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Roger Stone verurteilt – ist Alex Jones als nächstes dran?

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Am Freitag hat ein Gericht Roger Stone in sieben Fällen für schuldig befunden. Die Richter haben festgestellt, dass Stone fünfmal vor dem Kongress unter Eid gelogen, Zeugen beeinflusst und den Kongress in seiner Arbeit behindert hat. Stone hat anscheinend versucht, Donald Trump und hohe Funktionäre aus dessen Team zu schützen. Es drohen Stone bis zu 50 Jahre Haft und es können jederzeit weitere Anklagen geschehen. Bisher landeten schon eine Reihe an Trump-Vertrauten im Gefängnis und es besteht die Möglichkeit, dass jene unter dem Druck zusammenbrechen und mehr auspacken.

Donald Trump sprach von einem unfairen Doppelstandard, weil auch Democrats unter Eid gelogen hätten. Alex Jones befürchtet, als nächstes verhaftet und angeklagt zu werden.

Infowars.com bezeichnete das Jury-Gerichtsverfahren erwartungsgemäß als einen Schauprozess des „linken Deep State“, der jeden wichtigen Unterstützer Trumps vernichten wolle. So einfach ist die Sache aber bei Weitem nicht. Sie passt überhaupt nicht in dieses primitive Links-Rechts-Schema.

Roger Stone arbeitete für Infowars und Alex Jones, wie auch Jerome Corsi. Die beiden schrieben sich gegenseitig E-Mails, die sich anhörten wie eine Koordination zwischen Wikileaks und der Trump-Kampagne mitten im Wahlkampf. Alex Jones erklärte öffentlich und unmissverständlich, er habe sich rekrutieren lassen von einer Gruppe aus ranghohen Militärs und Geheimdienstlern, um Amerika zu retten. Auch Trump sei Teil dieser Gruppe. Jones deutete an, vorab Zugang bekommen zu haben zu dem Wikileaks-Material, das im Wahlkampf ablenkte von dem peinlichen „Pussy-Tape“ von Trump, das an die Presse gelangte.


Sogar auf Infowars.com findet sich noch ein alter Artikel, in dem gewarnt wird, dass Roger Stone Teil einer Gruppe sein könnte, die mit Sex-Fallen arbeitet und Personen damit unter Kontrolle bringt. Dieses Umfeld von Roy Cohn war auch das Umfeld von Donald Trump.

Alex Jones muss auch wissen, dass die Republicans 2016 massiven Wahlbetrug begingen zugunsten von Trump, denn ihm ist der Investigativreporter Greg Palast und dessen Arbeit wohlbekannt. Die Democrats taten damals so gut wie nichts.

Das chaotische Netzwerk

Fast alle Beweise gegen Roger Stone in der Anklageschrift sind seine eigenen Worte. Es ist schwer nachzuvollziehen, warum Stone dumm genug war, in E-Mails und Medienauftritten so zu sprechen und dann gegenüber den Ermittlern widersprüchliche Aussagen darüber zu machen.

Im Oktober 2016 schien Donald Trumps Präsidentschaftskamapgne am Ende: Aufnahmen liefen im Fernsehen wie er abfällig und arrogant über Frauen sprach: “You can do anything. Grab them by the pussy”. Weniger als eine Stunde später veröffentlichte Wikileaks einen Haufen gestohlene E-Mails von den Democrats und schaffte damit ein Ablenkungsmanöver.

Jerome Corsi, ein schräger Investigativautor, erklärte dass der trickreiche Roger Stone ihn an jenem Tag frühzeitig darauf gedrängt hätte, seinem “Kumpel” Julian Assange zu sagen, dass jener loslegen soll. Auch weitere Kommunikationen erwecken den Eindruck, Corsi und Stone koordinierten mit Wikileaks.

Wikileaks konzentrierte sich bekanntermaßen auf Leaks gegen die US-Regierung und war dagegen sehr sparsam mit Enthüllungen über das russische Regime. Die im US-Präsidentschaftswahlkampf veröffentlichten Mails über die Democrats könnten von einem russischen Hacker beschafft worden sein oder von irgendeiner beliebigen computerversierten Person. Assange selbst prahlte in einer Email von 2007, dass seine Organisation heimlich Daten kopieren würde, die von Hackern gestohlen wurden, darunter auch die “russische Phishing Mafia die überall Daten abzieht.”

