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Wie ist es heute, angesichts vieler dokumentierter Erfolge der Stasi in der Bundesrepublik?

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Kommentar

Der Ukraine-Krieg hat mit einem Schlag die Spionage-Paranoia wiederbelebt: Wer in Deutschland steht heimlich, direkt oder über Mittelsmänner und zwischengeschaltete Tarnorganisationen, im Dienst des russischen Geheimdienstes SWR und sabotiert die Bundeswehr, unsere Geheimdienste und Außenpolitik? Wer verrät vitale Sicherheitspläne für den Verteidigungsfall? Wer deckt Sabotage-Agenten neuralgischen Punkten der Bundesrepublik? Wer verrät deutsche Agenten(netze) in Russland?

Die dokumentierte Vergangenheit zeichnet ein verheerendes Bild von versagenden deutschen Geheimdiensten, infiltrierten Parteien und der generellen Unfähigkeit, Geheimnisse zu schützen. Das Ende der Sowjetunion 1991 führte zu einem Erschlaffen der deutschen Spionageabwehr, einer verstärkten Abhängigkeit von „befreundeten“ angloamerikanischen Diensten und zu horrenden Geldbeträgen, die von ehemaligen KGB-Netzwerken an internationale Finanzstandorte gebracht werden durften. Für wenige hunderttausende Euro bekommt man über Jahre hinweg eine hochplatzierte Quelle. Rekrutierungen geschehen auch aus ideologischen Gründen und durch kompromittierende Informationen.

Topas (Rainer Rupp)

Rupp wurde bereits als Student rekrutiert von der HVA der Stasi. Ab 1969 war Rupp für die HVA beim NATO-Hauptquartier in Brüssel tätig, wo er alles Mögliche an Informationen stahl und an die Stasi übermittelte. Das vielleicht wichtigste Papier war „MC 161“, eingestuft als „Cosmic Top Secret“, in dem die NATO alle eventuellen Kenntnisse des Warschauer Paktes über die eigene Organisation zusammengefasst und bewertet hatte. Ironischerweise ermöglichte die Spionage für die Kommunisten Rupp ein angenehmes bürgerliches Leben mit Haus und mehreren Kindern durch hunderttausende DM Lohn. Mit Hilfe der vom amerikanischen Geheimdienst CIA nach der Wende bei der „Operation Rosenholz“ erbeuteten Zentraldatei des DDR-Auslandsnachrichtendienstes wurde Rupp schließlich enttarnt. Die Kommunisten griesgrämen sich darüber, dass jemand vom KGB womöglich die Datenbank an die Amerikaner verkauft hatte. Rupp lieferte alles Mögliche, was er in die Finger bekam. Darunter die Rüstungsplanung aller Nato-Länder, Details wie Stationierung, Bewaffnung etc. Der Vorsitzende Richter Klaus Wagner urteilte bei dem Prozess gegen Rupp: „Topas“ habe dem Osten einen „umfassenden Überblick“ vor allem über die Streitkräfteplanung des westlichen Bündnisses verschafft. Dies hätte im Ernstfall „verheerend und kriegsentscheidend“ für die Bundesrepublik und die Nato sein können.

In der heutigen Zeit könnte es mehrere solcher Agenten geben, die den Russen sämtliche Geheimnisse der Bundeswehr übermitteln, darunter spezifische Schwächen und Verteidigungspläne für die Ostsee, das Baltikum und den Suwalki-Korridor. Denkbar ist auch, dass hohe Bundeswehr-Offiziere und Politiker gezielt unsere Streitkräfte sabotieren durch Misswirtschaft und andere Methoden. Bekanntermaßen ist kaum etwas einsatzbereit, die Munitionsvorräte tendieren gegen Null und die Truppe ist Synonym geworden für Fehlplanung.

IM Töpfer (Knut Gröndahl)

War Referent im Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen in Bonn. Diplomatisches Referat in Ost-Berlin. Mitarbeiter des stellvertretenden SPD-Partei und Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Thierse. Letzterer führte im Frühjahr 2005 eine Delegation zum Mausoleum des chinesischen Diktators Mao Zedong. Er dozierte über „Grundwerte für eine gerechte Weltordnung“, gegen eine „unipolare Weltordnung“ und schob Satzbausteine nach über „Freiheit und Menschenrechte, Recht und Gerechtigkeit, Solidarität und Kooperation als leitende Werte in der Politik“. Die Chinesen, so scheint es zwischen den Zeilen zu heißen, sollten sich von dem Extrem-Kommunismus wegbewegen, um anschlussfähiger zu sein und die Amerikaner zurückzudrängen.

IM Udo (Ursula Vollert)

Sie war Funktionärin des Sozialdemokratischen Hochschulbundes. Dann in der Zentrale der Bundes-SPD.

Günther Guillaume

Trat 1957 der SPD bei und gelangte bis ins Kanzleramt. Auch seine Frau Christel Boom wurde von der Stasi rekrutiert. Guillaume wurde als Referent in die Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik des Bundeskanzleramts vermittelt. 1972 stieg er aufgrund seines großen Arbeitseinsatzes und seines Organisationstalents zum Persönlichen Referenten des Bundeskanzlers Willy Brandt auf. Im Jahr 1981 kehrte das Ehepaar Guillaume im Rahmen eines Agentenaustauschs in die DDR zurück, wo er offiziell als „Kundschafter des Friedens“ gefeiert wurde. Günter Guillaume wurde zum Oberst im MfS befördert, seine Frau Christel zum Oberstleutnant im MfS. Fortan trat Günter Guillaume bei MfS-Agentenschulungen als „Stargast“ auf.

