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Germanwings-Pilot war auf Antidepressiva und Schlafmitteln

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Vor rund einem Jahr fragte ich zu dem Germanwings-Piloten Andreas Lubitz: „Tablettenabhängig, erblindend, kontrollsüchtig und am Ende der Fahnenstange?“ Jetzt ist es raus: Der Germanwings-Pilot Lubitz konsultierte über 40 Ärzte, war auf Antidepressiva und Schlafmitteln und durfte dennoch ins Cockpit. Gerade in der Anfangsphase kann das Selbstmordrisiko sogar steigen bei solchen Substanzen. Man fand ähnliche Medikamente bei unzähligen Amokläufern. Fahnder sollen bei der Hausdurchsuchung Berge von Medikamenten gefunden haben.

Das Frappierende: Er soll Stimmungsaufheller und Stimmungsstabilisierer genommen haben, trotzdem kippte seine Stimmung ins absolute Extrem. Der wohl bekannteste Stimmungsstabilisierer gilt offiziell als “Goldstandard” und als “das wirksamste Mittel zur Suizidprophylaxe”. Die Antidepressiva vom Typ SSRI werden relativ leichtfertig bei “Burnout”-Diagnosen verschrieben. Oft werden im Rahmen einer Therapie mehrere Präparate durchprobiert, auch gleichzeitig. Manche Experten warnen, dass die immer behaupteten Erfolgsquoten absichtlich von Herstellern übertrieben wurden. Neue Studien legen nahe, dass die Medikamente genausowenig wirksam sind wie ein Placebo, jedoch Nebenwirkungen haben.

Die Massenmedien konzentrieren sich hauptsächlich auf die Diagnose Burnout und Depression, vernachlässigen aber die höchst umstrittenen Nebenwirkungen der Medikamente sowie die wahrscheinliche narzisstische Persönlichkeitsstörung.

Die meisten Menschen wissen nichts über die narzisstische Persönlichkeitsstörung und können sich deshalb nicht erklären, wie ein Einzelner solch eine verheerende Entscheidung treffen kann. Jemand der “nur” unter Depressionen leidet, wäre viel wahrscheinlicher alleine im Segelflugzeug gegen den Berg geflogen. Der Narzisst will sich aber an der Welt und “dem System” rächen, ein Symbol setzen und demonstrieren, dass in Wirklichkeit er die Macht in den Händen hält und er alleine entscheidet, wann und wie er aus der Welt scheidet.

Seine Freundin Kathrin G., die er hätte heiraten wollen, sei schwanger gewesen und soll sich wegen seinem narzisstischen, kontrollsüchtigen und aggressiven Verhalten getrennt haben. Auch der spontane Kauf zweier Neuwagen der Marke Audi konnte nichts daran ändern. Nach außen wirkte er selbstsicher, im Privatbereich jedoch wollte er alles kontrollieren: Was sie anzieht, mit wem sie spricht. Er sei ein “Kontrollfreak erster Klasse” gewesen. Immer benötigte er Aufmerksamkeit, Lob und Zuspruch wie die Luft zum Atmen. Dazu kamen laut Medienberichten regelmäßige Wutausbrüche. Genau dieses Verhalten verscheuchte auch eine weitere Beziehung, eine Stewardess.

Die Ex-Freundin von Germanwings-Pilot Andreas Lubitz erhärtete in einem BILD Plus-Interview den Verdacht auf eine schwere narzisstische Persönlichkeitsstörung. Die 26-jährige Stewardess, die mit ihm fünf Monate lang eine Beziehung gehabt haben soll, schilderte ihre Angst vor einem Mann, der regelmäßig ausrastete, nach außen jedoch einen makellosen Eindruck erweckte. Seine Probleme wurden immer deutlicher und waren schließlich der Grund für eine Trennung. Er kündigte ominös an:

Eines Tages werde ich etwas tun, was das ganze System verändern wird, und alle werden dann meinen Namen kennen und in Erinnerung behalten.

Sein Hauptproblem waren wahrscheinlich nicht Phasen von Depressionen, sondern eine narzisstische Persönlichkeitsstörung. Die FAZ zitiert einen Experten mit exakt dieser vorläufigen Einschätzung:

„Ein solcher erweiterter Suizid auf solch gewalttätige Art und Weise ist nicht typisch für das Krankheitsbild einer Depression.“

Für ihn ähnelt das Vorgehen des Kopiloten eher dem von Amokläufern, einer Personengruppe, die häufig unter einer Persönlichkeitsstörung mit einem hohen Kränkungserleben leidet. Zu einer solchen Persönlichkeitsstörung könne eine Depression hinzukommen. Nur die Diagnose Depression hält Reif in solchen Fällen aber für zu kurz gegriffen.

