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Wie sich vor 100 Jahren die Briten, Franzosen und Russen gegen Deutschland verbündeten

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Auszüge aus „Wer Hitler mächtig machte“ von Guido Preparata, Ökonom und Professor in den USA

Die plötzliche Machtentfaltung des Deutschen Reiches in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nötigte das britische Commonwealth dazu, ein weitreichendes Manöver gegen die kontinentale Landmasse der Welt zu lancieren. England schloss eine Tripelallianz mit Frankreich und Russland ab, die das Deutsche Reich einkreisen sollte (1907). Nach Ausbruch des Krieges wurde die Operation ausgeweitet, indem man den Beistand der Vereinigten Staaten in einer Phase gewann, als die russische Seite der Tripelallianz einzubrechen drohte (1917). Als sich im Osten eine gefährliche Lücke auftat, beeilte sich Großbritannien, sie dadurch zu schließen, dass man ein liberales Experiment unter einem Strohmann – ein Rechtsanwalt namens Kerenski – ermutigte. Es sollte schon nach wenigen Monaten scheitern.

Inzwischen griff man als mögliche Alternative auf revolutionäre Nihilisten, die sogenannten Bolschewiken, zurück. Man hegte dabei die Erwartung, dass sich aus diesem Zustrom ein despotisches Regime ergeben würde, deren Ausrichtung (materialistisch, antiklerikal und antifeudal) das polare Gegenteil derjenigen des Deutschen Reichs darstellte.

So unwahrscheinlich es auch erscheinen muss, aus dem nachnapoleonischen Morast war ein deutsches Reich aufgetaucht. Aus einer verstümmelten Konstellation streitsüchtiger Fürstentümer hatte sich schließlich eine Nation zusammengefunden. Sie war durch „Blut und Eisen“ um den militärischen Kern der streitsüchtigsten Provinz, des Königreichs Preußen, zusammengebacken worden.

Es war ein instabiles Konglomerat, eine Verbindung aus feudalem Hunger und enormen wissenschaftlichen Leistungen. Schließlich handelte es sich um die wunderliche Ehe zwischen der unbesiegbaren preußischen Armee und der besten Musik, Physik, Chemie, Volkswirtschaft, Historiographie, Philosophie und Philologie, die der Westen zu bieten hatte. Ein bemerkenswerter Anfang.

Anfangs hatte England der deutschen Politik kaum Aufmerksamkeit geschenkt, da es zu sehr von der französischen Konkurrenz in Sachen Kolonien und von dem „Great Game“ in Zentralasien, wo seine militärischen Kräfte gegen das zaristische Russland standen, in Anspruch genommen war.

Doch als die Charakteristik des Handels zwischen England und Deutschland sich unter Leitung des Meistertaktikers und Kanzler des Reiches, Otto Bismarcks, allmählich umkehrte, das heißt als Deutschland aufhörte, nur noch der Lieferant von Nahrungsmitteln für das Vereinigte Königreich und Empfänger seiner Industrieerzeugnisse zu sein, und stattdessen selbst zu einer wachsenden Industriemacht wurde, begannen das britische Außenministerium und die mitwirkenden Clubs über die Angelegenheit mit Besorgnis nachzudenken.

Wie zu erwarten, standen die Kosten für das Vordringen des deutschen Reiches in Afrika, am Pazifik und im fernen Osten in keinem Verhältnis zu zu den Gewinnen aus der Förderung von Rohstoffen und der Erzeugung von Nahrungsmitteln. Deutschland erwarb „Kolonialgebiete, die etwa viermal so groß waren wie es selbst.“ Den Deutschen fehlte die imperiale Dreistigkeit im Umgang mit den Eingeborenen, sie hatten nicht jene ruhige Kaltblütigkeit, mit der sich der britische Sahib im „einheimischen Geist“ der Menschen einnistet, um ihn fester im Griff zu haben.

Bismarck wurde ungeduldig, die Berliner Großbanken zeigten kein Interesse an diesen exotischen Experimenten, und inzwischen ärgerte sich das britische Reich zunehmend über das Vordringen der Deutschen an ihrer Peripherie. Die Briten fürchteten eine „Wachablösung“ zwischen England und Deutschland, etwas Ähnliches wie der Übergang vom spanischen zum britischen Reich im 17. Jahrhundert.

