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Die Massenmedien und „alternativen“ Medien haben versagt

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Kommentar

Die deutschen Massenmedien waren nicht nur durchsetzt von Papplappen der atlantischen Netzwerke, sondern auch von jeder Menge Putin-Propagandisten. Boris Reitschuster bemängelte 2018 die Auswahl der Gäste für die Maybritt Illner-Sendung zur Krise mit Russland:

Unter dem manipulativen Titel «Putin unter Generalverdacht?» sind bei Maybritt Illner, die noch 1986 in die SED eintrat und für das DDR-Fernsehen arbeitete, unter anderem Gregor Gysi und Alexander Rahr zu sehen (vorgestellt als «Putin-Biograph und Politologe, ohne Hinweis auf seine Tätigkeit für Gasprom). Neben Putin-Liebe scheint auch für USA-Hass gesorgt zu sein – mit dabei sind Christopher Nehring («Russland hat kein erkennbares Motiv für den Giftanschlag auf Skripal») und Sandra Navidi, Autorin von „Wie die Finanzelite und ihre Netzwerke die Welt regieren“. Für die zwei west-orientierten Teilnehmer wird es bei vier Widerparts sicher hart…

Was fehlte aber? Gäste, die konsequent beide Supermächte ablehnen. Solche Personen sind überhaupt nicht vertreten. Null solcher Gäste werden eingeladen. Im Mainstream teilen sich die Politiker und Medienfiguren auf in „Team NATO“ und „Team Moskau“. In den „alternativen“ Medien betrachten sich 99% der Vertreter und ein fast ebenso hoher Anteil des Publikums als Mitglieder von Team Moskau. Als Alex Jones wieder einmal die schwachsinnige Haltung äußerte, Russland bewege sich „in Richtung 1776“ (Anspielung auf die amerikanische Unabhängigkeit vom britischen König George III.), kommentierten Leser von MediaMatters sarkastisch:

„Wenn es jetzt wie damals 1776 wäre, dann würden die Kolonien von Russland rebellieren und Frankreich würde bei der Befreiung von Syrien und der Krim helfen.“

„Ich kann mich nicht daran erinnern, dass George Washington die Ermordung von Journalisten befohlen hatte, gepanzerte Fahrzeuge in Turnhallen von Grundschulen schickte, oder zu Propagandazwecken Wohnblöcke in die Luft sprengte. Genauso wenig kann ich mich erinnern, dass er das Land einer Gruppe diebischer Oligarchen ausgehändigt hatte oder eine de-facto-Einparteiendiktatur etabliert hatte.“

Bisher fuhr die russische Propaganda und die russische Spionage bei uns eine Doppelstrategie aus Querfront und Spaltung, wobei die Spaltung überwog. Links sollte pausenlos gegen Rechts gegen Muslime gegen Mitte kämpfen, aber gleichzeitig wurden die verschiedenen Gruppen mehr und mehr auf Moskau-Linie gebürstet. Mit der aktuellen Krise und der zunehmenden Verschärfung wird Moskau vielleicht wieder mehr Gewicht legen auf eine Querfront aller NATO-Gegner. Egal ob Muslim mit Migrationshintergrund, der NATO-skeptische Otto-Normalbürger, der stramme Linke, der Neurechte oder der Alt-Nazi, alle sollen zusammengeschweißt werden unter der Führung Moskaus.

Wenn Moskau jetzt aber eine Propaganda-Querfront (alle Gruppen zusammen gegen die NATO) befiehlt, werden viele alternative Medien vielleicht brav folgen und über Nacht den Kurs ändern. Gibt’s bald eine COMPACT-Sonderausgabe „QUERFRONT – WARUM WIR DOCH DIE LINKEN UND MOSLEMS LIEBEN?“ Kuschelstunde mit Sahra Wagenknecht und Wiederversöhnung Elsässers mit der Antifa und Abu Bakr Rieger?

Der Russland-Kenner Torsten Mann schrieb in „Am Vorabend der Weltrevolution“:

Damit stellt das linksliberale Establishment, das hierzulande die politische Deutungshoheit innehat, erneut unter Beweis, dass es nicht versteht, welche strategischen Ziele Moskau verfolgt. Und das strategische Hauptziel der Sowjets in Europa war schon seit der Oktoberrevolution von 1917 die Ausdehnung der Sowjetunion bis zum Atlantik, das heißt die Unterwerfung Europas unter das Diktat Moskaus. Solange die sowjetische Strategie weiter ungehindert fortschreitet, ist die Verschmelzung der EU mit Russland zu einer Eurasischen Sowjetunion daher nur eine Frage der Zeit. Mit »seiner« paneuropäischen Idee nahm Coudenhove-Kalergi damals lediglich die Parole der »Vereinigten Staaten von Europa« auf, die Trotzki schon im Jahr 1923 formuliert hatte und die nach Trotzkis Ansicht ausdrücklich »auf derselben historischen Ebene« stünde wie auch die Parole »Arbeiter- und Bauernregierung«.[v] Während der 1961 in die USA übergelaufene KGB-Major Anatoliy Golitsyn die mit der Perestroika verbundene sozialdemokratische Phase der kommunistischen Übernahme Europas zutreffend vorweggenommen hat, erweiterte der sieben Jahre später, also im Jahr 1968, geflohene tschechoslowakische General Jan Sejna dieses Bild um ein weiteres Element. Sejna berichtete, dass die sowjetische Übernahme eines vereinten Europas und seine Loslösung von den USA durch die Ausnutzung sogenannter »nationalistischer, bourgeoiser Vorurteile« erfolgen sollte und, dass die Sowjets zu diesem Zweck ausdrücklich einen »neuen Nationalismus« in Europa schüren wollten.[xxii]

