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Schizophrenie in den „alternativen“ Szenen

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Kommentar

Ein interessanter Beitrag in der WELT über Schizophrenie zeigt die Innenansichten eines Betroffenen und wie sich in den Wahnvorstellungen Persönliches mischte mit politischen Inhalten und Geschichten aus Film und Fernsehen.

Immer war der Mann in seinem Kopf Mittelpunkt einer filmreifen Verschwörung, wurde gejagt von den mächtigsten Geheimdiensten der Welt, sagte in „telepathischen Gerichtsprozessen“ gegen Dick Cheney aus, zog sich den Zorn eines außerirdischen Königs zu und wollte sich umbringen, um zu verhindern, dass die Außerirdischen eine Atombombe auf Hamburg-Eimsbüttel schossen. Für ihn fühlte sich der Wahn nicht nur echt an, sondern auch um Welten spannender als die reale Welt und sein ansonsten langweiliges Leben.

Der Vater war früh gestorben, die Mutter ließ ihn viel allein und erkrankte an MS; er selbst genoss den Alltag eines faulen Kiffers und probierte auch starke halluzinogene Substanzen. Nicht erwähnenswert, dass er bekannte Filme und Nachrichten konsumierte, die später in seinen Wahnvorstellungen auftauchten.

Selbst wenn er in der Psychiatrie landete, glaubte er dass ein Spezialkommando gleich die Klinik stürmen würde. Es gibt starke Hinweise darauf, dass der Cannabiswirkstoff THC bei Menschen mit genetischer Disposition eine Schizophrenie auslösen kann oder den Ausbruch in einem jüngeren Lebensalter begünstigt, insbesondere, wenn Cannabis mit Amphetaminen kombiniert wird. Ob jemand die Anlage in sich trägt, ist meist unbekannt. Das Auftreten von Schizophrenien in der näheren Verwandtschaft kann jedoch ein starker Hinweis sein. Cannabis scheint die Entwicklung von Psychosen im Allgemeinen zu begünstigen. Auch andere Rauschmittel wie Kokain, Phencyclidin, LSD und Alkohol können psychotische Zustände auslösen. Auch Psilocybin kann psychische Erkrankungen wie eine Schizophrenie auslösen oder zumindest einen Ausbruch begünstigen.

Frustrierte und gelangweilte junge Menschen verbringen viel Zeit vor dem Bildschirm und finden im Internet Verschwörungsfilme fragwürdiger Qualität sowie Hollywood-Streifen, die große spannende Abenteuer zeigen. Beliebte Filme wie Matrix sind inspiriert durch Autoren (in diesem Fall der Comic-Zeichner Morrison), die viele Drogen konsumierten und sich für okkulte Inhalte interessierten. Phillip K. Dick nahm Unmengen an Drogen und verfasste Kurzgeschichten, die immer wieder verfilmt wurden und die Grenzen zwischen Wahn und Realität aufweichen. In „Total Recall“ spielt Arnold Schwarzenegger einen gelangweilten Bauarbeiter, der sich von einer Firma die Erinnerungen an ein spannendes Abenteuer als Geheimagent auf dem Mars einpflanzen lässt. Die Sache geht schief und der Protagonist weigert sich, aus der Wahnwelt auszusteigen.

Drogenkonsumenten werden als Popkultur-Helden verehrt und auch Figuren der Verschwörungs-Kultur bewerben/verharmlosen oft aktiv den Konsum von Halluzinogenen. Deshalb findet man dort so viele schizophrene Elemente. Merkt eine Person irgendwann, wie sie durch Massenmedien und die Politik belogen wurde, ist sie offen für Neues, aber ach verwundbar für Inhalte die auf Schizophrenie zurückgehen. Gerade wenn Fakten mit Wahn vermischt werden, können viele Unerfahrene nicht mehr richtig unterscheiden. Gerade Drogenexperimente verwischen die Trennlinie zwischen Illusion und Wirklichkeit.

Wer sich für außerirdisches Leben interessiert, der kann sich weiterbilden mit wissenschaftlicher Literatur und auf dieser Basis wesentlich besser mutmaßen über Dinge, die uns vielleicht vorenthalten werden. Wer sich für Pyramiden interessiert, kann sich mit wissenschaftlicher Literatur weiterbilden. Wer sich für Verschwörungen interessiert, der kann sich in Geschichte, Militärgeschichte, Kriminologie, Psychologie usw. einlesen. Dieser Weg kostet jedoch Zeit und Kraft, er ist über weite Strecken sehr trocken. Viele Leute wollen sich aber gar nicht anstrengen, sondern eine bequeme Abkürzung wählen. Und genau an diesem Punkt werden sie eingefangen von windigen Geschäftemachern und (mehr oder minder) schizophrenen Inhalten. Schizophrenie kann auch mit diversen anderen Persönlichkeitsstörungen zusammen auftreten. Jemand mit narzisstischen Zügen oder einer ausgewachsenen narzisstischen Persönlichkeitsstörung interpretiert dann beispielsweise einen halluzinogenen Trip bzw. eine schizophrene Episode als göttliche Auserwähltheit, als Beweis für die eigene grandiose Bedeutung. Ein Psychopath meint vielleicht, den Teufel und Dämonen gesehen zu haben und von jenen Befehle entgegenzunehmen.

