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Ein schamlos schlechtes Buch über Geheimbünde vom ZDF

Datum:

geheimbuende-300

Eine Rezension von Alexander Benesch

Gisela Graichen und Alexander Hesse wollen endlich aufräumen mit Mythen und Verschwörungstheorien über Geheimbünde. Zu diesem Zweck publizieren sie beim rowohlt Verlag und mit der ZDF Enterprises GmbH.

Rowohlt und das ZDF werden dafür doch wohl die besten Historiker aufbieten, die man finden konnte! Dummerweise ist keiner von den beiden Historiker. Aber immerhin Akademiker, das muss reichen, da ist doch Wissenschaftlichkeit zu erwarten. In der Wissenschaft üblich ist es, mögliche Interessenskonflikte der Forscher im Vorfeld offenzulegen. Also wer das Geld bezahlt, wo man selbst Mitglied ist und so weiter. Die beiden Autoren weigern sich aber, die offensichtlichsten Fragen zu beantworten: Sind sie selbst Mitglieder von Geheimbünden und haben krude Eide geschworen? Sind ihre Eltern oder Auftraggeber Mitglieder?

Frau Graichen bekommt ihr Geld vom ZDF, für diverse TV-Produktionen. Herr Hesse bekommt sein Geld auch vom ZDF, auch für TV-Produktionen. Er hat sogar seine eigene TV-Produktionsfirma in Köln, also im Mekka des deutschen Fernsehens. Die Wahrscheinlichkeit, dass bei den Öffentlich-Rechtlichen und den kontrollierenden politischen Parteien eine signifikante Quote an Mitgliedschaften in Geheimbünden wie etwa der Freimaurerei oder Rotary vorherrscht, tendiert gegen 100%. Diese Bünde haben aus reinem Eigeninteresse zur Aufgabe, ihr Bild das sie nach außen abgeben, zu managen. Schließlich wollen die Brüder keine negative Presse. Ich wage die These, dass falls Frau Graichen und Herr Hesse sich in Buchform bedeutend negativ äußern würden über die einschlägigen Geheimbünde, sie keine Abnehmer beim ZDF und den anderen öffentlich-rechtlichen Sender mehr für ihre Produktionen finden würden. Keine Aufträge mehr. Kein Geld. Keine Existenz in der Branche. Viel Spaß dabei, bei Null anzufangen!

Die Anführer der großen privaten Sender rennen ja schließlich auch zu Bilderberg oder der Atlantikbrücke und haben ihre Freimaurerquote. Der rowohlt-Verlag gehört der elitären Holtzbrinck-Mediengruppe und der New York Times, die bestens mit dem Establishment vernetzt sind. Also von vorneherein traue ich den beiden Autoren nicht weiter, als ich sie werfen könnte. Die eigenen Interessenkonflikte nicht offenzulegen, ist peinlich, dreist und unethisch.

Der Betrug

Freilich kann ein Buch mit rund 350 Seiten nur einen Bruchteil der Geheimbünde behandeln, und dies auch nur begrenzt. Nichtsdestotrotz hätten greifbare, aktuelle Organisationen wie etwa Bilderberg mit hineingehört. Da hätte es wohl aber wieder Ärger mit dem ZDF oder Holtzbrinck gegeben. Schließlich ist die Berichterstattung über Bilderberg da fast schon verboten gewesen in den letzten Jahrzehnten. Wenn man das ZDF fragt, stellen sie sich dumm. Man wisse ja nicht vorher, wo die Bilderberg-Geheimkonferenzen stattfinden, rechtfertigt man sich. Das hielt allerdings unabhängige Reporter noch nie ab, pünktlich bei den Zusammenkünften auf der Matte zu stehen. Kann ja nicht soviel kosten, bei den Öffentlich-Rechtlichen drei unterbezahlte Typen mit dem Flugzeug einer Billig-Airlines wohin zu schicken.

