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Das Ende des Darknets

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Kommentar

Die Zeiten des Darknets, dem verschlüsselten Internet im Internet, sind vorbei. Europol berichtet aktuell in einer Pressemitteilung über die Schließung der zwei größten illegalen Marktplätze. Einer der Verantwortlichen verstarb in einer thailändischen Gefängniszelle, nachdem seine Sportwagen und Bitcoins beschlagnahmt wurden.

Die ganze Idee war von Anfang an totaler Blödsinn, weil Strafverfolgungsbehörden spielend leicht als Käufer und Verkäufer posieren konnten und weil die NSA hier jederzeit die wichtigen Tipps geben konnte und weil der Anonymisierungssoftware TOR einfach nicht zu trauen ist. Es sind nicht nur die Behörden, die das freie Internet zerstören, sondern auch die Pädos, Dealer und Drogenkonsumenten.

Pädos

In den letzten Jahren wurden mehrere Darknet-Plattformen für Kinderpornografie mit Namen wie „Zauberwald“ oder „Elysium“ ausgehoben. Den Ermittlern zufolge war es meistens üblich, dass neue Nutzer sich nur dann registrieren konnten, wenn sie zuerst selbst Material beisteuern. Bei Elysium war jedoch die Registration ohne irgendwelche Hindernisse innerhalb von fünf Minuten möglich. Die Fahnder mischten sich unter die Nutzer, extrahierten Bilder von den Gesichtern missbrauchter Kinder und fragten diskret an den deutschen Schulen, ob diese Kinder identifiziert werden können. Mit dieser Methode fand man die Betreiber der Pädo-Plattform, die sich in der realen Welt mehrfach getroffen hatten.

Waffen

Es gab nach dem Münchner Amokläufer viel Geschwätz in der Presse über Waffen aus dem Darknet. Der Täter hatte sich über verschlüsselte, anonymisierte Kanäle auf illegalen Handelsplattformen laut dem Stand der Ermittlungen eine Pistole vom Typ Glock 17 für tausende Euros gekauft (normaler Gebrauchtwert: 400€). Jeder könne so im Darknet einkaufen und die Behörden rennen wie üblich hinterher. Als Zahlungsmittel dienen digitale Währungen wie Bitcoin.

Fast Company sprach mit einem Professor von der Carnegie Mellon University, der illegale Marktplätze von 2013 bis 2015 untersucht hat. Er erklärt, dass Schusswaffen einen vernachlässigbaren Anteil an den Geschäften darstellen. 2012 schloss ein illegaler Marktplatz für Waffen namens „The Armory“ wegen Mangels an Umsätzen. 2014 tauchte er wieder auf, soll aber nur 10 bis 40 Verkäufe pro Monat verbuchen. Das FBI kauft immer wieder illegale Waffen im Darknet und verhaftet die Händler. Das ganze System der Anonymität ist nutzlos für Händler, wenn Kunden nicht als Mitglieder von Strafverfolgungsbehörden erkannt werden und Waffenteile mit der Post verschickt werden. Behörden können auch als Verkäufer auf den Plattformen auftreten oder im Extremfall die komplette Plattform selbst leiten. Auch im Darknet gib es sehr viele Dinge, die beachtet werden müssen, um nicht einen Haufen Beweismittel für die Behörden zu hinterlassen. Bitcoins müssen anonym gekauft werden, das Surfen sollte nicht auf einem eigenen Computer über die eigene Internetverbindung stattfinden, man sollte irgendwie eine fremde Versandadresse finden usw. Handelsplattformen stehlen auch häufig die Bitcoins von Benutzern und die Betreiber verschwinden.

Drogen

Der ursprüngliche Drogen-Kingpin war Ross William Ulbricht, der Betreiber von Silk Road. Inzwischen ist klar, dass Ermittler einfach Google benutzten, um die frühesten Erwähnungen von Silk Road zu finden. Jemand hatte im Internet Werbung für die neue Plattform gemacht und gab an anderer Stelle „rossulbricht at gmail dot com“ als seine Adresse an. Ein richterlicher Beschluss lieferte den Beamten Zugriff auf die E-Mails, die zu den Daten passen, die auf Ulbrichts später beschlagnahmten Laptop gefunden wurden.

 

Der Betreiber mit Universitätsabschlüssen im Technologiefeld beteuerte unter seinem Alias „Dread Pirate“ immer wieder öffentlich, dass er eine Art libertärer oder anarchokapitalistischer Verfechter des freien Marktes sei und die Nutzer seines Auktionshauses niemandem Schaden zufügen würden. In Wirklichkeit profitierte Silk Road gerade durch die Illegalität und sackte geschätzte 80 Millionen Dollar an Komissionen ein. Wären Drogen legal, würden schnell Konzerngiganten den Markt dominieren, während kleine Online-Plattformen kaum von den winzigen Margen überleben könnten.

 

Ein verdeckter Ermittler beschwerte sich über die kleinen Mengen Drogen die gehandelt wurden und suchte einen liquiden Käufer für „mehr als zehn Kilogramm Kokain“. Laut Anklageschrift erklärte der Chef-Pirat, sich bei den registrierten Nutzern mit hohen Umsätzen „umzuhören“, fand dann auch tatsächlich einen geeigneten Kandidaten. Ein wichtiger Mitarbeiter von Ulbricht wurde nach Vollzug des Deals verhaftet. Empört darüber, dass der Verhaftete auch noch Geld von anderen Nutzern gestohlen haben soll, heuerte Ulbricht den Behörden zufolge den verdeckten Ermittler an, die betreffende Person zu verprügeln und das Geld zurückzufordern. Ziemlich bald soll aber das Ganze in einen Mordauftrag erweitert worden sein, um zu verhindern, dass das Opfer plaudert.

Für 80.000$ an kassiertem Geld kamen als Gegenleistung inszenierte Bilder des „Mordes“ zurück. Als Antwort erklärte Ulbricht, nun „etwas verstört“ zu sein, nichtsdestotrotz in der Zukunft eventuell wieder auf diese Dienste zurückgreifen zu wollen.

Dass neben gefährlichen Drogen auch kriminelle Dienstleistungen wie etwa Auftragsmorde, Hacks und Identitätsdiebstähle angeboten wurden, war dem Betreiber von Silk Road ebenso egal.

AlexBenesch
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