Henri Roger Gougenot des Mousseaux stammte aus einer hochadeligen Familie und war Kammerherr des französischen Bourbonenkönigs Karl X. 1869 veröffentlichte Gougenot des Mousseaux das Werk, für das er noch heute bekannt ist: Die Kampfschrift „Le Juif, le judaïsme et la judaïsation des peuples chrétiens.“ In dieser Schrift stützte er sich auf den traditionellen, christlich begründeten Antijudaismus von Autoren wie Théodore Ratisbonne. Er glaubte, das Freimaurertum sei eine Falle der Judenverschwörer, um Christen zu rekrutieren und zu manipulieren. 1921 übersetzte der prominente Nationalsozialist Alfred Rosenberg die Schrift von Gougenot des Mousseaux unter dem Titel „Der Jude, das Judentum und die Verjudung der christlichen Völker“ ins Deutsche. Es sei nochmals betont: Gougenot des Mousseaux stammte aus dem ausbeuterischen Adel und diente direkt einem König aus dem Haus der Bourbonen. Die Leibeigenschaft der Bauern wurde erst 1779 bei der Französischen Revolution beendet. Der Adel mit der katholischen Kirche zusammen war der größte, dreisteste Ausbeuter in Frankreich gewesen, den man sich nur vorstellen kann. Trotzdem präsentierte Gougenot des Mousseaux die Juden per se als die Ausbeuter schlechthin. Andere Großmächte wie Britannien, Österreich oder Russland wurden nach wie vor von ausbeuterischem Adel beherrscht, wobei die Briten zunehmend die Weltherrschaft anstrebten mit Hilfe von Wissenschaft, Militär, Handel und Spionage. Für Gougenot des Mousseaux aber griff ein Grüppchen Juden nach der Weltherrschaft mit ein paar Krediten und Kostümen in Logen. Wie konnte es sein, dass überhaupt irgendjemand solche Schriften wie die von Gougenot des Mousseaux ernst nahm? Die Antwort lautet, dass die instabile Situation in Frankreich, wo alle paar Jahre die Regierung wechseln konnte von Republik zu Kaiserreich und wieder zurück, begleitet war von einer Ausbreitung des Freimaurertums, welches in den Ritualen ein paar alttestamentarische Elemente besaß wie Legenden um Salomon, den König von Israel, von dem so gut wie keine historischen/archäologischen Belege überliefert sind. Nur das Alte Testament behandelt ihn und lässt durchscheinen, dass er abhängig war von Hiram von Tyros, einem phönizischen König, der ein Reich an der Küste besaß, das immer wieder in Abhängigkeit geriet von den noch stärkeren Assyrern, Babyloniern und Persern. Für Gougenot des Mousseaux war es einfach, die Behauptung aufzustellen, dass hinter dem Freimaurertum eine jüdische Verschwörung stecken würde und dass die christlichen Mitglieder zu dumm wären, dies zu verstehen. Wenn der gewöhnliche französische Bürger hörte, dass die politischen Verwerfungen vom Freimaurertum begleitet waren und dass einzelne Figuren wie James De Rothschild zu großem Reichtum gekommen waren, dann schien die Verschwörungshypothese plausibel. Britannien schuf 1717 offiziell das moderne Freimaurertum, auch wenn es vorher schon in Schottland entwickelt worden war. Die alttestamentarischen Elemente in den Logenritualen sind mehr oder minder ein Einstiegstor in die geistige Welt der Antike. Dieses Einstiegstor wirkt auf Christen meistens unverdächtig und unverfänglich. Das winzige jüdische Reich der Antike verblasst gegenüber dem alten Ägypten, dessen Symbolik eine wesentliche Rolle im Freimaurertum spielt. Auch altgriechische und römische Elemente sind im Freimaurertum repräsentiert. Selbst wenn jemand nur oberflächliche Kenntnisse der Antike besitzt, so müsste demjenigen eigentlich klar sein, dass es damals eine breite Landschaft an recht ähnlichen Religionen, Kulten und auch exklusiven Geheimgesellschaften gab, die sich scheinbaren „Mysterien“ widmeten. Das Judentum in der Antike hatte ursprünglich viele Götter und machte dann den Schritt hin zum Monotheismus. Auch solche Elemente wie die Kabbala waren nichts Ungewöhnliches. Nachdem das Römische Reich das Christentum geheimdienstlich infiltriert und übernommen hatte, wurde es angeglichen an die Traditionen der Antike, während die wichtigen Mysterienkulte beibehalten wurden. Nach dem Untergang des weströmischen Reichs etablierten sich die europäischen großen Adelshäuser und führten Mysterienkulte weiter. Zusätzlich verpasste das britische Kolonialreich 1717 unter dem Hannoveraner König George I. dem Freimaurertum eine starke wissenschaftsfreundliche Komponente und entwickelte die Geheimgesellschaft parallel zur elitären Wissenschaftsgemeinschaft „Royal Society“. Nichtsdestrotrotz erklärten Gougenot Des Mousseaux und Rosenberg das Freimaurertum zu einer jüdisch-kabbalistischen Verschwörung:
Die aus den geheimnisvollen Doktrinen der Kabbala entsprossene Freimaurerei ist nichts anderes als die moderne Form des Okkultismus, dessen Fürst der Jude ist, der jahrhundertelange Herr der Kabbala.