Stattdessen geht es bei Graichen und Hesse um die mythischen Illuminaten, Templer und Freimaurer. Ihr Buch hat einen gewissen Stil und eine Machart, die mir schon häufiger begegnet ist. Es ist der Stil von Freimaurer-Büchern, die für die Öffentlichkeit geschrieben werden. Ständig liest man in den Zeilen und zwischen den Zeilen nichts als Ehrfurcht und Bewunderung heraus für Geheimbünde. Kritik verboten.

Nur die Allerbesten würden dort aufgenommen werden. Antike, edle Riten würden dort gepflegt werden. Diejenigen, die draußen bleiben müssen, sind dumme, unerleuchtete und neidische Untermenschen. Die sind außerdem gefährlich. Die zimmern sich nämlich Verschwörungstheorien zurecht um die Edelmenschen anzugreifen.

Man hört und spürt in dem Buch den gleichen Narzissmus, der in Geheimbünden gepflegt wird. Von „globalen Führungskräften“ ist die Rede, die sich „exklusiv und abgeschottet treffen, um die Welt zu verändern.“ Gemeinnützig versteht sich. Voller Begeisterung wird in einem Kapitel über „Antikes High Tech“ geschildert, wie im Jahr 1900 Taucher einen kleinen Apparat auf dem Grund des Mittelmeeres gefunden hatten. Eine analoge Rechenmaschine mit Zahnrädchen aus der Zeit um etwa 70 v. Chr. Warum führen die Autoren das an, sowie weitere Beispiele für antike Baukunst? Weil man die „heilige“ Mathemathik verehrt? Die Kabbala vielleicht? Weil Ingenieurswesen, Baumeister bzw. Architekten eine religiöse Bedeutung haben in Geheimbünden? Weil die heutigen Brüder bei den Geheimbünden glauben, ihr Kult sei ein Club der Genies der seit Jahrtausenden die Welt revolutioniert, während außerhalb die dummen Untermenschen im Dreck vor sich hin leben?

Das Buch klingt exakt wie Freimaurer-Propaganda. Hier ist eine Stelle über die Rotarier, deren Freimaurer-Ursprung man dem Leser vorenthält:

„Es geht nicht um obskure Einweihungsrituale im Tempel bei Kerzenschein. Am rauen Stein, an sich selbst, soll nicht gearbeitet werden, auf keine Meinung wird eingeschworen, und zur Geheimhaltung wird man auch nicht verpflichtet. Im Gegenteil, mit Hilfsaktionen wie die weltweite Ausrottung von Polio geht man gerne an die Öffentlichkeit.“

Man benutzt sogar Freimaurer-Jargon wie „den rauen Stein bearbeiten“ dort, wo es neutrale Autoren nicht tun würden. Auch da scheint übrigens auch wieder der Gruppen-Narzissmus durch: Nur ausgewählte dürfen überhaupt aufgenommen werden und sich als rauen Stein „bearbeiten“ unter der Führung und Anleitung des Geheimbundes. Das ist Codephrase für die zutiefst religiöse Indoktrination die man dort erfährt. Jeder der nicht Mitglied ist und keines werden soll, gilt nicht mal als rauer Stein der es wert wäre, behauen zu werden.

Überall im Buch finden sich solche Stellen, ohne dass diese irgendwie relativiert werden oder man sich davon distanziert:

„Der Myste erfährt durch die Einweihung eine Hilfe zur Selbstverwandlung, zur Umwandlung des Ichs in ein besseres, letzlich immer vollkommeneres Wesen. […] Nur die Mysteriengemeinschaft verfügt über Mittel und Wege zum Heil im Jetzt, zur Erlösung auch nach dem Tod und zum Weg zur Wahrheit.“

Gesprochen wie ein Freimaurer. Natürlich bleibt dem Leser verborgen, dass in den Logen nur altbackener mittelalterlicher und antiker Quark wie die Kabbala breitgetreten und den Neulingen scheibchenweise als Erleuchtung und Selbstvergöttlichung verkauft wird. Jedes Nichtmitglied kann sich die staubigen Bücher und antiken Vorstellungen von Götter-Seifenopern auch so kaufen. Aber kaum verpackt man diese Inhalte in einer bestimmten, ritualisierten Form in einer konspirativen Gläubiger-Gruppe, schalten die Mitglieder das Hirn aus und bekommen glasige Augen.

