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Die Mauer fiel vor 30 Jahren, die Sowjetagenten blieben

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Bundesarchiv, Bild 183-1989-1007-402 / Franke, Klaus / CC-BY-SA

Als die sowjetischen Panzer damals aus der DDR abzogen, wurden massenhaft wertlose Stasi-Spione an die Bundesrepublik verraten, während die Top-Agenten sowie die Agenten des sowjetischen KGB und GRU in Deutschland größtenteils unbehelligt weitermachen konnten. Die Computeranlagen aus den DDR-Bunkern, mit denen man jederzeit zu einer militärischen Invasion der Bundesrepublik und ganz Westeuropas fähig gewesen war, wurden entfernt, die Divisionen nach Osten verschoben.

Es blieb dem sowjetischen Politbüro, den Militärführern und den Geheimdienstchefs nach 1991 gar nichts anderes übrig, als einen neuen Staatskult zu etablieren, der die Brücke schlägt zwischen Zarismus und dem sowjetischen Erbe und die älteren Bevölkerungsteile zufriedenstellt. Putin führte die sowjetische Hymne wieder ein, alte Sowjet-Symbole und ließ die „antifaschistische“, antideutsche Mythologie weiter pflegen. Jedes Jahr feiert man in einer großen Militärparade den Sieg über die Deutschen und im russischen Unterhaus wird nun eine „Resolution zur Verurteilung der Annexion der DDR durch die Bundesrepublik“ erarbeitet.

Die zündende Idee im Kreml war gewesen, die Masche der amerikanischen Neokonservativen zu kopieren. Nach der Wende rückten viele NATO-Staaten immer weiter nach links, während Putin als schlechte Kopie von George W. Bush die Gelegenheit nutzte, wieder imperialistisch aufzutreten. Ganz nach dem Motto: Die Amerikaner machen es, also dürfen wir es auch.

Es gab nie eine gründliche Aufarbeitung der alten Spionage-Netzwerke des russischen KGB, des GRU und des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR auf deutschem Boden. Selbst Putin hat in einem Buch zugegeben, bei der Wende in Dresden die meisten Akten verbrannt und die wichtigsten Sachen nach Moskau verschickt zu haben. Wenn man davon ausgeht, dass Russlands heutiger Auslandsgeheimdienst SWR alte KGB- und Stasi-Agenten in Deutschland reaktiviert hat, muss man sich fragen, weshalb Berlin und Washington so lange zugesehen haben und was sie nun zu tun gedenken.

Schon die DDR missbrauchte Bismarcks Namen für die Propaganda, indem man die Ostpolitik des berühmten Preußen als eine Art tiefe Freundschaft zu den Russen interpretierte. Wann immer es der Propaganda ins Konzept passt, werden alte historische Ereignisse aus dem Zusammenhang gerissen, wahrheitswidrig dargestellt und als Argument für heutiges Appeasement gegenüber Moskau benutzt.

Manche deutsche Konservative meinen heute, sie handeln nach Bismarcks Gusto, wenn von irgendwelchen Allianzen mit dem derzeitigen Moskauer Regime geträumt wird. Besonders in der Bismarck’schen Tradition verstehen sich viele Mitglieder der AfD. Aber würde Bismarck heute wirklich so strategisch denken? Was würde heute Bismarck tun? Er würde zuallererst verstehen, dass Deutschland sich nicht zerreiben lassen darf zwischen den USA und Russland. Eine drastische Umorientierung nach Osten würde bedeuten, dass das militärisch schwache Deutschland einfache Beute wäre für den russischen Expansionsdrang nach Westen.

Trotz der vielen populären Abhandlungen über die RAF ist das tatsächliche Ausmaß des sowjetischen Terrorprogramms gegen den Westen nach wie vor den meisten deutschen Bürgern unbekannt. Die Terrorismusexpertin Regine Igel schrieb in ihrem Buch „Terrorismus-Lügen“:

„Erstaunlicherweise hat so gut wie keiner der Autoren, die umfangreiche Bücher zur Roten Armee Fraktion veröffentlicht haben, MfS-[Stasi-] Akten konsultiert. […] Selbst die hierzu mit den wenigsten Vorbehalten belastete einschlägige Untersuchung, Das RAF-Phantom aus dem Jahr 1992, geht zwar von einem Mitmischen von Geheimdiensten aus, schaut aber selbst noch in seiner 2008 überarbeiteten Neuauflage lediglich in Richtung westlicher Geheimdienste. Der Blick auf die andere Seite des Kalten Krieges bleibt hier unkritisch getrübt und der Glaube an SED-Propaganda ungebrochen. Dazu besteht unter der Mehrheit der orthodoxen Linken stillschweigende Einigkeit.

