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Warum Liberalismus nur ohne Kult-Denken funktionieren kann

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Kommentar

Der klassische Liberalismus ist deshalb attraktiv, weil er kein Kult-Denken beinhaltet. Er macht keine utopischen Verheißungen wie der Kommunismus, er beinhaltet keinen Kontrollwahn, er hat keine Gurus, keine messianischen Führer, keine Vernichtungsabsichten. Kurz: Dem klassischen Liberalismus fehlen die narzisstischen, psychopathischen und paranoiden Züge.

Dummerweise brachten diverse Individuen wieder Kult-Elemente in den Liberalismus hinein und sabotierten ihn damit gründlich. Ayn Rand ließ sich in ihrer eigenen Sekte praktisch anbeten und präsentierte ihre dünne, zusammenkopierte Philosophie namens „Objektivismus“ als größten Durchbruch der Menschheit. Ihr Bestseller-Roman „Atlas Shrugged“ ist eine narzisstische Rachefantasie, in der eine Kaste an empathielosen, blutleeren Übermenschen mit dem Messias John Galt eine Elite-Community hochzieht und genüsslich zusieht, wie der Rest der Menschen gnadenlos untergeht. Zwar gelang es mit dem Roman, einige libertäre Grundüberzeugungen zu verbreiten, allerdings waren diese Überzeugungen auch gemischt mit Irrsinn und der Verherrlichung von Clans wie den Rockefellers, Harrimans und den Vanderbilts. Dies führte dazu, dass die Grundüberzeugungen auf viele Menschen unattraktiv wirkten. Diejenigen, die sowieso schon zum liberalen und marktwirtschaftlich gesinnten Klientel zählen, klatschen, während extrem viele Menschen abgestoßen werden, weil sie sich nur mit den Untermenschen in Rands Buch assoziieren können. So bleibt der Liberalismus eine Nische, etwas mit ein paar Prozent Potential in der Bevölkerung. So kann der Liberalismus nicht konkurrieren mit anderen Ideologien.

Murray Rothbard mischte hervorragende Gedanken und Konzepte von Freiheit mit haarsträubenden, absurden Ideen zur internationalen Politik. Seine Stalin-Apologetik hätte genausogut von der kommunistischen Partei kommen können. Außerdem popularisierte er den Kult des Anarchokapitalismus und spaltete damit die Nische Liberalismus zusätzlich auf, sorgte für unsinnige künstliche Mauern.

Moderne Gurus wie Stefan Molyneux behaupten von sich in vollem Ernst, Philosophenkönige von größter historischer Bedeutung zu sein, obwohl sie nur alte Konzepte neu aufwärmen. Gerade Stefan propagiert eine Schwarz-Weiß-Kult-Mentalität und hetzt seine Anhänger auf gegen die eigenen Eltern und gegen jeden, der sich nicht von der Frohbotschaft bekehren lassen will. International anerkannte Kult-Experten haben sich zu Stefan entsprechend geäußert.

Wer sich in den Anarchokapitalismus vertieft, wird enstprechend gedrillt mit zirkulärer Logik und den immer gleichen Reflexen. Damit meinen die Anhänger, jede Diskussion gewinnen zu können, wobei sie in Wirklichkeit billige Tricks verwenden, wie etwa das Rückwärts-Argumentieren, ausgehend von einem perfekten Fantasie-Luftschloss namens Privatrechtsgesellschaft. Egal welchen Einwand man gegen die Dogmen der Anarchisten erhebt, die Antwort lautet meist, dass in der Privatrechtsgesellschaft alles wunderbar funktionieren würde.

Auch Kommunisten bedienen sich dieses Tricks, indem sie rückwärts argumentieren, ausgehend von dem Fantasie-Luftschloss der perfekten kommunistischen Gesellschaft. Libertäre wie Roland Baader haben treffsicher erkannt, dass der Sozialismus ein geschlossenes Denksystem ist mit zirkulärer Logik und ähnlichen Denkmustern, ein krankhaftes Überzeugungssystem dessen Mitglieder kaum noch zugänglich sind und die Realität leugnen. Es ist höchste Zeit, sich auch kritisch mit Kultdenken in der libertären Sphäre auseinanderzusetzen.

Freiheit ist sehr fragil und auf der Welt gibt es nirgendwo richtige Freiheit. Daher ist Realpolitik und Kompromissbereitschaft absolut essentiell. Es kann nicht sein, dass man im Zuge des Dogmas perfekter Moralansprüche („niemand darf jemals zu irgendetwas gezwungen werden“) jedem Freiheitsfeind erlauben will, freiheitsfeindliche Strukturen zu etablieren und zu stärken. Eine Nische wie der Liberalismus wird bei Schwächung der Landesgrenzen, einer Aufweichung einer verfassungsmäßigen Grundordnung und bei der zunehmenden Erlaubnis fremder Rechtsnormen früher oder später aussterben, ins Nichts marginalisiert oder ohne Umschweife ausgelöscht. Die tollen gigantischen Sicherheitskonzerne, von denen die Anarchisten träumen, existieren nicht und je mehr Freiraum man den Freiheitsfeinden gibt, umso weniger wahrscheinlich wird die Etablierung von konkurrenzfähigen „libertären“ militärischen Kapazitäten, die tatsächlich für gute Zwecke verwendet werden.

Mit dem Dogma perfekter Moral, mit der dogmatischen Weigerung, Menschen zur Akzeptanz grundlegendster Rechtsnormen zu zwingen, schaufeln sich Anarchisten ihr Grab. Die Flüchtlingswelle von 2015 sorgte für ein Revival konservativer, republikanischer Überzeugungen wie Landesgrenzen und einen klaren Verfassungsrahmen. Die Anarchisten verlieren gewaltig an Popularität und können auch nicht mehr viel retten durch ideologische Erklärungen, die sich auf die Anreize der europäischen Sozialstaatssysteme konzentrieren. Eines meiner Kernargumente gegen den Anarchismus lautete, dass jedwede Aufweichung der Landesgrenzen und der Verfassungsordnung auf beispielsweise deutschem Boden verheerend wäre. Auch ohne Migrationsanreize wie Sozialleistungen wäre es hoch gefährlich, wenn nationale oder ausländische Investoren Grund und Boden kaufen und auf diesem Boden dann Ausländer ansiedeln und eigene Rechtsnormen praktizieren dürften. Auf diese Weise graben sich Freiheitsfeinde ein, nutzen ihre Freiräume eiskalt aus um sich gegen andere und gegen die Freiheit allgemein zu verschwören.

Vor den großen Flüchtlingsmassen wollten Anarchisten meine Einwände nicht hören und meinten, ich würde Angst vor Fremden schüren.

Jetzt werden Deutsche die Idee erst recht ablehnen, dass jeder Hinz und Kunz deutschen Boden erwerben, Ausländer ansiedeln und eigene Rechtsnormen dort praktizieren dürfe. Der Anarchismus ist eine Randgruppe innerhalb einer Randgruppe und ich bin gespannt, wievielen Vertretern jetzt die Felle davonschwimmen.

AlexBenesch
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