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Russland kämpft hauptsächlich um die Rüstungsindustrie in der Ukraine

Datum:

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Alexander Benesch

Moskau interessiert sich einen feuchten Kehricht um das Wohl der russischsprachigen Bevölkerung in der östlichen und südlichen Ukraine, genauso wie man sich nicht schert um das Wohl der Russen in Russland. Vielmehr geht es um das Wohl der Rüstungsindustrie.

Die Hälfte des russischen Atomwaffenarsenals ist abhängig von Leitsystemen, die von Firmen in der Ukraine hergestellt und gewartet werden. Russische Kampfhelikopter, Kriegsschiffe und Kampfbomber verwenden Motoren aus der Ukraine. Die beste Luft-Luft-Rakete der Russen verwendet ukrainische Leitsystem-Technik.

Russland hatte zwar wegen dem Ukraine-Konflikt übereilt Maßnahmen ergriffen, um die Produktionsausfälle auszugleichen, Experten gehen jedoch davon aus dass es Jahre dauern und mehrere tausend Milliarden Dollar kosten würde, die ukrainische Produktion zu ersetzen. Würde Russland eine Invasion der Ukraine starten, bestünde die Gefahr dass die ukrainischen Streitkräfte auf dem Rückzug die wichtigen Produktionsstätten vernichten.

Die leeren LKWs

Erinnern wir uns an die fast 300 weißen russischen Lastwagen die „humanitäre Güter“ in das Krisengebiet transportieren sollten. Befürchtungen, dass es sich um getarnte Waffenlieferungen an die Separatisten handelt, zerschlugen sich schnell bei der Inspektion. Der Anblick war gähnende Leere, meist nur eine einzige einsame Palette pro Fahrzeug. Offensichtlich kam man nicht um sonderlich viel zu bringen, sondern um etwas zu holen, nämlich den Inhalt einer wichtigen Fabrik.

Die schweizer Presse berichtete:

So fliegen alle russischen Kampfhubschrauber mit Triebwerken von Motor Sitsch aus Saporischschia [Ukraine].

In den nächsten Jahren sollen 1000 neue Kampfhubschrauber angeschafft werden, inklusive Ersatzmotoren. Russland selbst kann nicht einmal 50 Triebwerke selbst bauen, deshalb sollte der Rest eigentlich aus ukrainischen Werken kommen. Genauso drehte sich die illegale Besetzung der Krim nicht um den Schutz der dortigen Bevölkerung vor eingebildeten Faschistenhorden aus Kiew, sondern um die Wartungsanlagen für russische Kampfbomber und Hubschrauber. Der frühere Rüstungschef der Russen meinte 2013:

Wenn die Ukraine morgen die Grenze schliesst, dann steht unsere Luftwaffe am Boden.» Selbst die Fliegerstaffel des russischen Präsidenten ist auf ukrainische Rüstungsunternehmen angewiesen.

Bei der Marine läuft es ähnlich, die neuen Uboote und Kriegsschiffe können nicht fertig gebaut werden ohne die Werften in Sewastopol. Nicht einmal der Konzern Gazprom kann ohne die Ukraine ohne Weiteres Pipelines bauen, wegen den Gasturbinen.

Wenn die Vereinigten Staaten von Amerika wieder einmal eine Militäraktion durchführen, vermutet die Welt berechtigterweise reine Machtinteressen, wie etwa Rohstoffe oder Standorte wichtiger Militärbasen. Wenn Russland die Ukraine überfällt, glaubt ein großer Teil der Weltöffentlichkeit allerdings die russische Propaganda über die „Soveränität“ der Krim oder der Ostukraine. Märchen über 700.000 Flüchtlinge die sich vor nicht existenten Faschistenhorden nach Russland flüchteten.

Stupide Strategie

Was hat sich Moskau dabei gedacht, das Rückgrat seiner Rüstungsindustrie in der Ukaine ausgelagert zu lassen? Es ist die gleiche Arroganz, mit der das gierige russische System Innovation und Wohlstand in der breiten Bevölkerung sabotiert.

Die Ukraine ist seit der Wende zerrissen und die Bevölkerung ist Russland nach Jahrzehnten des Sowjet-Terrors nicht gerade wohlgesonnen. Der Westen half sogar Russland lange Zeit großzügigst mit Krediten, Industriegütern und sogar wichtigen Rüstungsgütern. Nun ist die Schonzeit vorbei und Moskau hat nicht nur den Zugangzu Westmärkten verloren, sondern auch noch das Herz seiner Militärproduktion.

