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Die fake-libertären Papplappen des Kremls

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Kommentar

Die Libertären sind leider, genauso wie jede andere ideologische Szene und die Verschwörungstheoretiker, personell und inhaltlich im Wesentlichen unter Kontrolle der angloamerikanischen und russischen Geheimdienste.

Die CIA und Milliardärsfamilien wie Scaife, Koch, Mercer und viele weitere kauften sich die libertäre Szene, gründeten hunderte Think Tanks und beschäftigten die prominentesten libertären Figuren. Big government und big business stellten mit ihren Dollars sicher, dass die Libertären nie politische Macht erhielten, sondern nur in den Medien und in der akademischen Sphäre inhaltlich streng begrenzten Agitprop verbreiteten. Fortschritt war unerwünscht. Denn hintenrum finanzierte der Club der Milliardäre auch die Rechten und die Linken.

Die zahlreichen Mitläufer, die auf Social Media schöne, aber hohle Slogans hinauspusten, bemerken dies entweder nicht, oder finden sich insgeheim damit ab. Jeder kann sich selbst als Libertären bezeichnen und dann im nächsten Atemzug werben für West-Oligarchen oder sogar das zentralistische, freiheitsfeindliche Russland. Ob nun direkt oder indirekt.

Die Papplappen des Kremls

So leid es mir tut und so wenig wie ich es wahrhaben will: Ron Paul ist eine der schamlosesten Maulhuren des Kremls. Und damit hat er nicht nur seine eigene Glaubwürdigkeit zerstört, sondern die Glaubwürdigkeit freiheitlicher Ideen beschädigt. Die Linken profitieren propagandistisch ungemein von der Steilvorlage, dass Libertäre beim ersten Anzeichen von ernster Gefahr ihre Prinzipien komplett über den Haufen werfen und dem erstbesten Faschistenführer unter den Rock kriechen, ob nun Pinochet oder Putin. Wenn es keine fake-libertären Papplappen gäbe, würden die Kommunisten solche Gestalten erfinden. Aktuell bringt man es immer noch nicht fertig, seine Heiligkeit Zar Putin I. und seinen Krieg wirklich angemessen zu kritisieren. Stattdessen klingt man wie RussiaToday oder eine Bande Kommunisten im Kalten Krieg.

  • Das Mises-Institut Brasiliens, das Geld aus den USA bekommt, veröffentlicht Beiträge des Pinochet-Fanboys und Neonazis Christopher Cantwell. Das Mises-Institut gehört zum Atlas Network, welches von den Koch-Brüdern finanziert wird. Die Koch-Familie hatte die Ölindustrie der Sowjetunion aufgebaut, raffte in den USA Reichtum zusammen, kaufte die Libertären auf und fördert die Karriere von Republicans, die nur dann „freie Marktwirtschaft“ brüllen, wenn es gerade einem Insider-Konzern in den Kram passt. Cantwell entfachte die Empörung der Südamerikaner, indem er in seinem eigenen T-Shirt-Design die Ermordung von Linken auf „Todesflügen“ mit Hubschraubern darstellte – eine gängige Praxis in Chile, Argentinien und anderswo während der Operation Condor in den 1970er Jahren.
  • Nachdem der 1973 von den USA gesponserte Putsch in Chile den neofaschistischen Diktator Pinochet an die Macht gebracht hatte, wurde er von den libertären Helden Milton Friedman und Fredrich Hayek besucht. In einem chilenischen Zeitungsinterview äußerte Hayek damals eine Meinung, die bis heute von vielen Libertären vertreten zu werden scheint – dass die Freiheit für Unternehmen in Entwicklungsländern wichtiger ist als die Freiheit für den Einzelnen -, als er sagte: „Persönlich ziehe ich einen liberalen Diktator einer demokratischen Regierung ohne Liberalismus vor.“
  • Der Think-Tank Council of the Americas (u.a. Rockefeller) versuchte, einen Deal mit der CIA auszuhandeln, um zu verhindern, dass der Sozialist Salvador Allende 1970 in Chile demokratisch gewählt wird.
  • 2008, während Ron Paul für das Amt des Präsidenten kandidierte, trat er zum ersten Mal in Russlands Propagandabüro RT auf. Paul war der erste amerikanische Präsidentschaftskandidat, den RT interviewte.
  • Prominente Unterstützer von Trump, Peter Thiel und Blackwater-Gründer Erik Prince, waren Unterstützer von Ron Pauls Kampagnen 2008 bzw. 2012. Prince, ein Mitglied des verschwörerischen Council for National Policy (CNP), der die rechte und libertäre Szene verwaltet, beschrieb sich selbst als „libertären Ron Paul-Unterstützer“ und Anhänger der „österreichischen Schule“ der Ökonomie.

