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Ideologie reicht nicht für das hochempfindliche Endziel Freiheit

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Kommentar

Die Maximierung der individuellen Freiheit und gleichzeitig der Sicherheit ist so ziemlich das schwierigste vorstellbare Endziel überhaupt. Es erfordert absurd hohe Anstrengungen auf einem weltweiten Maßstab und fast unmögliche Gratwanderungen, die noch größtenteils ungetestet sind.

Wer glaubt, dass dies mit Youtube, Mises und Bitcoin zu machen ist, der täuscht sich schwer. Auch die ideologische Übertreibung hin zum libertären Anarchismus und das Konstruieren von Luftschlössern einer idealisierten Privatrechtsgesellschaft bringen so gut wie nichts. Die Welt-Imperien lachen sich ins Fäustchen, wenn Liberale nicht nach der Macht greifen, sondern ihre Hayek-Gesprächskreise führen und Memes auf Facebook teilen.

Der Liberalismus liefert nur einzelne Puzzleteile für eine Wissenschaft der Freiheit, die noch gar nicht wirklich existiert. Liberale sagten zu mir in Debatten, sie bräuchten überhaupt nichts verstehen von militärischen Angelegenheiten, denn ihre einfachen Dogmen und Luftschlösser und Überredungskünste seien genug. Es ist aber bei weitem nicht genug. Liberale zeigten auch schon Bewunderung für Gangs wie die Hell’s Angels, weil jene nach ihren eigenen Regeln leben würden. Anscheinend verstehen solche Liberalen auch nichts von Kriminologie.

Ohne zielgerichtetes Wissen über Militär, Geheimdienste, Kriminologie, Geschichte und andere Gebiete ist Freiheit nie und nimmer machbar. Mit ideologischen Argumentationstricks kann jemand vielleicht im Internet auftrumpfen, aber letztendlich führt kein Weg daran vorbei, dass anständige Menschen mit einem breit aufgestellten Plan nach der Macht greifen und Menschen führen, ohne dabei in Psychopathie und Verbrechen abzudriften.

Zu mir sagten libertäre Anarchisten, sie würden sich notfalls 1000 Jahre Zeit lassen, um ihre Ziele zu verwirklichen mit den „gewaltfreien“ Mitteln der Überredung, aber sie wissen ganz genau, dass die Zeit davonläuft und die „Technologien der Tyrannei“ dem Liberalismus 100 Jahre voraus sind. Es gibt immer neue Waffen, billigste Überwachungsmethoden und automatisierte Berechnungen, wie die Menschen funktionieren und wie sie sich verhalten werden. Die Leute verhalten sich ausgesprochen blöd; viel blöder als sie eigentlich sind. Sie lieben es, angelogen zu werden, falsche Versprechungen zu glauben, den falschen Anführern hinterherzurennen und die Freiheit zu zertrümmern. Jahrtausende an Unterdrückung haben kritisches Denken verhindert und insgeheim weiß sogar jeder Hoppe-Anhänger und jeder Molyneux-Anhänger, dass man nie und nimmer so lange warten darf, bis der Gegner seinen lange vorbereiteten Generalangriff startet.

Zu viele Liberale huldigen immer noch Oligarchen und Konzernen, ohne diese zu verstehen. Das angloamerikanische Empire arbeitet seit Jahrhunderten mit Strohmännern und Geheimdiensten. Es gab noch nie einen Kapitalismus, der nicht vom Empire zum Großteil gesteuert wurde. Die Vorbilder für Ayn Rands Romanfiguren waren nichts anderes als Gauner einer weltumspannenden Mafia, die gleichzeitig den Sozialismus geschaffen hatte um die Menschen zu kontrollieren und zu beschäftigen.

Liberale wissen letztendlich doch, wie der Hase läuft und dass Kompromisse für das Überleben notwendig sind, aber sie waren immer wieder faule Kompromisse eingegangen mit rechten Diktaturen, in der Absicht, den roten Sozialismus zu bekämpfen. Heute solidarisieren sich einige der prominentesten Liberalen ausgerechnet mit Trump und Putin.

