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Die Heuchelei über den verhafteten Springer-Journalisten Deniz Yücel

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Bild: blu-news.org – Deniz Yücel, CC BY-SA 2.0

Kommentar

Selbstverständlich ist die Türkei heute Erdogans Polizeistaat und die Verhaftung des Springer-Journalisten Deniz Yücel ein Skandal. Aber die Situation ist längst nicht so einfach, wie es die jammernde deutsche Mainstream-Presse darstellt. Als die Türkei noch der brave, gefolgsame NATO-Partner war mit Generälen, die für die CIA arbeiteten, scherten sich unsere Medien praktisch gar nicht um den Polizeistaat dort. Erst als man die EU auf das türkische Territorium ausweiten wollte, kamen die Berichte über Folter und die Forderungen nach Reformen.

Yücel befindet sich wie viele andere Menschen wegen vagen Anschuldigungen in Untersuchungshaft, was nach heutiger türkischer Justiz mehrere Jahre in einer Zelle sowie Folter bedeuten kann.

Aber sogar das deutsche Bundesland Bayern will künftig unbegrenzte Haft für „Gefährder“ möglich machen. Natürlich ist es schön, dass dann endlich Migranten-Dschihadis mit mehreren Pässen einkassiert werden können, aber gleichzeitig bastelt sich hier der Staat eine gefährliche Machtfülle zurecht.

Die Springerpresse hat leider bedeutende Kontakte zu den deutschen Geheimdiensten und zu Atlantiker-Netzwerken unter Führung der USA. Und die Atlantiker sind die Top-Verdächtigen hinter dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei.

Das deutsche Goethe-Institut jammert über die Situation in der Türkei und sieht zahlreiche Bildungsangebote gefährdet. Die Einrichtung hat alle Jugendkurse, bei denen es vor allem um Spracherwerb geht, abgesagt. Auch die Kulturakademie Tarabya in Istanbul, die direkt vom Auswärtigen Amt gefördert wird, weiß nicht welche Konsequenzen auf sie zukommen. Die Regierung Erdogans hat nach dem gescheiterten Putsch-Versuch u.a. ein Ausreiseverbot für Akademiker verhängt. Westliche Medien geben es ungerne zu, aber diese Maßnahme ist eindeutig zur Spionageabwehr gedacht.

Wikileaks berichtete darüber, dass solche Goethe-Einrichtungen im Ausland vom deutschen Bundesnachrichtendienst (BND) verwendet werden:

Eine Untersuchung der Adressen durch Wikileaks offenbart Schlüsselinformationen zu Internetaktivitäten des BND. Gewonnene Erkenntnisse beinhalten das Entfernen von Informationen aus dem Wikipedia-Artikel zum BND – welcher aussagte, daß ausländische Niederlassungen des Goethe-Instituts als verdeckte BND-Niederlassungen fungierten, Besuche auf Webseiten der russischen Regierung und einem Escort Service aus Berlin (Verführungsaktivitäten?), wie auch dem systematischen Durchkämmen des Internets zu Terrorismus-nahen Themen, wie dem Mordanschlag auf den Rebellenanführer Abu Musab Zarqawi im Irak.

Gerade Bildungseinrichtungen lassen sich optimal nutzen, um vertrauliche Kontakte, Informanten und Agenten anzuwerben sowie für weitere Spionagezwecke. Erdogan wirft der sogenannten Gülen-Organisation vor, hinter dem Putsch zu stecken. Gülen verfügt über ein Netz aus Bildungseinrichtungen im Umfang von mehreren Milliarden Dollar. Die amerikanische Bundespolizei und der russische Geheimdienst vermuten die CIA und Saudi-Arabien als geheime Finanziers im Hintergrund.

Tausende Lehrer und andere Bedienstete mit Gülen-Verbindungen wurden nach dem Putsch suspendiert.

Die Lage in der Türkei wird verschärft durch allerhand Terroranschläge und Unruhen. Ich fragte bereits nach dem Putsch, ob nun als nächstes Bürgerkrieg kommt. Sevim Dağdelen, Bundestagsabgeordnete der Partei Die Linke, erklärte auf dem Nachrichtensender N24 dreist, dass Erdogans Programm der „Bürgerkrieg“ sei und derzeit eine „Pogromstimmung“ herrschen würde gegen all diejenigen, die nicht auf Seite Erdogans stünden.

Die westlichen Medien schienen allesamt schwer beleidigt zu sein über das Scheitern des Putsches und führen seitdem einen Krieg der Worte gegen Erdogan.

Die NATO-Sphäre scheint keinen neuen Deal mit Erdogan gefunden zu haben und nun destabilisieren irgendwelche Gruppen das Land, möglicherweise auf Drängen der NATO. Im Westen wird die „Erdogan-ist-quasi-wie-Hitler“-Propaganda hochgefahren, wobei doch die CIA und die Gülenisten Hauptverdächtige bei dem Putschversuch waren. Jetzt maulen westliche Diplomaten über die Zustände in der Türkei, obwohl Erdogan kaum eine andere Möglichkeit hat, als durchzugreifen. Als nächstes folgen wohl irgendwelche Sanktionen, um in der Türkei noch mehr Chaos zu stiften.