Sowohl Corsi als auch Stone arbeiteten eng mit Infowars zusammen, wo die Leaks ausgiebig benutzt und teils auch noch fantasievoll weitergesponnen wurden. Infowars hat sich seit 2008 zu einem Propaganda-Organ der Russen entwickelt und machte erhebliche Wahlwerbung für Trump, welcher der von Russland favorisierte Kandidat war und gegen den ebenfalls ermittelt wird wegen Russlandverbindungen.

Alle im Umfeld von Infowars geben sich völlig ahnungslos. Keiner hätte Assange gekannt, niemand hätte wirklich gewusst was passieren wird. Das alles sei nur eine Verschwörungstheorie der Democrats. Am 21. August 2016 schrieb Stone auf Twitter:

 “Trust me, it will soon the Podesta’s time in the barrel.”

Corsi erzählt, dass Stone ihn später kontaktiert hätte mit der Bitte, einen Weg zu finden, den Eindruck zu vermeiden, dass es Vorwissen gab zu dem Podesta-Leak. Corsi hätte dann schnell ein Memo über Podestas Geschäfte zusammengeschustert, um Stone eine Ausrede zu verschaffen. Stone meinte dann ärgerlich, Corsi erzähle groben Unsinn, weil er Angst habe vor den Mueller-Ermittlungen.

Corsi beharrt immer noch darauf, dass er einfach nur irgendwie erraten hätte, dass Podesta-Leaks kommen würden. Desweiteren sei die Mueller-Ermittlung eine gemeine Hexenjagd. Inzwischen sind aber Corsis eigene Emails geleakt und es sieht sehr schlecht für ihn aus. Am 2. August 2016 schrieb er an Stone:

“Word is friend in embassy plans 2 more dumps. One shortly after I’m back. 2nd in Oct. Impact planned to be very damaging.”

Der “friend in embassy” ist niemand anderes als Julian Assange, der über Jahre hinweg in der ecuadorianischen Botschaft in London festsaß. Dass Corsi und Stone nicht exklusiv über verschlüsselte Kanäle kommunizierten, überrascht. Aber selbst verschlüsselte Kommunikationsmethoden wären kein Problem für die NSA. Wenn also Assange selbst über die geplanten Veröffentlichungen haarige Statements machte in verschlüsselten Chats, kann das bei den Ermittlern landen und üble Konsequenzen haben. Bekanntermaßen gab es in Wikileaks mindestens einen ernsthaften Spion, der ganze Festplatten voll mit internem Material an das FBI lieferte. Wird Assange an die USA ausgeliefert und gesteht russische Kontakte oder eine russische Agenda bzw. ist die Beweislast erdrückend, wäre dies ein Skandal, der größte internationale Auswirkungen hätte.

Assange selbst ist höchst suspekt und könnte theoretisch auch (indirekt) für westliche Geheimdienste gearbeitet haben, um die Russen in größtmöglichen Ärger zu verwickeln. In den 1990er Jahren erhielt Assange eine verblüffend milde Strafe in Australien für schwerste Hacking-Verbrechen und wir erfuhren, dass er vor dem Urteil mit der Cybercrime-Abteilung der australischen Polizei gearbeitet hatte.

Bei mehreren Gelegenheiten, einschließlich am oder um den 1. Dezember 2017, sagte STONE zu Person 2, dass Person 2 einen “Frank Pentangeli” vor dem HPSCI machen solle, um nicht der Aussage von STONE zu widersprechen. Frank Pentangeli ist eine Figur aus dem Film Der Pate: Teil II, den sowohl STONE als auch Person 2 besprochen hatten, der vor einem Kongressausschuss aussagt und dort behauptet, keine wichtigen Informationen zu haben, die er aber in Wirklichkeit besitzt.

Versteht Stone nicht die Fallstricke der Technologie? E-Mails sind wie Postkarten, wenn man sie unverschlüsselt versendet und selbst mit einem Löschprogramm hat man keine Garantie dafür, dass sie nicht rekonstruiert werden können. Natürlich hat die NSA wahrscheinlich ohnehin alles.