Die Elite hielt den Liberalismus getrennt von anderen Wissenschaftszweigen, sodass seit Hayek und Mises kein großer Fortschritt mehr erzielt wurde. Man sponserte die Verbreitung von Unfug wie die Romane von Ayn Rand. Der Trend in den letzten Jahren war der libertäre Anarchismus, dann wurden sehr viele Libertäre aber geködert von den neurechten Zirkeln mit den Führungsfiguren Putin und Trump. Es ist falsch verstandener Autoritarismus.

Libertäre pflegen auch noch zu oft einen falsch verstandenen Pazifismus: Der amerikanische Ostblock-Versteher Ron Paul befürwortete die außenpolitischen Positionen der Kandidatin der Green Party, Jill Stein. Wählen würde er sie aber auch nicht. Was sind denn die außenpolitischen Positionen dieser Dame? Jill Stein will ernsthaft das US-Militärbudget um 50% reduzieren, alle Militärbasen im Ausland schließen. Sie verbreitet die Einkreisungslüge der russischen Propaganda, redet davon dass die Ukraine „den Russen“ gehört, sie traf den russischen Präsidenten Putin in Moskau 2015 bei der 10-Jahres-Feier des Propagandasenders RT, sie will die Anrainerstaaten des südchinesischen Meeres im Stich lassen und praktisch China einfach gewähren lassen usw.

Es überrascht nicht, dass Ron Paul sich außenpolitisch mit ihr überschneidet, denn er verbreitet unter dem Vorwand libertärer Argumente russische Propaganda, wo er nur kann und befürwortet auch mehr Handel mit dem kommunistischen China, welches Sklavenarbeiter ausbeutet. Schon das große Vorbild der Libertären Murray Rothbard war ein unsäglicher Schönredner der Sowjetunion gewesen.

Verschiedene Formen des Libertarismus, insbesondere der fanatische Anarchokapitalismus werden leider betrachtet als Einheits-Universal-Theorie, der alles andere untergeordnet wird.

Inzwischen haben sich einige große Anführer der Anarchokapitalisten-Bewegung wieder mehr erwärmt für den Nationalstaat, das Volk und die staatliche Begrenzung von Migration, ohne dabei jedoch ihre ideologischen Glaubensüberzeugungen wirklich aufzugeben. Stefan Molyneux machte ein positives Video über Donald Trump, obwohl doch Molyneux seinen treuesten Anhängern immer wieder eingedrillt hat, sie müssten ihre Freunde und Familienmitglieder verstoßen, wenn diese nicht die Lehren von Molyneux akzeptieren. Der Chef-Guru allerdings nimmt sich das Sonderrecht heraus, sich individuell für einen Kompromiss zu entscheiden, der seiner eigenen Lehre völlig widerspricht. Deutsche Anhänger von ihm sind so tief im Kultdenken, dass sie selbst dann nicht zur Wahl gehen würden, wenn sie mit ihrer Stimme einen Diktator verhindern könnten. So kategorisch ist die Ablehnung von Politik und Staat. Aber jetzt macht der Guru Stefan Molyneux Videos, die sehr freundlich und diplomatisch gegenüber Donald Trump sind.

Vor der Flüchtlingskrise und dem Erstarken der konservativen Politik wurde eines meiner wichtigsten Argumente gegen den Anarchokapitalismus ignoriert. Ich habe argumentiert, dass wenn man den Nationalstaat aufweicht und fremde Rechtsnormen zulässt, die Feinde der Freiheit dies eiskalt und gezielt ausnutzen würden. Die Anarchos wollten das nicht hören. Stellen wir uns zur Veranschaulichung vor, die Kommunisten in Deutschland hätten das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern unter ihre Kontrolle gebracht. Stellen wir uns vor, dass nach dem Ende der DDR sich die Großmächte darauf geeinigt hätten, den Kommunisten wenigstens dieses eine Bundesland zu überlassen. Einige Bürger wären freiwillig von dort ausgewandert, einige andere wären freiwillig dorthin eingewandert. Deutsche hätten sich also demnach entscheiden können, ob sie in einer kommunistischen Rechtsordnung leben wollen. Bei Nichtgefallen bliebe die Möglichkeit, Mecklenburg-Vorpommern wieder zu verlassen. Dies entspräche den Vorstellungen der Anarchokapitalisten. Alles schön freiwillig.