Der Jude ist also aus seiner Natur heraus, und wir sagen, notwendigerweise, die Seele, der eigentliche Gebieter der Maurerei, von der die bekannten Würdenträger meist nichts weiter sind als die betrügerischen und betrogenen Chefs des Ordens.
Selbstverständlich beklagt der adelige Gougenot Des Mousseaux in seinem Buch nicht den Tod und das Verderben, das die Bourbonen und die katholische Kirche über die Jahrhunderte hinweg über die Menschen gebracht hatten. Krieg, Inquisition, die Ausbeutung der Bauern und die antiken Mysterienkulte beim Adel bleiben unerwähnt. Stattdessen erzählt er eine Fantasiegeschichte, wie ein paar Juden für ein gelungenes Osterfest ein Menschenopfer gebraucht hätten:
„Tobias ging vor dem Abend auf die Straße und traf einen Jungen von über zwei Jahren, der Simon hieß. Das Kind wurde verlockt, entführt und sorgsam versteckt, denn die Eltern und die Bevölkerung waren sofort auf die Suche gegangen. Was ist aus dem Kinde geworden? Wer hat den Raub vollführt? Man muß es bei den Juden suchen! So Hieß es. Aber die Nacht brach an. Die Juden führten das Kind in ein Vorzimmer, und einer von ihnen, Moses, welcher als ein Wissender über die Zeit der Ankunft des Messias galt, setzte es auf seine Knie. Hier wurde es gefoltert. Samuel schnürte ihm den Hals mit einem Tuche zu, um das Schreien zu unterdrücken, andere hielten Hände und Beine, während Moses die Beschneidung vollführte. Gleich darauf machte er sich daran, das Kind zu peinigen und ihm Fleischstücke auszureißen. Dann machte jeder, was Moses getan hatte; das fließende Blut wurde in Näpfen gesammelt. Aber das um den Hals des Kindes gewickelte Tuch hatte sich gelöst, und ein aus der etwas freigewordenen Kehle ertönender Schrei beunruhigte die Juden. Sie drückten die Hände auf den Mund des Kindes und es schien beinahe tot. Moses ließ Samuel zu seiner Linken niedersitzen. Die beiden Männer breiteten die Arme des Opfers kreuzförmig aus und die mit Nägeln bewaffneten Juden ergötzten sich nun an der Lust, es kreuzigen zu können. So haben wir Jesus, den Gott der Christen, getötet! So sollen auf immer unsere Feinde gestürzt werden. Und das Kind tat nach mehr als einstündiger Qual seinen letzten Seufzer. Die Juden wuschen sofort das Blut von seinem Körper und besprengten mit diesem Wasser ihre Häuser, froh, sich auch die Hände und das Gesicht damit waschen zu können . . .“
Nicht nur seien Juden gierig auf solche individuellen satanischen Rituale, sondern sie würden generell beabsichtigen, den Tod von Christen herbeizuführen. Da im Laufe der Geschichte Clans wie die Rothschilds im Auftrag von den Regierungen Frankreichs, Preußens oder Britanniens u.a. mit Bonds handelten, um bei der Finanzierung von militärischen Auseinandersetzungen zu helfen, wurde dies in einschlägigen Medien uminterpretiert als Beleg für eine jüdische Verschwörung, um Nationen gegeneinander aufzuhetzen und immer beide Seiten eines Konflikts zu finanzieren, um den maximalen Schaden anzurichten. Selbst der amerikanische Bürgerkrieg wurde in der Verschwörungsliteratur so gedeutet: Wucherjuden seien damit gescheitert, US-Präsident Lincoln Geschäfte mit hohen Zinsen aufzudrängen und hätten dann jüdische Agenten auf der Seite der Südstaaten sowie in New York eingesetzt, um einen Kampf loszutreten. Gougenot des Mousseaux muss zugeben, keinerlei verwertbare Belege für satanische Ritualmorde vorweisen zu können, aber ihm reicht es, dass sich solche mythischen Erzählungen viral verbreitet haben:
Jedoch, wenn diese Worte klar, wenn die Tatsachen zahllos sind, wenn sie von allen Zeiten und aus allen Ländern stammen, und wenn die Geschichte durch ihre Genauigkeit und verschwenderische Fülle der Einzelheiten uns Photographien zu geben scheint; der Jude leugnet.
