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Vorsicht Terrorismus-Strafrecht: Das Netz ist riesig groß und engmaschig

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Kommentar

In Bayern gab es Hausdurchsuchungen bei mehreren Personen wegen des Verdachts auf eine terroristische Vereinigung. Die Personen sollen einen großflächigen Stromausfall geplant haben durch die Sabotage von Strommasten. Während dem Blackout sollten dann nach ihren Vorstellungen rechte Kräfte die Kontrolle über das Land übernehmen.

Die vor wenigen Wochen verhaftete „Reichsbürger“-Gruppe wird über einen langen Zeitraum hinweg Schlagzeilen liefern; egal wie die Prozesse ausgehen. Immer wieder sickerte durch, dass die USA oder Britannien entscheidende Hinweise lieferten bei Terrorismus-Ermittlungen gegen Islamisten. Wieso sollte das bei Rechtsextremisten dann anders sein? Vor allem wenn diese sich ideologisch Russland angenähert haben? Auch amerikanische Hacking-Werkzeuge wurden in Deutschland benutzt. Und dann gibt es eben noch das deutsche Strafrecht.

Der 1976 ins Strafgesetzbuch (StGB) eingefügte § 129a, der Bildung, Mitgliedschaft, Unterstützung sowie Werbung für eine „terroristische Vereinigung“ unter Strafe stellt, bildet das Zentrum des deutschen Staatsschutzstrafrechts. Es ist ein riesiges, engmaschiges Netz, in das man leicht hineingeraten, aber nur sehr schwer wieder herauskommen kann.

Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte 1978 fest, dass eine Strafbarkeit „schon weit im Vorfeld der Vorbereitung konkreter strafbarer Handlungen“ gegeben ist. Der einzelne Beschuldigte muss also gar nicht einmal eine große Nummer in der Organisation sein und ihm muss auch nicht zwingend eine konkrete, spektakuläre Straftat nachgewiesen werden. Sondern es gilt: Mitgehangen, mitgefangen.“ Wer Mitglied ist, kann zur Verantwortung gezogen werden.

Nur ein paar Prozent der Verfahren in den 1990ern endeten mit Urteilen. Der Rest bot dem Staat die Möglichkeit, rigoros Personen zu überwachen. Das EU-Recht wurde dann vereinheitlicht und orientiert sich an den deutschen Normen. Wenn jemand einer Gruppe zugehörig ist, irgendwie sich „beteiligt“ hat, und die Gruppe noch nicht einmal eine Tat begangen hatte, ist derjenige schon in großen Schwierigkeiten.

Das reine Werben ist nicht mehr so stark strafbar, aber das Anwerben neuer Mitglieder und Sponsoren.

Das nach dem neuen Recht allein noch strafbare Werben um Mitglieder oder Unterstützer ist nur dann gegeben, wenn sich aus den Gesamtumständen der fraglichen Äußerung ergibt, dass gezielt Mitglieder oder Unterstützer gewonnen werden sollen – und dies zugunsten einer konkreten Organisation.

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&pm_nummer=0064/07

Was genau ist eine Mitgliedschaft? Der Bundesgerichtshof führt zu dem nach der gesetzlichen Bezugnahme gleichbedeutenden Begriff im Rahmen Bildung terroristischer Vereinigungen aus: „Es sollen nunmehr nicht nur Personenzusammenschlüsse erfasst werden, deren Mitglieder sich untereinander als einheitlicher Verband fühlen, sondern auch hierarchisch organisierte Gruppierungen mit bloßer Durchsetzung eines autoritären Anführerwillens ohne ‚Gruppenidentität‘ […]. Auch nach dieser Legaldefinition handelt es sich bei einer Vereinigung indes um einen organisierten Zusammenschluss von Personen, was zumindest eine gewisse Organisationsstruktur sowie in gewissem Umfang instrumentelle Vorausplanung und Koordinierung erfordert; notwendig ist darüber hinaus das Tätigwerden in einem übergeordneten gemeinsamen Interesse […]. Auch wenn die Mitgliedschaft in einer Vereinigung auf der Grundlage der Legaldefinition nicht erfordert, dass sich der Täter in das ‚Verbandsleben‘ der Organisation integriert und sich deren Willen unterordnet, so setzt die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer Vereinigung auch nach der Legaldefinition des § 129 Abs. 2 StGB eine gewisse, einvernehmliche Eingliederung des Täters in die Organisation voraus“.

Als „Unterstützung“ können sehr viele Dinge betrachtet werden.

Eine Verurteilung wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung kann Folgen für die Beweisführung in anderen Strafsachen haben. So wurden mehrere RAF-Mitglieder für Straftaten verurteilt, bei denen ihre Beteiligung nicht im Einzelfall nachgewiesen war. Es wurde argumentiert, dass Angeklagte eben Mitglieder der RAF gewesen seien und diese Organisation sich öffentlich zu der Tat bekannt habe, was als Geständnis der Angeklagten zu werten sei.

Der Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vertritt die Ansicht, dass der „Gummiparagraph“ geschaffen worden sei, um bloße organisatorische Aktivitäten auch ohne konkrete Verletzung eines Rechtsgutes ausforschen zu können. Er diene dazu, politische Initiativen einzuschüchtern und Daten zu sammeln. Diese Daten blieben auch dann gespeichert, wenn die Ermittlungsverfahren eingestellt würden.

AlexBenesch
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