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Morris „Two Gun“ Cohen und der Tod von Chinas Hoffnung

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Auszug aus „Die tiefsten Geheimnisse der drei Supermächte“ von Alexander Benesch

Moderne Spionageabwehr ist gekennzeichnet von hoher Gründlichkeit und Misstrauen bis hin zu Paranoia. Je wichtiger die Person, die zu überprüfen ist, umso tiefer muss die Hintergrundprüfung ausfallen:

  • Ist die Geburtsurkunde der Person überhaupt echt? Könnte die Person die Identität einer anderen (verstorbenen) Person gestohlen haben? Sind die Eltern in irgendeiner Form verdächtig?
  • Hat die Person das Vertrauen von vertrauenswürdigen, bereits überprüften Personen?
  • Welche Kontakte zu suspekten Personen und Organisationen hatte die Person?
  • Sind die Geldquellen der Person nachvollziehbar?
  • Hatte die Person irgendwelche verdächtigen Überzeugungen?
  • Welche Geheimnisse und Schwachpunkte hat die Person?

Wenn wir betrachten, wie der Brite Morris (Spitzname „Two-Gun“) Cohen damals nach China gegangen war zu President Sun Yat-sen und zu dessen Bodyguard wurde, zu dessen Berater und hohen Militäroffizier, dann sehen wir einen Bruch mit den absoluten Grundregeln der Spionageabwehr. Sun Yat-sen verstarb ziemlich bald, nachdem er Morris in seinen Kreis der Vertrauten aufgenommen hatte.

Geboren wurde Morris als Moishe Cohen in Polen; die Familie zog später nach London. Im April 1900 wurde er verhaftet, weil man ihn verdächtigte, ein Taschendieb zu sein. Er landete in der Hayes Industrial School, die extra für straffällig gewordene Jungen aus jüdischen Familien geschaffen wurde. Das Geld für die Schule war gestiftet worden von der Bankerfamilie Rothschild.

http://www.childrenshomes.org.uk/HayesIS/

Cohen hatte damit wahrscheinlich Glück, denn in gewöhnlichen „Besserungsanstalten“ für kriminelle Minderjährige war Missbrauch und auch sexueller Missbrauch ein gewaltiges Problem. 1905 durfte er die Schule verlassen und wurde von seinen Eltern nach Kanada geschickt, wo er in der Gegend herumzog auf der Suche nach finanziell einträglichen Gelegenheiten, die ihn immer mal wieder kurzzeitig ins Gefängnis brachten.

Er freundete sich an mit chinesischen Arbeitern, die die Canadian Pacific Railways bauten, und verteidigte sogar den Betreiber eines Chinarestaurants vor einem Räuber. Letztendlich vertrauten ihm die Chinesen so stark, dass sie ihn rekrutierten für die Organisation Tongmenghui, die von Sun Yat-sen geleitet wurde und gegen die Manchus kämpfte.

In der kanadischen Provinz leitete er eine wichtige Immobilienfirma und bekam durch die Empfehlung vom Justizminister Sir Charles Wilson Cross zusätzlich noch den Posten des „Commissioner of Oaths“. Hatte Cohen einfach eine überraschende Erfolgsserie? Oder war er einer Freimaurerloge beigetreten und hatte den Support seiner Freimaurer-Brüder? Arbeitete er für das britische Imperium als Agent und infiltrierte gezielt die chinesische Community in Kanada?

Vor dem Ersten Weltkrieg bildete Cohen eine Reihe an Chinesen militärisch aus für Sun Yat-sens Organisation. Im Ersten Weltkrieg diente Cohen in Europa in einer Einheit, die aus Eisenbahnarbeitern bestand und überwachte dabei chinesische Arbeiter. 1922 ging er nach China und verhandelte ein Geschäft zwischen Sun Yat-sen und der Firma Northern Construction and JW Stewart Ltd.

Über den Journalisten George Sokolsky bekam Cohen einen Job im unmittelbaren Umfeld von Sun Yat-sen. Sokolsky war der Sohn eines russischen Emigranten, wie Cohen jüdisch und er studierte an der elitären Columbia University (ursprünglich King’s College). Sokolsky wurde sogar noch ein enger Freund von Roy Cohn, ein einflussreicher und suspekter (Staats-)Anwalt, der Fälle wie die Atomspionage der Rosenbergs verhandelte und auch für Donald Trump arbeitete. Falls Sokolsky ein Agent der Angloamerikaner war, wäre Cohen höchstwahrscheinlich auch einer gewesen und das Ziel war, Cohen einzuschleusen.

Cohen diente als militärischer Ausbilder sowie als Berater und Bodyguard von Sun Yat-sen, was ihm Zugang zu wichtigsten Informationen verschaffte. Als er begann, immer zwei Pistolen mit sich zu führen statt einer, erhielt er den Spitznamen „Two Gun“.