Trotz seiner Naivität in den Künsten imperialer Intrigen legte das deutsche Reich, wo immer es ging, Eisenbahnstrecken an – und zwar in avanciertester Technik – , baute ein beneidenswertes Netz von Handelsniederlassungen auf, führte tadellose Verwaltungen ein und hoffte schließlich, das alles mit der Ausbreitung seiner unübertroffenen Künste  und Wissenschaften zu krönen.

Obwohl politisch nicht so erfahren wie die Briten, war es doch ein Konkurrent von beunruhigender Brillianz. Die Deutschen einzudämmen, herauszufordern, und zu besiegen war keine leichte Aufgabe.

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Insgesamt bestand das Wesen all des endlosen diplomatischen Hin und Her in dem ungelösten politischen Minderwertigkeitskomplex der Deutschen gegenüber den Briten. Kaiser Wilhelm II., der Enkel Königin Victorias, Bismarck, Admiral Tirpitz, der künftige Vater der deutschen Reichsflotte, und eine Großzahl der deutschen Granden sprachen fließend Englisch und waren nach dem Vorbild des englischen Gentlemans erzogen worden. Die Anziehungskraft Englands, die Faszination seiner Machtausübung auf die Deutschen war stark. Doch war das Deutsche Reich insgesamt ein „ganz anderes“ Geschöpf.

Nach Bismarcks Entlassung kam mit Wilhelm II. der neue Kurs. Aber dieser „neue Kurs“ war eigentlich nur die Fortsetzung des alten. Er machte die frühere Ausrichtung nur noch deutlicher und legte sein verschwommenes, mittelfristiges Ziel offen dar: Kurz gesagt war das die Auseinandersetzung mit England – eine Auseinandersetzung die durch Flottengeplänkel, forsche Diplomatie und wirtschaftliceh sowie technologische Prahlerei gelöst werden sollte.

Es wurde viel Aufhebens um Wilhelms II. infantile Eskapaden und seine launische Oberflächlichkeit gemacht. Wie ein deutscher Historiker kürzlich beobachtete, war Wilhelm II. nicht der Schöpfer deutscher Hybris, sondern nur ihr auffälligster Vertreter. Im Inneren warnten natürlich die Kosmopoliten, Sozialisten und Liberalen, dass ein solcher Kurs eine Konfrontation mit England nach sich ziehen würde.

Das deutsche Vordringen in die Gewässer der Nordsee und von dort aus der vorhersehbare Ausgriff der neuen Flotte auf die Ozeane der Erde weckte, gelinde gesagt, in Großbritannien schwerwiegende Besorgnis. Diesmal war das deutsche Reich zu weit gegangen. Es war bis zu dem Werkzeug zur Handhabung der britischen Imperialpolitik selbst vorgedrungen, zur geheiligten königlichen Marine, Großbritanniens Hauptinstrument zur Eroberung der Welt seit den prophetischen elisabethanischen Tagen des John Dee, des Astrologen, Kartographen, Okkultisten und Geheimdienstchef der Königin.

Die Deutschen verstanden allmählich, dass sie, wenn es ihnen gelang, ihre Kontinentalmacht  – die sie leicht ausüben konnten, da die preußischen Divisionen im Herzen Euroipas die besten der Welt waren – mit einer mächtigen Flotte zu verbinden, ihre militärische force de frappe dann mit Sicherheit derjenigen Großbritanniens überlegen wäre. Damit rückte also sie Frage der Allianzen in den Vordergrund. Instinktiv wussten die Deutschen seit Bismarcks Zeit, das sie sich unmöglich in eine Falle zwischen den „hoffnungslosen“ Franzosen und den unschlüssigen Russen setzen durften.

Doch die plumpen antislawischen Intrigen des österreichischen Partners im Balkan waren ein Problem. Der deutsche Generalstab war sich dieses Problems bewusst, sie klagten „Wir sind an eine Leiche gefesselt.“ Die Deutschen glaubten, sie könnten die beträchtlichen militärischen Unzulänglichkeiten des Habsburgerreiches reichlich wettmachen.

Der Beweis dafür, dass die Zerstörung Deutschlands nach 1900 das Hauptziel Großbritanniens war, liefern die komplexen diplomatischen Aktivitäten, die England entfaltete, um den Weltkrieg auszulösen. In der Tat ist es eines der Grunddogmen des angloamerikanischen Geschichtskatechismus, dass Deutschland immer der unverbesserliche Aggressor gegen die Pax Britannica gewesen sei.

