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Des Griffin und Die „Absteiger“

Datum:

Das Buch „Descent into Slavery?“ von Des Griffin, an dem sich Holey orientiert hatte, gab es bereits 1981 als deutsch übersetzte Ausgabe mit dem Titel „Die Absteiger – Planet der Sklaven“. Es ist auch unter dem Titel „Wer regiert die Welt“ erschienen mit weiterem Material. In Amerika war der Verlag „Emissary Publications“ in Kalifornien, den Griffin selbst mitgegründet hatte mit ein paar wenigen Mitstreitern. Im Internet Archive findet man eine gespeicherte Kopie seiner alten, einfach gehaltenen Verlags-Webseite aus den 2000er Jahren, die nichts verrät über seinen Lebenslauf oder Bildungsstand. Es kann sein, dass der Name nur ein Pseudonym ist und die Fotos gar nicht ihn selbst zeigen. Des Griffin bleibt als Person ein Mysterium, aber die von ihm verwendeten Quellen und angebotenen Bücher sind altbekannt: Nesta Webster, Texe Marrs, Eustace Mullins, usw. Er zitiert auch John Robison:

Der Name Illuminati sollte von seinen Mitgliedern niemals verwendet werden: „Die große Stärke unseres Ordens beruht auf seiner Verschleierung; lassen Sie ihn niemals an einem Ort in seinem eigenen Namen erscheinen, sondern immer unter einem anderen Namen und einem anderen Beruf.“ (Beweise von eine Verschwörung, von John Robison, 1797, S.199).

Diese verschiedenen Autoren habe ich bereits ausführlicher untersucht. Griffin scheint den Lesern seiner Webseite und seines ersten Buchs „Fourth Reich of the Rich“ eine faustdicke Lüge aufzutischen:

Weitere Informationen zu ihrem „Masterplan“ finden Sie in dem Kapitel mit diesem Titel in meinem Buch „Viertes Reich der Reichen“, Seiten 206-235. Ich habe dieses erstaunliche Dokument zum ersten Mal 1970 gelesen. Anfangs dachte ich, es müsse eine Fälschung sein, die vielleicht in den 1940er oder 1950er Jahren geschrieben wurde. Ich hatte die Geistesgegenwart, die Geschichte des Dokuments bei der British Library in London zu überprüfen. In ihrer Antwort wurde mir gesagt, sie hätten eine Kopie des Masterplans vom 10. August 1906. Der satanisch inspirierte Plan entspricht fast genau dem, was in den letzten hundert Jahren politisch, wirtschaftlich, sozial und religiös geschehen ist. Das Endergebnis ist natürlich als Weltdiktatur geplant.

Es gab eine ganze Reihe an Verschwörungsautoren, die behaupteten, in der britischen Bibliothek in London gäbe es Originalquellen über die ganz große Verschwörung. In Wirklichkeit gab es dort nur das ein oder andere Exemplar von Büchern des Hochstaplers Leo Taxil. Der eine Verschwörungsautor schrieb vom anderen ab und als echte Forscher in der Bibliothek nichts Sensationelles fanden, behaupteten die Verschwörungsautoren, dass die echten Originalschriften von Verschwörern fortgeschafft worden seien. Was soll die Bibliothek Des Griffin also gegenüber bestätigt haben?

https://web.archive.org/web/20070506202655/http://www.midnight-emissary.com/catalog.htm

Griffins Buch „Descent into Slavery” erschien in der deutschen Version als “Die Absteiger“ bei der C.O.D.E. Verlagsanstalt in Vaduz, Fürstentum Liechtenstein. Eine Firma mit diesem Namen wird in einer Firmendatenbank für Liechtenstein als noch „aktiv“ gelistet.

