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Als Schäuble noch über Internierungen und gezielte Tötungen von Terrorverdächtigen sinnierte

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Kommentar

Welcher deutsche Politiker überlegte laut, ob man Terrorverdächtige nicht ähnlich wie die USA einfach als feindliche Kämpfer deklariert und interniert? Wer forderte rechtliche Klarheit zur gezielten Tötung von Terrorverdächtigen?

War es Skandalnudel Björn Höcke? Nein. Es war Wolfgang Schäuble im Jahr 2007. Er klang in einem SPIEGEL-Interview ganz ähnlich wie die scheidende Administration von US-Präsident George W. Bush.

Er dachte über Möglichkeiten nach, „solche Gefährder zu behandeln wie Kombattanten und zu internieren“. Als „rechtliches Problem“ beschrieb er gezielte Tötungen von Verdächtigen (wie etwa Bin Laden) durch den Staat, denn so etwas sei in Deutschland leider noch juristisch ungeklärt.

Angesichts der Flüchtlingskrise und dem massenhaften Durchwinken teils hoch gefährlicher Islamisten rund 9 Jahre später, wirkt dies wie blanker Hohn. Terroristen wie Anis Amri konnten Monate lang durch Deutschland reisen und dabei ihrem Umfeld ihre Pläne mitteilen, ohne dass eine Verhaftung erfolgte.

Es hätte weder Internierungseinrichtungen (Lager?) gebraucht, noch Streichungen grundlegender Rechte oder gezielte Tötungen. Gesicherte Grenzen und eine ausreichend personell besetzte Polizei und Justiz hätten ausgereicht. Ein rigoroses Durchgreifen auf Basis des Grundgesetzes hätte die Probleme verhindert, denen wir uns heute gegenübersehen.

2004 kam es nach Veröffentlichung des Aufsatzes „Bürgerstrafrecht und Feindstrafrecht“ von Günther Jacobs zu einer hitzigen Diskussion von Fachleuten über ein gesondertes Strafrecht für „Staatsfeinde“. Laut Jakobs hätten Menschen, welche die staatliche Rechtsordnung ablehnen oder sie gewaltsam ändern wollen, ihre Bürgerrechte verwirkt. Gemeint sind nicht nur für Terroristen, sondern auch Kriminelle, die nach ihren eigenen Regeln leben.

Eine Light-Version dieser Rechtsauffassung sehen wir heute bereits bei unseren französischen Nachbarn, wo seit geraumer Zeit mit Notstandsgesetzen regiert wird und die Grundrechte im Kampf gegen die zu lange ignorierte islamistische Szene übergangen werden.

Sobald die Situation in Deutschland durch neue Anschläge und Sympathisanten zu heikel wird, könnte die CDU also diese Ideen wieder aufgreifen. Sind die deutschen Möglichkeiten ausgereizt, würde erwartungsgemäß der Hilferuf an Brüssel erfolgen und es käme dann mehr EU-Recht zum Zuge, welches im Rahmen der Aufstandsbekämpfung kaum Hemmungen kennt.

Die sogennante „Neue Rechte“ in der Politik und in der schreibenden Zunft lässt sich leider auch zunehmend hinreißen zu skurrilen Rechtsauffassungen.

„Verantwortungsvolle Leute“

Die französische rechtskonservative Politikerin Marine Le Pen von der Front National hat wenig Berührungsängste mit Folter. Zu den CIA-Exzessen sagte sie  zu den Sendern BFMTV und RMC: „Ich verurteile das nicht.“

„Da ist es nützlich, die Person zum Sprechen zu bringen.“ Dabei müssten „die Mittel“ eingesetzt werden, „die möglich sind“, sagte sie.

Ein Untersuchungsbericht des US-Senats über Folterpraktiken der CIA zeigte, dass die Realität wenig gemeinsam hatte mit Jack Bauer aus der Fernsehsendung „24“. Der geheimdienstliche Nutzen war gering und die Agenten drohten Verdächtigen, ihre Familien anzugreifen und ihre Frauen sexuell zu missbrauchen.

