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Infiltration der Völkischen Szene

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Schon lange vor der Nazi-Zeit erkennen wir, wie der Hochadel mit seinen eigenen Geheimdienst-Netzwerken die völkische Szene auf deutschen Territorien aufbaute. Neben der generellen Spionage dienten diese Operationen auch dazu, die deutsche Modernisierung und Industrialisierung zu bremsen. Die Verunsicherung bei den Erzkonservativen über die Verstädterung, neue Technologien und Lebensweisen wurde geschickt ausgenutzt und in schräge Bahnen geleitet. Die führenden Personen der völkischen Gruppen waren alles andere als Hinterwäldler, sondern entsprangen den Top-Universitäten in den Großstädten.

Alldeutscher Verband

Diese Lobby-Gruppe der völkischen Szene basiert auf der Initiative von Adolf Fick (Studium an der Welfen-Uni Marburg) und Otto Lubarsch (Studium u.a. an der Welfen-Uni Heidelberg, Mitglied der Heidelberg Burschenschaft, Lehrstuhl an der Christian-Albrechts-Universität Kiel die benannt ist nach einem Adeligen von Schleswig Holstein Gottorf, Leiter des von Rudolf Virchow gegründeten Pathologischen Instituts und Inhaber des Lehrstuhls für Pathologie an der Charité in Berlin tätig, Mitglied der Leopoldina). Theodor Reismann-Grone und Alfred Hugenberg setzten sich mit den Initiatoren in Verbindung.

Reismann-Grone war an der Humboldt-Uni, sowie an der Uni München, die nach einem Adeligen benannt ist, der in die sächsischen Welfen einheiratete. Hugenberg (Studium an den Welfen-Unis Göttingen und Heidelberg) war im Vorstand der Frankfurter Berg- und Metallbank von Richard Merton, der zusammenhing mit dem Ladenburg-Clan, dessen Haus mit anderen Firmen, die ebenfalls Welfenverbindungen hatten, zur Deutschen Dank fusionierte.

Adolf Fick studierte an der Uni Marburg, war Mitglied diverser Akademien der Wissenschaften, die mit den Welfen assoziiert sind, bekam die Medaille der Leopoldina und war Geheimrat der der bayerischen Krone. Sein enger Freund war Carl Ludwig, der an der Uni Marburg Medizin studiert hatte, dort Mitglied des Corps Guestphalia war und Stifter des Corps Hasso-Nassiovia. Ludwig war mit Robert Wilhelm Bunsen im Ausschuss des von Heinrich von Sybel in Marburg gegründeten liberalen Vaterlandsvereins. Johannes Wislicenus war an der Uni Harvard in Cambridge Massachusetts, Mitglied der Leopoldina und diverser anderer Akademien der Wissenschaften und bekam die Medaille der Royal Society. Theodor Eimer wurde während seines Studiums der Medizin Mitglied der Burschenschaft Allemannia Heidelberg.

Am 9. April 1891 wurde in Berlin mit Unterstützung von Carl Peters der „Allgemeine Deutsche Verband“ ins Leben gerufen. Peters hatte in Göttingen studiert, hatte einschlägige Professoren und war bei den Burschenschaften. Nach der Rückkehr aus London ließ Peters sich in dem von ihm zunächst ungeliebten Berlin nieder, gründete gemeinsam mit Felix von Behr-Bandelin im März 1884 die „Gesellschaft für Deutsche Kolonisation“ (GfdK), übersiedelte zwischendurch nach Hannover und habilitierte im Sommer an der Universität Leipzig bei Wilhelm Wundt in Philosophie. Wundt gehörte zu dem Umfeld der britisch-amerikanischen Geheimgesellschaft Skull & Bones.

Karl von der Heydt übertrug im Jahr 1919 seine Bank an das Bankhaus Delbrück, Schickler & Co., die mit anderen Clans zur Deutschen Bank fusionierten.