  • Im Jahr 2014, nachdem Russland die Krim annektiert hatte, griff Ron Paul die US-Sanktionen gegen Russland an und nannte sie einen „Putsch“ und einen „Kriegsakt“ gegen Russland.
  • Im Jahr 2014 hielt sein Sohn Rand Paul eine Rede im Center for the National Interest, das von einer Reihe von Freunden Putins, darunter Dimitri Simes, Maruice Greenberg und Henry Kissinger, geleitet wurde. Rand Paul veröffentlichte sogar einen Beitrag von der russischen Spionin Maria Butina. Das CNI-Vorstandsmitglied, das die „Mayflower-Rede“ für Trump mitverfasst hat, Richard Burt, war Rand Pauls außenpolitischer Berater und Gazprom-Lobbyist.
  • Daniel McAdams (Exekutivdirektor des Ron-Paul-Instituts für Frieden und Wohlstand), der Ron Pauls Kampagne mitführte und langjähriger Berater von Ron Paul ist, schreibt häufig sowohl für Russia Today als auch für Russia Insider. Medien, die notorisch als Kreml-Propaganda kategorisiert werden. McAdams war Paul von einem gemeinsamen Freund namens John Laughland vorgestellt worden – einem politischen Direktor des von Russland unterstützten Think-Tanks Institute for Democracy and Cooperation. Auch er saß im Vorstand des Ron-Paul-Instituts. Das Russen-Institut veranstaltet regelmäßig Konferenzen. Es ist ständiger Veranstaltungs-Partner der vom Magazin Compact organisierten „Souveränitätskonferenzen“, auf denen entsprechend Natalija Narotschnizkaja und John Laughland regelmäßige Referenten sind.
  • Im Jahr 2008 lehnte Paul eine Resolution des Parlaments ab, in der Moskau für den Tod von Alexander Litwinenko verurteilt wurde, ein ehemaliger russischer Geheimdienstler, der 2006 in London an einer radioaktiven Vergiftung starb. Inzwischen gibt es eine ganze Reihe an Kremlkritikern, die ermordet wurden. Infowars, bei denen Paul regelmäßig zu Gast war, veröffentlichte nach der Ermordung von Boris Nemzow die idiotische Verschwörungstheorie, dass die CIA Nemzow umgebracht habe, um den Verdacht auf Putin zu lenken und jenen schlecht aussehen zu lassen.
  • Im Februar 2008 schloss sich Ivan Eland dem außenpolitischem Team von Ron Paul an; nur zwei Jahre später arbeitete er für Russia Today.
  • Wie er selbst zugab, kommunizierte Alex Jones mit dem zukünftigen Leiter von RussiaToday America etwa zur gleichen Zeit von Pauls Präsidentschaftskampagne 2008. Sowohl Jones‘ Infowars als auch Russia Today warben direkt und indirekt für Ron Paul. Der Kreml-Propagandist Aam Kokesh trieb es sogar so weit, dass er seinen Job bei RT verlor, weil er beinahe gegen die Regeln der amerikanischen Wahlkampfgesetze verstieß. Vor 2008 nannte Jones den russischen Präsidenten noch einen „Dämon“ des KGB.