LePen meinte zu den CIA-Folterknechten: „Das sind verantwortungsvolle Leute.“

Der Gründer der FN Jean Marie LePen war früher noch bei der französischen Fremdenlegion und kämpfte im Algerienkrieg um die brutale Kontrolle über die Kolonie. Mehrere französische Zeitungen warfen ihm im Jahr 2000 vor, dass er während seiner Zeit in Algerien vermeintliche oder wirkliche Mitglieder des FLN gefoltert habe. Le Pen hatte dies sowohl 1957 in einer Parlamentsrede als auch 1962 in einem Interview der Zeitschrift Combat erklärt und gerechtfertigt.

Eier ab

Der inzwischen verstorbene Autor Udo Ulfkotte (KOPP Verlag) schockierte nach dem Anschlag im französischen Nizza mit einem heftigen Kommentar:

Wie werden Politik und Medien nach dem jüngsten islamischen Massenmord reagieren? Wahrscheinlich werden sie Lichterketten bilden und gemeinsam rufen »Islam ist Frieden«. Bis zum nächsten Terroranschlag. Die Russen haben einen anderen Weg gefunden, um islamischen Terror zu bekämpfen: Sie beantworten Terror mit Gewalt, Terror und extremen Sicherheitsmaßnahmen. In Tschetschenien hat das offenkundig funktioniert. Und nicht nur in Tschetschenien.

Ulfkotte schien tief beeindruckt von den russischen Methoden zu sein:

Ich erinnere mich daran, dass in den ersten Jahren, als ich regelmäßig in die Kriegsgebiete des Nahen Ostens reiste, im Libanon Diplomaten und andere westliche Ausländer entführt und als Geiseln genommen wurden. Mit Russen haben das die Orientalen im Libanon ein einziges Mal gemacht und dann nie wieder. Während westliche Staaten nach einer solchen Entführung sofort über diplomatische Kanäle Kontakte zu den kriminellen Entführern suchten, diskret Lösegeld und jedwede Hilfe anboten, beendeten die Russen die Entführung ihrer Staatsbürger mit einem klaren Signal, das im Nahen Osten jede Großfamilie versteht: Moskaus Geheimdienst ließ in Erfahrung bringen, aus welchen Großfamilien die Kidnapper stammten, dann eines der männlichen Familienmitglieder entführen und diesem die Hoden abschneiden. Und die wurden der Großfamilie dann mit einer Fristsetzung zur Freilassung der russischen Diplomaten übergeben, verbunden mit dem Hinweis, ansonsten nach und nach die ganze Sippschaft zu kastrieren und das auch öffentlich bekannt zu machen.

Mal abgesehen davon, dass solche kranken Mafia-Methoden in Russland auch gegen das eigene Volk benutzt werden, insbesondere gegen aufmüpfige Bürger, sollte man bedenken, dass Russland auch nach den jüngsten Anschlägen in Nizza zu den Profiteuren zählt. Destabilisierung in Europa, oder gar Bürgerkriegszustände, schwächt den Kontinent und Russland kann sich zunehmend als Ordnungsmacht profilieren.

Putin rette uns? Eine Rettung, wie sich Putin-Fans das vorstellen, gibt es in der Geschichte praktisch nicht. Ostdeutschland wurde von der roten Armee auch nicht gerettet, sondern erobert. Die Schwäche des einen Staates macht sich der andere Staat zunutze. Putins Dienste zählen zum Kreis der Verdächtigen bei Nizza.

Ulfkotte empfiahl dass die Franzosen nun schön fleißig die Front National wählen.

Folter-Trump

Regierungsfunktionäre wie Gina Haspel sollten eigentlich der Vergangenheit angehören: Sie leitete ein CIA-Geheimgefängnis in Thailand namens Katzenauge, in dem gefoltert wurde, um George W. Bushs Amerika vor islamischen Terroristen zu schützen. Nicht nur verstarb einer ihrer Häftlinge, sondern sie ließ auch noch Videobänder vernichten trotz gerichtlicher Anordnungen und der Aufforderungen der 9/11-Untersuchungskomission sowie des Weißen Hauses. Dennoch bekam sie die Auszeichnung „George H. W. Bush Award for excellence in counterterrorism“ und der scheidende Aufseher der Geheimdienste James Clapper war ein Fan von ihr.

Anstatt rechtliche Konsequenzen tragen zu müssen, wird sie nun unter Donald Trump zur Vize-CIA-Direktorin befördert. Ihr Vorgesetzter Mike Pompeo ließ die Fortführung der alten Verhörprogramme offen und Präsident Trump äußerte sich ähnlich.