Im Kapitel „Die Mysterien der Isis“ bewerben die Autoren die antike erfundene Göttin Isis als super prima Alternative zu etwa der christlichen Maria, die nur eine abgekupferte Isis sein soll. Unnötig zu erwähnen, dass Geheimbündler Isis-Fans und Christenverachter sind. Ich wollte ein Aufklärungsbuch über Fantasievorstellungen, stattdessen bekam ich eine Glorifizierung von Fantasievorstellungen. Oh du tolle (erfundene) Isis, du „Herrin des Lebens“, „Königin und Helferin der Toten, warmherzige Retterin, zärtliche Mutter und innig Liebende.“

Ich habe das Gefühl, ich lese die Worte von Verrückten.

Skull and Bones

Das Kapitel über Skull and Bones wurde natürlich auch von Grund auf verhunzt. Der wichtigste Historiker zum Thema, Antony Sutton, wird verzerrt dargestellt, als hätte er nicht jahrelang tonnenweise reale Dokumente ausgewertet über die Hilfe der Bonesmen an die Nationalsozialisten und die russischen Bolschewisten und späteren Sowjets. Es klingt so, als hätte Sutton halt ein paar Verschwörungsbücher geschrieben. Dabei ist er ein echter Historiker gewesen im Gegensatz zu den ZDF-Filmchen-Machern Graichen und Hesse.

„Ein Manifest von Skull and Bones konnte bisher kein Verschwörungstheoretiker entdecken, nicht einmal einer vom Format Antony Suttons.“

Eine Staatsanwaltschaft bräuchte auch kein Manifest der Camorra um einen Mafialaden dichtzumachen. Aber was scheren sich die Autoren schon um Logik? Sie werden ja bezahlt und gut ist.

„Vor diesem Hintergrund fällt es schwer, nicht wie Antony Sutton eine Verschwörungstheorie aus der Tatsache zu spinnen, dass der Begründer der Bush-Dynastie, Prescott Bush, genau zu jener Zeit in der Bank des Bonesman und Präsidenten-Vertrauten W. Averell Harriman einsteigt, als dieses Wall-Street-Schwergewicht die Gelder des Hitler-Finanziers Fritz Thyssen verwaltet und diverse Firmen kontrolliert, die mit den Nazis bis weit in den zweiten Weltkrieg hinein Geschäfte machen.“

Dreister geht es kaum noch. Sutton „sponn“ sich also eine Verschwörungstheorie zusammen, „nur“ weil die Bonesmen ihre Finger in Hitlers Kriegsmaschinerie hatten? Mannomann, da muss der alte Sutton wohl auf Drogen gewesen sein. Wie kann man sowas nur für wichtig halten? Ganz zu schweigen von einem weiteren offenen, natürlich völlig unwichtigen Geheimnis, nämlich dass ohne die Patente und Hilfen von den US-Blaublütern Hitler keinen großen Krieg hätte führen können.

Die Nicht-Historiker-Autoren bieten uns stattdessen wieder nur glorifizierendes Gesülze für die Mülltonne:

„Und die Crème de la Crème der Studenten repräsentiert Skull and Bones, den berühmtesten und exklusivsten unter den geheimen Universitätsclubs Yales.“

Die besten der besten der besten also. So wie das Bones-Mitglied George W. Bush? Der mit nur mittelprächtigen Noten nach Yale kam? Weil sein Vater und Großvater schon Bones-Mitglied waren? Es ist eben NICHT die Auswahl der Besten die in den Geheimbünden landet, sondern die Mittelmäßigen und Krummen. Dem Leser wird verschwiegen, dass Skull & Bones mit Drogengeld von Russell und Taft gegründet worden war, dank der Gewaltherrschaft des britischen Empires. Mit Blutgeld und Psycho-Gruppen wie Skull and Bones lässt sich eine Uni kontrollieren.

