto vor dem Trump Tower in New York.