Falls die CIA tatsächlich hinter dem Putsch gegen Erdogan steckte, zu hoch pokerte und verlor, ist nun die Frage, wie der Geheimdienst weiter verfahren wird. Einen Bürgerkrieg anzuzetteln und diesen zu tarnen als genuinen Volksaufstand dürfte angesichts der Säuberungsaktionen Erdogans nun ziemlich schwierig zu bewerkstelligen sein. Eine andere Methode wäre der offene Wirtschaftskrieg. Die Springerpresse kommentiert aktuell: „Nur das Kapital kann Erdogan noch zähmen.“

Der türkische Geheimdienst MIT informierte laut einer Meldung der Hürriyet Daily News ranghohe Generäle Stunden vor Beginn des Putsch-Versuchs über die drohende Situation. Der Generalstabschef General Hulusi Akar leitete sofortige Schritte ein. Russland soll als erster gewarnt haben. Westliche Medien versuchten im Nachhinein, zu unterstellen dass der gescheiterte Putsch klein und amateurhaft gewesen sei und deshalb wahrscheinlich von Erdogan persönlich inszeniert worden wäre, um einen Vorwand für politische Säuberungen zu erhalten. Die westlichen Medien erwähnten nicht die sehr wahrscheinliche Möglichkeit, dass der Plan ganz einfach vorher durchgesickert war. Sobald das Überraschungsmoment verloren war, die Ergreifung Erdogans scheiterte und Erdogan-treue Militärs Maßnahmen ergriffen, erlahmte der Putschversuch ziemlich bald, was ausländische Beobachter fehldeuteten als einen halbherzigen und amateurhaften Putsch.

Einer der Hauptverdächtigen ist niemand anderes als die amerikanische CIA, die bereits in der Vergangenheit öfters peinlich gescheitert war mit ähnlichen Aktionen. Beispielsweise war ein geplanter Putsch gegen den iranischen Präsidenten Mossadegh in den frühen 1950er Jahren mehrere vor dem anberaumten Datum durchgesickert und der Präsident hatte genügend Vorwarnung, um sich auf die Situation einzustellen. Die CIA hörte schockiert in einer iranischen Radiosendung, dass ihre Pläne aufgeflogen waren. Trotzdem versuchte man es und die Aktion verlief schnell im Sand.

Präsident Erdogan entkam nur knapp dem Angriff eines Sonderkommandos der Putschisten und wurde in seinem Privatflugzeug ausgeflogen. Im Urlaubsort Marmaris wurde ihm eine Stunde vor Beginn des Putsches telefonisch die Warnung übermittelt, worauf ihn seine Wachleute sofort evakuierten. Nur 15 Minuten später landeten die Putschisten mit Helikoptern und eröffneten das Feuer. Sie kamen zu spät. Es gehört zum Standard-Vorgehen bei einem Putsch, das Staatsoberhaupt möglichst als erstes zu verhaften oder zu töten, bevor die anderen Aktionen beginnen.

Sogar der ehemalige deutsche NATO-General Hans-Lothar Domröse gab zu: Inszeniert war dieser Putsch „sicherlich nicht“. Wenn Erdogan selbst dahinter gesteckt hätte, „hätte er sich diesen lächerlichen Handy-Auftritt sparen können.“ Gemeint war das Interview mit CNN Türk mit Hilfe der Handy-App FaceTime.

In dem Standardwerk „CIA: Die ganze Geschichte“ erläutert der Autor Tim Weiner anhand von zehntausenden ausgewerteten Akten, wie der amerikanische Geheimdienst in vielen Fällen Putschversuche auf der Welt angeleitet hatte und dabei oft scheiterte. Den Massenmedien sind diese Zusammenhänge durchaus bewusst, nur werden sie momentan überhaupt nicht berichtet. Immer wieder nutzte die CIA Bestechung oder Erpressung, um Militäroffiziere für einen Staatsstreich anzuwerben, aber auch geheime Waffendepots wurden angelegt.

Die USA hatten lange an Erdogans Ast gesägt, mit wirtschaftlichen Methoden die türkische Wirtschaft geschwächt und mit seinen Rivalen angebandelt wie Mustafa Koc und Fethullah Gülen. Koc ist überraschend Anfang 2016 gestorben. Er wurde zur Zielscheibe, nachdem er den Demonstranten der Gezi Park-Proteste geholfen hatte. Seiner Firmen wurden von den Steuerbehörden ins Visier genommen und große Staatsaufträge wurden abgesagt. Studiert hatte er an der George Washington University in Washington D.C. und nahm an Bilderberg-Konferenzen teil. Seine Unternehmensgruppe kooperierte mit westlichen Unternehmen wie Ford. In der deutschen Presse waren schwärmerische Artikel über ihn erschienen.

Gülen lebt immer noch im amerikanischen Exil und beteuert seine Unschuld am Putschversuch. Sogar das FBI und die russischen Geheimdienste vermuten, dass Gülen Geld von der CIA und den Saudis erhält. Die Massenmedien betonen nun, dass die vergangenen Säuberungsaktionen Erdogans allesamt angeblich nur auf Lügen und Verschwörungstheorien basierten, wie etwa Ergenekon. Allerdings verschweigen die Medien alle bislang bekannten Fakten zu dem sogenannten „tiefen Staat“ und den klandestinen Netzwerken.

Auch wird unterschlagen bei den Erwähnungen des letzten erfolgreichen Putsch-Führers General Kenan Evren, dass jener Hand in Hand mit der CIA arbeitete.

AlexBenesch
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