Als nächstes bezieht sich Gougenot des Mousseaux in seinem Werk von 1869 auf diejenigen Narrative, die bereits ab den 1790er Jahren in manipulativen Verschwörungsbüchern zirkulierten. Damals war der bayerische Illuminatenorden wegen Schlamperei aufgeflogen und interne Mitgliederlisten und andere Dokumente, die die bayerische Polizei einkassiert hatte, wurden der Öffentlichkeit zugänglich. Die mächtigsten Mitglieder der Illuminaten waren eng verwandt mit dem britischen Thron (die Prinzen Karl von Hessen und Ferdinand von Braunschweig sowie die Herzöge Ernst von Sachsen-Gotha und Carl August von Sachsen-Weimar) und es bestand die Gefahr, dass der Orden als Tarnorganisation des britischen Geheimdienstes enttarnt wird. Aus dem Umfeld der britischen Royal Society veröffentlichten plötzlich Figuren wie John Robison, Augustin Barruel und August von Starck Verschwörungsbücher, die eine hohe Verbreitung erfuhren und ablenken sollten vom britischen Geheimdienst. Der Tenor lautete, dass unbekannte Hintermänner oder „geheime Obere“ heimlich die Fäden bei den Illuminaten gezogen hätten und den gewöhnlichen Mitgliedern nichts vorzuwerfen sei außer zu viel Vertrauensseligkeit.
Einige unter aufmerksam gewordenen Augen vorgefallene Ungeschicklichkeiten; mehrfache im Zustande der Trunkenheit des nahen Triumphes entschlüpfte Vertrauensbrüche; klare Eingeständnisse, Untersuchungen; das alles erlaubt uns, neben unseren persönlichen Unterlagen, uns ein ganz bestimmtes Urteil über die Art und die Macht der Tätigkeit der hohen geheimen Gesellschaften zu bilden, in denen die Christen sich unter der Hand des Juden als die Herde einstigen lassen. In diesem Deutschland, wo die Juden und die ihnen helfenden Gesellschaften sich schon längst an die Spitze der Bestrebungen zur Vereinigung der Völker und zur Konstituierung in einem Imperium gestellt haben, mit dem Zwecke, später leicht die andere Regierungsform unterschieben zu können, die Form der kosmopolitischen Republik; in diesem Deutschland veröffentlichten die „Münchner historischen und politischen Blätter“ im Jahre 1862, anläßlich der Broschüre von Alban Stolz über die Freimaurerei, die Klagen eines Maurers. Die Schriftstücke, sagt man, sollen König Wilhelm vorgelegt worden sein . . . und der Verfasser, ganz dem protestantischen Kultus ergeben, nennt in ihnen als größte Gefahr für Thron und Altar „die Macht, welche die Juden mit Hilfe der Freimaurerei sich zu verschaffen verstanden haben, eine Macht, welche heute ihren Höhepunkt erreicht hat“. Es besteht in Deutschland, sagt er uns — und wir überlassen ihm die ganze Verantwortung für seine Worte — „es besteht eine geheime Gesellschaft mit Maurerformen, welche unbekannten Chefs unterstellt ist. Die Glieder dieser Vereinigung sind zumeist Juden, ihre Grade und ihre Systeme haben christliche Symbole nur als äußere Form und dienen umso besser dazu, ihre wahre Tätigkeit zu verdecken. Die Juden benutzen das Christentum nur aus Spottsucht und um die Dunkelheit ihrer Machenschaften zu vergrößern.“
Neben Satanismus und der Unterwanderung von Institutionen der Gesellschaft würden Juden wohl auch noch (metaphysisch) eine biologische Kriegsführung betreiben:
Seit dem Jahre 1832 sind die Juden fast vollständig [von Seuchen] verschont geblieben, selbst wenn sie die schmutzigsten Stadtteile bewohnten. Das ganze Mittelalter bezeugt die Immunität der Juden während der Pestepidemien, die oft einen Vorwand zur Verfolgung abgab. Über die Pest von 1346 berichtet der Historiker Tschudi, daß diese Krankheit die Juden in keinem Lande ergriffen hätte. Die Juden, sagt Die Internationale in London, leben in einer ungesunden Umgebung, und zur Zeit der Cholera, wo alle Einwohner desselben Stadtteiles dieser Krankheit verfielen, entgingen die Juden wunderbarerweise dieser Geißel. Frascator zeigt uns, daß die Juden von der Typhusepidemie von 1505 vollständig verschont worden waren; Rau bestätigt dasselbe über das Jahr 1824; Ramazzini sagt es über die Fieberepidemie in Rom 1691; Deguer zeigt uns die Juden 1736 von der Dysenterie in Nimegue verschont; Eisenmann behauptet die Seltenheit der Bräune bei den jüdischen Kindern; nach Wawruch findet man bei den deutschen Juden keine Bandwurmerkrankungen.“
Als Erklärung diente über Jahrhunderte hinweg, dass Juden die Brunnen vergiftet hätten. Welcher Prozentsatz an Juden an Seuchen verstarb, ist nicht mehr zu rekonstruieren. Die Päpste erklärten während dem „Schwarzen Tod“ mehrfach öffentlich, dass Juden nicht verantwortlich seien. Nichtsdestotrotz veranstalteten Christen Pogrome in der Erwartung, damit das Seuchenproblem zu lösen. 1349 hatte König Karl IV. erklärt, dass nicht nur der Besitz von jüdischen Pestopfern an die Verwaltung der Stadt Frankfurt fallen sollte, sondern auch der Besitz von Juden, die erschlagen wurden. Sehr bald darauf wurden alle Frankfurter Juden (etwa 60) erschlagen oder in ihren Häusern verbrannt. Im Mittelalter galt prinzipiell die Dominanz des Adels und der Kirche über die gewöhnliche Bevölkerung. Für Juden gab es besondere Gesetze wie das „Judenregal“ oder der „Judenschutz“, was nichts anderes war als Schutzgelderpressung. Unter Rudolf von Habsburg wurde das Judenregal als königliche Leibeigenschaft interpretiert, woraus sich das Recht ableitete, Juden gegebenenfalls entschädigungslos zu enteignen. Karl IV. übertrug dann 1356 das Judenregal (also das Recht auf Schutzgelderpressung) auf die Kurfürsten. Das Aufkommen einzelner jüdischer Hoffaktoren (auch abschätzig Hofjuden genannt), die für den Adel bestimmte Geschäfte abwickelten, und die Etablierung von jüdischen Bankhäusern wurde von einigen Frühsozialisten gedeutet als Umkehrung von Machtverhältnissen. Es ist jedoch ein klassischer Anfängerfehler (oder der Versuch einer Verschleierung), die offiziell in den Papieren gelisteten Eigentümerverhältnisse von Konzernen und Privatbanken aus den 1700er und 1800er Jahren einfach so als Fakt zu betrachten, ohne die Wahrscheinlichkeit einzuschätzen, dass es geheime (adelige) Eigentümerverhältnisse gab und es sich nur um eine Tarnfirma handelte. Für einen Geheimdienst gehört die Etablierung von Tarnfirmen zu den essentiellen Techniken und deshalb ist die Geschichte des (CO2-intensiven) Kapitalismus viel komplizierter, als es den Historikern bewusst ist.