KGB-Chef Andropow rüstete sich angesichts der neu ausgebrochenen Unruhen in der Welt für eine antikapitalistische Offensive und kurbelte paramilitärische Guerilla-Ausbildungen für geheime Kampfeinsätze an. Die CSSR wurde das Hinterland für den italienischen Terrorismus, die DDR für den deutschen und internationalen.“

Ein Paradebeispiel ist die Unterstützung und Instrumentalisierung des islamischen Terrors: Der Ostblock hatte hier auf Grund der geographischen Nähe und wegen dem gemeinsamen Feind USA/Europa große Vorteile. Die muslimischen Länder nahmen gerne militärische Hilfe in Anspruch, sowohl was Ausbildung als auch Material anbetraf.

Aktuelle Publikationen wie „Red Jihad“ von Cliff Kincaid und J.R. Nyquist gehen darauf ein, wie der Islamische Staat im Irak zurückzuführen sei auf die Islamic Revival Party, die während den letzten Tagen der Sowjetunion vom KGB gegründet worden war. Das Regime von Saddam Hussein pflegte eine Weile lang enge Beziehungen zu den Sowjets und schickte wichtige Figuren aus Partei und Militär zu Moskauer „Bildungseinrichtungen“. Der Sturz Saddams durch die US-Administration von George W. Bush war ein herber Schlag für Russland gewesen und es scheint, als habe Moskau als Reaktion darauf seine Agenten in der Region benutzt, um Chaos zu stiften. Natürlich versuchten die Amerikaner, überstürzt diverse radikalislamische Gruppen anzuwerben und auszubilden, von denen es im Irak und in Syrien tausende gab, ohne jedoch damit sonderlich viel Erfolg zu haben. Selbstverständlich wirft heute die Russenpropaganda den Amerikanern vor, den Islamischen Staat geschaffen zu haben.

Mehrere Überläufer aus der Sowjetunion, wie u.a. der tschechoslowakische General Jan Sejna, boten seit den 1960er Jahren Auskunft über die Beziehung der Moskauer Dienste zum Terrorismus. In den streng abgeschirmten Ostblockstaaten wurden Ausbildungslager errichtet für Gäste aus der ganzen Welt. Für die Sowjets war es keine Schwierigkeit, ihre Agenten von Anfang an gezielt einzuschleusen in die auszubildenden Gruppen. Die CIA hatte im Gegenzug wenig Hoffnung, auch nur in die Nähe der Lager zu kommen. Die CIA war derart erfolglos, Agenten im Ostblock zu platzieren, dass man sogar in Mexiko sozialistische Gruppen schuf in der Hoffnung, Kontakte mit dem Osten zu knüpfen. Das Problem: Wer nicht den Akten kommunistischer Dienste zufolge ein vertrauter Genosse war, idealerweise noch in der zweiten oder dritten Generation, dem wurde nicht vertraut.

Der Mythos des überraschenden Mauerfalls geht vielleicht irgendwann den gleichen Weg wie die Mauer selbst. Ralf Georg Reuth und Andreas Bönte schrieben 1993 in ihrem Buch „Das Komplott – Wie es wirklich zur deutschen Einheit kam“:

„Im Frühjahr 1992 (…) informierte das Bundesamt für Verfassungsschutz eine kleine Zahl ausgewählter Verantwortungsträger der Bundesrepublik über eine geheime KGB-Struktur in Deutschland. In dem streng geheimen Papier heißt es, daß außerhalb der bekannten KGB-Residentur in Karlshorst (…) eine weitere geheime KGB-Residentur existiere, die sogenannte Gruppe »Luch« (russisch für Strahl). (…) Seit Mitte der 80er Jahre hatte die Gruppe »Luch« den Auftrag, Bürger der ehemaligen DDR in Leitungsfunktionen von Wissenschaft, Technik und Politik zur Zusammenarbeit mit dem KGB zu verpflichten, um auf diese Weise gesellschaftlich relevante Prozesse beeinflussen zu können.« Mit anderen Worten: Die Gruppe hatte die Aufgabe in der DDR die Umgestaltung [Perestroika, Anm. TM] nach sowjetischem Vorbild zu betreiben beziehungsweise zu unterstützen. (…) Bei den von »Luch« rekrutierten Personenkreisen soll es sich der Analyse des Verfassungsschutzes zufolge, neben Kadern aus der Staatsführung um Entscheidungsträger der FDJ, aus Bildungseinrichtungen und Handelsorganisationen, aber auch aus den Reihen der Kirche gehandelt haben. In den Jahren 1988/1989 sei die Arbeitsweise von »Luch« modifiziert worden. (…) Man habe sich »auf Mitglieder der Blockparteien der ehemaligen DDR, solcher neugegründeter Parteien im Zuge der Wende und Angehörige von Jugendorganisationen konzentriert«.“ (Das Komplott S.210f)

