Der gerade erst wiedergewählte Präsident Emmanuel Macron hat seine absolute Mehrheit im Parlament verloren. Das Linksbündnis schwächelt und rechtskonservative Partei „Rassemblement National“ von Marine Le Pen stieg von acht auf 89 Sitze. Wegen den Eigenheiten des französischen Wahlsystems können sich verschiedene Parteien meistens erfolgreich gegen die LePen-Partei zusammenschließen.
Vom Geheimdienst gegründet
Die rechte Partei Front National (FN) wandelte sich von einer kleinen Faschisten-Partei zu einer Massenbewegung, heute unter Marine Le Pen und einem neuen Namen. Gegründet wurde die Front National wohl von François Duprat und der Organisation Ordre Nouveau auf Befehl des Geheimdienstlers Jacques Foccart Anfang der 1970er Jahre. Jean-Marie Le Pen wurde erst 1978 nach dem Attentat auf Duprat der Parteivorsitzende. Duprat war ein Söldner in Afrika. Jacques Foccart war der Direktor der Geheimdienste Frankreichs unter der Herrschaft der Gaullisten. Die Geheimdienste wollten mit der Gründung der FN womöglich die faschistischen Verlierer aus dem Zweiten Weltkrieg einfangen und deren politische Betätigung lenken.
Während des Zweiten Weltkriegs schloss Foccart sich der Résistance an. Er schloss sich frühzeitig dem Freien Frankreich unter Charles de Gaulle an und arbeitete für dessen Nachrichtendienst. Nach dem Krieg war er Mitbegründer des milizartigen Ordnungsdienstes Service d’action civique (S.A.C). Letzterer konnte bei handgreiflichen politischen Auseinandersetzungen der 1950er und 1960er Jahre bei Bedarf Gruppen von Muskelmännern gegen linke Gegner mobilisieren. Die Organisation wurde 1981 aufgelöst. Daneben gründete er die erfolgreiche Import-Export-Firma SAFINEX, die in Afrika und in der Karibik tätig war. In ehemaligen französischen Kolonien gab es Staatsstreiche, verdeckte Kommando-Operationen oder brutal geführte Kriege, mit denen er zu tun gehabt haben soll. Bei diesen Vorgängen konnte auf rechts gesinntes Personal zurückgegriffen werden; genau das Klientel das auch maßgeblich war bei der Front National.
In den 1950er Jahren war Foccart Generalsekretär von de Gaulles Sammlungsbewegung Rassemblement du peuple français (RPF). Durch seine vielfältigen Kontakte zu Armee und Nachrichtendienst soll er de Gaulle bei dessen Rückkehr an die Macht im Mai 1958 behilflich gewesen sein.
Foccart gab zu, dass er verantwortlich war für den Geheimdienst SDECE. National Interest stellt fest, dass „die Behauptung seines Biographen, General de Gaulle habe Foccart gebeten, die SDECE neu zu organisieren, indirekt bestätigt wurde“.
Mit François de Grossouvre half Jacques Foccart auch beim Aufbau des Department Protection Security (DPS), einer Sicherheitsorganisation der rechtsextremen Partei Front National unter Führung von Jean-Marie Le Pen.
François de Grossouvre leitete den französischen Arm des GLADIO-Programms der NATO, ein verdecktes Netzwerk von oft rechtsextremen Kämpfern, die im Falle einer kommunistischen Invasion oder politischen Machtergreifung aktiv werden sollten. Der Sohn von de Grossouvre wurde zu einem Meinungsführer der sogenannten „neuen“ rechten Bewegung, zu der auch die Le Pen-Partei zählt. Die geknüpften Beziehungen zu russischen Kreisen dienen wahrscheinlich dazu, Russland auszuhorchen.
