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Der Radioempfang in Deutschland ist bald so eingeschränkt wie in Diktaturen

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Ein Kommentar von Alexander Benesch

Wer in Nordkorea wohnt, der darf keine Radio- oder TV-Sender aus dem Ausland empfangen. Wer an seinem Empfangsgerät herummanipuliert und heimlich Verbotenes konsumiert, der riskiert alles. Ein kleines Taschenradio mit uneingeschränktem Mittelwellenempfang oder gar Kurwellenempfang zu besitzen, ist in etwa so als würde man eine Bazooka oder Sprengstoff haben. Fernseher sind verplombt oder mit Siegeln versehen, die regelmäßig überprüft werden. Internet hat in Nordkorea fast niemand.

Wer in der Sowjetunion etwas von jenseits des eisernen Vorhangs hören wollte, der musste mit einem Kurzwellen-Empfänger zu den richtigen Zeiten die richtigen Frequenzen einstellen und eine Menge Glück haben. Denn der rote Staat betrieb tausende Störsignal-Sender um zu verhindern, dass die Bürger Sender wie die BBC, Voice of America oder Deutsche Welle empfingen. Später nutzte man sogar Satelliten, die mit einem Rauschsignal die Luft bombardierten.

Die Amerikaner und Briten nutzten extrem starke Antennen, um ihre Programme möglichst weit in den Ostblock zu übertragen. Auf Kurzwelle können Signale tausende Kilometer zurücklegen und immer noch in verständlicher Qualität gehört werden.

Heute ist es eher umgekehrt: Die BBC überträgt ihren Auslandsservice nur noch in Plätzen wie dem mittleren Osten und Nordafrika auf Kurzwelle, während chinesische und russische Programme in englischer Sprache in Europa glasklar empfangbar sind.

In der Sowjetunion erzählte die staatliche Proapganda den Menschen, dass es im amerikanischen San Francisco nicht einmal Milch in den Läden gäbe wegen der grassierenden Armut. Das kommunistische Rumänien machte den Fehler und erlaubte die Ausstrahlung der US-Serie „Dallas“ um den Menschen den gierigen Ölmagnaten J.R. Ewing vorzuführen. Dummerweise bemerkte das Publikum, dass selbst die gewöhnlichen Charaktere in der Show im Vergleich zu den Arbeitern und Bauern der UdSSR ziemlich wohlhabend waren. Bis auf solche Ausnahmen war die Zensur fast perfekt.

In der Zeit des Nationslsozialismus gelang es meist zur Nachtzeit, mit den Volksempfänger-Geräten ausländische Sender reinzubekommen. Entgegen der landläufigen Meinung waren die Geräte nicht strikt technisch begrenzt, auch wenn man sich lieber nicht beim Fremdhören erwischen lassen wollte.

Für die Deutschen heute stirbt die analoge Radiovielfalt zunehmend aus: Deutschsprachige Sender funken inzwischen fast gar keine mehr auf Kurzwelle und Mittelwelle.

Länder wie Österreich, die Schweiz, Finnland oder Schweden haben bereits alle ihre AM-Sendeanlagen verloren, während Dänemark per Gesetz den Betrieb seines Langwellensenders Kalundborg auf 243 kHz hauptsächlich zwecks Übertragung des Seewetterberichtes erhalten hat.

Nächstes Jahr sind auch die verbleibenden weg. Auch viele englische Programme aus mehreren Ländern sind auf Mittelwelle und Kurzwelle verschwunden. Was bedeutet das? Ganz einfach: Man bekommt praktisch nur noch die UKW-Sender aus einem Umkreis von vielleicht maximal 150 Kilometern, von denen die meisten hauptsächlich Musik senden und wo bei allen die Nachrichten identisch sind. Wenn die deutschen Medien ein Thema zensieren oder totschweigen, schaut der Radiohörer in die Röhre. Vorbei die Zeiten, wo man auf Mittelwelle und Kurzwelle viele andere Berichte und Meinungen aus aller Welt empfangen konnte.

Das magere UKW-Angebot wird ergänzt durch digitale Formate, die sich bisher nie wirklich durchgsetzt haben und die genauso beschränkt sind. Ansonsten wird verwiesen auf das Internet und Satellitenangebot. Was aber wenn das Internet mal nicht verfügbar ist oder extrem zensiert wird? Was wenn die Betreiber der Satellitenübertragung unbequeme Stationen nicht mehr führen? Nichts ersetzt im Ernstfall einen Weltempfänger der Kurzwellen- und Mittelwellen-Sender aus aller Welt reinbekommt, egal ob staatliche Sender, private Sender, Piratensender, oder sogar militärische Sender.

Wer Fremdsprachen lernt, der kann immer noch einiges auf Kurzwelle und Mittelwelle hören.

AlexBenesch
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