Nun, Stone ist nur halb-behindert, wenn es um Kommunikation geht, wie wir erfahren aus der Anklageschrift:

Später an diesem Tag, am oder um den 4. Oktober 2016 herum, wurde STONE von dem mit der Trump-Kampagne befassten Unterstützer per SMS gefragt, ob er “noch etwas aus London gehört hätte”. STONE antwortete: “Ja – ich will auf einer sicheren Leitung sprechen – hast du Whatsapp?” STONE erzählte dem Unterstützer anschließend, dass mehr Material veröffentlicht werden würde und dass es der Clinton-Kampagne schaden würde.

So weiß Stone, dass Whattsapp zumindest verschlüsselt ist. Aber er hat wahrscheinlich nicht Wired Magazine über die beliebte Messaging-App gelesen:

Auf der Real World Crypto Security Conference am Mittwoch in Zürich, Schweiz, plant eine Gruppe von Forschern der Ruhr-Universität Bochum, Deutschland, eine Reihe von Schwachpunkten in verschlüsselten Messaging-Anwendungen wie WhatsApp, Signal und Threema zu beschreiben. Es heißt, dass jeder, der die Server von WhatsApp kontrolliert, mühelos neue Personen in eine ansonsten private Gruppe einfügen kann, auch ohne die Erlaubnis des Administrators, der angeblich den Zugriff auf diese Konversation kontrolliert. “Die Vertraulichkeit der Gruppe ist gebrochen, sobald das ungebetene Mitglied alle neuen Nachrichten erhalten und lesen kann.”

Und dann hat die US-Regierung noch Viren, die Telefone infizieren und Gespräche sowie Chats mitschneiden, bevor sie verschlüsselt werden. Also, wie dumm war Stone genau, während er WhatsApp benutzte? Und werden wir es in Zukunft herausfinden?

Amy Berman Jackson, dieselbe Richterin, die in dem gegen Manafort in Washington angestrengten Fall den Vorsitz führte, war Richterin im Fall Stone. Manafort, der früher riesige Summen für Luxusgüter ausgegeben und einst mit Roger Stone für Diktatoren der Dritten Welt Lobbyarbeit gemacht hatte, rottet jetzt im Gefängnis.

Stone hat sich unbeabsichtigt selbst an Mueller ausgeliefert. Er führte einige wichtige Operationen in der Vergangenheit für Republikaner und sogar für den berüchtigten Bush-Clan durch, und seine alte Lobbyfirma arbeitete für brutale Diktatoren im Kongo und auf den Philippinen. Also möge man mir vergeben, wenn ich nicht haufenweise Tränen nach diesem Mann weine.

Kein Wunder, dass Jerome Corsi (nicht explizit in der Anklageschrift genannt, aber wir sind uns ziemlich sicher, dass er es ist) das Weite suchte. Roger Stone war entweder dumm und nachlässig oder er versuchte, andere Leute in Schwierigkeiten zu bringen. Und schauen Sie, wie aggressiv Stone mit “Person 2” (vermutlich Randy Credico) werden konnte:

Am oder um den 9. April 2018 herum schrieb STONE in einer E-Mail an Person 2: “Du bist eine Ratte. Ein Spitzel. Du verrätst deine Freunde und redest Mist – meine Anwälte können es kaum erwarten, dich in Stücke zu reißen.” STONE sagte auch, dass er ihm diesen Hund “wegnehmen” würde, was sich auf den Hund von Person 2 bezog. An oder etwa am selben Tag schrieb STONE an Person 2: “Ich bin sowas von bereit. Los geht’s. Bereite dich auf deinen Tod vor.”

Am oder um den 21. Mai 2018 herum schrieb Person 2 in einer E-Mail an STONE: “Du hättest einfach ehrlich zum Intel-Ausschuss des Repräsentantenhauses sein sollen….”. … du hast dich für Meineids-Klagen verwundbar gemacht wie ein Idiot.” STONE antwortete: “Du bist so voll von[Schimpfwort]. Du hast gar nichts gegen mich. Wenn du weiter so einen Mist redest werde ich eine Beschwerde gegen Ihren Freund einreichen [der Anwalt, der die Gelegenheit hatte, den Leiter der Organisation 1 zu kontaktieren].”

Roger Stone erklärte sich für nicht schuldig und unterstreicht, dass die Anklage nichts über russische Absprachen enthält.