Wer ist dieser Grossouvre? Zunächst ein französischer Unternehmensberater in wien. Parvulesco teilt über diesen Herrn mit, daß er „ohne Zweifel zu verantwortlichen Aufgaben in europäischem Maßstab berufen wird, im Kader einer Geopolitischen Gemeinschaft Frankreich-Deutschland-Rußland, die gegenwärtig im Entstehen ist.“ – Alexander Dugin und die rechtsextremen Netzwerke, Seite 69
Parvulesco ist ebenfalls ein pro-russicher Eurasien-Fanatiker. Der alte Henri De Grossouvre wird in Verbindung gebracht mit Luc Jouret, Begründer des Sonnentemplerordens, sowie und Jean Thiriart, der kurz vor seinem Tod noch den Eurasien-Chefdenker Alexander Dugin in Moskau besuchte. Der Autor Bruno Fouchereau glaubt, die von Thiriart geleitete nationalbolschewistische Splittergruppe sei ein Element von GLADIO gewesen. In einer österreichischen GLADIO-Dokumentation werden weitere Verbindungen von Thiriart aufgezeigt. Eine faschistische Internationale, die an Gladio beteiligt gewesen sein soll, traf sich regelmäßig:
1970: Beginn der Beziehungen mit Verona, Treffen mit Soffiati, Besutti und Maggi, Ordine Nuove und geheime Verbindung mit Franzosen, Begiern von Tiriat [gemeint ist Thiriart], Giovane Europa, mit den Österreichern von Bort und den Deutschen vom Widerstand.
Back Ops Afrika
Die große französische Zeitung LeMonde veröffentlichte 2002 Aussagen von vier mutmaßlichen Zeugen, laut denen der Jean-Marie Le Pen während des algerischen Unabhängigkeitskrieges Menschen gefoltert habe, denen er vorwarf, Waffen versteckt zu haben.
Die Anschuldigungen in Le Monde über Elektroschocks und Waterboarding, die von Le Pen heftig zurückgewiesen wurden, haben eine Debatte über seine Vergangenheit als Leutnant in einem Fallschirmjägerregiment wiedereröffnet, die seit Jahren durch Frankreich geistert. In einer Ausgabe von 1962 einer Zeitschrift namens Combat sagte Herr Le Pen jedoch:
„Ich habe nichts zu verbergen. Ich habe gefoltert, weil es notwendig war. Wenn jemand zu Ihnen gebracht wird, der 20 Bomben platziert hat, die jeden Moment explodieren könnten, und der nicht sprechen will, verwenden Sie alle Ihnen zur Verfügung stehenden Methoden, um ihn zum Reden zu bringen.“
Es ist theoretisch denkbar, dass Vorgesetzte von Le Pen, beziehungsweise Führungsoffiziere des französischen Geheimdienstes, bestens im Bilde waren über seine Aktivitäten und ihn damit in der Hand hatten. Anfang der 1970er Jahre erbte er unter seltsamen Umständen umgerechnet mehrere Millionen Euro von einem Zementfabrikanten.
Bis zum 10. August 1999 beharrte die Französische Republik darauf, den Algerienkrieg als einfache „Operation der öffentlichen Ordnung“ gegen den „Terrorismus“ der FLN zu bezeichnen. Somit sah sich das Militär nicht an die 1951 von Frankreich ratifizierten Genfer Konventionen gebunden.
Obwohl die Anwendung von Folter schnell bekannt wurde und von der linken Opposition bekämpft wurde, hatte der französische Staat wiederholt die Sache geleugnet und mehr als 250 Bücher, Zeitungen und Filme zensiert.
Entgegen dem weit verbreiteten „Ticking-Time-Bomb-Argument“, auf das sich Le Pen in der Zeitschrift Combat berief, wurde Folter nicht für kurzfristige nachrichtendienstliche Zwecke eingesetzt. Stattdessen war das Ziel der Folter, die bewaffneten Gruppen insgesamt zu treffen und die Moral der Zivilbevölkerung zu brechen. Folter war ein Teil der Methoden der psychologischen Kriegsführung, wie sie von General Salan und anderen theoretisiert wurden.
Frankreich vermarktet sich als Republik in der Tradition der Aufklärung; ein angeblicher Bruch mit der vorherigen Adelsherrschaft.