https://liechtensteincompanies.com/gesellschaft/c-o-d-e-verlagsanstalt-3dJ

Es scheint eine Verbindung zu geben zu den LaRouche-Organisationen, die ebenfalls großen Einfluss hatten auf die Verschwörungsmedien. Unter Zusammenarbeit mit Lyndon LaRouche erschien bis November 1995 das Monatsmagazin „Code“ des Herausgebers Ekkehard Franke-Gricksch. Die Publikation verbreitete gemäß Verfassungsschutzbericht 1992 schwerpunktmäßig revisionistischen, die Kriegsschuld und NS-Verbrechen leugnenden Inhalt. Lizenznehmerin der deutschsprachigen Ausgaben war 1980 die C.O.D.E. Verlagsanstalt in Vaduz. Ekkehard Franke-Gricksch ist heute Autor und Inhaber des auf rechtsradikale Verschwörungstheorien spezialisierten Verlags „Diagnosen“. Sein Vater war der SS-Obersturmbannführer Alfred Franke-Gricksch, der anscheinend für die NSDAP die abtrünnige Strasser-Gruppe ausspioniert hatte. Von 1945 bis 1947 befand sich Alfred Franke-Gricksch in britischer Internierung, wo er einer englischen Veröffentlichung nach für den britischen Geheimdienst MI6 angeworben wurde, mit dessen Hilfe er auch die obligatorische Entnazifizierung umging.

Siehe: Stephen Dorril, “MI6. Inside the Covert World of Her Majesty’s Secret Intelligence Service”. London 2002, S. 103

Alfred schuf nach dem Krieg die „Bruderschaft“, die genauso wie andere Gruppen dieser Art von westlichen und östlichen Geheimdiensten unterwandert wurde. Schließlich wurde er vom sowjetischen Geheimdienst in Ost-Berlin verhaftet und von einem Militärtribunal zum Tode verurteilt.

Das Magazin Code, das zeitweise stark unter den Einfluss von Lyndon LaRouche geraten war, soll eng mit der Zeitung „The Spotlight“ in den Vereinigten Staaten kooperiert haben. Diese Zeitung stammte von der rechten US-Organisation Liberty Lobby, die auch gängige Verschwörungs-Narrative verbreitete. Trotz der engen Zusammenarbeit zwischen einzelnen Influencern, Buchautoren und Organisationen gab es auch Streit und Konkurrenzdenken. Der US-Kongressabgeordnete und Vorsitzende der John Birch Society, Larry McDonald, kritisierte 1981 „The Spotlight“ in der offiziellen Kongress-Publikation „The Congressional Record“ für die Verwendung von Material der Lyndon LaRouche-Bewegung. Das konservative Magazin „National Review“ unter William F. Buckley Jr. verklagte sogar „The Spotlight“ wegen Verleumdung. Nach dem Bombenanschlag auf Oklahoma City wurde berichtet, dass Timothy McVeigh im August 1993 eine Kleinanzeige in „The Spotlight“ unter dem Namen „T. Tuttle“ geschaltet und eine von der Zeitung gekaufte Telefonkarte verwendet hatte.

The Spotlight ging bankrott und wurde ab 2001 nicht mehr veröffentlicht, wegen einer teuren Klage von ehemaligen Mitarbeitern der Holocaust-Leugner-Organisation „Institute for Historical Review“. Willis Carto und andere an „The Spotlight“ beteiligte Personen gründeten daraufhin eine neue Zeitung, die „American Free Press“, die im Gesamtton sehr ähnlich ist. Der Autor Jim Tucker von der „American Free Press“ tat sich hervor mit seiner Berichterstattung über die Bilderberg-Gruppe und behauptete immer wieder, Quellen aus dem Umfeld der Organisation zu haben. Nach seinem Tod übernahm Mark Anderson die Berichterstattung zu Bilderberg und ich selbst habe Anderson mehrfach interviewt während Bilderberg-Konferenzen. Dort traf ich auch auf den Bestseller-Autor Daniel Estulin, der aus der LaRouche-Ecke stammt und sich für sein Buch großzügig bediente bei „Dr. John Coleman“ (ein Pseudonym).