  • Jones gab auch zu, dass er regelmäßige Kontakte pflegt zu den Russen und jene seine Show beobachten:

  • Ron Paul drehte komplett hohl, als er in seinem Interview mit USA Today erklärte: „Die Krim macht Sezession – na und?“ Mit seiner Argumentation, dass „Selbstbestimmung ein Kernstück des internationalen Rechts ist“, erklärte Paul die gewaltsame Eroberung der Krim zu einer freiwilligen und legalen Aktion. In seiner Stellungnahme schrieb er: „Was ist das Problem?“ Wenn hingegen das russische Regime ein Territorium wie Tschetschenien zu verlieren droht und es mit einem brutalen Krieg wieder einfängt, dann redet Paul plötzlich nicht mehr vom Selbstbestimmungsrecht der Völker. Freiheit gilt bei Ron Paul nicht, wenn etwas den Wünschen des Kremls zuwiderläuft. Ron Paul spricht auch nicht über den russischen Interventionismus in der Ukraine VOR Janukowitschs Flucht. Die russische Geheimdienste haben es wesentlich leichter als die Amerikaner, sich Einfluss zu kaufen, da die Ukraine eine Sowjetrepublik gewesen war und die Geheimdienstnetzwerke intakt blieben. Die meisten Leute von Bedeutung in der Ukraine haben eine KGB-Vergangenheit. Ron Paul ist Geschichte anscheinend ziemlich egal, solange sie seinem Agitprop zuwiderläuft.
  • Ron Paul jammert über den Virus-Lockdown im Westen, aber nicht über den diktatorischen Lockdown in Russland. In Russland herrscht „big government“, der überbordende bürokratische, planwirtschaftliche Staat der alles kontrollieren will. Echte Kritik von Paul? Fehlanzeige.
  • Eine Gruppe Libertärer aus Russland listete zehn Lügen des Ron-Paul-Institutes über Flug MH 17.
  • Mindestens drei Leute mit Verbindungen zu einer Putin-NGO namens “British Helsinki Human Rights Group” (BHHRG) infiltrierten das amerikanische Ron Paul Institute for Peace and Prosperity, bei dem prompt viele irreführende Artikel über den Euromaidan erschienen. Diese Figuren bekommen auch regelmäßig Fernsehauftritte im internationalen, englisch-sprachigen Kreml-Sender RT. Ron Paul weigert sich, die Spender seiner Organisation zu enthüllen.
  • Ron Pauls Vorbild, der Libertäre Murray Rothbard, war eine Maulhure der Sowjetunion. Er verteidigte leidenschaftlich den Diktator Stalin. Für Rothbard war Polen selbst schuld gewesen an der Invasion durch die Nazis, Finnland an der Invasion 1939 durch die Sowjets, Südkorea an der Invasion durch Nordkorea, er stellte sich auf die Seite der Vietcong und der Khmer Rouge. Er schrieb sogar einen Artikel der die Invasion Afghanistans durch die Sowjets rechtfertigte.

Fragen Sie mal die pseudolibertären „Truther“, warum sie sich nicht trauen, regelmäßig ausführlichen Klartext zu reden über das Putin-Regime. Diese Feiglinge wollen keinen kostspieligen Shitstorm des Truther-Publikums riskieren. Es reicht auch nicht, ein paar hohle Sätzchen als billigen Disclaimer zu verwenden, um so zu tun, als würde man sich distanzieren von der Putin-Diktatur. Es reicht auch nicht, billige Sätzchen zu benutzen, laut denen man hoffe, dass Russland durch Handel mit dem Westen freiheitlicher wird. China ist auch keinen Millimeter freier geworden, sondern nur gefährlicher.

Ein russischer Technologie-Experte, der 1990 in die USA nach Silicon Valley ausgewandert war und zum erfolgreichen Unternehmer wurde, berichtete in einem sehr populären Kommentar, dass Russland ein gescheiterter Staat sei in dem unternehmerische Freiheit mit Füßen getreten wird:

“Von außen sieht man eine Fassade, die den Eindruck eines funktionierenden Landes und einer funktionierenden Regierung erwecken soll. […] Mit einer Ölproduktion im Russenstil muss man nicht viel denken, keine Innovationen bringen oder schlaue Leute anheuern. Alles was nötig ist, ist den Scheck einzulösen. Gazprom gilt als eines der ineffizientesten Unternehmen der Welt. […] Die Bevölkerung ist, statistisch betrachtet, nicht sonderlich clever. Viele sind kaputt durch Alkohol und Drogenmissbrauch. Eine große Anzahl der Menschen ist alt und hängt in Gedanken noch in der UdSSR und sie sind nie in der modernen Welt angekommen. Die meisten von ihnen ‘arbeiten’ nicht in dem Sinne in dem wir [woanders] eine Vollzeitbeschäftigung meinen: Sie haben Platzhalter-Positionen, die von der Regierung gesponsert werden. […] Die Familien, die Frauen und Kinder der russischen Elite (die obersten 1% aus den Clans mit rund 1 Million Mitgliedern, die Öl und Gas kontrollieren) leben nicht in Russland. Sie hassen in Wirklichkeit Russland und dessen Bewohner. Sie leben alle lieber im Westen, viele in London. […] Das moderne Russland ist nicht einfach eine abgeschwächte Version des “bösen Imperiums” der Sowjetunion. Russland ist vielmehr der Cargo-Kult des Sowjetimperiums [gemeint ist eine Gemeinschaft von Gläubigen, die symbolische Ersatzhandlungen betreiben um die Wiederkehr der Ahnen und des alten Glanzes zu beschleunigen]. Es fehlt an kompetenten Profis, Anführern und einer grundlegenden Arbeitsmoral um [auch nur eine abgeschwächte Version der UdSSR zu sein]. Die 10% Cleversten und Fähigsten werden nun versuchen, um jeden Preis das Land zu verlassen.”

„Markus Krall spricht doch gar nicht über Russland“

Nach meiner Rezension von Markus Kralls Buch „Wenn schwarze Schwäne Junge kriegen – Warum wir unsere Gesellschaft neu organisieren müssen“ erwartete ich die üblichen Reaktionen. Überrascht hatten mich diejenigen Krall-Fans, die meinten, Krall spreche doch im Prinzip gar nicht über Russland und Außenpolitik. Er sei nur ein Libertärer, der hoffe, dass Russland freiheitlicher wird.

Markus Krall empfiehlt in seinem Buch eindringlich das Putin-Regime als Partner Deutschlands, ohne die Gefahren dieses Plans für Deutschland auch nur annähernd ernsthaft zu analysieren. Er fordert das, was der Agenda Moskaus entspricht. Können mir die Krall-Fans zeigen, wo Krall irgendwo Russland ähnlich ausführlich und harsch kritisiert, wie er die EU in seinem Buch und in vielen Videos kritisiert? Wohl kaum. Sonst würde er keine PR bekommen von COMPACT und „Der fehlende Part“ (Russia Today). Wenn irgendein Autor ein Buch schreiben würde, das Russland harsch und ausführlich kritisiert, aber die USA unkritisch als Partner empfiehlt, wären die „Truther“ doch die ersten, die das dann als billige US-Propaganda abtun würden.

Kralls Buch „Schwarze Schwäne“ im im Prinzip nach dem gleichen Strickmuster konstruiert wie das COMPACT-Magazin oder Max Ottes Buch: Die Unzufriedenen einsammeln und dann Russland präsentieren als Lösung auf all unsere Probleme. Krall fällt nur nicht ganz so deutlich mit der Tür ins Haus.

Fast alle Kritikpunkte von Krall im Hinblick auf die gewöhnliche deutsche und europäische Politik ließen sich auch beim russischen Regime anbringen: „Minderbegabte Karrieristen“ gibt es nicht nur bei uns, sondern gedeihen auch in Russland, wie man insbesondere an Putin selbst sehen konnte. Den „Untergang der traditionellen Familie“ kann man auch in Russland beobachten, wo es eine demografische Katastrophe gibt, weil kaum jemand in dem Regime mehr Kinder machen will. Russische Alkoholiker taugen weder als Väter, noch als Ehemänner. Dass Russland die eigene Demografie auch noch mit massenhaft Muslimen auffüllt, prozentual deutlich mehr als in Europa, verschweigt Krall natürlich auch, weil es ihm nicht ins Konzept passt, Papa Putin als Retter vor dem Dschihad und dem neuen Kalifat zu präsentieren.

Den „Tod der freien Presse und der freien Medien“ konnte man schon ende der 1990er Jahre in Russland beobachten, als die russischen Geheimdienstler von Putins FSB Wohnblöcke in die Luft jagten und Tschetschenen verantwortlich erklärten. Der „Überwachungsstaat“ in Russland ist selbstredend. Wenn jemand in Russland ein obrigkeitskritisches Buch veröffentlichen würde, landete derjenige im Knast oder im Sarg.