Ich vermute, dass Mueller mehr mögliche Anklagen gegen Stone in Vorbereitung hat. Die bisherigen Anklagen sind ernst genug. Wenn Stone den Mund hält und nicht auspackt, kann es zu weiteren Anklagen kommen. Wenn Stone von Trump begnadigt wird, wird es weitere Anklagen geben.

Dieses Desaster hat bereits das Infowars-Büro erreicht. Alex Jones wurde gezwungen, Kommunikationen mit Jerome Corsi offenzulegen und er erwartet, dass er ebenfalls angeklagt wird.

Wer ist leichtgläubig genug, um dem Spin zu glauben, dass Stone nur prahlte und kaum beteiligt war? Wenn er nur prollte und sich wichtig machte, warum konnte er dann keine haltbare Aussage machen? Wie viele Wähler sind durch Infowars 2016 mobilisiert worden, um Trump zu wählen? Insbesondere da Infowars das Wikileaks-Material künstlich aufblies (“Pizzagate”) und alles zurechtbog, um Trump im typischen Roger Stone-Stil zu unterstützen?

Die Washington Post veröffentlichte einen Artikel, in dem verschiedene Aussagen zitiert sind zu der Frage, ob Corsi einen Vertrag mit Infowars von 15.000$ pro Monat als eine Art Schweigegeld erhalten hatte, um keine heiklen Aussagen zu tätigen. Und die Aussagen von Alex Jones, Corsi, Stone und Jones’ Vater passen nicht wirklich zusammen.

Der bizarre Tod von Adrian Lamo, Hacker im Zentrum der Wikileaks-Kontroverse

Adrian Lamo, der Hacker der die wichtigste Quelle von Wikileaks an die Behörden verraten hatte, verstarb unter ungeklärten und höchst auffälligen Umständen vor rund einem Jahr im Alter von 37 Jahren, genau dann als die geheime Anklage gegen Julian Assange an Fahr gewann. Nicht nur das Timing ist suspekt, sondern auch der Autopsiebericht.

Das coroner’s office in Sedgwick County, Kansas schlussfolgerte, dass die Todesursache nicht feststellbar ist. Lamo war bekannt dafür, mehrere Medikamente für psychische Probleme und epileptische Anfälle zu nehmen sowie Drogen zu missbrauchen. Theoretisch könnte er einfach an solchen Ursachen verstorben sein, aber mehrere Faktoren legen eine Fremdeinwirkung nahe:

  • Unerklärbare Wunden am unteren Rücken, Armen und Beinen. Möglicherweise wurde er gefoltert und verhört.
  • Auf ganz seltene Medikamente und Chemikalien wurde der Leichnam nicht getestet.
  • Ein Aufkleber am linken Schenkel hatte die Aufschrift: “Adrian Lamo Assistant Director Project Vigilant Threat Analysis/Investigation 70 Bates Street Northwest, Washington DC 20001.” Dies bezieht sich auf ein Anti-Terror-Programm.
  • Das Rückenmark wurde nicht untersucht
  • Emphysem-Veränderungen in den Lungen. Eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung kann künstlich ausgelöst werden durch Chemikalien wie Nitrit oder Isocyanate
  • Mögliche hepatitische Fettleber
  • Granulares Material in den Nieren
  • Kreatininwert passt zu Nierenversagen
  • Kalium-Werte im Auge waren enorm hoch und dem Arzt ist nicht bekannt, mit welchem Mechanismus ein solcher Wert erreicht werden kann. Selbst das Einspritzen in Blutgefäße würde dies nicht hervorrufen.

Bei der Autopsie griff man auf ein Labor zurück, dessen Chef Verbindungen hat zum Militär.

In den vergangenen zwei Jahren wurde die geheime Grand Jury Ermittlung in den USA gegen Julian Assange und möglicherweise weitere Personen intensiviert und sie überschneidet sich mit den Ermittlungen zu Russiagate und den Hacks gegen die Demokratische Partei der USA. Diverse Personen wie Bradley Manning (inzwischen Chelsea Manning) wurden vorgeladen und bekamen Deals angeboten: Aussage gegen strafrechtliche Immunität.

