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BILD: Neue Lockdown-Studie von Autor aus dem Think Tank von Koch Industries

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Kommentar

Die BILD-Zeitung tönt heute mit einer Sensations-Schlagzeile: „Weltweite Rumms-Studie: Lockdowns haben fast keine Corona-Todesfälle verhindert“.

Mal abgesehen davon, dass es schon einige umstrittene Studien gegeben hat, die herumrechnen, welche Maßnahmen man wo idealerweise hätte machen sollen, und der Begriff „Rumms“ deplaziert ist: Es handelt sich bei der Veröffentlichung um die Rechnerei von Ökonomen aus einschlägigen Think Tanks der Republicans und Koch Industries.

Sogar einige Menschen, die eigentlich eher klassische Verschwörungsmedien konsumieren, glauben ja inzwischen, dass sie die BILD-Zeitung, FOX News und die Republican Party in den USA im Rücken haben und dass diese Atlantiker-Zirkel uns nun vor der großen Weltverschwörung retten würden. Sobald der mächtige US-Investor KKR beim Springer-Konzern eingestiegen war, ähnelte die Linie von BILD immer mehr der Linie der US Republicans im Bezug auf die Corona-Pandemie. Inzwischen sind hunderttausende, meist ältere und übergewichtige Republican-Wähler in Amerika unnötig an COVID verstorben, weil sie auf die Republican-Medien gehört hatten. Dafür möchten die Aktivisten jetzt noch Verdienstorden angeheftet bekommen. Bei FOX News wird natürlich hinter den Kulissen ganz streng auf Impfungen und sonstige Regeln geachtet. Dass KKR auch regelmäßig bei Bilderberg-Konferenzen vertreten ist, scheint von den Querdenkern und selbsternannten Verschwörungs-Experten geflissentlich übersehen zu werden. Hauptsache, man kann dem „alternativen“ Publikum große Hoffnungen andrehen.

Im BILD-Artikel heißt es, dass die staatlich verhängten „knallharten Lockdowns“ in der ersten (recht kurzen) Corona-Welle „quasi keinen Effekt“ auf die Anzahl der Corona-Toten gehabt hätten. Das heißt aber überhaupt nicht, dass man die Pandemie im Prinzip hätte ignorieren können, wie die typischen Querdenker oder US-republikanischen Aktivisten immer wieder fanatisch verkünden. Sondern es heißt, dass „freiwillige“ Maßnahmen eben auch funktioniert haben. Abstand ist eben Abstand. Maske ist Maske. Ob nun staatlich verordnet oder nicht. Schulschließungen hätten nicht viel gebracht, aber dagegen seien Masken effektiv gewesen (was die Quertreiber natürlich wieder überhören werden) sowie die Schließungen von Bars und Clubs. Nun haben wir längst nicht mehr die erste Welle und den ursprünglichen Virus, sondern wir sind bei Omikron angekommen, was viel ansteckender ist. In der ersten Welle gab es noch vergleichsweise wenig Infektionsgeschehen, daher ist dieser Zeitraum ohnehin nicht sonderlich repräsentativ. Diejenigen, die sich an wenig bis nichts halten wollten, wurden quasi ausgeglichen durch die, die sich an Regeln hielten oder freiwillig Empfehlungen folgten.

  • Der Autor der Studie Jonas Herby ist Ökonom und gelistet als Contributor beim American Institute for Economic Research (AIER) , ein Think Tank, der Geld investiert in Microsoft, Alphabet (Google), Exxon und Philip Morris. Ich hoffe mal, dass Querdenker jetzt nicht glauben, dass diese Kreise uns retten werden von einer Weltverschwörung. Geld bekommt der Think Tank von der Stiftung der Koch-Familie, die völlig Establishment ist und früher sogar die Verschwörungsmedien der John Birch Society bezahlte. Der simple Trick war, alles Übel als linke Verschwörung zu porträtieren und rechte Milliardäre als die Rettung. Die meisten Querdenker und Konsumenten traditioneller Verschwörungsmedien wissen meist gar nicht, wie sie geleimt wurden und ihre Kern-Überzeugungen auf die Bestseller der Birch Society zurückgehen. Der Think Tank AIER hatte schon die „Great Barrington Declaration“ zu Covid verbrochen.
  • Der Autor Lars Jonung ist auch Ökonom und war einst sogar Berater für den schwedischen Premierminister Carl Bildt, der bei Bilderberg-Konferenzen zugegen war. Nachdem Bildt nicht erneut gewählt wurde, wurde er Vorstandsmitglied der Organisation International Crisis Group von George Soros und ging zum European Council on Foreign Relations, zu RAND und zur Trilateralen Kommission.
  • Der Autor Steve H. Hank ist ebenfalls Ökonom und beim Cato Institute, ein Think Tank aus dem Umfeld der Koch-Brüder. Er war Berater für US-Präsident Reagan.