Stellen wir uns als nächstes vor, dass die kommunistische Regierung in Mecklenburg-Vorpommern beginnt, massenhaft Flüchtlinge und Migranten aus Nordafrika und dem mittleren Osten aufzunehmen. Erst hunderttausende, dann Millionen. Das nötige Geld, um das zu bewältigen, kommt von freundlich gesinnten Bruderstaaten wie China. Zu den hunderttausenden muslimischen Migranten gesellen sich immer mehr chinesische Migranten. Ein Millionenheer an chinesischen „Gastarbeitern“ und Soldaten. Inzwischen hat man in Mecklenburg-Vorpommern eine Streitmacht von mehreren Millionen Soldaten etabliert und schwere Waffen und Verteidigungssysteme installiert. Ein absolutes Desaster für die Bundesrepublik. Fremde hätten die Gelegenheit genutzt, einen Brückenkopf für eine Invasion vor unserer Haustüre zu errichten. Dieses Gedankenspiel lässt sich auch durchexerzieren mit „Investoren“ aus China oder Russland, die sich in Mecklenburg-Vorpommern einfach an der Küste genügend Grund und Boden kaufen, um eine geplante Invasion vorbereiten zu können.

Man kann nur ernsthaft über die konkreten Handlungsideen und unmittelbaren Strategien einer ideologischen Gruppe diskutieren; man kann hingegen nicht ernsthaft diskutieren über ein perfektes Fantasie-Luftschloss, in dem alles wunderbar funktioniert und alle Zahnräder ineinander greifen. Die Anarchos verwenden wissentlich oder unwissentlich den unlauteren Trick, blitzschnell zwischen diesen beiden Sachen hin- und herzuwechseln in einer Debatte. Als Totschlagargument sagen die Anarchos einfach: In der Privatrechtsgesellschaft wäre dies und jenes kein Problem, weil das System so perfekt ist, dass die Probleme gelöst werden können.

Genauso benutzen Islamisten das Totschlagargument, dass in einer perfekten Scharia-Gesellschaft nach ihrer Vorstellung alles wunderbar laufen würde und dieses und jenes Problem mit Leichtigkeit gelöst werden könne. Scientology-Anhänger argumentieren, dass in einer perfekt funktionierenden Scientology-Gesellschaft alle Probleme gelöst werden können. Das sind aber keine echten Argumente.

Genauso wenig handelt es sich bei einfachen Dogmen wie dem Nichtaggressionsprinzip (niemand darf zu etwas gezwungen werden) um Argumente, sondern nur um fromme Wünsche und die Behauptung einer moralischen Überlegenheit.