Sun näherte seine Nationale Volkspartei aus pragmatischen Gründen an die Kommunisten an und versuchte es mit einer vereinigten Front. Sein Plan war, China zuerst ein stabiles Regierungssystem zu verpassen und dieses dann zu modernisieren bzw. zu demokratisieren. Die Aussicht auf ein vereintes, modernes China muss bei den Angloamerikanern und den Russen die Alarmglocken zum Läuten gebracht haben. Sun suchte vor allem eine Einigung mit den Kommunisten im Norden, um die unfairen Handelsverträge mit dem Westen loszuwerden. China war immer noch gezwungen, Reparationszahlungen zu leisten und seine Häfen zu öffnen für Großbritannien, das Deutsche Reich, Russland und Japan. Sun Yat-sen war eine Bedrohung geworden für die Ambitionen und Pläne der Angloamerikaner und anderen Größmächte. Passenderweise verstarb Sun 1925 an Krebs und es brach ein verheerender Bürgerkrieg aus zwischen den Nationalisten und Kommunisten. Als Sun bereits unter Beschwerden litt, ließ er sich im „Peking Union Medical College Hospital“ untersuchen und behandeln, das damals auch bekannt war als „Rockefeller Hospital“ weil die Rockefeller-Stiftung das Geld bereitstellte.

Eine Gewebeprobe wurde bei Sun entnommen durch den Leiter der chirurgischen Abteilung Adrian S. Taylor. Die Prognose war verheerend und nach mehreren Behandlungen mit Radium hatte Sun das Vertrauen verloren und ließ sich zum Hauptquartier seiner Partei zurückbringen. Die Original-Akten dazu sind verschwunden und nur kurze Beschreibungen aus einem Jahresbericht wurden später dazu gefunden. Nach Suns Tod führte ein Arzt namens James Cash die Autopsie durch. Die Dokumentation davon ist sehr dünn. Es ist nichts bekannt darüber, ob bei den Untersuchungen oder der Autopsie gesucht wurde nach Hinweisen auf ein Attentat bzw. gezielte Vergiftungen.

2016 erschien der „Barth Report”, in dem neue Details dargelegt wurden, laut denen es sich um Gallenblasenkrebs und nicht primär um Leberkrebs gehandelt habe.

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5009495/pdf/40880_2016_Article_144.pdf

Gallenblasenkrebs ist relativ selten und im fortgeschrittenen Stadium extrem tödlich, selbst bei modernsten Behandlungsmethoden. Künstlich auslösen könnte man theoretisch eine solche Erkrankung durch Nitrosamine, Chemikalien die in der Lebensmittelbehandlung sowie in der  Gummi- und Textilindustrie zum Einsatz kommen.

Das Peking Union Medical College Hospital wurde 1906 gegründet von einem Haufen angloamerikanischer Kirchenorganisationen wie dem “American Board of Commissioners for Foreign Missions” und der “London Missionary Society”. Das Geld stammte von der Rockefeller Foundation.

Die Rockefellers waren über Generationen hinweg eine feste Größe im angloamerikanischen Imperium und verwalteten neben Ölgeschäften auch die Etablierung der modernen medizinischen Industrie. Es wäre theoretisch für einzelne Geheimagenten, die Zugang besaßen zu den entsprechenden Forschungen, realtiv leicht gewesen, neue Gifte für Attentate auszuwählen.

Nach Suns Tod wurde Cohen zu einer Art Quasi-General und arbeitete Cohen für eine Reihe an Führungsfiguren der chinesischen Nationalisten, wie Sun Fo (der Sohn von Sun Yat-sen) und T.V. Soong. Letzterer war Finanzminister und Leiter der chinesischen Zentralbank. Der Vater von Soong hatte in den USA auf Schiffen der Küstenwache gedient wie z.B. der USS Schuyler Colfax, konvertierte zum Christentum und durfte unter dem neuen namen „Charlie“ das Trinity College besuchen (Duke University) wegen der Förderung durch den Industrialisten Julian Carr (Bull Durham tobacco), der ein rassistischer Unterstützer des Ku Klux Klan war und den Sturz der kaiserlichen Qing-Dynastie in China in erheblichem Umfang mitfinanziert hatte. Zudem besuchte Charlie die Vanderbilt University und wurde konspirativ Mitglied der Widerstandsbewegung „Rote Gang“.

Cohen machte auch früh die Bekanntschaft mit Chiang Kai-shek an der Whampoa Military Academy, wo auch die Kommunisten und die Sowjets mitmischten.

Die chinesischen Kommunisten und Nationalisten kooperierten mehrfach miteinander, um gegen die Japaner zu kämpfen. Cohen beschaffte Waffen und arbeitete zusammen mit der britischen Special Operations Executive (SOE), eine Mischung aus Geheimdienst und Sonderkommando.

Später zog Cohen nach Kanada zurück und wurde Berater für Vickers, ein wichtiger britischer Rüstungshersteller, für Rolls Royce, deren Motoren für Kriegsgerät benutzt wurden sowie für Decca Radar. Technologie von solchen Firmen wurde u.a. an die Sowjetunion verkauft. Der leichte Panzer „Carden-Lloyd“ beispielsweise, ein Design von Vickers-Armstrong, Ltd., wurde bei den Russen mit einem Vierzylinder-Motor von Ford in Leningrad gebaut unter dem Namen T-27.

https://archive.org/stream/pdfy-Iqz3ytYcb3wWYJ0c/Antony+Sutton+-+The+Best+Enemy+Money+Can+Buy_djvu.txt

AlexBenesch
AlexBenesch
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