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Fränkischer „Reichsbürger“ schießt auf Polizisten und löst großflächige Überprüfungen aus

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Archivbild: Shutterstock

Kommentar

Der 49 Jahre alte Franke, der kürzlich auf Polizisten schoss und vier dabei teils lebensgefährlich verletzte, hatte anscheinend die typische Sektenkarriere in der sogenannten „Reichsbürgerszene“ hinter sich und glaubte fest an die typischen Mythen und Märchen. Er ließ eine Anzeige in der Zeitung drucken, in der er als „lebendiger, beseelter und selbstbewusster Mann aus Fleisch und Blut nach der päpstlichen Bulle von 1540“ seine Zurechnungsfähigkeit bescheinigte. Er wollte seinen Pass abgeben wegen Nichtexistenz der Bundesrepublik, zahlte die Kfz-Steuer laut Berichten nicht mehr, entfernte seine TÜV-Plakette und dann das Nummernschild. Seine Kampfsportschule war angeblich pleite, er ging keiner geregelten Arbeit mehr nach und lebte mit zwei weiteren Sektierern zusammen. Sein Grundstück betrachtete er natürlich als sein Hoheitsgebiet, quasi sei eigener Staat, und hatte eine eigene Flagge gehisst. Die Kontrolleure, die die Aufbewahrung seiner Schusswaffen prüfen sollten, hat er natürlich auch nicht reingelassen und prinzipiell die Kooperation mit der Bundesrepublik verweigert. Folglich verbunkerte der angebliche Patriot sich in seinem Haus und feuerte auf deutsche Polizisten, als diese „sein Hoheitsgebiet“ betraten.

Nun wird womöglich allen Reichsbürgern die Zuverlässigkeit für Schusswaffenbesitz aberkannt werden.

Erst vor wenigen Wochen gab es einen SEK-Einsatz mit Schießerei und mehreren Verletzten bei dem Versuch einer Zwangsräumung. Ein ehemaliger Schönheitswettbewerb-Gewinner war auf die Staatsleugner- bzw. Reichsbürger-Schiene abgerutscht und mauserte sich zu einer prominenten Figur der Szene mit seinen Schimpftiraden. Er habe zudem gar keinen Namen, könne also nicht belangt werden. Er nennt sich schlicht „Ich bin“ und beantragte die Anerkennung seines Staates „Ur“ vom Humanitären Komitee des Roten Kreuzes in Genf, die sich natürlich nicht die Bohne für die Sache interessierten. Irgendwie soll Ursache noch versucht haben, der Bank einen mysteriösen Schuldschein anzudrehen. In der Reichsbürgerszene glauben manche, dass man selbst Geld als Schuldschein erzeugen könne. Jemand wollte gar mit Fake-Schuldscheinen einen Ferrari kaufen.

Für die Reichsbürger sind aber die Beamten der Bundesrepublik nur Träger einer „Wortmarke Polizei“ und Angestellte einer Bundesrepublik GmbH oder Treuhandverwaltung, die gar kein gültiger Staat sei. In den USA gibt es ähnlich sinnlose Rechtsauffassungen; so versuchte es kürzlich ein Sohn des berüchtigten Bundy-Ranchers mit der Erklärung vor Gericht, er sei ein geistig unzurechnungsfähiger, „souveräner“ Bürger und müsse sich deshalb gar nicht an die Gesetze halten. Er gab seinen Namen an als „Ryan C, Mensch“ und erklärte, er sei als „Idiot“ laut keinem Gesetz verpflichtet, zurechnungsfähig zu sein“. Er erwarte eine Million Dollar als Wiedergutmachung für seine illegale Inhaftierung. Andere Personen weigerten sich vor Gericht, sich hinzusetzen, weil sie im Internet gelesen hatten, dass mit diesem Trick das Recht nicht auf sie anwendbar sei.

Wenn jemand die Märchen der Reichsbürgerszene glaubt, macht dies die Märchen nicht wahr. Ob einem dieser deutsche Staat gefällt oder nicht, ändert nichts daran, dass die Bundesrepublik der einzige deutsche Staat ist, der existiert. De facto hat die Bundesrepublik die Staatsgewalt, das Staatsvolk, die Geschichte und die Akzeptanz der Bevölkerung. De Jure haben sich die Verantwortlichen, die nach dem Krieg die Bundesrepublik geschaffen hatten, in jeder nur denkbaren Weise abgesichert. Man nutzte Profi-Juristen, die alle möglichen Details regelten, von Geltungsbereichen über die Rechtsnachfolge des Deutschen Reiches bzw. das „teilidentische“ Verhältnis zwischen Deutschem Reich und BRD, das komplizierte Verhältnis zur DDR usw.

