Bild: Government of Russian Federation CC BY 3.0
Wir warnen seit Monaten davor, dass die gescheiterte Invasion der Ukraine dazu führen kann, dass die russische Kommandostruktur versucht, einen Sturz Putins und einen scheinbaren Neuanfang zu inszenieren.
Sich einfach nur aus der Ukraine zurückzuziehen und die Krim aufzugeben mit den äußerst wichtigen Werften für Kriegsschiffe und U-Boote, würde zwar den Abnutzungskampf beenden und die eskalierenden Kosten bremsen, würde aber im Falle einer Fortführung von Putins Amtsgeschäften unangenehme Konsequenzen haben. Der Westen würde verlangen, dass sich Russland am Wiederaufbau der Ukraine beteiligt und sich militärisch aus der Nähe der ukrainischen Grenze zurückzieht.
Ein inszenierter Neuanfang macht es möglich, die wahren Kommandostrukturen Russlands weiterhin geheimzuhalten, die Schuld für den Krieg auf Putin und eine Handvoll weiterer Funktionäre abzuschieben und eine möglichst günstige Verhandlungsposition einzunehmen. Putin verschwindet in einem Sanatorium mit schwersten gesundheitlichen Problemen, oder er wird für tot erklärt, sodass er nicht mehr für eine Aufarbeitung zur Verfügung steht.
- Die russische Kalkulation für den Ukraine-Krieg ist zusammengebrochen sowie die Kalkulation für das gesamte russische Militär für die nächsten Jahrzehnte. Man fällt Jahr für Jahr weiter zurück hinter die EU und die USA
- Russland inszenierte einen Personenkult um Putin, so als sei er ein Alleinherrscher, ein Zar aus den 1800er Jahren. Dies bot hohes Verschleierungspotenzial für die wahren russischen Kommandostrukturen und die Option, Putin zu entfernen und einen Neuanfang zu behaupten.
- Ein inszenierter Wandel verschafft wertvolle Zeit, sich neu zu organisieren, um dann in ein paar Jahren koordiniert an mehreren Orten zuzuschlagen zusammen mit China und Nordkorea. Besonders China braucht laut Schätzungen noch ein paar Jahre Vorbereitungszeit.
- Russland bekäme die Möglichkeit, eine Annäherung an den Westen anzubieten und eine (scheinbare) Absonderung von China. Bereits die Administration von George W. Bush hatte die Linie vorgegeben, Russland zu umgarnen.
- Russland kann bei Verhandlungen mit dem Westen die implizite Drohung anwenden, dass ein Auseinanderbrechen Russlands drohe mit fatalen Konsequenzen. Mehrere russische Nachfolgestaaten wären mit Atomwaffen ausgestattet und angeführt von Fanatikern.
- Die EU kann verleitet werden, bei der Rüstung wieder auf die Bremse zu treten. Von dem Sondervermögen der Bundeswehr war bisher nicht viel zu spüren, es bräuchte laut aktuellem Wehrbericht 300 Milliarden und viel Gerät wurde noch gar nicht bestellt oder in kleinen Stückzahlen. Die EU-Staaten geben pro Jahr deutlich mehr aus als die Russen und könnten dies noch verdoppeln. Bei einem Fake-Neuanfang ließe sich das Zögern der EU-Staaten als Deeskalation und Bezeugung guten Willens vermarkten.
- Die NATO-Führung ließ den Russen offensichtlich genügend Zeit, um sich einzugraben und sich zu schützen vor der ukrainischen Gegenoffensive. Die langsamen Waffenlieferungen an die Ukraine sprechen ebenfalls eine deutliche Sprache. Anscheinend gab es seit Monaten hohe Absprachen im Geheimen.
- Es gibt aktuell kaum noch eine attraktive Beute in der Ukraine. Die Bürger würden eher nach Europe fliehen und die wertvolle Industrie würde nach Westen bewegt werden oder zerstört.
- Die USA sind indirekt der Hauptlieferant für wichtige Waffenkomponenten der Russen über den Umweg China. Würden die USA China einschränken, könnten die Russen einpacken. Ein scheinbarer Neuanfang verschafft Zeit, um die russische Eigenproduktion auf Vordermann zu bringen.