Anno Hellenbroich, der ehemals 2. stellvertretende Bundesvorsitzende der „Europäischen Arbeiter-Partei“ aus der LaRouche-Ecke und zugleich Geschäftsführer des LaRouche-Magazins „Executive Intelligence Review“ (EIR), war der Bruder von Heribert Hellenbroich, der wiederum von 1983 bis 1985 Präsident des deutschen Inlandsgeheimdienstes „Bundesamt für Verfassungsschutz“ war. Heribert wechselte später an die Spitze des Auslandsgeheimdienstes „Bundesnachrichtendienst“ (BND) und erlebte sogleich ein Desaster:  Nachdem der Regierungsdirektor und Gruppenleiter bei der Spionageabwehr des Bundesamtes für Verfassungsschutzes Hansjoachim Tiedge am 19. August 1985 in die DDR übergelaufen war, trat Hellenbroich am 27. August 1985 nach nur vier Wochen BND-Amtszeit zurück und wurde in den einstweiligen Ruhestand versetzt.

Des Griffins Buch „Die Absteiger“ beginnt nach etwas Vorgeplänkel mit dem üblichen Rothschild-Narrativ, was zeigt, dass dieses für ihn im Mittelpunkt steht. Amschel Mayer Rothschild als „ersten wahrhaften internationalen Banker“ zu beschreiben, ist einfach nur dumm und verrät, dass Griffin keine Ahnung hatte von der Geschichte des Bankwesens. Immerhin bezeichnet er den Landgrafen von Hessen-Kassel als „Europas kaltblütigsten Finanzhai blauen Geblüts“ und nennt Rothschild dessen „Agenten“. Griffin zitiert den Verschwörungsautoren William Guy Carr, den er für eine Art Whistleblower hält, mit der leeren Behauptung, dass Rothschild hinter dem „Aufbau“ und der „Weiterentwicklung“ der Illuminaten von Adam Weishaupt stünde. Hätte Griffin überhaupt irgendeine Ahnung von der Geschichte, wäre ihm aufgefallen, dass Rothschild während der Gründung des Illuminatenordens 1776 ein völlig unbedeutender Münzenhändler war, der in der Frankfurter „Judengasse“, einem Ghetto, leben musste. Von 20 Kindern überlebten nur fünf Töchter und fünf Söhne. Auf Grund der schlechten hygienischen Bedingungen in der dicht besiedelten Frankfurter Judengasse lag die Kindersterblichkeit in diesem Ghetto um 58 Prozent über der im übrigen Frankfurt. Es scheint, als habe Griffin nur von Carr und anderen Verschwörungsautoren abgeschrieben, ohne jemals irgendwelche richtigen Quellen zu den Rothschilds gelesen zu haben. Weishaupts Illuminatenorden war wegen Schlamperei aufgeflogen und bereits 1784 verboten worden. Es dauerte weitere 6 Jahre, bis es Rothschild überhaupt geschafft hatte, ins Bankengeschäft einzusteigen, und das natürlich unter der Überwachung durch den Adel. Dennoch soll der Leser von Griffin glauben, Mayer Amschel sei der Ultra-Mastermind hinter den bayerischen Illuminaten und der französischen Revolution gewesen.

Griffin setzt noch eins obendrauf: Rothschild hätte während Napoleons Großinvasion Europas das Vermögen des Landgrafen von Hessen-Kassel nicht einfach nur in Sicherheit gebracht und dann wieder zurückgegeben, sondern umgerechnet 3 Millionen Dollar gestohlen bzw. veruntreut. Einen echten Beleg dafür hat Griffin natürlich nicht anzubieten. Er behauptet es, um den Eindruck zu erwecken, der Jude hätte den Adeligen abgezockt und den Grundstein für weitere Abzocke gelegt, sodass die Rothschilds später dann das ganze britische Empire unter ihre Kontrolle brachten, ohne dabei irgendwie aufgehalten zu werden. Griffin beruft sich auf die „Jüdische Enzyklopädie“ in der Ausgabe von 1905, was sich besonders glaubwürdig anhören soll. Quasi eine jüdische Quelle über eine jüdische Verschwörung. In der deutschen Ausgabe von Griffins Buch ist sogar die entsprechende Seite aus der Enzyklopädie abgedruckt.