Es gibt viele komplizierte Gesetzespakete, die ältere Gesetze und Verordnungen teilweise oder in Teilen ersetzen. Das ist sehr sehr kompliziert und selbst gewöhnliche Jura-Absolventen haben damit ihre Schwierigkeiten. Selbst der eher patriotisch gesinnte Staatsrechtler Schachtschneider hat in seinem Buch über die Souveränität Deutschlands genau festgehalten, dass wir eine stark eingeschränkte Souveränität haben, dass aber gleichzeitig die Märchen der Reichsbürgerszene nichts taugen. Auch der bekannte Hans-Herbert von Arnim legt in seinen seriösen Büchern genau dar, wie die harsche Realität der Bundesrepublik aussieht, ohne dabei Reichsbürgermärchen zu verbreiten.

Praktisch alles, was die Reichsbürgerszene hervorgebracht hat, ist falsch. Die Bundesrepublik ist keine Firma, auch wenn sie Firmenvehikel benutzt für Geldgeschäfte und entsprechend registriert ist. Es brauchte keinen Friedensvertrag, um den Krieg zu beenden. Die Gesetze sind in der gesamten Bundesrepublik gültig. Die Bundesrepublik ist der einzige gültige existierende deutsche Staat. Man muss sich entweder an die Gesetze dieses Staates halten, oder die Konsequenzen spüren oder diesen Staat verlassen und auswandern. Es gibt keine genialen Schlupflöcher und Tricks. Man kann nicht auf seinem eigenen Grundstück seinen eigenen Staat ausrufen. Man kann nicht irgendwelche aus dem Internet kopierten Schriebe an Behörden schicken und sich damit erfolgreich um Steuern drücken, Strafzahlungen oder Sonstiges. Das ist alles Quatsch. Wenn man trotzdem versucht, mit so einem Blödsinn vorzugehen, macht man sich nur verwundbar, reitet sich und seine Familie immer tiefer in den Untergang.

Jetzt hat die Sache natürlich ein Nachspiel. Die Regierung will nun gerne alle Reichsbürgern als unzuverlässig für den Waffenbesitz klassifizieren. Diverse Unterstützer und Mitwisser werden zur Rechenschaft gezogen werden. Manche Unterstützer und Sympathisanten schwören üblicherweise im Internet auf Rache, posten persönliche Details von Beamten und stoßen Drohungen aus. Die Reichsbürger werden aber mit ihrer Vorgehensweise keine Chance haben gegen die Polizei und Geheimdienste. Bald kommt notfalls auch noch die Bundeswehr im Inneren dazu, und übt bereits für Einsätze im Inland. Selbst wenn sich Reichsbürger also künftig irgendwo verschanzen und aus dem Fenster schießen, dann holen die Behörden eben immer mehr, immer bessere staatliche Kämpfer hinzu mit immer besseren Waffen. Wenn sich die Reichsbürger als nächstes Sturmgewehre besorgen, dann kommt die Bundeswehr mit Panzerfäusten, Scharfschützengewehren, Tränengasgranaten und mit gepanzerten Fahrzeugen.

Wenn die Reichsbürger-Szene es mit Terrorismus versucht, dann kriegen sie es zu tun mit den Geheimdiensten und mit verdeckten Ermittlern, im Extremfall auch mit amerikanischen und britischen Geheimdiensten. Insbesondere wenn sich die Reichsbüger mit russischen Kräften verbünden, dann bewegen sie sich in Richtung Hochverrat. Wenn sich eine Art braune Armee-Fraktion etabliert, und wenn diese auch noch mit den Russen kooperiert, dann haben westliche Eliten genau das was sie wollen. Es führt kein Weg daran vorbei, dass patriotisch gesinnte Deutsche sehr genau darauf achten was sie tun, dass sie äußerst professionell dabei vorgehen, ihre Interessen durchzusetzen. Das fürchten Eliten am meisten: Eine seriöse, professionelle, legitime Opposition.

AlexBenesch
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