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Der russische Unterwelt-Boss im Trump Tower

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Der Welt-Fußballverband FIFA stürzte über die eigenen Verbindungen zu Russen-Oligarchen. Mehrere Top-Funktionäre mussten zurücktreten und weitere sind im Gefängnis. Einer der wichtigsten Ermittler war Christopher Steele, ehemals beim britischen Geheimdienst MI6 für Russland zuständig. Genau jener Steele verfasste das berüchtigte Trump-Dossier und die Überschneidungen werden dermaßen bedeutend, dass vielleicht der Trump-Administration das gleiche Schicksal droht wie der alten Führungsebene der FIFA.

Die russische Schlüsselfigur Alimsan Tochtachunow aus der FIFA-Affäre hatte sich vor Jahren im Trump-Tower eingemietet, also genau zu der Zeit als reiche Russen Investments in den USA suchten, bei denen nicht viele Fragen gestellt wurden. Trump hingegen brauchte neue Investoren. Irgendwann holte sich das FBI die Sportwetten-Freunde von Tochtachunow im Trump Tower. Natürlich konnte Trump sein Gebäude vermieten und war nicht verpflichtet, die Geschäfte seiner Mieter zu prüfen, allerdings kauften mehrere reiche Russen Immobilien in den USA von Trump als Investment und das FBI prüft gerade, ob Trump oder seine früheren Vertrauten wie Paul Manafort krumme Deals mit Moskau hatten, um Wahlhilfe zu bekommen.

Der Experte für das organisierte Verbrechen Jürgen Roth schrieb über Alimsan Tochtachunow:

Trotz eines internationalen Haftbefehls, der seit dem Jahr 2002 besteht, genießt er in Moskau das süße Leben. Sowohl Michel Platini wie Joseph S. Blatter, die bei der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien auch neben Angela Merkel zu sehen waren, hätten damals auf jeden Fall den öffentlich zugänglichen Jahresbericht des Schweizer Bundesamts für Polizei vom Juli 2003 lesen können. Dort wird Alimzhan Tochtachunow explizit erwähnt.

„Der geborene Usbeke, heute auch Besitzer eines israelischen, eines deutschen und eines russischen Passes, gilt als Mafiaboss. Die italienische Polizei ermittelt gegen ihn seit über zwei Jahren wegen Geldwäscherei und Kontakten zu kriminellen Organisationen. Er wurde verdächtigt, über die Bank of New York und verschiedene italienische Scheinfirmen insgesamt 50 Millionen Dollar gewaschen zu haben. Er pflegt ausgezeichnete Kontakte zur Sportwelt und zu Politikern; diese weltweiten Verbindungen soll er für die Geldwäscherei missbraucht haben.“

Am 31. Juli 2002 wurde Alimzhan Tochtachunow in dem kleinen Ort Forte dei Marma in Norditalien aufgrund eines Haftbefehls des US-Justizministeriums beim Frühstück gestört. Eine Sondereinheit der Guardia di Finanza (Finanzpolizei) aus Venedig stürmte sein Anwesen, legte ihm Handschellen an und beschlagnahmte 1000 Seiten Dokumente und neun Computer und Laptops. Besonders aufschlussreich waren einige der bei ihm beschlagnahmten Videos.

Es ist zwar bekannt, dass die russischen Topkriminellen gern ihren erworbenen Reichtum den Freunden zeigen und ihre Feierlichkeiten auf Video festhalten. Doch das Video zum 50. Geburtstag von Tochtachunow erstaunte selbst die Auswerter. „Goldbarren, Silberbarren und viele Briefkuverts, zehn Zentimeter oder dicker“, wie sich einer der Ermittler erinnert. Der Vorwurf der US-Behörden: Manipulation und Betrug von Entscheidungen während der Olympischen Winterspiele 2002 in Salt Lake City. Ihm drohten deshalb in den USA fünf Jahre Gefängnis.

Entsprechend heftig wehrte sich Tochtachunow gegen seine Auslieferung in die USA. Denn er vermutete wahrscheinlich nicht zu Unrecht, dass die US-Behörden noch eine weitere Anklage nachschieben könnten.