„The Jewish Encyclopedia“ erschien nur zwischen 1901 und 1906. Erst in den 1960er Jahren gab es eine Neuveröffentlichung. Ausgerechnet der französische Zweig der Rothschilds wollte das Projekt mitfinanzieren. Heutzutage findet sich die komplette, unveränderte Enzyklopädie im Netz, sowohl die Scans der Originale als auch eine Abschrift des Textes.

https://jewishencyclopedia.com/articles/12909-rothschild#anchor1

Nirgends ist die Rede von unterschlagenem Geld, sondern es wird einfach oberflächlich die gewöhnliche Geschichtserzählung wiedergegeben. Es heißt, dass die „geschäftlichen Fakten weniger romantisch“ seien als die Legenden damals. Rothschild habe für den Landgraf den wesentlichen Teil des gräflichen Besitzes nach Dänemark gebracht. Rothschild saß in Frankfurt noch auf verbleibenden Wertgegenständen des Grafen im geschätzten Wert von 600.000 Pfund, die in Kisten versteckt wurden, damit Napoleons Soldaten sie nicht finden konnten. Diese Kisten seien, laut der Legende, später „intakt“ wieder dem Grafen zurückgegeben worden. Laut der jüdischen Enzyklopädie hätte Mayer Rothschild Geld des Landgrafen an seinen Sohn Nathan Rothschild in England geschickt, damit jener Gold im Wert von 800.000 Pfund kaufen konnte von der British East India Company, das benötigt wurde für Englands Krieg gegen Napoleon. Wie ich in dem Kapitel über das britische Empire und dessen Bankwesen erkläre, finanzierte die britische Regierung ihre Kriege zum Teil über Bonds, die jedermann kaufen konnte. Die Rothschilds handelten für die Krone mit Bonds und schließlich wurde das Geld in Gold konvertiert, weil dieses Gold nach Portugal geschmuggelt werden musste zu den kämpfenden Truppen. Die Rothschilds übernahmen auch einen Teil der Schmuggelarbeit. Anscheinend hat Griffin die Textstelle aus der jüdischen Enzyklopädie missverstanden. Oder er fehlinterpretiert die Stelle bewusst. Und natürlich fehlt ihm jegliches Verständnis für den Kontext, die damaligen Machtverhältnisse und die geheimdienstlichen Vorgänge. In Griffins Buch heißt es, Rothschild hätte die Riesensumme aus den Kisten des Landgrafen einfach einbehalten und an seinen Sohn Nathan gegeben. Es heißt:

Die Jüdische Enzyklopädie von 1905 erzählt uns, daß Nathan die Beute in „Gold der Ostindischen Gesellschaft“ investierte, „wohlwissend, daß dies für Wellingtons Feldzug auf der Halbinsel benötigt werden würde.“

Nirgendwo belegt die Jüdische Enzyklopädie, dass die Rothschilds ein Vermögen gestohlen hätten vom Landgrafen und einfach so Business machen konnten mit dem britischen Thron, ohne komplett unter Kontrolle zu stehen. Griffin macht sich nicht die Mühe, andere Quellen zu bemühen, um wirklich Klarheit zu gewinnen bzw. um festzustellen, dass die Diebstahl-These eben unbewiesen ist. Griffin kann keine Textstelle in der Enzyklopädie vorweisen, in der tatsächlich die Rede ist von unterschlagenem Geld. Es heißt nur, dass Geld des Landgrafen nach London zu Nathan Rothschild gesendet wurde, damit jener Gold damit kaufen konnte. Kurz vorher im Text der Enzyklopädie ist ganz klar die Rede davon, dass die Rothschilds zuvor weitere Summen für den Landgrafen nach Dänemark brachten. Demzufolge ergibt sich, dass die Autoren der Enzyklopädie davon ausgingen, dass eine bestimmte Summe eben IM AUFTRAG DES LANDGRAFEN zu Nathan in England gebracht wurde, damit dort IM AUFTRAG DER KRONE Gold gekauft wird für den Krieg. Wären die Autoren tatsächlich davon ausgegangen, das Geld wäre unterschlagen worden, dann hätten sie dies unmissverständlich formuliert. Und selbst dann würden den Autoren die Beweise fehlen für diese steile Behauptung. Griffin konnte einfach nicht widerstehen, die Stelle aus der Enzyklopädie zu zitieren und seinen Vorstellungen gemäß umzuinterpretieren. Eine jüdische „offizielle“ Quelle für eine jüdische Verschwörung eben. Wirklich überprüfen wollte Griffin die Sache natürlich nicht, denn dann hätte sie sich in Luft aufgelöst.