In Kapitel 5 bis 7 schreibt Krall dann ausführlich über Geopolitik. Anscheinend haben es seine Fans noch nicht geschafft, das langweilige Buch bis ganz zum Ende zu lesen, denn sonst wüssten sie, dass in diesen Kapiteln die schamlose Russenpropaganda so richtig an Fahrt gewinnt. Man kann das ganze Buch in einem  Satz zusammenfassen: Der Westen sei scheiße und könne sich nur mit Hilfe von Papa Putin retten.

Wer über Geopolitik (also Welt-Politik) schreiben will, der muss auch die zentralen Player der Geopolitik ausführlich und kritisch analysieren. Das macht Krall aber nicht. Er „vergisst“, Russland kritisch zu analysieren, bewirbt Russland aber dennoch als alternativlosen Partner und Retter. Den Krall-Fans ist dabei anscheinend nichts Ungewöhnliches aufgefallen. Krall schreibt:

Ohne  Geopolitik und Geostrategie ist unser Bild der Welt, die Liste der großen Diskontinuitäten und systemischen Risiken schlicht nicht komplett.

Und:

Geostrategie ist dabei die mächtigste politische Kraft, die am Ende die Landkarten global bestimmt, sie entscheidet darüber, wo die Tyrannei herrscht und wo die Freiheit sich durchsetzt.

Im Westen hat sich Freiheit immer noch nicht durchgesetzt und das Geschwafel der Fake-Libertären Phrasendrescher wird daran nichts ändern. In Russland herrscht eindeutig offen die Tyrannei, aber Krall schafft es in seinen Ergüssen nicht, diesen simplen Fakt zuzugeben und in seine Überlegungen richtig miteinfließen zu lassen.

Stattdessen benutzt Krall einen der wichtigsten Talking Points der Russenpropaganda: Dass der Westen ein Imperium im Verfall, im Untergang sei wie einst Rom:

Einige Historiker (und sogar manche Politiker) fassen diesen Zustand als „spätrömische Dekadenz“ zusammen.

Rom ging aber nicht unter wegen Dekadenz und militärischer Überheblichkeit, sondern wegen Seuchen. Außerdem quillt das US-Imperium über vor Reichtum und Technologie, während Russlands Wirtschaft ein schlechter Witz ist. Natürlich vermeidet Krall diese simplen Fakten. Er stusst, dass es ein „Irrglaube“ sei, dass „die NATO auf dem eurasischen Kontinent immer noch der militärische Leitwolf sei.“ Amerikanische, französische und britische Atomwaffen können nach wie vor Russland treffen und die europäischen Staaten geben zusammengenommen viel mehr Geld pro Jahr aus für Rüstung als Mütterchen Russland. Verdoppeln die Europäer ihre Militärausgaben, erscheint dagegen das russische Budget wie ein leiser Pups. Auch kann Deutschland zivile Industrie relativ schnell auf Kriegsproduktion umstellen. Diese Zahlen kann man ganz leicht nachschauen. Krall tut es aber nicht.

Krall lobhudelt das Prinzip der militärischen Nichteinmischung (gemeint ist, dass die NATO sich gefälligst nicht in Russlands Belange einmischen soll):

Es stabilisiert die internationale Ordnung und gibt den Nationen die Gelegenheit, sich auf Handel und Kommerz statt auf Kriegstreiberei zu konzentrieren.

Genau dieses Gewäsch über Wandel durch Handel hörten wir im Kalten Krieg von den moskautreuen Kommunisten. Je mehr Geld die Sowjets reinholten, umso mehr konnten sie rüsten. Einer der schlimmsten Vertreter dieser Linie in den letzten Jahre war niemand anderes als Angela Merkel. Bis 2014 wurde den Russen der rote Teppich ausgerollt, die Deutschen kauften immer mehr russische Energie und Russland konnte immer mehr rüsten. Vor Merkel war es Kanzler Schröder, Putins Intimfreund. Krall faselt von den verkommenen politischen Eliten und vergisst zu erwähnen, dass genau diese Eliten einen florierenden Osthandel ermöglicht hatten. Wie üblich passt das, was Krall „vergisst“, nicht in das Konzept der Werbung für einen Stopp der Sanktionen gegen Russland. Warum ist Krall hier nicht völlig offen? Warum schwurbelt er um den heißen Brei herum? Er will, dass die NATO sich nicht in russische Belange einmischt und er will, dass Russland nicht durch Sanktionen behindert wird. Dabei ist die Ablehnung von Geschäften doch ein libertäres Grundprinzip, um die Feinde der Freiheit zu bestrafen. Man entscheidet mit dem eigenen Geldbeutel. Sicherlich sind die Sanktionen gegen Russland von westlichen Regierungen per Dekret verhängt worden und viele ungebildete Bürger wissen nicht, was sie davon halten sollen. Aber genauso ist es längst überfällig, den Handel mit China zu verbieten, weil es nun einmal eine hochgerüstete kommunistische Diktatur ist, die durch den Westhandel immer gefährlicher wurde.

