Kommentar
Die ganze Nordsee ist durchzogen von Gas-Pipelines zwischen Bohrinseln und verschiedenen europäischen Ländern, mit denen auch wir versorgt werden. Ein früher Wintereinbruch und länger anhaltende Kälte würden bereits die Gasspeicher schnell leeren und somit müsste die Industrie ihre Aktivitäten massiv einschränken.
Es bestehe ein „erhebliches Risiko“, dass Russland im Rahmen seiner Konfrontation mit dem Westen über die Ukraine auf kritische Infrastrukturen in Europa oder Nordamerika abzielen könnte, darunter Gaspipelines und Internetkabel, warnte nun ein hochrangiger NATO-Geheimdienstmitarbeiter.
David Cattler, stellvertretender NATO-Generalsekretär für Geheimdienste und Sicherheit, sagte gegenüber Reportern, Russland kartografiere „aktiv“ die Infrastruktur der Verbündeten der Ukraine sowohl an Land als auch auf dem Meeresboden. Moskaus militärische und zivile Geheimdienste verfügten über „erhebliche Ressourcen“, die Wladimir Putin zur Überwachung der Infrastruktur einsetzen könne, „einschließlich des Einsatzes ziviler Schiffe und sogenannter Spionageschiffe“, fügte Cattler hinzu.
Nach der Sprengung der Nordstream-Pipelines gab es viele Spekulationen in der Presse; laut denen sogar kleine Einsatz-Teams eine solche Sabotage durchführen könnte. Seit langer Zeit wäre es naheliegend, Deutschlands eigene, sogenannte „unkonventionelle“ Gasvorkommen zu fördern durch Fracking. Die FDP veröffentlichte dazu nun ein Argumentationspapier. Darin heißt es:
„Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Fracking unter modernen Sicherheitsstandards keine relevanten Umweltschäden verursacht. Denn Technik und Methoden der Gasgewinnung wurden in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt.“
Dabei verweist die FDP auf einen Bericht der Expertenkommission an die Bundesregierung von 2021. Im „Wasserhaushaltsgesetz“ war ein Verbot von Gasförderung per Fracking enthalten. Diverse Grundrechte beißen sich angeblich mit Naturschutz und dem Schutz der Gesundheit. Diese Gewichtung wurde 2016 vom deutschen Bundestag so getroffen, als wäre klar gewesen, dass die negativen Auswirkungen von Fracking zu hoch seien. Ohne dabei wirklich auf eine wissenschaftliche Begründung verweisen zu können. Und so musste eine Expertenkommission ran, die 2021 im Abschlussgutachten erklärten, dass die Gefahren nicht der Rede wert sind.
Der Tagesschau-Faktenfinder muss die Erkenntnisse der Expertenkommission anerkennen, zitiert aber dann ausgiebig den Bund Naturschutz, der einfach stur auf Umweltrisiken pocht, sowie das Umweltbundesamt, das im Prinzip erklärt, das durch Verzögerungstaktiken auf Jahre hinweg Fracking ohnehin gebremst werde. Bis dahin, so denkt vielleicht die SPD, ist der Ukraine-Krieg längst vergessen, Putin im Ruhestand verschwunden und man könne einfach wieder Russen-Gas kaufen.
Angesichts der zu erwartenden mehrjährigen Dauer für die Erschließung von Lagerstätten wird Fracking in nicht-konventionellen Lagerstätten nach Angaben des UBA in den nächsten Jahren keinen Beitrag zur Versorgungssicherheit in Deutschland leisten können.
Es sind bereits Orte bekannt, wo man recht kurzfristig fracken könnte. Es ist wahrscheinlich, dass die Amerikaner bereits seit den 1980er Jahren, als Deutschlands Abhängigkeit von russischen Pipelines sich verdoppelte, für Notfälle darauf pochte, geeignete Stellen zur Gasförderung auszukundschaften.
In der Industrie rechnet man üblicherweise mit nur mehreren Monaten für die Planung und Konstruktion der Anlagen, falls man die Vorkommen einigermaßen kennt. Im beschleunigten Verfahren wäre diese Zeit vielleicht deutlich kürzer zu halten. In den USA handelt es sich teilweise nur um Wochen unter normalen Bedingungen. Nur dann, wenn man bei Null anfangen muss und Genehmigungsverfahren sich hinziehen, dauert es ein paar Jahre.