Die In Deutschland im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts vorherrschende Rhetorik von der Einkreisung  und der demzufolge populäre aufruf, einen „gerechten Verteidigungskrieg“ führen zu müssen, um diese „Einkreisung“ aufzubrechen, begleitet von der unverantwortlichen Großtuerei der militärisch-industriellen und imperialen Cliquen um Wilhelm II., sowie die trunkenen Ansprüche vieler Nationalisten auf „Deutschlands historische Mission“ und seine „Pflicht zum Kriegführen“ – all das wurde summarisch zusammengetragen als endgültige und schreienede Beweise der unbestreitbaren Schuld Deutschlands, den ersten Weltkrieg ausgelöst zu haben.

Eine längere Konfrontation mit der Welt hatte niemals die Vorstellung einer isolierten und wenig erfahrenen deutschen Regierung sein können. Deutschlands Ungebärdigkeit war kaum mehr als das Geschrei, mit dem es sich angesichts der eigenen Unsicherheit Mut machen wollte. Fünf Jahre nach ende des Ersten Weltkriegs führte US-Senator Robert Owen eine tiefschürfende Studie über die Ursprünge des Kriegs durch und legte am 18. Dezember 1923 seine Erkenntnisse dem amerikansichen Volk vor:

Weder die russische noch die französische Regierung glaubte wirklich, dass die deutsche Regierung einen Angriffskrieg gegen sie beabsichtigte. 1914 hatte Deutschland keinen Grund, einen Krieg anzufangen, beanspruchte keine Lände, hatte keine Rachegelüste und wusste, dass ein allgemeiner europäischer Krieg leicht seine Handelsmarine und seinen Handel zerstören könnte.

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Foto: Zar Nicholas II. von Russland

Auf diese Weise sind die Angloamerikaner immer vorgegangen: In Europa, indem sie alle gegen Deutschland aufgewiegelt haben (1904 – 1945); im nahen Osten, indem sie Israel mitten ins Herz der arabischen Welt gesetzt haben (1917 bis heute); im fernen Osten, indem sie China Dornen (Korea, Vietnam und Taiwan) in die Seite gedrückt haben (1950 bis heute); und in Zentralasien, indem sie mit Hilfe Pakistans die gesamte Region durch Stammeskriege destabilisiert haben um zu verhindern, dass die Küste der Kaspischen See in den russischen Einflussbereich kommt (1979 bis heute).

Wichtig ist, dass man bei derartigen Eroberungsversuchen niemals rasche Erfolge erwarten kann, sondern dass sich die Dinge Wochen, Monate, oder sogar Jahrzehnte hinziehen können. Imperiale Strategien sind langwierige Angelegenheiten.

Deutschland erwartete ein begrenztes Geplänkel, England die allumfassende Belagerung. 1898 begann das deutsche Reich ernsthaft, die kaiserliche Flotte auszubauen; 1906 besaß es die zweitgrößte Flotte der Welt. 1904 kamen sich Großbritannien und Frankreich diplomatisch näher, und zwar durch ein Geschäft oder die Entente cordiale, als die es bekannt wurde: Marokko ging an die Trikolore und Ägypten kam unter den Union Jack.

Im Juli 1904 wurde den Romanows in Russland nach vier Mädchen schließlich ein Junge und Erbe, der Zarewitsch Alexei, geboren. Ein Jahr später erlitt Alexei den ersten Anfall dessen, was sich zum Schrecken seines Vaters und seiner Mutter als Hämophilie herausstellte.

„Da sein Blut nicht gerinnen vermochte, konnte die leichteste Verletzung sein Leben gefährden.“

Russland war unterdessen innerlich erschüttert. Im Äußeren wurde Russland nur wenige Monate nach dem Volksaufstand in einer weit entfernten kolonialen Streitigkeit von Japanund Korea und in der Mandschurei geschlagen. Die Niederlage war beispiellos. Inmitten dieses Debakels versuchte Wilhelm schließlich doch noch eine eurasische Annäherung. Im Juli 1905 lockte er den Zaren nach Björkö am Golf von Finnland und erreichte die Zustimmung des Zaren zu einem Vertrag, in dem sich die zwei Mächte erstens zur gegenseitigen Unterstützung im Kriegsfall verpflichteten und sich Russland zweitens verpflichtete, Frankreich über das Abkommen zu informieren, damit es der Allianz beitreten werde.