Während Krall die alte „USA geht unter wie einst Rom“-Lüge verbreitet, betrachtet er Russland natürlich als „im Wiederaufstieg“.

Krall schreibt wie ein Neuntklässler in einer Schularbeit, wenn er meckert, dass die „bipolare Konfrontation des Kalten Krieges“ einer „unipolaren Existenz der Vereinigten Staaten als einzige Supermacht in der Phase danach“ wich. Die USA konnten im Kalten Krieg überhaupt nur deshalb so viel rüsten, weil man praktischerweise die Sowjetunion als Feind hatte und US-Konzerne verkauften den Sowjets alle mögliche Technologie, um diesen Zuatand aufrechtzuerhalten. Krall „vergisst“ das. Es würde auch nicht in sein Konzept passen, ein Ende der Sanktionen gegen Russland zu fordern.

Papa Putin ist laut Krall unsere einzige Hoffnung gegen das neue islamische Kalifat und dessen Horden an Muslimen.

Die wirklich entscheidende Frage für Europa könnte aber eine ganz andere sein: Kann Europa die Ambitionen eines wiedererstarkenden Islam und einer ebenso wiedererstarkenden Türkei überleben ohne Russland als Freund und Verbündeten?

Kralls Antwort auf diese Frage ist natürlich ein ganz deutliches NEIN. Für Krall geht es um Leben und Tod bei uns und das russische Regime ist die Feuerwehr, die Kavallerie, der Messias.

Man kann es mit der Situation in den 1930er Jahren vergleichen. […] Wenn Geschichte sich als Farce wiederholt, dann liefert uns diese die europäische Politik. Es ist kein Zufall, dass Präsident Erdogan die türkische Gemeinde in Deutschland aufgerufen hat, „mindestens vier oder fünf Kinder“ zu haben. Er hätte das Mutterkreuz [von Adolf Hitler] erfinden können. […] Ich folge der Hypothese, dass Europa, wenn es sich weiterhin weigert, aus den offensichtlichen Fakten zu lernen und Schlüsse zu ziehen, in nicht allzu ferner Zukunft eine neue ernsthafte Bedrohung seiner militärischen Sicherheit zu gewärtigen hat, wenn nicht sogar eine reale militärische Auseinandersetzung der altmodischen Art.

Schon komisch. Wenn die NATO irgendeine militärische Aktion rechtfertigen will mit der Propaganda, irgendein Diktator sei „der neue Hitler“, dann schreien die Russlandpropaganda vor Entsetzen. Hier vergleicht Krall aber Erdogan und den radikalen Islam mit Hitler und den Nazis.

Wenn diese Diskontinuität freigesetzt wird, dann hat unserer Gesellschaft nicht die Chance, sich zu erneuern, außer man riskiert den dritten Weltkrieg und ruft die USA und Russland im Hilfe an.

Wir sollen also den Teufel mit dem Beelzebub austreiben? Kralls Mantra lautet: Der radikale Islam sei das Problem, Russland die Lösung.

Er klingt von seiner Argumentationsstruktur ausgerechnet wie die Bush-Neocons nach 9/11. Übrigens profitierte Russland auch von 9/11 und der engen Zusammenarbeit mit dem Weißen Haus unter Bush. Auch das „vergisst“ Krall.

Behaupten die Krall-Fans immer noch, dass er gar nicht nennenswert über Russland und Außenpolitik spricht?