Als Lockdown definieren die Autoren „mindestens eine, staatlich angeordnete, non-pharmazeutische Intervention“. Das ist viel zu eng gefasst. Selbst die Schließung von Sportstadien mitten in einer haarigen Pandemie gilt dann schon als „Lockdown“, selbst wenn es sonst keine weiteren Zwangs-Schließungen gibt. Aus einem Pool von 18.590 Studien wurden mit simpler Stichwortsuche 1048 herausgepickt, weil sie laut ihrer Überschrift in Frage kamen. Davon wählte man gerade einmal 34 aus, von denen 24 dann letztendlich die Basis bildeten für die neue Meta-Analyse. Nicht gerade viel.

Die allerwenigsten werden überhaupt diese neue Studie lesen, geschweige denn sich weiter einarbeiten, um das einzuschätzen. Für viele ist die Studie einfach nur die Steilvorlage für eine BILD-Schlagzeile, die man auf Social Media teilen und sogar noch grob fehlrepräsentieren kann mit der Suggestion, man hätte die Pandemie insgesamt so gut wie ignorieren können. Etwas Händewaschen hätte gereicht und außerdem sei eh alles eine linke Verschwörung und die guten „rechten“ Milliardäre würden uns jetzt retten durch die Bild-Zeitung und Think Tanks, die in Microsoft und Google investieren.

Die neue Studie versucht sich mit einer Menge Zahlenmagie und betrachtet nur die erste Welle 2020, die lediglich Wochen andauerte. Wie man es dreht und wendet, der Virus SARS-2 springt von Mensch zu Mensch und je näher diese sich zueinander befinden, umso wahrscheinlicher ist eine Übertragung und je mehr Virenlast, umso schlimmer der potentielle Krankheitsverlauf. Alleine in den USA gab es rund 1 Million überzählige Todesfälle, wo Risikofaktoren wie Übergewicht oder Herz-Kreislauferkrankungen weit verbreitet sind.

Landet man mit COVID im Krankenhaus, oder gar auf der Intensivstation, nützt einem auch eine Studie von Ökonomen nichts mit haufenweise Zahlenmagie darin.

Falls in 10 oder 15 Jahren eine weitere Pandemie passiert, entweder durch Spillover in einer ekligen Pelzfarm, oder einem überfüllten Open-Air-Fleischmarkt, oder durch einen Laborunfall, dann kann man zwar Lektionen aus der alten COVID-Pandemie hervorkramen, aber man hat es dann trotzdem mit einem anderen, neuen Virus zu tun und man steht wieder vor der hyperkomplizierten Frage, welche (Zwangs-) Maßnahmen nun angebracht seien.

Wenn Personen sich eben nicht „freiwillig“ einschränken lassen wollen und die Pandemie unnötig in die Länge ziehen, ist das auch sehr schlecht für die Wirtschaft. Die neue BILD-Schlagzeile und die Studie dahinter liefern zwar oberflächlich betrachtet Futter für die Haltung, alles sollte freiwillig sein, aber sobald man der Bevölkerung eine freie Wahl gibt, macht sie übelste Anfängerfehler und lernt auch nichts daraus und will keine Verantwortung übernehmen für das eigene Versagen. Hunderttausende, oft übergewichtige Republican-Wähler über 50 Jahre starben unnötig in den USA, weil sie sich nicht impfen ließen. Anstatt aus einem Fehler zu lernen und Konsequenzen zu tragen, was halt einfach die Kehrseite von Freiheit ist, bieten Rattenfänger der Republicans immer neue Ausreden an: So seien diese Leute an irgendwas anderem gestorben oder sie seien vergiftet worden durch Spikeprotein-Absonderungen von Geimpften. Hauptsache die „linke Weltverschwörung“ steckt dahinter. Kreise wie Koch Industries warfen schon vor Jahrzehnten dem Verschwörungsmedien-Klientel ein paar Brocken zu, damit diese Leute wenigstens noch rechten Milliardären und einigen Republicans auf den Leim gehen.

In Sachbüchern über biologische Waffen erfährt man unmissverständlich, dass ein Erreger mit Eigenschaften wie COVID heiß begehrte Ware ist, weil er über einen langen Zeitraum hinweg stabil und gefährlich bleibt, nicht zu zerstörerisch ist, aber auch nicht mit schwachen Maßnahmen eingedämmt werden kann. Die Hemmschwelle für einen gezielten Angriff ist niedrig und das Angriffsziel muss eben herumstreiten, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen.

AlexBenesch
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