Boris Reitschuster berichtet:
Russische Sicherheitskräfte haben in Simferopol eine Kundgebung gegen Missstände auf der annektierten Halbinsel unter dem Motto „Betrogene Krim“ aufgelöst und mehrere Organisatoren festgenommen. Die Aktion einen Tag nach Putins Krim-Besuch am 19. August war zwar genehmigt worden (obwohl das laut russischer Verfassung gar nicht nötig wäre), und die Organisatoren zeigten den Polizisten die entsprechenden Papieren – doch diese entgegneten nur, die Genehmigung sei „aus Versehen“ erteilt worden und ungültig. Gegen mehrere der Teilnehmer (insgesamt laut Behörden einige Dutzend, laut Organisatoren 200) wird jetzt wegen „Störung der öffentlichen Ordnung“ ermittelt. Laut „Echo Moskau“ handelte es sich um die erste Protestkundgebung auf der Krim, die überhaupt erlaubt wurde – wenn auch nur auf dem Papier. Die Organisatoren wollten mit dem Protest Putin aufmerksam machen auf die „schwierige soziale Situation“, die „allgemeine Korruption“ und die „Missachtung der Bürger-Anfragen“. Demnach werden Menschen aus Wohnheimen einfach auf die Straße gesetzt, der Müll wird nicht abgeholt, Lehrer und medizinisches Personal leben unter der Armutsgrenze, Strände würden für VIPs zu Privatstränden umgewidmet und in Parks und der Uferzone würden Häuser gebaut.
Dem Journalisten Andrii Klymenko drohen nach einem kritischen Bericht bis zu fünf Jahre Haft. Unzählige unabhängige Medien wurden von der Regierung bekämpft.
Nach dem äußerst fragwürdigen Referendum für „Unabhängigkeit“ wurde die Krim de facto russischer Fremdverwaltung unterstellt.
Obwohl den Menschen ein besseres Lebens versprochen worden war, sind Preise gestiegen, Löhne stagniert und der Tourismus hat sich halbiert. Viele Arbeiter verdienen lediglich 250$ pro Monat, etwa die Hälfte des russischen Durchschnittseinkommens. Investitionen von 10 Milliarden $ bis 2020 wurden zwar angekündigt, allerdings ist unklar, ob diese Ziele eingehalten werden und wieviel davon letztendlich bei der Bevölkerung ankommt. Der Rubel hat seit 2014 gegenüber dem US-Dollar rund die Hälfte an Wert eingebüßt, was insbesondere für die Rentner üble Auswirkungen hatte. Als Dmitry Medwedew von einer Rentnerin konfrontiert wurde, antwortete er, dass Russland kein Geld hätte und sie sich zusammenreißen solle.