Deutsche Vaterlandspartei

Die Partei wetterte gegen einen „Verzichtfrieden“ oder „Judenfrieden“ und „Verrat“ an der Heimatfront und vernebelte die Diskussion um „Novemberverbrecher“ und den „Dolchstoß“. Der Erste Weltkrieg war vor allem deshalb verlorengegangen, weil das welfisch kontrollierte Britannien mit dem welfisch kontrollierten Russland und den heimlich welfisch kontrollierten USA von Anfang an eine Übermacht darstellte und weil die Deutschen nachrichtendienstlich versagten, was nicht zuletzt daran lag, dass in Deutschland auch Welfen ihren Sitz hatten und ihre Spionagenetzwerke. Geführt wurde die Vaterlandspartei von Alfred von Tirpitz und Wolfgang Kapp. Ehrenvorsitzender der Partei war Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg. Tirpitz war ein Frankfurter Freimaurer und heiratete die Tochter von Gustav Lipke (Besuch der Uni Heidelberg und Berlin). Friedrich Kapp studierte in Heidelberg, war bei mehreren Burschenschaften und hatte viel mit Amerika zu tun. Sein berüchtigter Putschversuch scheiterte. Johann Albrecht, Herzog zu Mecklenburg war mit der Welfen-Prinzessin Elisabeth von Sachsen-Weimar-Eisenach (1854–1908) verheiratet.

Die DVLP wollte eine Reichstagsauflösung und dann einen „starken Mann“ zum Diktator machen, dessen „cäsaristische Herrschaftstechniken“ die Demokratie vernichten und die Linken bezwingen sollte.

Deutschbund

Der Deutschbund wurde 1894 vom Journalisten Friedrich Lange in Berlin gegründet und war rassistisch, antisemitisch und sehr bürokratisch. Der Funktionär Friedrich Lange studierte an der Uni Göttingen war bei den Burschenschaften. Langes Freund war Paul de Lagarde, der vom preußischen Botschafter Christian von Bunsen gefördert wurde und einen „Studienaufenthalt“ in London machen durfte. Später wurde Dann wurde Lagarde Professor an Uni Göttingen. Zu seinen bekanntesten Lesern zählten Houston Stewart Chamberlain. Die „Brüder“ der Deutschbund-Gemeinden aus zumeist protestantisch-konservativen Honoratiorenkreisen gaben sich eine quasi-freimaurerische Heimlichtuerei, betrachteten sich als rassische Elite und wollten die Militärführer der Zukunft hervorbringen.

Deutschsoziale Partei

In Theodor Fritschs 1902 in Leipzig gegründeten Hammer-Verlag erschienen neben der Zeitschrift „Der Hammer – Blätter für deutschen Sinn“ (1902–1940) viele irreführende antisemitische Propagandaschriften, die das Märchen einer jüdischen Weltverschwörung in vielfältiger Form behandelten. Darunter waren auch deutsche Übersetzungen der Protokolle der Weisen von Zion und der von Henry Ford unter dem Titel „Der internationale Jude“ herausgegebenen Zeitschriftenaufsätze des Dearborn Independent. Fritsch veröffentlichte das „Handbuch der Judenfrage“, das eine Art kompakte Zusammenfassung des Weltverschwörungsmärchens und der Rassenkampf-Ideologie war. Hitler bezog seine Pseudo-Bildung daraus, wie auch viele andere Zeitgenossen. Der Stürmer-Herausgeber Julius Streicher beschrieb das Buch als Erweckungserlebnis, das ihn zu einem „Wissenden“ gemacht habe. Der Antisemitismus spielte den Briten bzw. den Welfen in die Hände, da die rechtskonservativen Deutschen sich zunehmend auf Sozialisten und Juden als Gegner einschossen. Es überrascht nicht, dass die Welfen solche antisemitische Propaganda förderten, wo sie nur konnten. Fritsch gründete den Germanenorden als geheime Zwillingsorganisation. Mitglieder des Germanenordens gründeten 1918 die Thule-Gesellschaft für öffentliche politische Treffen. Das Handbuch der Judenfrage lehrte, dass „die verhältnismäßig starke und Jahrhunderte dauernde Inzucht aus dem jüdischen Volke keineswegs eine „neue Rasse“ im eigentlichen Sinne gemacht“ habe, sondern dass „Umwelteinflüsse die Fortpflanzung der Träger einer bestimmten Merkmalzusammenstellung besonders gefördert und die Fortpflanzung der Träger aller anderen Merkmalzusammenstellungen dauernd gehemmt“ hätten.