Ganz im Sinne der kommunistischen Dialektik lag diesem Plan offenbar die Überlegung zugrunde, dass die politische Linke nicht dauerhaft an die Macht gelangen und die Gesellschaft in den Sozialismus überführen könne, ohne eine authentische Gegenreaktion konservativer und rechter Kräfte auszulösen. Wie Sejna berichtete, rechneten die sowjetischen Strategen sogar mit einer Art von Militärputsch.[xxiii] Es ist nachvollziehbar, dass Moskau dem Aufkommen einer authentischen rechten Opposition gegen das sozialistische Vereinte Europa schon frühzeitig durch die Unterwanderung und Instrumentalisierung rechter Parteien und Organisationen zu begegnen versuchte. Die aktuell europaweit zu beobachtende Orientierung pseudorechter Parteien nach Russland steht zweifellos damit im Zusammenhang und es liegt auf der Hand, dass Moskau den lange erwarteten Rechtsrutsch deshalb aktiv schürt, um ihn kontrollierbar zu halten und ihn unter die Führung seiner pseudorechten Agenten zu bekommen.

Entscheidend ist, wie Sejna das weitere Vorgehen Moskaus beschrieb, falls es tatsächlich zu einem solchen Rechtsrutsch in Verbindung mit einem Ende der NATO kommen würde: »In diesem Fall beabsichtigte der Kreml ein solches Ereignis vor der Öffentlichkeit als Bedrohung für die Sicherheit Osteuropas darzustellen und mit einem Militäreinsatz zu drohen. Und dies wäre keine leere Drohung. Die Russen waren tatsächlich bereit, einen Krieg gegen Deutschland anzufangen um eine sozialistische Regierung zu erhalten.«[xxiv] Deutliche Parallelen zur heuchlerischen Haltung des Kreml gegenüber der Ukraine sind offensichtlich, denn einerseits gibt sich das aktuelle russische Regime als Bündnispartner europäischer Rechter aus, andererseits stellt es die legitime, nationalkonservative Bewegung in der Ukraine als »gefährliche Faschisten« dar und bekämpft diese mit militärischen Mitteln. Die Anhänger dieser pseudorechten Parteien sollten sich also im Klaren sein, dass sie durch ihre Befürwortung eines europäisch-russisches Bündnisses bzw. einer »Eurasischen Union« anstelle der NATO nicht nur dabei helfen, die geostrategischen Ziele Trotzkis zu realisieren, sondern buchstäblich Selbstmord begehen.

Es ist allerhöchste Zeit, zu durchschauen, dass es in all den Auseinandersetzungen der letzten Jahre – vom Disput über die Osterweiterung der NATO bis hin zu einer von Russland angeführten Revolution, dem sogenannten »russischen Frühling« in Europa, zu der diverse pseudorechte Agitatoren bereits aufrufen und die möglichweise sogar bereits begonnen hat – tatsächlich nur um eines geht, nämlich darum, Europa politisch von Amerika loszulösen und den gesamten Kontinent dem Diktat der Sowjets zu unterwerfen. Es gilt zu erkennen, dass Moskau keineswegs die Osterweiterung von EU oder NATO an sich ablehnt, sondern es geht in Wirklichkeit ausschließlich um den amerikanischen Einfluss in diesen Organisationen bzw. um ihre westliche Ausrichtung. Würden die USA aus der NATO austreten, dann würde Russland – wie mehrere sowjetrussische Funktionäre bereits angedeutet haben – nicht zögern, der NATO beizutreten und das Bündnis dadurch in ein sogenanntes »kollektives europäisches Sicherheitssystem« bzw. in eine Art neuen Warschauer Pakt umwandeln.[xxv]

[i] Praktischer Idealismus S.51f / S.138ff
[ii] Praktischer Idealismus S.51f / S.138ff
[iii] Praktischer Idealismus S.138ff
[iv] Praktischer Idealismus S.125
[v] Leo Trotzki – Über die Aktualität der Parole »Vereinigte Staaten von Europa« (30.6.1923)
[vi] Leo Trotzki – Über die Aktualität der Parole »Vereinigte Staaten von Europa« (30.6.1923)
[vii] Leo Trotzki – Über die Aktualität der Parole »Vereinigte Staaten von Europa« (30.6.1923)
[viii] Leo Trotzki – Über die Aktualität der Parole »Vereinigte Staaten von Europa« (30.6.1923)
[ix] Leo Trotzki – Über die Aktualität der Parole »Vereinigte Staaten von Europa« (30.6.1923)
[x] Leo Trotzki – Über die Aktualität der Parole »Vereinigte Staaten von Europa« (30.6.1923)
[xi] New Lies For Old S.349
[xii] EU Collective S.72
[xiii] Großbaustelle Europa S.107ff
[xiv] New Lies For Old S.341f
[xv] New Lies For Old S.341f
[xvi] We will bury you S.116
[xvii] EUSSR S.22ff
[xviii] Meine Vision, zweite Auflage S.104f
[xix] Meine Vision, zweite Auflage S.104f
[xx] Großbaustelle Europa S.85ff
[xxi] Großbaustelle Europa S.85ff
[xxii] We will bury you S.154f
[xxiii] We will bury you S.118
[xxiv] We will bury you S.118 / vgl. S.116
[xxv] vgl. EU Collective S.13

AlexBenesch
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