Als Russland den Zweiten Tschetschenienkrieg führte, setzte man auf systematische Entführungen und Folterungen, um den Widerstand der Tschetschenen zu brechen. Auch in der Ost-Ukraine kamen ab 2014 solche Methoden zum Einsatz.
Angesichts der Invasion, die nun begonnen hat, können solche Methoden immer größer skaliert werden. Die NATO schloss ein direktes militärisches Eingreifen aus und diverse indirekte Eingriffe, wie etwa der Support einer Partisanenkämpfer-Bewegung durch Großbritannien, können höchstens dazu führen, dass Russland die Brutalität nach oben schrauben muss, um die Kontrolle möglichst schnell zu etablieren. Im Falle von massenhaften Verschleppungen oder gar Internierungslagern hätte die NATO die nötigen Gräuel-Bilder, die sich in politisches Kapital ummünzen lassen.
Chernokozovo SIZO war während des Zweiten Tschetschenienkrieges berüchtigt, da es als Hauptbestandteil des von den russischen Bundesstreitkräften betriebenen „Filtrationslager“-Systems diente. Nach offiziellen Angaben passierten etwa 10.000 Menschen das „Aufnahmezentrum“ in Chernokozovo. Unter den Gefangenen war auch der RFE/RL-Journalist Andrei Babitsky, der von russischen Bundestruppen in Tschetschenien entführt wurde und in einer Erklärung für das Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten sagte:
„Alles, was wir über Konzentrationslager der Stalinzeit lesen, alles, was wir von den deutschen Lagern wissen, das alles ist dort vorhanden.“
Im Februar 2000 erlangte das Gefängnis weltweite Berühmtheit für die Misshandlung von Gefangenen, als Berichte über Gefangene auftauchten, die routinemäßig menschlichen Stulpenschlägen, verschiedenen Formen von Folter, Vergewaltigung und anderen Misshandlungen ausgesetzt waren und ihre Familien von Wärtern erpresst wurden.
Anthropoid
Großbritanniens Funktionäre wurden bereits 1936 von überschwänglichen Nazi-Funktionären in Kenntnis darüber gesetzt, dass Invasionen Polens und Tschechiens geplant seien (siehe Louis Kilzer). Mitten im Zweiten Weltkrieg unterstützte Britannien den tschechischen Widerstand, u.a. mit Operation Anthropoid durch die Special Operations Executive (SOE in London) um auf Reinhard Heydrich ein Attentat zu verüben. Nach dem Tod Heydrichs begingen die Nationalsozialisten massive Racheakte an der tschechoslowakischen Zivilbevölkerung. Dabei kam es zum Massaker von Lidice am 9./10. Juni 1942 sowie zur vollständigen Zerstörung der Ortschaft Ležáky. In beiden Fällen wurde die gesamte männliche Bevölkerung sowie ein Großteil der Frauen und Kinder getötet.
Am 5. August 1942 sandte der britische Außenminister Anthony Eden dem tschechoslowakischen Außenminister Jan Masaryk ein Schreiben, mit dem Großbritannien seine Zustimmung zum Münchner Abkommen und damit zur Abtrennung des Sudetenlandes widerrief. Am 29. September 1942 unterzeichnete Außenminister Masaryk – in Anwesenheit von General Charles de Gaulle und des Exil-Premierministers Jan Šrámek – eine Proklamation der Französischen Nationalversammlung, in welcher das Münchener Abkommen von Anfang an als null und nichtig erklärt wurde. Damit war die Grundlage dafür gelegt, dass die Tschechoslowakei im Jahr 1945 in ihren ursprünglichen Grenzen vor 1938 wieder errichtet werden konnte. Die Publikation von Michal Burian, Aleš Knížek, Jiři Rajlich und Eduard Stehlík endet mit dem Satz:
„Die Mission der Fallschirmoperation Anthropoid wurde erreicht.“
System
Eine bekannte NGO, die Missbräuche im russischen Gefängnissystem verfolgt, sagt, sie habe „Tausende“ Videoclips erhalten, die zeigen, wie Häftlinge in mehreren Gefängnissen im ganzen Land von Wärtern geschlagen und gefoltert werden.
„Dies ist ein beispielloser Leak, der Schockwellen im ganzen Land senden wird. Insgesamt haben wir über 40 Gigabyte an Dateien, die weit verbreitete Folterungen zeigen“,
sagte Vladimir Osechkin, der Gründer der Gulagu.net-Rechtegruppe, der Moscow Times in einem Telefoninterview.
Die üblichen Kreml-Propagandisten bei uns im Westen behaupten standardmäßig, für Menschenrechte und alles denkbar Gute zu stehen. Erstens sollte jenen Papptrompeten längst bekannt sein, dass es in Russland heute zugeht wie im Mittelalter oder wie in den sowjetischen Zeiten. Zweitens sollte ihnen grob bekannt sein, dass das russische Sowjetregime haufenweise Sowjetfunktionäre verhaften und und foltern ließ. Das heißt, falls Russland irgendwann einmal die Kontrolle über Westeuropa erringt, zählen die Kreml-Propagandisten dann zu den ersten, die einkassiert und gefoltert werden.
Der Kreml teilte am Dienstag mit, dass ihm das Filmmaterial im Gefängniskrankenhaus Saratow bekannt sei und dass der Bundesgefängnisdienst (FSIN) eine Untersuchung der Videos eingeleitet habe.
Wegleugnen lässt sich die Sache nicht mehr. Selbst RussiaToday musste einen Bericht bringen.
https://www.rt.com/russia/536883-prisons-torture-video-activist/
Man versucht, den Skandal abzuwälzen auf das unmittelbar involvierte Personal. Menschenrechtsaktivisten behaupten hingegen, das Filmen der Folter sei von Beamten des Staatssicherheitsdienstes FSB oder der Gefängnisbehörde FSIN sanktioniert worden.
Gulagu.net nennt vier Hauptkategorien von Opfern. Einige sollen gegen politische Persönlichkeiten aussagen. Andere sind gezwungen, die Wünsche der Gefängnisbeamten zu erfüllen. Es gibt auch reiche oder einflussreiche Menschen, die mit dem Ziel der Erpressung vergewaltigt werden. Schließlich können Personen von außerhalb des Gefängnisses den Beamten 40.000 bis 70.000 US-Dollar für die Teilnahme an den Übergriffen zahlen.
Kürzlich veröffentlichte Gulagu.net auf seinem Youtube-Kanal neues Filmmaterial, das Berichten zufolge zeigt, wie Gefangene geschlagen und gefoltert werden. Gulagu.net sagte, das Filmmaterial sei im Gefängniskrankenhaus in Saratow und in Gefängnissen in den Regionen Belgorod und Kamtschatka aufgenommen worden.
Später am Mittwoch gab der Bundesgefängnisdienst (FSIN) bekannt, dass er den Leiter des Gefängnisdienstes von Saratow zusammen mit drei regionalen Mitarbeitern und dem Chefarzt des Gefängnisses entlassen habe.
Gulagu.net teilte der Moscow Times auch Filmmaterial, das angeblich im selben Saratow-Gefängnis aufgenommen wurde und zeigt, wie mehrere Personen einen nackten Mann, der an ein Bett gefesselt ist, mit einem großen Gegenstand vergewaltigen.
Gulagu.net hat die Videos auch an das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) geschickt. CPT reagierte nicht sofort auf die Bitte um Stellungnahme der Moscow Times.