Die Geschichtsinterpretation unterscheidet strikt zwischen Abendland und Orient, was eine grobe Irreführung ist:

„Aus dem Orient stammen alle Krankheiten, an denen wir leiden; im Sumpfboden des orientalischen Völkerchaos sind sie gewachsen: der Imperialismus und Mammonismus, die Verstädterung der Völker mit der Zerstörung des Ehe- und Familienlebens, der Rationalismus und die Mechanisierung der Religion, die mumienhafte Priesterkultur und der Wahngedanke eines die Menschheit umfassenden Gottesstaates.“

Die Griechen und Römer hätten dagegen eine „blühende nationale Laienkultur“ geschaffen, welche „sie selbstbewußt und tapfer gegen den asiatischen Geist und die asiatischen Großstaaten verteidigten. Sie wurden die Überwinder des Orients: Äußerlich und innerlich.“ Ironischerweise werden die antiken Mysterien dafür verantwortlich gemacht, dass Rom und Griechenland untergingen:

„Die Griechen und Römer gaben ihre nationale Kultur auf; es entstand eine internationale Kulturgemeinschaft. In Wahrheit wurden die Völker um das Mittelmeer nach und nach orientalisiert: Die asiatischen Götter, die chaldäische Astrologie, die Mysterienzauber verbreiteten sich über das Weltreich; asiatische Lebensweise und Weltanschauung drangen ein; die Menschen ließen sich durch die asiatischen Laster verseuchen; asiatische Theokratie, asiatischer Universalismus und Absolutismus wurden von den römischen Kaisern angenommen.“

Natürlich übernimmt das Handbuch das Märchen, laut dem winzige Clans wie die Rothschilds das britische Imperium gestohlen hätten, ohne aufgehalten zu werden:

Die englische Regierung mußte Rothschilds Gold haben, und er verkaufte es ihr.

Die englische Krone hätte sich mühelos Rothschilds Gold einfach nehmen können, aber die Wahrscheinlichkeit ist fast 100%, dass das Rothschild-Geld in Wirklichkeit sowieso das Geld der britischen Krone war. Das britische Imperium machte vor nichts halt, aber wir sollen glauben, dass es dumm und passiv zugeschaut hätte, wie ein winziger jüdischer Clan unglaublich reich wird. Dann hätte das britische Reich den kleinen Clan um Geld bitten müssen und wäre vor den Juden auf dem Boden gekrochen. Und natürlich erwähnt das Handbuch der Judenfrage das Waterloo-Märchen über Nathan Rothschild:

Jedenfalls wußte er [Rothschild] eher als die englische Regierung, daß Napoleon I. entscheidend besiegt sei. Während man in London noch allgemein unter dem Eindruck der zwei Tage vorher erlittenen Niederlagen stand und die Kurse immer tiefer sanken, ließ Nathan alle Papiere kaufen, deren seine geheimen Agenten nur habhaft werden konnten; denn er wußte, daß sie bald steigen würden.