Die blaublütigen Kinder müssen nur gerissen und gierig sein, keine akademischen Wunderkinder. Uni-Arbeiten lassen sich kaufen, Titel gibt es mit Hilfe der „richtigen“ Verbindungen. Die kompliziertesten Arbeiten machen andere. Leute die man mit einem gewöhnlichen Gehalt bezahlen kann. Gehen sie in irgendeine große Firma oder irgendein Land. Sind die Mächtigsten dort wirklich die Fähigsten und Fleißigsten, die behauensten Steine und die von Isis erleuchtetsten Seelen? Im Gegenteil. Die gerissenen Narzissten zieht es immer nach oben.

Die Geheimbünde haben überall ihre Finger drin und trotzdem ist die Welt ein Haufen Mist. Miese einflussreiche Figuren verschwören sich einzig und alleine aus der Absicht, anständige Menschen zu bestehlen und das Ausbeutungsverhältnis zu zementieren. Um diese simple Tatsache herum wird das kultische Selbstverständnis der Erleuchtung und die Verachtung gegenüber dem Pöbel vor dem Tempel gezimmert.

Freimaurer

Das Brechfest schlechthin, die Muppet-Show, das Kapitel über Freimaurer beginnt mit einem pathos-schwangeren Zitat des ehemaligen Bundesjustizministers und Freimaurers Thomas Dehler. Ja, da fühlt man sich als unerleuchteter Steuerzahlerdepp doch gleich viel besser, wenn man weiß dass verschrobene Okkultisten und Kabbalisten an den Schaltstellen der Gesellschaft sitzen:

„Ich sage, die freie Welt hat eine Idee, die groß und wirksam ist: Die Idee der Freiheit, der Freiheiten. Sie ist der Niederschlag von 3000 Jahren europäischer Geschichte. Das sind Freiheiten, denen die Freimaurer verpflichte sind.“

Die Freimaurer sind zunächst einmal ihrem Snob-Club verpflichtet sowie mittelalterlichen und antiken Weltanschauungen. Ach ja, Dehler war Mitglied beim Sauhaufen FDP und gehörte in der NS-Zeit zu den Spitzenverdienern unter den Anwälten im Reich. Er vertrat zwar enteignete und entrechtete Juden, machte aber Kohle damit. Hinterher waren Leute wie er natürlich alle Widerständler und Helden.

Da geht doch das Herz auf, wenn solch ein Winkeladvokat und Logenbruder sich um die Freiheit der Menschen bemüht! Die Autoren Graichen und Hesse beginnen das Kapitel in der propaganda-üblichen Weise mit der Schließung der Logen unter den Nationalsozialisten. Es wurde zwar jede Gruppe verboten, die nicht explizit erlaubt war, aber dennoch beanspruchen die Logen-Leute wieder einmal einen besonderen Status für sich als Ritter des Rechts und besonders Verfolgte. Der Hintergdanke ist: Kritiker der Freimauer seien irgendwie pauschal rechts und nicht geheuer. Mit dieser verlogenen Logik könnte man genauso die Kritik an der heutigen SPD als anrüchtig erklären.

Im ZDF-rowohlt-Buch ist die Rede vom „Baumeister von Gottes Gnaden“ Eigentlich ist die Freimaurerei eine aristokratische Sekte unter Leitung der britischen Monarchie, aber das darf der Leser ja nicht denken. Er soll glauben, die Logen seien für alle da, die Fahnenträger der Aufklärung. In Wirklichkeit nur eine Truppe, die für die Briten konspirativ die monarchische Konkurrenz in Europa aufweichen sollte mit Geschwafel über Friede, Freude und Eierkuchen für alle.

Ich habe genug.

AlexBenesch
AlexBenesch
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