Wie Forbes berichtete, arbeitete Adrian Lamo, der den Unteroffizier Bradley Manning wegen der Weitergabe von geheimen Dokumenten der US-Armee an die Aktivistenplattform Wikileaks an die Behörden ausgeliefert hatte, als Analytiker für Project Vigilant, ein verschlossenes und für gewöhnlich sehr schweigsames “Sicherheitsunternehmen”, welches Verträge mit der US-Regierung unterhält. Vigilant zeigte sich  ausgerechnet bei der Hackerkonferenz Defcon in der Öffentlichkeit, um neue Hacker zu rekrutieren für die Überwachung des Traffics von insgesamt 12 Internet Service Providern. Man möchte kriminelle Hackeraktivitäten und Terrorismus aufspüren; in Zusammenarbeit mit den Bundesbehörden werden relevante Informationen an die entsprechenden Stellen weitergeleitet. Laut einem Artikel im San Francisco Examiner, hätte man bereits den ehemaligen NSA-Beamten Ira Winkler im Team sowie Suzanne Gorman, früher Sicherheitschefin am New York Stock Exchange.

Der Vigilant-Direktor Chet Uber gab an, dass er von Adrian Lamos Vater erfahren hätte, dass dessen Sohn sich online mit Bradley Manning angefreundet und jener ihm von der Weitergabe geheimen Materials erzählt hätte.

Die bizarre Frühphase von Wikileaks und die russische Phishing Mafia

Kurz nach der Formierung von Wikileaks gab es bereits sehr heikle Leaks, wie etwa militärische Datenbanken der der US-Streitkräfte im Irak 2007. Diese Informationen in den Händen des Gegners können strategische Vorteile bieten und Leben gefährden. Das Militär analysierte daraufhin, wie aufwendig es wohl wäre, die Identitäten der Wikileaks-Betreiber herauszufinden. In Wirklichkeit hätten jedoch ein paar Telefonanrufe oder eine kurze Internetrecherche ergeben, dass Julian Assange und Daniel Domscheit-Berg ihr Projekt bereits öffentlich vorgestellt hatten mit einem Vortrag bei der bekannten jährlichen Hacker-Konferenz des Chaos Computer Clubs.

Es war also nie ein Geheimnis, wer Wikileaks leitete und man muss sich fragen, weshalb die US-Behörden nicht schnell tätig wurden.

Eine Geschichte, um die Domscheit-Berg in seinem Wikileaks-Buch einen Riesenbogen macht, ist in den Konkurrenzbüchern enthalten: Der Großteil der Dokumente die Wikileaks in der Anfangszeit besessen hätte (1 Million Seiten), soll nicht etwa von gewissenhaften Whistleblowern eingereicht, sondern gestohlen worden sein. Chinesische Hacker wären auf Datenjagd gegangen und hätten als Transportkanal für ihre Diebesbeute das bei Hackern populäre TOR-Anonymisierungsnetzwerk benutzt. Irgendwie – so der Vorwurf – konnte Wikileaks das Material abgreifen. Betrieb jemand aus dem engeren Wikileaks-Kreis einen der so wichtigen Ausgangs-Tor-Server und kopierte eifrig den chinesischen Datenverkehr mit? Die SPIEGEL-Autoren zitieren beinahe komplett eine interne Wikileaks-Email, in der der Coup euphorisch gefeiert wird. Wohlgemerkt beinahe komplett.

Die betreffende Email, die von der Plattform Cryptome im Original veröffentlicht wurde, ist in furchtbarer Grammatik verfasst, enthält Slang und ihrer genauen Bedeutung kann man sich in bestimmten Details nur im Kontext annähern. Folgendes ist meine eigene, direkte Übersetzung, manche Stellen sind von mir hervorgehoben:

To: John Young
From: Wikileaks
Subject: martha stuart pgp
Date: Sun, 7 Jan 2007 12:20:25 -0500
—–BEGIN PGP MESSAGE—–