Dieser Mythos ist längst widerlegt. Die angeblich jüdische Freimaurerei trage natürlich die „Hauptschuld am Weltkrieg und an seinem revolutionären Ausgang.“

Deutschvölkische Freiheitspartei

Zu den führenden Politikern der DVFP gehörte Ernst zu Reventlow, der zum  Uradel zählte. Aus dem Familienzweig Ziesendorf (in Mecklenburg) entsprang Detlef Reventlow, der 1632 zum dänischen Kanzler von Christian IV. von Dänemark (Welfe) ernannt wurde. Detlef war Stammvater von zwei neuen Zweigen, die beide zu großem Einfluss gelangten. Der ältere Zweig erlangte 1767 die dänische Lehnsgrafenwürde und heiratete in das dänische Königshaus und Schleswig Holstein-Sonderburg ein. Die dänischen Monarchen sind eng verwandt mit den britischen.

Zur Reichstagswahl im Mai 1924 trat die DVFP in einer Listenvereinigung mit Ersatzorganisationen der weiterhin verbotenen NSDAP an, die 6,6 % der Stimmen erzielte.

Deutschnationale Volkspartei

Der erste Vorsitzende wurde Oskar Hergt, beruflich in den Welfen-Hochburgen Sachsen und Hannover tätig. Weitere Mitglieder waren Kuno Graf Westarp, Tirpitz, Kapp und Karl Helfferich (Direktorium der Deutschen Bank).

Nationalsozialistische Freiheitspartei

Diese Partei war das Werk des bereits erwähnten Ernst Graf zu Reventlow.

Tannenbergbund

Offizieller Vorsitzender war General a. D. Friedrich Bronsart von Schellendorf, ein alter Jugendfreund des Mystikers und Generals Ludendorff. Als Chef des Generalstabs der osmanischen Armee war Bronsart der wichtigste deutsche Offizier im türkischen Heer und wirkte in dieser Funktion am Völkermord an den Armeniern mit.

Reichshammerbund

Eine mystisch-esoterische Organisation von dem Verleger und Autor Theodor Fritsch.

Germanenorden

Die Struktur war angelehnt an das Freimaurertum und die völkische Ariosophie (nach Guido von List) und benutzte die Musik von Richard Wagner.

Thule-Gesellschaft

Die Organisation des Okkultisten Rudolf von Sebottendorf. Von 1901 bis 1914 will er sich wiederholt in der Türkei aufgehalten haben. In Bursa habe er 1901 die Bekanntschaft eines griechischen Juden namens Termudi gemacht, der ihn in eine Freimaurerloge eingeführt haben soll. Der britische Forscher Nicholas Goodrick-Clarke vermutet, dass die Loge in Bursa mit französischen Logen des Memphis-Ritus in Verbindung stand. Darüber hinaus sei sie eine Tarnorganisation des jungtürkischen „Komitees für Einheit und Fortschritt gewesen“, einer illegalen und von Britannien geleiteten Oppositionsbewegung gegen das absolutistische Regime von Sultan Abdülhamid II. Von Termudi will Sebottendorf auch dessen Bibliothek okkultistischer Bücher geerbt haben.

Die Ariosophen

Die frühen Ariosophen wie Guido von List und Jörg Lanz von Liebenfels bedienten sich bei der britischen Theosophie von Helena Blavatsky und sprachen gezielt diejenigen Deutschen an, die enttäuscht waren von der drögen bürokratischen und industriellen Realität im Deutschen Reich unter Führung Preußens. Viele vermissten einen mystisch-religiös-romantischen Überbau für das bisher zweckmäßige Konstrukt des Deutschen Reiches und sehnten sich nach einer Theokratie, der Mischung aus religiöser und weltlicher Führungskaste. Auch die Rechtskonservativen in Österreich waren erbost über den Multikulturalismus, der Millionen Tschechen, Polen und Menschen anderer Nationalitäten unter einen Hut bringen wollte. Die britische Theosophie-Chefin Annie Besant, die einen großen Einfluss hatte auf die deutschen völkisch-esoterischen Gruppen, stand der Fabian Society nahe, die im Auftrag des britischen Adels und britischer Großkapitalisten den Sozialismus in Europa als gesteuerte Opposition aufbaute. Die Ironie, dass Besant gleichzeitig den Sozialismus förderte und deutsche Ultra-Rechte inspirierte, die den Sozialismus als rein jüdische Verschwörung zur Eroberung der Welt betrachten, blieb unbemerkt.