Da die Deutschen bis zuletzt nicht begriffen, dass Großbritannien eine gewaltige Belagerung gegen sie in Szene setzte – die letzte politische Fehleinschätzung, die den Untergang Deutschlands heruafbeschwor – konnte die späte Allianz mit Russland nicht zum Abschluss gelangen. Der Vertrag von Björkö wurde nicht ratifiziert.

Wenn das anglofranzösische Geld und die deutsche Begriffsstutzigkeit Russland von einer Verständigung mit dem deutschen Reich abgebracht hatten, so stand ebenso die langjähige und intensive militärische Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Russland entschieden jedem weiteren verspäteten Wunsch Deutschlands, das nicht mehr Reparierbare zu reparieren, im Wege; die Deutschen hatten ihre Chance lange vor Björkö verpasst.

Im Oktober 1905 erwähnte der russische Zar in seinem Tagebuch die erste Begegnung mit einem „Gottesmann“. Rasputin war nach Sankt Petersburg gekommen. Die Umstände, wie er in die Kreise um den Kaiser eingeführt wurde, sind noch immer im Dunkeln, doch muss Rasputin zwischen diesem ersten Treffen und 1907 während einer der Bluterattacken des Zarewitschs an den Hof gerufen worden sein, wo er die Blutung auf wundersame Weise zum Stillstand brachte. Die Zarin wurde Rasputin so hörig wie der Zar ihr. Damit fiel das Schicksal des russischen Reichs in die Hände eines bäuerlichen Magiers.

Nach Frankreich stand nun Russland auf Großbritanniens Tagesordnung: Aus der Entente cordiale (zu zweit) mit Frankreich wurde die Tripelallianz mit Russland im Boot. 1907 handelte der Kopf hinter der Verstrickung Deutschlands in den Ersten Weltkrieg, Lord Grey, Großbritanniens Außenminister, mit Russland die Teilung des Irans im Austausch für Afghanistan aus und die Übergabe von Tibet.

Inzwischen war der Flottenwettkampf weitergegangen. Zwischen 1907 und 1909 hatte Großbritannien Deutschland zweimal eingeladen, einem Abkommen über eine allgemeine Begrenzung des Kriegsschiffbaus unter der Voraussetzung zuzustimmen, dass Großbritannien in dieser Hinsicht eine zahlenmäßige Überlegenheit zugesichert wurde. Zweimal lehnte Deutschland ab: Frankreich und Russland hätten ebenso das Reich auffordern können, seine eigenen Landstreitkräfte zu begrenzen, witzelte Wilhelm.

Ein letztes Angebot an die Russen erging 1911 während den Verhandlungen in Potsdam, die offiziell angesetzt waren. Deutschland erklärte sich bereit, Österreichs Intrigen in Osteuropa Zügel anzulegen, wenn Russland einwilligte, einer von Großbritannien angestifteten, feindlich gegen Deutschland gerichteten Politik keine Unterstützung zu gewähren. Der Kaiser erhielt aber keine Neutralitätsgarantie. Damit war der Spielraum für weitere diplomatische Manöver ausgeschöpft. Je mehr der deutsche Kaiser zu später Stunde versuchte, die Tripel-Entente zu schwächen, desto mehr verstärkte Großbritannien sie: 1912 unterschrieb England ein geheimes Flottenabkommen mit Frankreich, und Frankreich tat das gleiche mit Russland.

In diesen Tagen war der deuschte Generalstab mit der Einübung und weiteren Feinabstimmung des Schlieffenplans beschäftigt. Den Briten war der Plan bis ins letzte Detail bekannt:

„Ohne dass es jemand in Berlin wusste, war er 1906 dank eines Verräters, der ihn für sechzigtausend Franc verkauft hatte, in  den Besitz der französischen Armee gelangt.“

Großbritannien verließ sich darauf, dass Deutschland unvermeidlich gegen die belgische Neutralität verstoßen musste, sobald Moltke den Schlieffen-Blitzkrieg beginnen würde. Schon 1906 beteiligte sich der britische Generalstab unter voller logistischer und geheimer Zusammenarbeit seines belgischen Gegenübers an simulierten Manövern in ganz Belgien, bei denen der Einsatz eines britischen Expeditionsheeres auf dem Kontinent geprobt wurde. Die Öffentlichkeit wurde über diese Pläne nie unterrichtet.