Interessant ist auch, dass Griffin von (umgerechnet) 3 Millionen $ spricht. Woher hat er diese Zahl? Vielleicht aus John Colemans Buch „The Rothschild Dynasty“. Dort findet sich der gleiche Schwindel fast Wort für Wort. Bei ihm ist es Seite 499 der Jüdischen Ezyklopädie, die er zitiert und er gibt bei den 600.000 Pfund in Klammern 3 Millionen $ an. Die Vorstellung, dass das Geld einfach von den Rothschilds gestohlen wurde, übernimmt Coleman einfach von dem Grafen Tscherep-Spiridowitsch, ein antisemitischer russischer Militäroffizier unter den Zaren, der in den USA später mit einem weiteren russischen Immigranten zu tun hatte, der die gefälschten „Protokolle von Zion“ im Westen veröffentlichte. Coleman zitiert das Buch „The Rothschild Money Trust“ von einem Autoren namens Armstrong. Dieser Armstrong zitiert wieder die genannte Stelle aus der Jüdischen Enzyklopädie, mit den „weniger romantischen Fakten“ laut denen Rothschild für 800.000 Pfund Gold kaufte von der East India Company, die gebraucht wurden für den britischen Krieg unter dem Kommandanten Wellington. Die Rothschilds machten „gleich vierfach Profit“ aus der Sache, was ebenfalls aus der Jüdischen Enzyklopädie abgeschrieben wurde.

Es folgt bei Griffin das Waterloo-Märchen inklusive der Behauptung, Nathan Rothschilds Vermögen hätte sich durch die Abzocke des britischen Aktienmarktes verzwanzigfacht. Exakt diese Angabe findet sich auch in Jan Holeys (van Helsings) Buch.

Dann bringt Griffin (wie jeder andere grottenschlechte Verschwörungsautor) das Narrativ von den jüdisch gesteuerten ersten beiden Zentralbanken der USA und den Kampf von Präsident Andrew Jackson gegen die Banker. Dann kommt (wie soll es anders sein?) das Märchen, wie die Rothschilds den US-Bürgerkrieg auf beiden Seiten angezettelt und Lincoln ermordet hätten, weil jener die Juden-Wucherzinsen der Rothschilds nicht zahlen wollte. Dann kommt die obligatorische Fehlinterpretation der Zentralbank Federal Reserve, die geliefert wurde von Eustace Mullins und G. Edward Griffin. Dann kommt das Fake über drei geplante Weltkriege mit Albert Pike und Mazzini, das auf den Hochstapler Leo Taxil zurückgeht. Griffin beschreibt den Krieg an sich als eine Art „Abschleppdienst“ mit dem sich verschuldete Könige kurzfristig retten können, während die Geldjuden dabei verdienen und die Könige gegeneinander ausspielen. Es erinnert an die Fake-Protokolle von Zion, laut denen die Judenverschwörung nach Belieben Kriege erzeugen und bestimmte Könige oder Regierungen damit bestrafen kann, wenn sie sich gegen die Juden-Zentralbanken und den Juden-Wucherzins wehren. Diese Formulierung „Abschleppdienst“ ist auffällig. Sie findet sich exakt gleich in Holeys Buch „Geheimgesellschaften“ in dem Kapitel „Rothschild-Abschleppdienst“, wo es heißt:

Das Regierungs-Finanzierungsgeschäft funktioniert wie ein Kreditinstitut, das einem Klienten Geld verleiht, damit er sich ein Auto kaufen kann. Kann der Klient seine Monatsraten nicht bezahlen, läßt man das Auto einfach abschleppen. Und wie schleppt man dieses Auto ab? Mit einem anderen Auto. Bei der Regierungs-Finanzierung ist es genau das gleiche.

Nach den weiteren üblichen „Klassikern“ der Verschwörungs-Desinformation benutzt Griffin Professor Quigley als Quelle, was die Autoren der John Birch Society (JBS) ebenfalls ausführlich getan hatten, ohne jedoch dabei sonderlich genau und ehrlich zu sein. Griffin nennt Quigley einen „anerkannten Insider“, eine Anspielung auf das Buch „Die  Insider“ des JBS-Bestseller-Autors Gary Allen, der fleißig Quigley fehlzitierte. 