Die völkischen Gruppen waren noch keine einheitliche und vor allem keine revolutionäre Massenbewegung, wie später der Nationalsozialismus, aber die verschiedenen Zeitschriften und Bücher, die hervorgebracht wurden, erreichten ein deutlich größeres Spektrum an Menschen. Als im April 1897 in Österreich von der Regierung beschlossen wurde, dass Beamte in Böhmen und Mähren Deutsch und Tschechisch zugleich beherrschen müssen, kam es zu Protesten, politischen Blockaden und Ausschreitungen, die beinahe den Einsatz der Armee zur Wiederherstellung der Ordnung zur Folge hatten. Hunderte deutsche Vereine wurden von der Regierung aufgelöst wegen Gefährdung der öffentlichen Ordnung. Die Ariosophen waren zudem Gegner des Katholizismus und der Habsburger, was eine weitere Spaltung der Gesellschaft bedeutete.

Für die britisch-adelige Spionage war es nicht schwierig, heimlich die völkische Szene zu infiltrieren, auszuhorchen, bestimmte Entwicklungen und Inhalte zu beeinflussen sowie gesellschaftliche Spannungen zu verstärken. Anstatt sachlich die klassich-österreichischen gegen die slawischen Interessen zu vertreten und die Novellierung des Wahlrechts sinnvoll zu gestalten, bekam alles einen gruppennarzisstischen okkultistischen Charakter verliehen.

Lanz von Liebenfels, der eigentlich gar kein echter Adeliger gewesen war, predigte den Rassenkampf, schmähte Mitgefühl und wollte Frauen unter strikter Kontrolle halten. Nur die Adeligen seien in der Lage, Fortschritt zu erzeugen und der Vergöttlichung näher zu kommen. In seiner Zeitschrift Ostara verwursteten verschiedene Autoren die Texte der britischen Theosophie-Anführerinnen Annie Besant und Helena Blavatsky. Hitler gab in „Mein Kampf“ zu, dass er in Wien den „granitenen“ Grundstein für seine Ansichten gefunden hätte und rassische Broschüren gelesen hätte, ohne jedoch explizit zuzugeben, dass es sich wohl nur um die Ostara gehandelt hatte. Guido von List bediente sich inhaltlich bei altbekannten Quellen wie dem Freimaurertum, den Rosenkreuzern, weiteren Organisationen, der Kabbala und auch bei Tempelritter-Mythen, die jeweils passend zurechtgebastelt wurden. Alle möglichen Tricks und Kniffe kamen zum Einsatz, um eine vermeintliche armanische Hochzivilisation zu behaupten, die vor Ewigkeiten als goldenes Zeitalter existiert haben soll. Von Wappen über Statuen bis hin zu Ortsnamen; überall interpretierte List hinein, dass es sich um versteckte Spuren der Armanenkultur handelte. Besonders perfide war Lists Idee, dass deutsche Adelsgeschlechter „Abkömmlinge alter Armanengeschlechter“ wären und dass nach einer bald hereinbrechenden Endzeit und Apokalypse (messianische Wehen) ein neues Zeitalter käme.

Man erkennt wieder einmal, wie anpassungsfähig die Mysterien und die zugrundeliegenden Prinzipien sind; sie ließen sich problemlos verbinden mit germanischen Versatzstücken wie Runen oder der Edda und einer speziell angepassten Agenda für deutsche und österreichische Nationalkonservative. Genauso funktioniert die Masche heute, wo Neurechte umgarnt werden mit Tempelritter-Ikonografie oder mit Rechts-Okkultismus aus Russland.

Selbst Lists elitärer „Hoher-Armanen-Orden“ war keine allzu beeindruckende Angelegenheit, aber zusammengenommen in der Masse verfehlten die völkischen Organisationen ihre Wirkung nicht. List erlebte die NSDAP nicht mehr, aber seine Ideen landeten bei Heinrich Himmler und dessen Vision eines SS-Staates.