Der Russland-Kenner Torsten Mann kommentierte dazu:

Wir halten fest: Vor diesem Hintergrund denken wir einmal darüber nach, welche einflussreichen Personen aus der aktuellen Politik eine Vorgeschichte bei der FDJ, den Blockparteien oder den Kirchen und Jugendorganisationen der „DDR“ haben. Und wenn wir lange genug darüber nachgedacht haben, dann wundern wir uns plötzlich gar nicht mehr über Deutschlands offene Grenzen und die subversive Politik der letzten Jahre.

Der COMPACT-Chefredakteur Elsässer scherzte aktuell über eine neue DDR samt Mauer und demonstrierte eine Reihe von ideologischen Denkfehlern und Doppelstandards.

“Mittleres Szenario: Der Westen [Deutschlands] ist verloren; der Osten baut ne Mauer. Im Westen entsteht das Kalifat Alemanistan. Im Osten entsteht die – wie hab ichs genannt? – deutsche demokratische Reich, DDR. Für das mittlere Szenario spricht relativ viel, vor allem die Entwicklung der Geburtenraten.”

Dass in Elsässers geliebtem Russland, das ja in seinen Wunschvorstellungen eine enge Beziehung haben soll zu der neuen DDR, inzwischen sehr viele Muslime leben, prozentual deutlich mehr als in der EU, dass die einheimischen Geburtenraten der Russen katastrophal niedrig sind und dass im Westen auch die Geburtenraten der Muslime sehr stark sinken werden, erfährt der COMPACT-Zuschauer nicht.

Weiß er das alles überhaupt? Die ostdeutschen Bundesländer können sich ohnehin nicht legal abspalten ohne die Zustimmung der gesamten Bundesrepublik. Also wie soll die Abspaltung praktisch überhaupt durchführbar sein ohne massive Hilfe von Russland, was die Ostdeutschen in ein fast komplettes Abhängigkeitsverhältnis bringen würde?

Elsässer macht Versprechungen und Werbung für schwammige Ideen, ohne dem Publikum reinen Wein einzuschenken. In seinen Ausführungen geht es viel um ideologische Fragen, aber nicht um geheimdienstliche. Wenn russische Dienste und reaktivierte Stasi-Netzwerke in Ostdeutschland viel stärker sind als die geheimdienstlichen Amateure der normalen Bevölkerung und der AfD, was würde das dann bedeuten für die Ostdeutschen?

Elsässer meint, der Geldadel hätte den klassischen Adel des Mittelalters ersetzt und mit einer Links-Rechts-Querfront müsste man sich heute widersetzen; genauso wie es im Mittelalter noch kein links und kein rechts gab. Tatsächlich aber schuf und kontrollierte der klassische Adel die Großkapitalisten und zusätzlich schuf und kontrollierte der Adel noch die verschiedenen Ideologien wie links und rechts. Elsässer schimpft gegen WallStreet und die City of London, aber er vermeidet es, die ausbeuterischen russischen und chinesischen Eliten anzuprangern. Die russischen Zaren, die dieselbe Familie waren wie das britische Königshaus, kontrollierten die kommunistischen Revolutionäre im Inland über den Geheimdienst. Die Romanows verließen offiziell Russland, vier Großfürsten wurden angeblich ermordet, ohne dass es glaubhafte Leichen gab. Der letzte Zar samt Familie wurde auch angeblich ermordet, aber der DNA-Beweis taugt nichts. Es sieht vielmehr so aus, als sei die kommunistische Revolution vom Adel inszeniert worden, um Russland umzubauen und um den gewöhnlichen russischen Adel zu vertreiben. Die Sowjetunion war vom ersten Moment an abhängig von westlichen Technologietransfers. Wie man es dreht und wendet, sind Russland und China heute keine akzeptablen Supermächte, die uns vor der NATO bzw. dem Geldadel retten werden.

Zum Schluss lobt Elsässer noch die wirtschaftlichen Beobachtungen von Karl Marx. Der war aber leider anscheinend ein Agent.

AlexBenesch
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