Für normale Menschen sind beruflicher Stress und scheiternde Liebesbeziehungen kein Grund für 149-fachen Mord. Ein Narzisst jedoch nimmt den herausfordernden Alltag ganz anders war: Als eine Serie von tief schneidenden Kränkungen, die nur schwer aufzuwiegen sind durch “narzisstische Nahrung” in Form von Bewunderung, Aufmerksamkeit, Bekanntheit, Bedeutsamkeit. Sie fühlen sich ständig bedroht, von einem tiefen Loch verschluckt zu werden, eine Leere die in der Regel durch frühen Liebesmangel ausgelöst wurde und durch nichts wirklich jemals wieder aufgefüllt werden kann. Sie stehen manchmal sogar Todesängste aus, Furcht vor einer Auflösung ihrer Persönlichkeit, vor einem Dammbruch der sie überfluten kann mit Schmerz und Gefühlen der Wertlosigkeit. Lubitz’  Ex-Freundin erklärte:

Privat war er sehr weich, ein Mensch, der Liebe brauchte.

Wenn er aber über seine Arbeit sprach, wurde er aggressiv. Zu viel Druck, zu wenig Geld, zu wenig Sicherheit. Wuchs in ihm der Hass auf die Lufthansa, die seinen “Traum” und damit sein Leben zerstörte? Seine gesamte Existenz drehte sich seit seiner Kindheit um das Fliegen, sein Zimmer platzte schier vor Postern und Modellen und Büchern. Dieser Raum war wohl sein Reich, seine Blase in der er Pilot spielen und Bewunderung von einem eingebildeten Publikum erhaschen konnte. Die Fliegerei als Obsession, als Verheißung darauf, die klaffende Lücke mit etwas Großartigem zu füllen, sich selbst neu zu erfinden, eine idealisierte Fantasie-Version von sich selbst zu schaffen. Für eine normale Person ist so etwas Träumerei und Spaß. Für den Narzissten ist es tödlicher Ernst. Ein Freund zitiert ihn später mit den Worten, er wäre “gestorben” wenn er seine Flugprüfung nicht bestanden hätte. Für Lubitz war dies wohl nicht nur ein Spruch.

Aber der Beruf bot nicht das, was ein echter Narzisst vehement sucht, wie Abwechslung, Bewunderung, konstante Bestätigung, Ruhm, Aufmerksamkeit, die Erfüllung von unrealistischen Verheißungen. Die Fliegerei hat ihn “verraten” und “betrogen”, sie hat ihn nicht erfüllt, ihm nicht das gegeben was er braucht. Wo er die Fliegerei anfangs noch zum Heiligtum stilisierte, wuchs zunehmend der Hass: Jahrelanges, für ihn erniedrigendes Servieren von Snacks als Flugbegleiter bevor er endlich ins Cockpit durfte. Der lästige Papierkram. Die ständigen Tests. Die langweilige Routine. Die unzähligen Ereignisse die für normale Menschen unscheinbar sind, für den Narzissten jedoch schwere Kränkungen bedeuten. Trotz dem wachsenden Hass auf das Fliegen konnte er es aber nicht loslassen, da es seinen Lebensunterhalt darstellte und er bereits schon so viel investiert hatte. Diese Zwickmühle erzeugt noch viel mehr deprimierende Gefühle der Machtlosigkeit, des Selbsthasses und der Enttäuschung. Anscheinend besuchte er mehrere Ärzte, um sich irgendwie über Wasser zu halten, verzettelte sich und konnte nicht schnell genug das Wasser aus dem sinkenden Schiff seiner Existenz herausschaufeln. Wenn ihm die Fluglizenz genommen werden würde, dann stünde er vor dem Nichts. Beruflich, innerlich, vollständig. Scham, Wertlosigkeit.

Wäre er nur von Depressionen geplagt gewesen, hätte er auch alleine mit einem Segelflugzeug gegen den Alpenberg fliegen und ein Abschiedsvideo oder einen Brief hinterlassen können. Dies hätte aber keine Schlagzeilen ausgelöst. Er reagierte stattdessen mit einem gigantischen Wutausbruch, einem Zeichen. Das “System” wollte ihn zerstören, also fügt er dem System einen schweren Schlag zu. Wenn er schon nicht geliebt und anerkannt sein konnte, dann zumindest gefürchtet. Wie er seiner Ex-Freundin angedeutet hatte:

Eines Tages werde ich etwas tun, was das ganze System verändern wird, und alle werden dann meinen Namen kennen und in Erinnerung behalten.

Dies ist der ultimative Traum des Narzissten, der heilige Gral: Einmal ganz groß rauskommen. Geschichte machen. Sich in das Bewusstsein anderer einbrennen. Ein Erdbeben verursachen.

Er setzte den Bergen seinen Stempel auf, machte sie zu einem Grab, zu seinem Denkmal. Der Ort schien für ihn besondere Bedeutung zu haben. Wie der französische TV-Sender „iTele“ berichtet, hat er mit seinen Eltern 1996 und 2003 Urlaub am Unglücksort gemacht. Wie die französische Zeitung „Le Parisien“ unter Berufung auf ein Mitglied der Flugschule in Montabaur meldet, sei er„begeistert“ und sogar „besessen“ von den Alpen gewesen, hätte während eines Urlaubs mit der Flugschule vor mehreren Jahren mit einem Segelflugzeug die südlichen Alpen in Frankreich überflogen.

 

AlexBenesch
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