Lanz von Liebenfels brachte unverhohlen und offen eine gehörige Portion Psychopathie und Gruppennarzissmus in seine Esoterik mit ein; niedere Rassen und Stände gehörten versklavt und ausgerottet. Die Spuren der „heiligen elektronischen Kraft“ hätten sich durchgesetzt in den alten fürstlichen Dynastien Deutschlands. Dass gerade die Welfen auf deutschem Boden mit dem britischen Thron eng verwandt waren und eine Gefahr darstellten, wurde nicht erkannt oder kam nicht zur Sprache.

Lanz von Liebenfels prophezeite mit Hilfe der Astrologie einen Sieg der Mittelmächte im Ersten Weltkrieg und generell wurde der Krieg in das Muster des apokalyptischen Denkens gepresst, wo „messianische Wehen“ unabdingbar seien auf dem Weg in die paradiesische Zukunft. Dass nach dem verlorenen Krieg 1918 das hohenzollernsche Deutsche Reich und das österreichische Habsburgerreich zerbröselten, war ein Ergebnis, das dem konkurrierenden Welfen-Adel sicher gefallen hatte.

In einer österreichischen Burgruine schuf Liebenfels den Ordo Novi Templi (ONT), wo er mit Kostümen und abgekupfertem Zeremoniell die Elite der Zukunft sammeln wollte. Natürlich hatte Lanz noch nie im Kampf ein Schwert geschwungen oder irgendeine Art von Kriegsführung vollzogen. Er konstruierte einfach das Märchen zusammen, dass die Tempelritter ein arischer Bund mit einer arischen Mission gewesen seien, um ein neues Reich im Mittelmeerraum zu errichten. Die katholische Kirche hätte davon Wind bekommen und die Templer zum Großteil zerstört.

Hans Heinrich XV. Fürst von Pless beschenkte den ONT reichlich. Er hatte in London Mary Theresa Olivia Cornwallis-West geheiratet, deren Bruder George die Mutter von Winston Churchill heiratete, dessen Familie wiederum über Generationen hinweg den Welfen diente. Marys Schwester Constance heiratete Hugh Grosvenor, den 2. Duke of Westminster, Mitglied im Royal Victorian Order. Hugh kämpfte mit einer Freiwilligen-Einheit der Yeomanry im Zweiten Burenkrieg, später war er dann Aide-de-camp von Lord Roberts und Lord Milner. In der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg schloss sich Grosvenor verschiedenen Gruppierungen am äußersten rechten Rand des politischen Spektrums an, unter anderem dem Right Club, der auch offen antisemitisch war. Hughs Antisemitismus war wahrscheinlich genauso eine bloße Taktik wie das antisemitische Geschwätz von Winston Churchill über revolutionäre Juden und Illuminaten. Der Germanenorden hatte mit internen Streitereien und Spaltungen zu kämpfen und bot noch lange keine breite revolutionäre Front wie die NSDAP später. Um den Aufbau bemühte sich, bis zu seinem verfrühten Tod, Johann Albrecht, Herzog zu Mecklenburg, Regent des Herzogtums Braunschweig (Nachfolger von Braunschweig-Wolfenbüttel). Wir haben es hierbei mit einem wichtigen Nest der Welfen zu tun, das in alle möglichen Geheimoperationen verwickelt war und auch Querverbindungen hatte zu Karl Marx, der höchstwahrscheinlich ein Agent der adeligen Netzwerke war (siehe Band I von „Die tiefsten Geheimnisse der Supermächte“). Johann Albrecht heiratete Prinzessin Elisabeth von Sachsen-Weimar-Eisenach von den Häusern Sachsen-Weimar-Eisenach und Oranien-Nassau. Im Sommer 1917 wurde er Ehrenvorsitzender der rechtsradikalen Deutschen Vaterlandspartei. Sein Grabmal wurde in Anlehnung an byzantinisch-ravennatische Kunstformen gestaltet.