Version: None

J. Wir werden sie alle ficken. Hauptsächlich die Chinesen, aber kein vollständiges Täuschungsmaneuver.
Es strotzt vor Invention. Lügen und Verzerrungen werden überall für Schutz benötigt. Hacker beobachten chinesische und andere Nachrichtendienstinformationen und graben sich in ihre Ziele ein, wenn sie sich zurückziehen, ziehen wir uns zurück. Eine unerschöpfliche Menge an Material. Fast 100.000 Dokumente/Emails pro Tag. Wir werden die Welt aufbrechen und sie in etwas Neues erblühen lassen.Wenn es uns nützt, die CIA zu schröpfen, dann tun wir das. Wir haben Pullbacks von NED, CFR, Freedomhouse und anderen CIA-Zitzen. Wir haben alles über Afghanistan vor 2005. Fast alles über Indien. Ein halbes Dutzend Außenministerien. Dutzende politische Parteien und Konsulate, die Weltbank, apec, UN-Abteilungen, Handelsgruppen, tibet und fulan dafa Partner […] und die russische Phishing Mafia die überall Daten abzieht. Wir ertrinken. Wir wissen nicht einmal von einem Zehntel von dem was wir haben, was es ist oder wem es gehört. Wir haben bei einem Tb aufgehört es zu speichern.

Anklage

Jetzt gibt es eine zweite Anklageschrift gegen Julian Assange mit 18 Punkten. Die maximale Haftstrafe läge bei 175 Jahren und es könnten sogar noch weitere Anklagen folgen. Das liegt unter anderem daran, dass die Veröffentlichungen von Assange und Wikileaks geheime Operationen und Informanten berührten und enorm umfangreich waren.

  • Die Anklageschrift zitiert sogar Assanges Präsentation bei der Großveranstaltung des deutschen Chaos Computer Clubs im Jahr 2009 wo Assange gezielt aufrief zum Einsenden von geheimen Material und sogar eine Wunschliste präsentierte mit exakten Datenbanken. Assange nannte Wikileaks den “Geheimdienst des Volkes” was der Eigendarstellung als Presse widerspricht.
  • Bradley Manning suchte im Militärnetzwerk gezielt nach Geheim-Material, das den Wünschen von Wikileaks entsprach. Er hatte eine Text-Datei mit einer Kontakt-Rufnummer für Assange bei wikileaks.
  • Die Anklage sagt, die beiden hatten immer wieder direkten Kontakt und Assange hätte Manning angestiftet. Es gab den Versuch, einen Passwort-Hash zu benutzen, um noch weiter ins geheime Militärsystem einzudringen. Manning verschaffte sich mit Hilfe eines “Linux-Betriebssystems” Zugang zu einem Teil des Passwortes.
  • Manning bekam einen SFTP-Zugang zu einem Server bzw. einer Cloud Drop Box und ein designiertes Verzeichnis dort.
  • Besonders die geleakten “rules of engagement” der Streitkräfte hätten dem Feind Vorteile für Angriffe im Irak und in Afghanistan verschafft. Manning nannte in einem Chat Wikileaks einen Geheimdienst des Volkes. Assange stimmte zu.
  • Die „Insurance File“ war eine verschlüsselte, aber inhaltlich unzensierte Datensammlung, mit deren Veröfentlichung er drohen wollte.
  • Assange deckte die Identitäten von Informanten auf, was lebensgefährlich war laut Anklage. Spezifische, anonymisierte Beispiele werden genannt von Informanten, die die USA vor Angriffen warnten. Assange machte auch noch den arroganten Fehler, in einem Interview zu erklären, dass halt leider Informations-Quellen nun bedroht werden könnten. „Wir sind nicht verpflichtet, die Quellen anderer Leute zu schützen […] außer vor Racheaktionen.“ Außerdem, so Assange, könnten Quellen ja auch Unrechtmäßiges tun.
  • Die Taliban kündigten an, mit den Leaks auf Jagd nach Spitzeln zu gehen. Die Todesstrafe gegen Assange unwahrscheinlich, aber manche Insider aus dem Militär und Geheimdiensten wünschen ihm die Maximalstrafe.

Die Spionagegesetze sind recht eindeutig und Assanges Strategie, auf Journalismus und Meinungsfreiheit zu pochen, hat fragliche Aussichten. Kommt es zu einer Auslieferung und einem Gerichtsprozess in den USA, dann wird es Assange schwer haben, sich als Journalisten zu präsentieren.

Stellen wir uns den umgekehrten Fall vor. Ein russischer Hacker hätte peinliche Datenbanken aus dem russischen Militär veröffentlicht und einen Haufen Scherben verursacht und die USA unter einer Präsidentin Hillary Clinton hätten davon profitiert. Dann würden jetzt manche Beobachter im Westen fordern, dass die Person auf ewig im dunkelsten Russenknast verschwindet.

AlexBenesch
AlexBenesch
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