Solange die Anarchos versuchen zu erklären, wie sie jetzt in der wirklichen Welt konkret vorgehen wollen, um ihre Ziele zu erreichen, wirken sie völlig schwach und man kann sie ohne Mühe widerlegen. Die Anarchos sagen, sie wollen ganz ohne Politik auskommen, selbst wenn es tausend Jahre dauern sollte, um zu bekommen was sie wollen; sie werden niemals ihre Grundüberzeugungen verraten. Und das ist völliger Blödsinn. Dann wollen sie Kommunen schaffen, die sie größenteils autonom und anarchokapitalistisch verwalten. Auch das klappt nicht. Mehrere Anarcho-Kommunen sind geplatzt, weil die Organisatoren nichts taugten, Liberland ist nur eine lächerliche Idee und nichts weiter, und außerdem ist praktisch jeder Quadratmeter der Welt unter staatlicher Kontrolle. Kommunen haben keine realistische Chance, um der staatlichen Realität zu entfliehen. Manche komplett irren Anarchos wollen Gewalt und Bürgerkrieg, aber dafür sind sie viel zuwenig Leute und haben zuwenig Erfahrung mit sowas. Dann wollen Anarchos Propaganda benutzen, also das Überreden von Leuten. Die Anarchos können aber höchstens Leute auf ihre Seite ziehen, die zuvor gemäßigte Libertäre waren oder einfach ungefestigte Leichtgläubige oder frustrierte Linke, die mal etwas Neues probieren wollen. Stefan Molyneux predigte, Freunde und Familien zu verstoßen. Mit solche einem Unfug werden die Ultralibertären keinen Blumentopf gewinnen. Dann schlagen die Anarchos vor, man müsse parallele Rechtsnormen zulassen und private Polizei. Also in Deutschland könnten dann Muslime verschiedene Scharia-Versionen praktizieren, Kommunisten und Nazis würden ihre Rechtsnormen praktizieren usw. Jeder würde Polizei und Justiz spielen. Völliger Unsinn. Die Anarchos behaupten zwar, dass sich die allermeisten Menschen für ein einheitliches rechtliches System entscheiden würden, um leichter miteinander zu handeln, aber das ist eine Wunschvorstellung. Wir Deutschen handeln ja auch mit islamischen Diktaturen da draußen, ohne dass die Diktaturen sich dabei auf unsere breiteren Rechtsnormen einlassen. Man kann nicht mehr erwarten oder erhoffen, als dass man für sein Geld die bestellte Ware bekommt. Aber das ändert nichts daran, dass die Muslime da drüben immer noch Folter und Scharia usw. unterworfen sind.

Dann, wenn man anfängt, schrittweise Justiz und Polizei im großen Stil zu privatisieren, dann holen sich die Großinvestoren den ganzen Markt, bilden Kartelle und das war es dann mit dem Rechtsstaat. Der Bürger hat dann die Auswahl aus überteuerten, schlechten Konzernen. Die dominierenden Konzerne hätten dann einen ähnlichen Stellenwert wie die großen politischen Parteien heute. Jeder Konzern hätte ein anderes Image und mit deinem Geldbeutel wählst du deinen Favoriten.

Dann das Thema Landesverteidigung: Darf jetzt jeder Bürger auf seinem Grundstück biologische Waffen herstellen? Darf jetzt jede zwielichtige Gruppe Kasernen bauen und hunderttausende Soldaten ausbilden? Die ganzen konkreten Handlungsideen der Anarchokapitalisten lassen sich spielend leicht widerlegen, aber die Anarchos benutzen deshalb den Trick, blitzschnell das Thema zu wechseln und ihr Lieblings-Luftschloss und Totschlagargument zu benutzen. Anstatt weiter ihre konkreten Handlungsideen zu diskutieren, diskutieren sie plötzlich ihre perfekte Fantasievorstellung einer fix- und fertigen Privatrechtsgesellschaft, wo jedes Problem zügig und zufriedenstellend gelöst werden kann. Feindselige Gruppen wären kein Problem, weil ja jeder Bürger eine Schrotflinte unter de Bett hätte. Auch Massenvernichtungswaffen wären ahngeblich kein Problem, weil es in der PRG ja riesige Sicherheitsfirmen gäbe, die solche Angreifer total plattmachen könnten. Nein, diese Sicherheitsfirmen wären keine Bedrohung, heißt es, weil ja jeder Kunde immerzu entscheiden könnte, zur Konkurrenz zu gehen. Nein, die Leute würden sich bestimmt nicht entscheiden für extremistische Rechtsnormen, stattdessen würden sich garantiert die allermeisten entscheiden für eine brave einheitliche Rechtsnorm. Alles würde einfacher werden. Die Bürger denken ja angeblich logisch und wissen, was gut für sie ist und wenn sie sich für etwas falsches entscheiden, dann lernen sie aufmerksam aus ihren Fehlern. Das Gegenteil ist aber der Fall. Die Bürger denken nicht logisch, sie wissen nicht, was gut für sie ist und wollen nichts aus ihren Fehlern lernen.

 

AlexBenesch
AlexBenesch
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