In welchem Zeitrahmen sich eine erste Gasgewinnung bei einer Aufhebung des Fracking-Verbots in Deutschland bewegen könnte, wird auch in der Antwort der Expertenkommission deutlich. Darin heißt es, zunächst wären „bergrechtliche Verfahren durch die zuständigen Landesbehörden durchzuführen“.
UBA-Präsident Dirk Messner geht davon aus, dass es in Deutschland „mindestens fünf Jahre“ dauern würde, bis die entsprechende Infrastruktur aufgebaut wäre.
Ex-Kanzler Gerhard Schröder verwendete mitten im Ukraine-Krieg im Interview mit der NY Times im Prinzip die gleiche Argumentation wie US-Präsident Bush in den 2000er Jahren: Die geopolitische Stabilität sei zu wichtig, Russland brauche den Gashandel mit Europa, und es sei vorteilhaft wenn Russland näher an den Westen herangezogen wird. Bush propagierte, dass die Ähnlichkeiten mit Russland größer seien als die mit China. Lieber habe man Russland als Partner gegen die Chinesen, anstatt es mit einem vereinten Ostblock zu tun zu bekommen. Dieses Argument war damals eigentlich schon grob irreführend, diente allerdings als Grundlage für alle möglichen Hilfen an das Putin-Regime. Es ergibt sich die Frage, ob die USA verdeckt Einfluss genommen haben, um Fracking in Deutschland zu verhindern.
Die WELT berichtete über die oberbayerische Gemeine Holzkirchen, unter der schlappe 650 Millionen Kubikmeter Gas liegen. In einem Sparwinter entspricht dies rund 1% des jährlichen deutschen Verbrauchs. Die Firma Terrain Energy könnte die Menge fördern, aber sie darf es nicht, weil die Behörden mauern. Markus Söder (CSU) hatte noch versprochen „Whatever it takes.“ Es würden geschätzt eine Milliarde € Nettogewinn herausspringen.
Die RAG Austria wure 2013 von ihrem Vorhaben ausgebremst, im Chiemgau bei Bad Endorf nach Erdgas zu bohren. Im Januar dieses Jahres stoppte Wintershall Dea die Pläne für Halfing im Landkreis Rosenheim, wo man 1,3 Milliarden Kubikmeter Gas vermutete.
Das bayerische Wirtschaftsministerium verhielt sich bizarr: Ein Sprecher verlautbarte, die Reserven in ganz Bayern seien nur rund ein bis zwei Prozent des Jahresbedarfs, was sich nicht lohnen würde. Das Ministerium berücksichtigt aber anscheinend nur die Vorkommen, die man schon nachgewiesen habe. Es kann sich mehr oder minder um eine Fantasiezahl handeln.
Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hatte von der Bundesregierung den Auftrag erhalten, die nicht-konventionellen Öl- und Gasvorkommen auf deutschem Gebiet genau zu ermitteln, und legte vor rund 10 Jahren einen Bericht vor. Man schätzte, dass unkonventionelle Gasvorkommen, die u.a. mit Fracking gefördert werden müssten, auf das Zehnfache der regulären Vorkommen. Man schätzt, wohlgemerkt. Und versucht Probebohrungen, um Genaueres zu erfahren. Ob die Bevölkerung genaue Infos erhält?
In dem 47-seitigen Papier steht: Die Schiefergasvorkommen in Deutschland betragen circa 13 Billionen Kubikmeter. Das ist also über 50 Mal mehr als in der gerade erwähnten früheren Schätzung.
https://www.deutschlandfunk.de/schiefergas-in-deutschland-100.html
Könnte man (was nicht unbedingt realistisch ist) dieses komplette Schiefergas-Potenzial fördern, wäre dies genug Gas um den deutschen Bedarf zu decken für 130 Jahre. Die „Fehlerbalken“ bei diesen Schätzungen seien so groß, dass es auch die doppelte Menge Gas sein kann bzw. dass der Anteil an wirtschaftlich förderbarem Gas viel höher sein kann. Das Interesse der Politik war erschreckend gering:
Zum einen gab’s bislang ja nur eine Hand voll Erkundungsbohrungen. Selbst die liegen derzeit auf Eis.
Die immer wieder betonten Umweltgefährdungen sind sehr theoretisch und umstritten.
Also die BGR glaubt, wenn man das Fracking richtig macht, ist das Risiko akzeptabel und tolerierbar.