Bei Russland gibt er unumwunden zu, dass das Reich sich fast alle ehemaligen Sowjetstaaten wieder einverleibt hat. Aber dann kommt ein bizarres Argument, das man so schon oft von organisierten Pseudo-Libertären gehört hat:

Wladimir Putin, der Mann den die europäische Linke und ein paar ewige kalte Krieger zu hassen lieben, hat seinem Land mehr marktliberale Reformen gebracht, als ihm irgendjemand in der westlichen politischen Elite zugestehen willl.

Warum wohnt eigentlich keiner von diesen Schwaflern wie Krall oder Otte in Russland? Alleine das Framing ist schon Unfug: Wichtige Linke machen heute ebenfalls Propaganda im Sinne Moskaus und pflegen alte Beziehungen zu Moskau weiter. Angela Merkel sorgte lange Jahre für große Umsätze russischer Konzerne in Deutschland. Die übelsten amerikanischen Republicans während der Bush-Administration stiegen nach 9/11 mit Putin ins Bett. Van Rompuy (Bilderberg) wollte eine starke Annäherung der EU an Russland. Kanzler Schröder ist der enge Freund von Putin und arbeitet dem Regime zu.

Aber das sollen wir wohl alles vergessen. Für Krall ist Putin „der Gute“, der von bösen westlichen Eliten dafür gehasst wird, weil er der liberal-konservative Held sei. Die Mafia-Planwirtschaft von ehemaligen kommunistischen KGB-Granden in Russland ist wie eine behinderte Kopie westlicher Strukturen.

Die russische Zentralbank mache laut Krall Geldpolitik nach monetaristischen Grundsätzen. Das Berkeley Journal of International Law berichtete bereits 1996 über das mächtige russische Geldinstitut Sberbank, das sich zu über 50% im Besitz der staatlichen Zentralbank befindet. Die Identität der restlichen Anteilseigner ist „unklar“ und es ergaben sich größte Bedenken hinsichtlich einer Monopolstellung. Die Sberbank kann extreme Risiken eingehen und wird als Besitz des Staates von ein und demselben Staat reguliert. Der Großteil der Privatkunden besteht aus Rentnern und Arbeitern, denen die nötige Bildung fehlt, um misstrauisch genug zu sein. Im Endeffekt ist also die Sberbank, genau wie die zweitgrößte Bank des Landes, die zu 60,9% im Staatsbesitz befindliche VTB, noch viel skandalöser als die amerikanischen Institute wie Goldman Sachs oder das von JP Morgan übernommene Bear Stearns. Es ist zum Schieflachen, wie die Putin-Propagandisten den lieben langen Tag über „too big to fail“-Banken im Westen schimpfen, die mit Bailouts auf Steuerzahlerkosten gerettet werden und der Zentralbank zu nahe stehen, aber gleichzeitig ignorieren, dass in Russland nicht einmal wirklich vertuscht wird, dass die zwei mit Abstand größten Banken des Landes nur Anhängsel der Zentralbank sind und ein und derselben Clique an Milliardären und Insidern gehören, die sich selbst nach Belieben regulieren und das Risiko auf die Kunden bzw. Steuerzahler abwälzen.

Putin, so Krall, könne seine Verbündeten schützen, ohne Kompromisse eingehen zu müssen. Ach ja? Schöne Grüße nach Venezuela und Iran. Dann heißt es:

Unter Präsident Putin ist Russland definitiv nicht der Schurkenstaat geworden, als den ihn die Koalition kalter Krieger mit einer 1980er-Jahre-Nostalgie und die neuen linken Kriegstreiber, die Russlands neuen, eher konservativen Wertekanon und die erneuerte, jahrhundertealte Allianz von orthodoxer Kirche und Staat hassen, darstellen.

Zuvor beschwerte er sich noch ausgiebig, dass die EU vorgaukle, sie sei “heiliger als andere”. Jetzt tut Krall aber so, als sei es völlig gerechtfertigt, dass die Putin-Horror-Diktatur eine moralische Hoheit mit christlichem Glanz beanspruche.