David Icke und Luke Rudkowski von We Are Change sprachen in einem Video über ihre gemeinsamen Erfahrungen mit der halluzinogenen Rauschdroge DMT, in den USA eine verbotene Substanz der Kategorie 1. David nahm es „in Form von Ayahuasca“ und hörte fünf Stunden einer weiblichen Stimme zu, die ihm von der „Realität“ erzählte.

Genauso wie sich gewöhnliche luzide Träume echt “anfühlen” können, “fühlt” sich das DMT-Kino bei klinischen Versuchspersonen manchmal “realer als die Realität” an. Elfen und Feen gibt es aber trotzdem nicht abseits des eigenen Kopfes. Der Erkenntnisgewinn beschränkt sich auf allgemeine Sätzchen wie “Alles ist eins” oder man fühlt einfach das bestätigt, was man vorher lang und breit gelesen hat.

Heute, so lamentiert Icke, sei die Praxis des Konsums von Halluzinogenen und esoterischen Schriften unterdrückt. Um sich selbst zu verbessern und glücklicher zu werden, müsse man zurück zu dem was Menschen vor langer langer Zeit getan hätten. Das Problem an dieser Argumentation ist, dass Menschen in der Vergangenheit genauso durch ihre psychischen Störungen definiert waren wie heute, und der Rausch diese Probleme nicht notwendigerweise mindern sondern verstärken konnte. Die Geschichtsbücher sind voll von Aufzeichnungen über alte Kulturen, in denen die Stoner-Priesterklasse ihren Stamm einer konstanten Gehirnwäsche unterzogen hat. Die Völker, die an Drogen-Ritualen teilnahmen, waren vorher verbal indoktriniert worden und “sahen” das was sie sehen sollten.

Es ist ein billiger Mythos, dass Halluzinogene den Menschen pauschal friedlicher und freundlicher machen würden. Eine reife Persönlichkeit kann sich durch den Rausch zusätzlich bestätigt sehen, genauso wie sich ein fanatischer Kontrollfreak bestätigt sehen kann. Davids grundfalsche Ideen beschränken sich nicht nur auf seine Vorstellung von morphenden Reptilien-Wesen, die man Jahre vor seinem allerersten Buch schon in der Sci-Fi-Serie “V” fand. Es sind unzählige unwissenschaftliche religiöse Dogmen die er abgekupfert, erweitert und ergänzt hat. Unzählige Male betonte er, früher noch wegen handfester Verschwörungsfakten ausgelacht worden zu sein, wohingehen er sich jetzt bestätigt sehe. Icke jubelt den Zuhörern hier etwas unter, er wurde ausgelacht weil er im landesweiten britischen BBC-Fernsehen nicht über Fakten gesprochen hatte, sondern weil er dort meinte, seine türkisfarbene Kleidung hätte ihn näher an Gott gebracht und all die negativen Energien der Leute würden bald Erdbeben und Flutwellen auslösen.

Gedöns über den Mond als Raumschiff, die Sonne als Tor zu anderen Sphären, Lemuria, die Erde als Gaia-Lebewesen das sich an den Menschen rächt, und 500 weitere Nonsens-Lehren die er von der Theosophie übernommen und nachhalluziniert hat. Immer wieder finden wir bei ihm “Visionen”, also Halluzinationen, als Beweise und Maßstäbe für seine Thesen und Lehren.

Wie üblich, ist Ickes Problembeschreibung über Politik und Banken die trockene Pflichtübung um Leute zu erreichen. Suchen diese dann nach Lösungen, sollen sie sich “von der Realität und von sich selbst und ihrer Lebensgeschichte lösen”, anstatt sich auf Psychoanalyse und Sport zu konzentrieren. In Watford sprach er in religiösen Phrasen. Der Mensch sei nicht das Individuum mit seiner persönlichen Lebensgeschichte, nein wir müssten uns nur in andere Sphären einklinken und uns an kosmische Kräfte hängen, wie bei einem Radio “die richtige Frequenz” wählen. Der Express-Weg dafür sind Drogen.

David Icke ist exakt die Person, die eine grundsätzlich ablehnende und verzerrte Haltung zur Realität hat. In extremer Armut aufgewachsen im britischen System der gesellschaftlichen Klassen, war er als Junge in der Schule regelmäßig so nervös und ängstlich, dass er beinahe in Ohnmacht gefallen wäre. Jedes Mal wenn er ein Klopfen an der Tür hört, soll er eigenen Worten zufolge immer noch erschrecken, weil er sich damals immer vor der Mieteintreiberin verstecken musste. Seine Noten waren in allen Feldern katastrophal, Freunde hatte er in seiner prägenden Zeit keine. Sein Vater lehnte es ab, den Jungen zu einem Psychiater in Behandlung zu geben.

AlexBenesch
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