Der Germanenorden beteiligte sich auch an politischen Attentaten. Wieso trauten einflussreiche Personen wie der Herzog zu Mecklenburg einer Organisation von dem Hochstapler Sebottendorff? Hatte letzterer in Ägypten bereits Kontakte geknüpft zu den dort aktiven Briten und okkulten Kreisen? In der Türkei lernte er türkisch und begann, sich ernsthaft für den Okkultismus zu interessieren. Sein reicher Gastgeber Hussein Pascha war Anhänger des Sufi-Mystizismus, der teilweise auch als Vehikel für revolutionäre Zwecken bzw. zur Spionage verwendet wurde. Die jüdisch-kabbalistische Familie Termudi waren Freimaurer und führten Sebottendorff in die Loge in Bursa ein, die laut dem Historiker Goodrick-Clarke möglicherweise eine lokale Gruppe der vorrevolutionären „Geheimen Gesellschaft der Union und des Fortschritts“ gewesen war. Dieses Netzwerk agierte im Sinne Britanniens gegen den türkisch-ottomanischen Sultan und war nach dem Vorbild der Freimaurer aufgebaut worden. Natürlich erzählt Goodrick-Clarke nicht, dass die britische Spionage dabei schwer involviert war und letztendlich die Sultane stürzte, das Kalifat beendete und die Führung über den Islam auf arabische Stämme übertrug, die Britannien unter Kontrolle hatte.

Mit der Schwesterorganisation „Thule-Gesellschaft“ kämpfte der Germanenorden gegen die Kommunisten in Bayern und speziell München, die als Ausprägung einer vermeintlichen jüdischen Weltverschwörung gedeutet wurden. Sebottendorff peitsche seine Ordensmitglieder an:

„An Stelle unserer blutsverwandten Fürsten herrscht unser Todfeind: Juda.“

Ob es ihm bewusst war, dass er Blödsinn erzählte und grob irreführende Werbung machte für die gefährlichen „blutsverwandten Fürsten“?

Die spätere NSDAP vermochte es nicht, das Wesen der Großmächte Britannien, Russland und USA zu verstehen und erst recht nicht, ein ernstzunehmendes Spionagewesen samt Spionageabwehr hervorzubringen. Man setzte auf Gesinnung und auf die Illusion, man wüsste bereits alles, worauf es ankäme, i.e. die vermeintliche jüdische Weltverschwörung. Bei Thule tummelten sich Adelige wie die Gräfin Heila von Westarp und Prinz Gustav von Thurn und Taxis, die aber von den Kommunisten erschossen wurden, weil wahrscheinlich Sebottendorff die Mitgliederlisten nicht gut genug geschützt hatte.

Gregor Schwartz-Bostunitsch, ein Okkultist und Antisemit, arbeitete eng zusammen mit dem NS-Ideologen Alfred Rosenberg, hatte angeblich eine Bibliothek mit 40.000 Titeln und tingelte von einer NS-Organisation zur nächsten, um das Mantra einer jüdisch-freimaurerischen Weltverschwörung zu verbreiten. Rosenberg hatte 1917 nach eigenen Angaben sein Erweckungserlebnis in Moskau gehabt durch die Lektüre von Nilius‘ Werk „Das Große im Kleinen“ und der Protokolle von Zion. Er reiste nach Deutschland, wie auch viele russische Emigranten, die vor den Wirren des Krieges und der kommunistischen Revolution flohen. Dieser Migrantenstrom war verheerend im Hinblick auf Spionageabwehr, weil den unterentwickelten deutschen Geheimdiensten die Kapazitäten fehlten, um russische Spione unter den Migranten zu enttarnen. Da in den rechten deutschen Zirkeln ähnlicher Okkultismus zirkulierte wie in Russland, ergaben sich viele Möglichkeiten, Kontakte zu knüpfen.

AlexBenesch
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