Die Judenverschwörung („internationale Banker“) steckte für Griffin hinter der Sowjetunion, dem Zweiten Weltkrieg und prinzipiell jedem großen, üblen Ereignis. Insbesondere die beiden Weltkriege seien vorgeplant gewesen seit den Tagen des amerikanischen Südstaatengenerals Albert Pike, der das „ultrageheime palladische“ Freimaurer-System geschaffen hätte und die Pläne für Weltkriege mit dem italienischen Revoluzzer Mazzini in einem Briefwechsel besprach. Der palladische Ritus war aber zum Zeitpunkt von Griffins Arbeit an „Die Absteiger“ längst als Fake des Hochstaplers Leo Taxil entlarvt gewesen und auch der Briefwechsel war ein Fake von Taxil, bei dem natürlich nie eine Primärquelle aufzufinden war. Weil der Fake-Briefwechsel einen dritten Weltkrieg in Nahost mit Israel beinhaltete, vermutete Griffin, wie viele andere Verschwörungsautoren auch, in Nahost die kommende große Apokalypse.

Ganz am Ende des Buchs von Griffin findet sich Werbung für weitere Verschwörungsbücher in deutscher Sprache bzw. Übersetzung. Unter anderem werden aufgeführt:

  • „Die Insider“ von Gary Allen (John Birch Society) in der 8. Auflage und bereits verkauften 90.000 Exemplaren. Der „Verlag für Außergewöhnliche Publikationen“ aus Wiesbaden wird genannt, der 1984 inaktiv wurde.
  • Das Blinde Jahrhundert von Professor David Hoggan, ein notorischer Holocaustleugner von amerikanischen Elite-Universitäten. Hoggan hatte Forschungsgelder erhalten von mehreren Neonazi-Gruppen in den USA und Westdeutschland. Der Grabert Verlag, wo manche Werke Hoggans erschienden, wurde von dem ehemaligen Nazi Herbert Grabert geführt, der vor dem Zweiten Weltkrieg einen neo-heidnischen Kult geführt hatte, und der als Beamter im Ostministerium von Alfred Rosenberg (einer der Chefideologen des Dritten Reichs) gedient hatte während des Krieges. Das Holocaust-Leugner-Buch “The Myth of the Six Million” stammte von ihm und wurde zunächst ohne seinen Namen und Zustimmung veröffentlicht.
  • Die Bankierverschwörung von Eustance Mullins (englisch: The Federal Reserve Conspiracy), wo die Geschichte der US-Zentralbank Federal Reserve als Judenverschwörung erzählt wird. 1956 publizierte Guido Roeder bereits eine deutschsprachige Ausgabe des Federal Reserve-Buches in seinem Widar-Verlag in Oberammergau. Auf Weisung des deutschen Bundesinnenministers stellte das Bundeskriminalamt „Die Bankiersverschwörung von Jekyl Island“ sicher. Das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen hatte 9000 Exemplare (von 10 000 aufgelegten) beschlagnahmt. Die US-Regierung weigerte sich einzuschreiten, weil der US-Hochkommissar für Deutschland James B. Cornant der ursprünglichen Beschlagnahmeanordnung zugestimmt hatte. Der Bundesinnenminister erklärte in Bonn, er hoffe nach Aufklärung der Hintergründe den Widar-Verlag mit Stumpf und Stiel ausheben zu können. Mullins erklärte später in einem Interview stolz, die beschlagnahmten Bücher in Deutschland seien verbrannt worden. 2005 wurde Eustace Mullins Redaktionsmitglied des Büros der rechtsgerichteten Zeitung American Free Press.