Hansjoachim Tiedge beim Verfassungsschutz

Beim Bundesamt für Verfassungsschutz war er ausgerechnet zuständig für die DDR. Extrem viele Negativ-Faktoren hätten jedem auffallen müssen: Psychische Probleme, Geldprobleme, Alkohol, Schwierigkeiten in der Familie. Die Stasi meinte, er hätte seine Frau umgebracht. Nach Erkenntnissen der CIA soll Tiedge den Kontakt zur Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) bereits Monate vor seiner Flucht hergestellt haben. Verfassungsschutzpräsident Heribert Hellenbroich hielt an ihm fest und musste nach der Enttarnung und dem Skandal zurücktreten. Tiedge lief in den Osten über. Eine Reihe an weiteren Spionen wurden bald darauf enttarnt oder flohen. Anfang August 1985 setzte sich Johanna Olbrich, die Sekretärin von Bundeswirtschaftsminister Martin Bangemann, rechtzeitig in die DDR ab, ebenso die Sekretärin Margarete Höke, die im Bundespräsidialamt beschäftigt war. In die DDR flüchteten auch die Chefsekretärin beim Bund der Vertriebenen Ursula Richter und ihr Freund Lorenz Betzing, der beim Bundeswehrverwaltungsamt beschäftigt war.

Klaus Kuron

Oberamtsrat bei der Spionageabwehr des Bundesamts für Verfassungsschutzes. Der Schwerpunkt seiner Aufgaben lag zunächst in der Spionageabwehr; er war in der zuständigen Abteilung IV tätig. Dabei beschäftigte er sich regelmäßig mit der Datenbank NADIS (Nachrichtendienstliches Informationssystem). Er konnte Stasi-Operationen abschirmen und insbesondere Doppel-Agenten managen. Kuron hatte persönlich mit Markus Wolf in Dresden gesprochen über seine Anwerbung. Die HVA zahlte ihm 150.000 D-Mark plus 4000 monatlich. Neben Informationen über die Methoden, Aufgaben und Vorgehensweise der Spionageabwehr des BfV, erhielt die Stasi durch Kuron zahlreiche detaillierte Charakteristiken der BfV-Mitarbeiter. Darüber hinaus verriet Kuron die Kriterien der Suche nach verdächtigen Personen an den Grenzübergangsstellen von der DDR zur BRD. Außerdem verriet er Details zu der Zusammenarbeit mit Verfassungsschutzämtern der Länder und der Zusammenarbeit des BND mit westlichen Geheimdiensten sowie dem MAD. Generalbundesanwalt Alexander von Stahl schätzte, dass Kuron durch seinen Verrat „einen wesentlichen Teil des Bundesamtes für Verfassungsschutzes für einen Zeitraum von acht Jahren lahmgelegt [hat]“. Wie verheerend würde sich ein solcher Fall heutzutage auswirken?

Rudolf Maerker

Für die SPD in Bonn tätig. Maerker wurde Mitarbeiter von Leo Bauer beim Deutschlandsender. 1952 flüchtete Maerker nach West-Berlin, war Mitglied der SPD und Mitarbeiter beim Ostbüro der SPD. Nach seinem Umzug nach Bonn arbeitete er zunächst als Angestellter des SPD-Parteivorstandes, später als freier Journalist für die „Ost-West-Redaktion“ des Deutschlandfunks. Maerker galt als Vertreter des linken Flügels und Vertrauter von Willy Brandt und Herbert Wehner.

Axel Springers Chefsekretärin

Marie R.“, heißt es in der Studie, „lieferte dem Ministerium für Staatssicherheit so ziemlich alles, was in Springers engstem Umfeld von Interesse war.“ Springer war überzeugter Atlantiker und hatte eine enge Beziehung zu amerikanischen Sicherheitskreisen.

IM Eisenstein (Heinrich Burger)

SPD-Referent. Griff über Egon Bahr heikle Infos ab. Wäre beinahe sehr nahe an Willy Brandt gekommen. Er meinte später: „Es waren damals unglaublich viele Spione unterwegs.“

Ein Genosse in Wilmersdorf war Mitarbeiter im Verfassungsschutz Berlin. Der sprach meine Frau und mich 1969 an, ob wir unsere Erkenntnisse über die Studentenszene mit dem Verfassungsschutz teilen würden. Wir haben das mit unseren Leuten in der DDR geklärt, die fanden das wunderbar und haben gesagt: „Machen!“ Wäre ich nicht aufgeflogen, wäre ich wahrscheinlich in Bonn gelandet.

IM Adrian Pepperkorn (Peter Heilmann)

Sohn des in der Weimarer Zeit einflussreichen SPD-Fraktionschefs im Preußischen Landtag. Heimlich Mitglied der KPD. Bundesvorstand des SDS. Sekretär der FDJ. Wurde von der Stasi ausgesandt um SDS und SPD zu infiltrieren. Vom MfS war Heilmann u. a. auf Heinz Lippmann, Leo Bauer und Herbert Wehner angesetzt sowie auf den SDS, bei dem er sich in den Bundesvorstand wählen ließ.

IM Komet (Karl-Heinz Maier)

Star-Journalist mit SPD-Parteibuch. Zugang zu Willy Brandt und Egon Bahr. Leiter des Berliner Studios der Deutschen Welle, Vorsitz der Berliner Pressekonferenz. Mit Orden ausgezeichnet. Übermittelte Infos aus Top-Verhandlungen. Der „IM Komet“ war bis zu seinem Tod 1996 ein wichtiger Gesprächspartner aller Berliner Regierenden Bürgermeister von Brandt bis Diepgen.

AlexBenesch
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