Pompeo ist der Ansicht, Waterboarding (simuliertes Ertränken bei einem Verhör) wie unter George W. Bush sei völlig legal und verfassungskonform. Im Wahlkampf sagte Trump, man müsse noch „viel stärkere“ und „fast undenkbare“ Methoden anwenden. Pompeo ist außerdem ein großer Fan von massiver Überwachung.

abu_ghraib_48Die Beschreibungen darüber, wie Waterboarding in der Praxis tatsächlich aussieht, waren seit 9/11 in den Massenmedien durch frappierende Auslassungen gekennzeichnet, obwohl längst eine ganze Bandbreite an veröffentlichten Regierungsdokumenten zur Verfügung stand. Dick Cheney marginalisierte die Praktik gar als “Ins-Wasser-tauchen”, während vor Jahren unter anderem eine rechtliche Überprüfung der CIA-Verhöre während der Bush-Ära durch das Office of Professional Responsibility des Justizministeriums veröffentlicht wurde. Das Waterboarding der CIA unterschied sich laut dem Justizministerium erheblich von dem, was beispielsweise Soldaten von Eliteeinheiten in ihrer Ausbildung erdulden müssen. Als Vorbereitung erhalten spezielle US-Einheiten quasi “Waterboarding light”:

“Der Verhörende schüttet eine geringe Menge Wasser auf den Lappen [über dem Gesicht des Soldaten] in einer kontrollierten Weise.”

Eine ganz andere Kategorie ist jedoch das Waterboarding an Kriegsgefangenen und Terror-Verdächtigen: Die CIA benutzte zum Beispiel dermaßen viel Wasser, dass der Geheimdienst laut den veröffentlichten Memos irgendwann zu einer Salzlösung überging um das Auftreten von Lungenentzündungen zu verringern. Die verhörenden Agenten wurden angewiesen, den auf speziellen Wipp-Bahren festgeschnallten Subjekten das Wasser genau dann in den Mund zu zwängen, wenn jene gerade einatmen. Laut dem Bradbury-Memo können Krämpfe im Kehlkopf auftreten, die sogar dann anhalten und das Atmen unmöglich machen, wenn das Schütten eingestellt und der Gefangene in eine aufrechte Position gebracht wird:

“Ein qualifizierter Arzt würde sofort einschreiten, um sich um das Problem zu kümmern und ggf. einen Luftröhrenschnitt durchführen.”

Die Häftlinge wurden von der CIA im Vorfeld auf eine Flüssignahrung-Diät gesetzt um die Auswirkungen abzumildern, falls jemand während dem Waterboarding sein eigenes Erbrochenes einatmet. Das empfohlene Produkt war “Ensure Plus”, eine ballaststoffreiche Trinknahrung in neun verschiedenen Geschmacksrichtungen (Vanille, Kakao, Waldfrucht, Banane, usw). Das Justizministerium während der Bush-Ära authorisierte die CIA zusätzlich, das Waterboarding mit anderen Foltermethoden zu kombinieren. Häftlinge konnten über 7 Tage durchgehend wachgehalten werden indem man ein Seil oder eine Kette von ihren Handfesseln zu einem Haken in der Decke führte, sodass sie sich nie hinsetzen oder hinlegen konnten. Während dieser “Vorbereitung” auf das Waterboarding trugen die Häftlinge Windeln und wurden gefüttert. Ein weiteres Memo von Bradbury aus dem Jahr 2005 beschreibt, wie Häftlinge zwischen den Waterboarding-Einheiten u.a. gegen die Wand geschleudert, in eine kleine Kiste gesteckt, in Stresspositionen gekettet und mit kaltem Wasser abgespritzt werden durften. Viele Häftlinge gaben irgendwann auf, und versuchten bewusst zu ertrinken. Die Agency wurde angehalten, jede Session zu Forschungszwecken ausführlich zu dokumentieren. Ex-Navy SEAL Jesse Ventura fand in der Larry King Live-Sendung auf CNN deutliche Worte über den Nutzen dieser Verhörmethode:

“[Es] ist Folter… Es ist Ertrinken. Es gibt einem vollständig das Gefühl, dass man ertrinkt. Es taugt nichts weil man… lass es mich so formulieren: Gib mir ein Waterboard, Dick Cheney und eine Stunde Zeit und ich krieg ihn dazu, die Sharon Tate-Morde zu gestehen.”

AlexBenesch
AlexBenesch
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