Wie geht es weiter? Putins Gang wird in den sauren Apfel beißen und die Produktion umlagern müssen. Vielleicht lassen sich einzelne Anlagen aus der Ukraine holen. Vielleicht gibt es eine diplomatische Lösung, mit der Russland die Kontrolle über den Osten und den Süden der Ukraine erhält. Vielleicht wagt Putin auch einfach die Komplett-Invasion und riskiert, dass die ukrainische Armee beim Rückzug die Fabriken zerstört, um nach dem Fiasko nicht mit leeren Händen dazustehen. Wie dem auch sei, der Westen hat finanziell den längeren Atem, auch wenn die westliche Wirtschaft in der Dauerkrise steckt. Das unheilvolle West-Establishment verfügt über genügend Ressourcen, um den Wirtschaftsmotor und damit auch die Rüstung jederzeit wieder anwerfen zu können. In Russland jedoch wird die Zahl der Milliardäre wohl erheblich abnehmen, viele Luxus-Häuser und Yachten verkauft werden. Die Party ist vorbei. Man muss bald die Planwirtschaft wieder einführen und die Grenzen dichtmachen wie in alten Zeiten. Denn zu viele Russen wollen einfach nur weg.

Bis vor kurzem noch hochgepäppelt

2011 erhielt der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall einen Vertrag im Umfang von 140 Millionen $ um ein Gefechtsübungszentrum im südwestlichen Russland in Mulino zu bauen, das 30.000 Soldaten pro Jahr ausbilden kann. Es handle sich um eine Quasi-Kopie des Gefechtsübungszentrum des deutschen Heeres in der Letzlinger Heide in Sachsen-Anhalt. In normalen Manövern werden Standard-Schussbahnen verwendet und hinterher Manöverkritik geübt. Viel besser ist dagegen die moderne Technik mit der unter realistischen Bedingungen mit Laserwaffen gekämpf wird und die Software alles aufzeichnet, sogar den simulierten Verletzungsgrad von Panzerbesatzungen. Auf diese Weise lassen sich Streutkräfte optimieren. Das Trainingszentrum im russischen Mulino verfügt sogar über einen virtuellen Panzer, so spart man gleich noch Geld in der Ausbildung.

Amerikanische Funktionäre mutmaßen, dass die Deutschen allerdings schon seit Jahren russische Truppen ausbilden. Der Forschungsdienst des US-Kongresses berichtete dass Rheinmetalls Partner der staatliche russische Konzern Oboronservis war. Aus Deutschland kamen Simulations-, Kommunikations-, Video- und Datenverarbeitungssysteme. Rheinmetall erhoffte sich nach dem Bau dieses weltweit besten Ausbildungszentrums weitere Aufträge zur Modernisierung der russischen Armee. Das Projekt wurde schließlich auf politischen Druck nach der Krim-Krise eingestellt, jedoch war das meiste bereits ausgeliefert und fertiggestellt.

Amerikanische Geheimdienstler und Funktionäre im Pentagon seien laut einem Bericht in The Daily Beast „angepisst“. Es wird vermutet, dass die Deutschen auch die russischen Spezialkräfte Spetsnaz ausgebildet hätten. Rheinmetall kommenrierte nicht.

Auch andere EU-Länder drängten sich um den russischen Absatzmarkt: Transportflugzeuge aus Tschechien, Panzerfahrzeuge aus Italien, Wärmebildkameras für Panzer aus Frankreich. Renault Defence und Patria aus Finnland wollten gar mit den Russen zusammen Radpanzer bauen. Finnland ist eines der offensichtlichsten historischen Ziele russischer Expansionspläne.

Anfang Juli wurde bekannt, dass die meisten von Europas Top-Rüstungsexporteuren einen stillen Handelsstopp mit Russland implementiert hätten. Frankreich drückte schnell noch die Lieferung zweier supermoderner Mistral-Kriegsschiffe im Wert von 1,2 Milliarden Dollar nach Russland durch, bevor die EU ein offizielles, kollektives Embargo beschließen könnte.

Neben solchen klassischen Rüstungsobjekten gibt es noch den Markt für „Dual Use Items“, also Produkte die wichtig für die zivile Verwendung ist, aber auch für militärische Zwecke benutzt werden können. Der europäische Rüstungsgigant EADS stellt beispielsweise Komponenten für russische Spionagesatelliten her, eine US-Firma produziert Mikrochips für russiche Militärcomputer. Französische Firmen verkaufen wichtige Tiele füe russische Kampfbomber und Zielsystemtechnologie für russische Panzer und Bomber.

Während dem russisch-georgischen Krieg 2008 wurden russische Kräfte in Südossetien mit teuren Scharfschützengewehren der finnischen Firma Sako fotografiert, die als Jagdwaffen nach Russland verlauft worden waren.

AlexBenesch
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