Es ist simpelste Propaganda im Denkmuster „links gegen rechts“ sowie „Ost gegen West“. Russland ist eine brutale Voll-Diktatur, die mit christlichen Werten nichts am Hut hat, sondern die geheimdienstlich gesteuerte Staatskirche benutzt, um in die Köpfe reinzuregieren. Was bitte versteht Krall von der „jahrhundertealten Allianz“ zwischen russischem Zaren-Staat und Kirche? Die Zaren waren bitterböse Despoten aus der Welfen-Linie, die die Kirche benutzen, um den Bauernsklaven einzureden, nach ihrem Ableben warte das Paradies auf sie.

Zudem hat das Land ein klares und berechtigtes Interesse, die mindestens 25 Millionen ethnischen Russen zu schützen, die sich nach der Zerschlagung der Sowjetunion plötzlich als Minderheit in einem halben Dutzend Länder wiedergefunden haben.

Welche Russen sind denn bitte bedroht? Glaubt er den Unsinn, dass in der Ukraine eine Faschisten-Welle der NATO losstürmte auf die armen slawischen, russisch-sprechenden Minderheiten? Seit vielen, vielen hunderten Jahren gibt es eine eigene ukrainische Kultur und Identität. Das versuchten umliegende Mächte per Gewalt zu unterdrücken. Dass es vor Urzeiten den „Kiewer Rus“ gab rechtfertigt übrigens nicht, dass Moskau heute die Ukrainer kontrollieren will.

Krall spielt die Muslim-Karte, weil er weiß, dass sein Publikum sehr stark anspringt bei dem Thema muslimische Migration. Er fragt: Kann Europa den Islam und die Türkei überleben, ohne Hilfe von Papa Putin? Gegen die organisierte Muslim-Dschihad-Verschwörung hätten wir keine Chance ohne den Führer Putin.

Krall zieht Parallelen zwischen Erdogans Dschihad und Hitlers Naionalsozialismus. Man müsse sich auf einen Krieg vorbereiten. Also, das vor 100 Jahren untergegangene Kalifat sei heute unser Problem. Nicht die russische Supermacht vor unserer Haustür.

Der Islam geht momentan demografisch und wirtschaftlich unter. Er verfügt über keine ausreichenden ABC-Kapazitäten, um im Big Boys Club mitzuspielen. Aber Krall klingt wie George Bush und die Neocons ab dem 11. September 2001.

Es ist in Wahrheit die Gier nach Macht und Kontrolle über andere Menschen, die als psychologische Hauptantriebsfeder der sozialistischen Eliten begriffen werden muss.

Aha. Und das soll nicht für die russischen Eliten gelten?

In Kralls positiver Zukunftsvision, wo „Marktliberale“ und Konservative das Land retten und Deutschland aus EU und Euro aussteigt, finden wir den folgenden Punkt:

Die neue deutsche Regierung hebt alle Sanktionen gegen Russland auf.

Daher weht der Wind.

Die Zukunft kann ganz anders verlaufen: Deutsche und ausländische Geheimdienste haben längst die AfD und das gesamte rechte Spektrum völlig infiltriert und leiten die Unterstützer aufs Glatteis. 75% der Deutschen lehnen die Partei komplett ab. Bundesweit stagniert die Partei bei rund 10%. Der neue Parteichef Höcke bringt wegen seiner Skandalhaftigkeit immer mehr Aufwind für die Kommunisten. Das rechte Lager wird zunehmend verzweifelt und panisch. Manche probieren es mit Terror und wollen die schnelle Revolution mit Hilfe Russlands. Mehrere Rädelsführer werden verhaftet und zu lebenslanger Haft verurteilt wegen Landesverrat, Hochverrat und Vorbereitungen eines Angriffskrieges. Durch den Coronavirus wendet sich der Westen zunehmend wirtschaftlich vom Ostblock ab. Der Osten steht vor der Pleite und dem Kollaps. Die Ost-Mächte beginnen Eroberungen. Im Westen wird Russlandpropaganda unter Strafe gestellt. Alles was darunter fällt, wird gelöscht. Russen-Hosting bringt auch nichts mehr, weil das weltweite Netz von Russland getrennt ist. Manche führenden Propagandisten sind rechtzeitig in den Osten geflüchtet und müssen nun zum ersten mal wirklich im Ostblock leben. Der Westen erlebt einen Boom in der Rüstung. Es folgt ein jahrzehntelanger kalter Krieg.

AlexBenesch
AlexBenesch
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