Kommentar
Bild: Jonas Petrovas/Shutterstock.com
Das russische Regime wird geleitet von einer Gruppe aus KGB-Agenten. Für Geheimdienstler gehört es zum Grund-Repertoire, sich zu tarnen und dem Rest der Welt etwas vorzumachen. Dahingehend muss man auch das konservative Re-Branding Russlands ab 2008 bewerten. Zaren-Pomp, Paläste und eine geheimdienstlich gesteuerte orthodox-christliche Kirche sind sehr durchschaubar und würde kaum Wirkung zeigen im Westen, wenn nicht westliche Konservative diese Falschdarstellung spiegeln würden.
Diese Spiegelungen liegen zum Teil an Wunschdenken und Panik; man hofft auf eine konservative Supermacht bzw. Ordnungsmacht im Kampf gegen Links. Teilweise bedient man einfach die Wünsche und besänftigt die Ängste des zahlenden Publikums. Teilweise werden diese Spiegelungen von russischen Geheimdiensten bezahlt.
Diverse konservative Medien hofften bis zum letzten Moment auf eine diplomatische Lösung für die Ukraine und versuchten, weiter das Corona-Thema zu melken als Zugpferd; insbesondere im Hinblick auf die kanadische Reaktion auf den Trucker-Protest. Nun sieht es so aus, als krähe bald kein Hahn mehr nach Corona und der künstlichen Politisierung (Pandemiebekämpfung sei links; die Pandemie Ignorieren hingegen konservativ).
Die Ukraine-Krise in das Links-gegen-Rechts-Denkmuster zu pressen, ist wesentlich schwieriger und gefährlicher. Tucker Carlson auf FOX News versuchte es mit dem Argument, Putin und die Ukraine sei nicht Amerikas Problem. Putin sei nicht verantwortlich für die desolate finanzielle Lage der USA und links-woke Strömungen. Umgekehrt kann man sagen, dass Saddam Hussein und der Irak auch nicht verantwortlich gewesen war für Amerikas Probleme und eben nicht an 9/11 angegriffen hatte. Trotzdem zog die Bush-Administration in den Krieg und FOX News verteidigte dies. Viele Wähler heute verstehen, dass Tucker Carlson sich hauptsächlich davor fürchtet, dass die Democrats wegen der Ukraine-Krise bessere Chancen haben bei den Midterm-Wahlen dieses Jahr und bei den Präsidentschaftswahlen 2024.
Jürgen Elsässer vom COMPACT-Magazin liefert eine extrem naive Sichtweise:
Die erneute Spaltung der Welt in einen US-geführten und einen prorussischen Block, wenn auch unter entgegensetzten ideologischen Vorzeichen als 1945 bis 1989, wäre eine gute Nachricht. Der zerstörerische Globalismus käme zum Stillstand – und zwischen den Blöcken gäbe es Luft für Neutralismus und Eigenständigkeit.
Er schafft es immer noch nicht zu begreifen, dass die USA und Russland sich immerzu gegenseitig die Bälle zugeworfen hatten und Stellvertreterkriege wie in Vietnam brauchten, um sich aufplustern zu können. Er wird sich wohl noch erinnern können als ehemaliges Mitglied deutscher Kommunisten-Gruppen, wie die West-Kommunisten sich aufs Glatteis ziehen ließen von Moskau und sich damit diskreditierten und den perfekten Vorwand lieferten, politisch verfolgt zu werden von den West-Regierungen. Elsässer deutete mehrfach an, dass ihm Ideen durch den Kopf gehen, Teile von der Bundesrepublik Deutschland könnten sich abspalten und sich im Prinzip Russland anschließen. Elsässer betrachte Russland heute als neo-zaristisch. Dass derselbe Hochadel auch Britannien kontrollierte und letztendlich die deutsche Bevölkerung ausmanövrierte, scheint er vergessen zu haben. Der Hochadel hatte auch seine so geliebte kommunistische Bewegung frühzeitig infiltriert und als Asset geführt, um eine kommunistisch getarnte Revolution in Russland durchzuführen, um den gewöhnlichen Adel nach Jahrhunderten endlich zu vertreiben.
Die AfD marschiert zielstrebig auf ein Parteienverbot zu. Sind die Kontakte und die Solidarität mit Russland zu tief, könnten deutsche Gerichte der Partei bald eine „aggressiv-kämpferische Haltung“ attestieren, was das Kriterium für ein Parteienverbot ist.
Im Völkerstrafgesetzbuch heißt es im neuen Paragraf 13 (meine Hervorhebung):
„(1) Wer einen Angriffskrieg führt oder eine sonstige Angriffshandlung begeht, die ihrer Art, ihrer Schwere und ihrem Umfang nach eine offenkundige Verletzung der Charta der Vereinten Nationen darstellt, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Wer einen Angriffskrieg oder eine sonstige Angriffshandlung im Sinne des Absatzes 1 plant, vorbereitet oder einleitet, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft. […]“
Geändert wurde auch der Paragraf 80a des Strafgesetzbuchs, der nun das „Aufstacheln zum Verbrechen der Aggression“ ahndet. Bisher lautete es „Aufstacheln zum Angriffskrieg“.
Diese Änderungen könnten als Reaktion auf Russlands hybride Kriegsführung und Propagandakampagnen vorgenommen worden sein. Wer also als Russland-Sympathisant in Europa künftig „sonstige Angriffshandlungen“ auch nur plant, vorbereitet, einleitet oder dazu aufstachelt, den erwartet bis zu lebenslange Haft.
Manche konservative West-Medien wie „Tichys Einblick“ versuchen es damit, kurz und knapp die Invasion zu bedauern, die Kritik an Putin aber dennoch weitestgehend zu vermeiden und stattdessen zu lästern über deutsche Politiker:
„Sparen wir uns das Geschimpfe auf Putin.“
„Er zieht seine Politik langfristig, entschieden, skrupellos und insoweit klar, transparent und stringent durch. Sie funktioniert nicht nur, weil sie langfristig angelegt ist.“
Paul Joseph Watson erklärt den Konflikt seinem Incel-Publikum mit Woke vs. Anti-Woke:
Ein Schön-Reden der Ukraine-Invasion, ein Relativieren oder Ignorieren kann zwar bestimmte Konservative im Publikum zufriedenstellen, aber es kann einen massiven Image-Schaden für Konservative bedeuten. Die Wählerschaft sieht, dass sich hinter den unterschiedlichen konservativen Fassaden ggf. auch mittelalterlich oder sogar faschistisch gesinnte Personen verbergen können, oder dass der Erfolg der US Republicans bei den Wahlen über allem andere steht.
Je krasser die russische Besatzung der Ukraine wird, umso größer der Schaden für westliche Konservative, die es nicht fertig brachten, Klartext zu sprechen und zu verstehen, dass Russland vom KGB beherrsch wird.