Und die wiederum hängt ursächlich mit seinen anderen kriminellen Aktivitäten zusammen. Dagegen wäre, das erzählte mir ein führender Beamter von Europol, der Vorwurf der geschmierten Entscheidungen bei den Olympischen Winterspielen in Salt Lake City geradezu ein Kavaliersdelikt. Denn nach Aussage des zuständigen italienischen Polizeisprechers, Giovanni Maiolfi, ist er zwar nicht der Chef der Organisation gewesen, „aber wir glauben, er steht ziemlich an der Spitze“.

Nach einem Jahr Untersuchungshaft entschied das höchste italienische Gericht, dass er nicht in die USA ausgeliefert werden darf. Stattdessen wurde er nach Russland abgeschoben. Die italienische Justiz hatte es hingegen verschlampt, ihn wegen der Beziehungen zu kriminellen Organisationen und wegen Geldwäsche rechtzeitig anzuklagen.

Ein Rückblick. Im Jahr 1989 kam Tochtachunow erstmals nach Deutschland. Obwohl er keiner geregelten Arbeit nachging, leistete er sich in Köln eine Luxuswohnung, für die er monatlich 1600 D-Mark zahlte. „Ach, was wollt ihr denn“, antwortete er einmal Beamten des BKA, die ihn bei einer Fahndung nach einem anderen Kriminellen aufsuchten. „Ich finanziere mein Leben durch Spenden von Landsleuten.“ 1992 war der arme Spendenempfänger bereits Teilhaber eines Kölner Geschäfts für Im- und Export und besonders im Sportmanagement aktiv.

Er fühlte sich hier so sicher, dass er gegenüber russischen Landsleuten mit seinen „ausgezeichneten Kontakten“ zu Politikern, Geschäftsleuten und kriminellen Banden prahlte. Endlich, im Frühjahr 1993, gelang es der Kölner Polizei, Tochtachunow aus seinem Revier zu verdrängen. Wenig später tauchte er in Paris wieder auf, kaufte sich ein Luxusappartement im vierten Stock eines noblen Wohnhauses in der Rue du Conseiller Collignon und bezahlte umgehend 1,5 Millionen Mark – in bar. Nach Angaben der französischen Polizei betrieb er, nachdem er Deutschland den Rücken kehrte – ohne seine Verbindungen zu anderen Mafiosi abzubrechen –, „undurchsichtige Geschäfte.“

Das waren Investitionen in Immobilien an der Mittelmeerküste, insbesondere in Parkhäuser in Marseille. 1994 war er dabei, in den internationalen Waffenhandel einzusteigen. Er verkaufte mehrere Kampfhubschrauber aus russischen Armeebeständen, wurde in Frankreich erzählt.

Bereits in den 1990er Jahren hatte sich auch das FBI mit seiner Person beschäftigt. In einem Bericht vom Mai 1995 war über Tochtachunow zu erfahren: „Alimzhan Tochtachunow wird in Europa als sehr mächtiger ,Dieb im Gesetz‘ eingestuft. Seine Rolle und Stellung sind nicht genau definiert, aber aktuelle Informationen deuten darauf hin, dass er eine Schlüsselrolle für eurasische Kriminelle spielt, die in Europa operieren. Möglicherweise fungiert er als Schlichter bei Streitigkeiten.“

Inzwischen droht ihm in den USA neues Ungemach. Dort hat die Staatsanwaltschaft Manhattan im Frühjahr 2013 ein Verfahren gegen ihn eröffnet, unter anderem wegen Geldwäsche. Im entsprechenden Dokument des FBI ist dazu folgendes zu lesen: “Manhattan U.S. Attorney Charges 34 Members and Associates of Two Russian-American Organized Crime Enterprises with Operating International Sportsbooks That Laundered More Than $100 Million
Twelve Charged with Racketeering, Others Charged with Money Laundering, Extortion, Fraud, Operating Illegal Poker Rooms in New York City; One Enterprise Allegedly Laundered Money from Russia, Ukraine Through Cyprus Shell Companies, Bank Accounts to U.S.”

AlexBenesch
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