Ab dem Frühjahr 1914 war die Entente zum Überfall auf die Deutschen bereit. Am 29. Mai 1914 berichtete Edward House, US-Präsident Wilsons Hauptberater und Amerikas graue Eminenz hinter dem angloamerikanischen imperialen Bruderschwur, aus Europa:

„Wann immer England sein Einverständnis geben wird, werden Frankreich und Russland gegen Deutschland und Österreich vorgehen.“

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Was benötigt wurde, um einen Krieg zu entfachen, war ein zeitlich passender „Terroranschlag“ und ein Terrorist, der ihn verüben würde. Als Vergeltungsakt gegen Österreichs 1908 einseitig erfolgte Annexion von Bosnien-Herzegowina, das die Serben für sich beansprucht hatten, warf Cabrinovic, angestiftet von Grabez – zwei militante Anhänger einer geheimen panserbischen Organisation mit der suggestiven Bezeichnung „Schwarze Hand“ – eine Bombe auf das Fahrzeug der königlichen Hoheiten, verfehlte es aber. Der Wagen fuhr weiter. Später tauchte plötzlich Gavrilo Princip, der dritet Mann des Kommandos, schwankend auf der rechten Seite des Wagens auf; als er näher kam, schoss er auf Ferdinand und seine Ehefrau und tötete beide. Alle drei „Terroristen“ waren keine 20 Jahre alt.

Die verdeckte Rolle des serbischen Geheimdienstes bei der Vorbereitung der drei jungen Studenten auf den Meuchelmord wird allgemein anerkannt, doch der „eigentliche Leiter des Komplotts war der russische Militärattaché Oberst Victor Artamanow, der dem Chef des serbischen Geheimdienstes gesagt hatte:

Macht vorwärts. Wenn ihr angegriffen werdet, seid ihr nicht alleine.“

Im Sommer 1914 stellte sich Deutschland nach dem Mord in Sarajevo hinter Österreich und Russland hinter Serbien. Die englische Diplomatie konnte nun beide in die Falle tappen lassen: Den Verbündeten ebeneso wie den Feind. Am 6. Juli informierte Großbritanniens Außenminister Lord Grey den deutschen Botschafter, dass Russland nicht bereit sei zu intervenieren und dass Großbritannien weder mit Russland noch mit Frankreich eine bindende Verpflichtung eingegangen sei: Eine bewusste Lüge.

Zwei Tage später versicherte der britische Außenminister den Russen, dass „laut sehr zuversichtlichen militärischen Quellen“ die deutschen rasch Divisionen nach Osten würfen und dass die Situation für das Reich ungünstig sei: Eine noch größere Lüge. Bereits am 25. Juli begann das britische Schatzamt für die Kriegskosten besondere Banknoten, die nicht gegen Gold einlösbar waren, zu drucken.

Österreich-Ungarn marschierte voran und beschoss am 28. Juli Belgrad. Der Krieg hatte begonnen. Russland, insgeheim angefeuert von Frankreich das Hilfe zugesagt hatte, mobilisierte entlang seiner Westgrenze. Die deutsche Generalität wartete nervös auf grünes Licht vom Kaiser, um die Schlieffen-Offensive einzuleiten. Pourtalès, der deutsche Botschafter in Sankt Petersburg, eilte ins Außenministerium und forderte Außenminister Sasonow auf, die russische Mobilmachung einzustellen. Er flehte ihn dreimal an. Als der russische Minister zum letzten Mal ablehnte, reichte ihm Pourtalès mit zitternder Hand Deutschlands Kriegserklärung. Das geschah am 1. August. Am 3. August erklärte Deutschland Frankreich den Krieg. Indem es von einer Falle in die andere taumelte, hatte sich Deutschland die Rolle des Weltaggressors aufdrängen lassen. Abel Ferry, der stellvertretende frnzösische Außenminister, schrieb in sein Notizbuch:

„Das Netz war gesponnen und Deutschland flog wie eine laut summende Fliege hinein.“

Da es nun and er Reihe war, ließ Großbritannien die Katze aus dem Sack. Es wusste ja [durch einen Spion] dass Moltke Ludendorffs Füsiliere durch Belgien vorstoßen lassen wollte. Da erklärte die britische Regierung feierlich, dass sie einen Verstoß gegen Belgiens Neutralität unmöglich tolerieren könne; sie beteuerte weiterhin ihr unbedingtes Festhalten am Frieden und behauptete schamlos in aller Öffentlichkeit, dass sie keine geheimen Vereinbarungen weder mit Frankreich noch mit Russland unterschrieben habe.

Der Krieg konnte beginnen.

AlexBenesch
AlexBenesch
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