Russland hat seit 2014 heimlich mindestens 300 Millionen Dollar an politische Parteien, Beamte und Politiker in mehr als zwei Dutzend Ländern gegeben und plant, Hunderte von Millionen mehr einzusetzen, mit dem Ziel, politischen Einfluss auszuüben und Wahlen zu beeinflussen, so eine Zusammenfassung des Außenministeriums einer kürzlich durchgeführten Untersuchung des US-Geheimdienstes.
James Clapper, 2016 noch der amerikanische Direktor der gesamten nationalen Geheimdienst-Community, war bereits vor Jahren vom Kongress angewiesen worden, eine Untersuchung einzuleiten über russische Finanzierung europäischer Parteien; auch rückwirkend für die vergangenen zehn Jahre.
„Die Vereinigten Staaten werden offizielle Verbindungskanäle mit Zielländern nutzen, um noch geheime Informationen über russische Aktivitäten auszutauschen, die auf ihr politisches Umfeld abzielen.“
Wieviel die US-Dienste genau wissen, wird wohl nie öffentlich bekannt werden. Man zielt längst nicht nur auf die russischen Agenten und Mittelsmänner ab, sondern auch auf die Empfänger der illegalen Gelder. Der ein oder andere wird öffentlich enttarnt, um zu untermauern, dass es sich nicht nur um politisiertes Gerede handelt. Andere werden „umgedreht“, also zur Kooperation gedrängt, um gegen Russland zu arbeiten.
Das Dokument des Außenministeriums wurde am Montag als Kabel an amerikanische Botschaften auf der ganzen Welt gesendet, um die Gesprächsthemen für US-Diplomaten in Gesprächen mit ausländischen Beamten zusammenzufassen.
Die US-Geheimdienste haben u.a. festgestellt, dass sich Russland in die Präsidentschaftswahlen 2016 und 2020 zugunsten von Donald J. Trump eingemischt hat. Solche Einmischungen sind für Russland die Norm, wenngleich sie in der Vergangenheit keinen wesentlichen Unterschied machten. Diese Realität ist den Trump-Aktivisten meistens unbekannt, die jedwede Russlandverbindung des Ex-Präsidenten händeringend wegleugnen.
Das neue US-Dokument nannte zwei Männer, Yevgeny Prigozhin und Aleksandr Babakov, beide enge Mitarbeiter von Putin, die an den Einfluss- oder Einmischungskampagnen beteiligt waren.
Die Russen zahlen mit Bargeld, Kryptowährung, elektronischen Überweisungen und verschwenderischen Geschenken, heißt es in dem Dokument. Sie bewegen das Geld durch eine Vielzahl von Institutionen, um die Ursprünge der Finanzierung zu schützen, eine Praxis, die als Verwendung von Ausschnitten bezeichnet wird. Zu diesen Institutionen gehören Stiftungen, Denkfabriken, Gruppen der organisierten Kriminalität, politische Beratungsunternehmen, Briefkastenfirmen und russische Staatsunternehmen.
Auch die russischen Botschaften sollen mitmischen. Im Prinzip ist dies das Standard-Vorgehen jedes Geheimdienstes. Auch die Amerikaner nutzten solche Techniken in ehemaligen Sowjetrepubliken. Allerdings trifft es Russland hart, wenn konkrete Agenten und teure Tarnstrukturen auffliegen und wenn als Diplomaten getarnte Spione aus westlichen Ländern ausgewiesen werden.
In einem asiatischen Land habe der russische Botschafter gar einem Präsidentschaftskandidaten Millionen von Dollar in bar gegeben, heißt es in dem Dokument. In mehreren europäischen Ländern seien falsche Verträge und Briefkastenfirmen verwendet worden, um politischen Parteien Geld zu geben. Der Bericht der NY Times nennt nicht im Detail, welche Parteien in welchem Umfang erwischt wurden. Die AfD umranken schon lange entsprechende Gerüchte; allerdings deuten Spuren bislang auch in Richtung des Baron von Finck, dessen Clan eine frühe Verbindung aufweist zu Britannien. Immer wieder engagieren sich AfD-ler bei Einladungen nach Russland und Organisationen, die mit dem Oligarchen Konstantin Malofejew zu tun haben.
Seit letztem Jahr, heißt es in dem Dokument, habe eine russische Geschäftsperson versucht, pro-russische Denkfabriken in Europa zu nutzen, um rechtsextreme nationalistische Parteien zu unterstützen. Traditionell sind rechte Strukturen auch stark von den Anglo-Diensten und Israel unterwandert.
Die Zusammenfassung des US-Außenministeriums listete Maßnahmen auf, die die Vereinigten Staaten und Partnerländer ergreifen könnten, um Russlands politische Einmischungskampagnen abzumildern, einschließlich der Verhängung von Wirtschaftssanktionen und Reiseverboten gegen bekannte „finanzielle Ermöglicher“ und „Einflussakteure“.
Die Abteilung empfahl den Ländern auch, den Austausch von Informationen zu koordinieren, die Überprüfung ausländischer Investitionen zu verbessern, die Ermittlungsfähigkeiten zur ausländischen Finanzierung politischer Parteien und Kampagnen zu stärken und die Registrierungsregeln für ausländische Agenten durchzusetzen und zu erweitern.