Es erinnert an Youtube, zu der Zeit vor wenigen Jahren, bevor rechtsextreme Verschwörungs-Videos gelöscht wurden. Schaute man sich ein Verschwörungs-Video an, gab dir der Youtube-Algorithmus mehrere Vorschläge für weitere Videos, die immer extremer waren. Ähnlich wie das Buch „Die Insider“ beworben wurde mit der Angabe, 90.000 Exemplare seien bisher in der deutschen Version verkauft wurden, gab es bei Youtube die angezeigte Zahl, wie häufig das Video bereits angeschaut wurde. Man konnte auch einen Gesamtkatalog bestellen bei Griffins Emmissary-Verlag in den USA.

Als Youtube anfing, solche Inhalte zu löschen, bezeichneten es die Urheber dieses Materials und die Fans als Zensur auf Befehl der Weltverschwörung. Durch das Löschen wirkten die Videos sogar noch attraktiver. Alex Jones von Infowars nannte nach seinem Rauswurf bei Youtube seine neue, eigene Videoplattform dementsprechend „banned.video“ nach dem englischen Wort „banned“ (auf deutsch: „Verboten“). Die tatsächlichen Verbote von Verschwörungsbüchern wie in Deutschland wirkten ähnlich, wobei man dieses Verbot oftmals einfach umgehen konnte mit dem Kauf in Österreich, der Schweiz oder direkt aus den USA. Die (inzwischen inaktive) Webseite von Des Griffin teilte den internationalen Kunden mit, dass es keine Erstattungen gibt, falls der Zoll ein Paket einbehält.

Wir kennen inzwischen das Strickmuster von der gängigen Verschwörungsliteratur: Man nehme einen Stapel althergebrachter Bücher und kopiere alle wichtigen „Talking Points“. Bei den meisten Verschwörungsautoren war der Grund für das simple Abschreiben wohl nur Faulheit, Bildungsmangel und die Aussicht, selbst einen Bestseller landen zu können und das Schreiben zur hauptberuflichen Tätigkeit zu machen. Manche Autoren werden im Auftrag eines Geheimdienstes oder zumindest mit Geheimdienstkontakten agiert haben, ohne sich dabei bewusst zu sein, dass sie Unsinn verbreiten. Und manche wenige werden im Auftrag eines Geheimdienstes agiert haben in vollem Bewusstsein darüber, dass es sich um gefährlichen Unsinn handelt. Es ist denkbar, dass das Argument verwendet wurde, mit dem Verschwörungs-Unsinn stelle man gefährlichen Radikalen eine Falle und gelangt an deren Daten, wie zum Beispiel über die Kundenliste eines Verlages oder Versandhandels oder über die Nutzerdaten von Youtube. Die Radikalen landen in einem Sammelbecken, ohne Aussicht auf Erfolg, weil der überwiegende Großteil der Bevölkerung diese Inhalte ablehnt. Heute jedoch haben die Inhalte weltweit immer noch soviel Anklang, dass eine richtig große Gefahr daraus entsteht. Wie kann in einem Geheimdienst dann noch argumentiert werden, der Zweck heilige die Mittel? Ganz einfach: Man erklärt den Agenten, man müsse mit der Verbreitung dieser Inhalte an Kontrolle in der rechten Szene gewinnen, weil ansonsten feindliche Geheimdienste, insbesondere jene einer anderen Supermacht, zuviel Kontrolle in der Szene erlangen. Es ist praktisch unmöglich, im Nachhinein genau festzustellen, ob ein bestimmter Verschwörungsautor das Werkzeug eines Geheimdienstes war. In der heutigen Zeit sieht man in den Massenmedien, in den rechten Pro-Trump-Medien, und in der Russenpropaganda, wie von Regierungen und deren Geheimdiensten zu einem bestimmten Thema eine überschaubare Anzahl an „Talking Points“ vorgegeben werden, die einfach nur kopiert und weiterkopiert werden sollen. Die Verbreiter müssen sich eng an die Talking Points und sogar manche Kern-Formulierungen halten und dürfen der Sache nur ein wenig individuellen Beigeschmack dazugeben. Genauso wirkt die klassische Verschwörungsliteratur. Es werden immer stur dieselben Punkte abgehakt mit nur minimaler Variation. Gemäß dem Vorgehen von Geheimdiensten lässt sich schätzen, dass rund 25% der wichtigen Verschwörungs-Influencer eines Landes von den jeweiligen Geheimdiensten des Landes unter Kontrolle stehen.

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