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Prozess gegen „Reichsbürger“-Gruppe um Prinz Reuß beginnt heute

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Kommentar

In Stuttgart-Stammheim beginnt heute der erste Prozess gegen Mitglieder der Gruppe um Prinz Reuß. Wegen Verbindungen mancher Personen zur AfD kommt die Angelegenheit zur Unzeit für die Partei, die sich im Europawahlkampf abmüht gegen die Auswirkungen der Skandale um Maximilian Krah und Petr Bystron wegen Russland und China.

Vor Gericht stehen zunächst neun mutmaßliche Mitglieder des „militärischen Arms“ die eine Art Umsturz geplant haben sollen. In den vergangenen Monaten versuchten es Personen, die an Treffen teilgenommen hatten, mit dem Argument, sie hätten nur in die Gruppe hineingeschnuppert und sie hätten keine Ahnung von radikalen Plänen. In den Medien erfuhren wir, dass Fahnder die israelische Spionagesoftware Pegasus gegen die Telefone von Verdächtigen eingesetzt hatten. Dementsprechend steht und fällt alles mit den Überwachungsprotokollen und potenziellen Berichten von V-Personen. Das rechte Spektrum ist seit Jahrzehnten stark unterwandert und die technologischen Abhör-Möglichkeiten sind noch viel größer als früher. Prinzipiell können die Amerikaner deutsche Bürger ausspionieren, wenn von jenen Probleme erwartet werden für die US-Sicherheitsinteressen in Europa. Diese Erkenntnisse werden beispielsweise im Bereich Islamismus regelmäßig mit deutschen Behörden geteilt.

400.000 Seiten Ermittlungsakten ergeben eine Anklageschrift mit mehr als 600 Seiten wegen den Vorwürfen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Hochverrat. Weitere Prozesse gegen weitere Beschuldigte beginnen ebenfalls bald.

Nach einer Verhaftungswelle versuchten es Medien im Internet mit der Relativierung, es handle sich um abgeschwirrte Rentner, denen nichts zuzutrauen sei. Dagegen sprachen die Mitglieder der Gruppe mit militärischer Ausbildung, Waffenfunde, die Kontakte von Heinrich XIII. Prinz Reuß zu den Russen und die theoretischen Möglichkeiten, mit Hilfe der ehemaligen AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann Zugang zum Reichstagsgebäude zu erhalten.

Bei den Stuttgarter Angeklagten soll es sich mutmaßlich um die Leiter von „Heimatschutzkompanien“ handeln.

Der Angeklagte Markus L. soll zwei Polizisten eines Sondereinsatzkommandos angeschossen haben.

Russland-Connection

Vier ausgedruckte Seiten fanden die Fahnder, als sie die Räume von Frank R. im Erzgebirge bei der Großrazzia im vergangenen Jahr durchsuchten. R. sei Teil gewesen der „Reichsbürger“-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß.

Auf dem Papier war ein E-Mailverkehr zwischen Frank R., weiteren Mitstreitern und dem russischen Generalkonsulat in Leipzig. Wie kamen diese Gestalten auf die Idee, über (unverschlüsselte?) Mails zu kommunizieren? Alle Mails, die an die Russen gehen, werden standardmäßig abgefangen durch NSA und GCHQ. Wer mit den Russen kommuniziert, landet auf der Selektorenliste der NSA und wird besonders überwacht. Dabei ist es egal, welche Apps derjenige verwendet.

Die Mail an diesem Tag lief über die Firmenadresse von Frank R. Er machte sich anscheinend nicht einmal die Mühe, von einem anonymen Konto aus zu schreiben.

Die Herren seien pro-russisch, hieß es, und wollten ein persönliches Treffen im Generalkonsulat in Leipzig. Zwei Tage später schrieb ein hochrangiger Diplomat an die mutmaßlichen Reuß-Gruppenmitglieder zurück und machte einen Terminvorschlag. Diplomaten sind normalerweise Spione und nur selten ist man interessiert an Personen, die sich anbieten.

Einen Tag vor dem anvisierten Termin folgte der Zugriff durch die Polizei. Der Chef der mutmaßlichen Verschwörer, Heinrich XIII., soll mit seiner angeblichen russischen Lebensgefährtin Vitalia B. in Leipzig gewesen sein. Sie wiederum soll das Konsulat mehrfach aufgesucht haben.

Die Mutter von Prinz Reuß ist eine geborene Herzogin von Mecklenburg, also aus einem Haus, das sehr eng mit Großbritannien verbunden ist. Er ist ein Cousin zweiten Grades der früheren niederländischen Königin Beatrix. Also auch ein Haus, das sehr eng mir Britannien ist. Friedrich Wilhelm (II.), Großherzog von Mecklenburg, stammte ab von Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt. Das Fürstentum Reuß übertrug ab 1880 eine Vertretung auf das Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. Sachsen-Coburg und Gotha wurde zusammen mit dem Haus Hessen der britische Thron. Die Häuser Hessen und Schleswig-Holstein kontrollierten im Laufe der Zeit den russischen Zarenthron.

Praktisch niemand begreift alte, adlige Geheimdienstnetzwerke. Es ist nicht einmal klar, inwiefern der verhaftete Prinz Reuß dies versteht. Sowohl der britische als auch der russische Geheimdienst könnten über adlige Mittelsmänner den Prinzen ausgehorcht haben.

Die seltsame Vitalia B. wurde als „Lebensgefährtin“ oder „Assistentin“ von Reuß bezeichnet. aber ihr Status ist noch unklar. Nach MDR-Recherchen reiste Vitalia B., 1983 in Kaliningrad geboren, erstmals am 1. Oktober 2002 nach Deutschland ein.

Nach MDR-Informationen soll sie während einer medizinischen Untersuchung gegenüber Mitarbeiterinnen der Justizvollzugsanstalt behauptet haben, nicht die zu sein, für die sie gehalten wird. Ihr Name laute vielmehr „Maria Romanov“. Hält sie sich für eine Erbin des Zarenhauses? Oder gab sie dies dem Prinzen nur so vor?

Russland und auch mögliche Kontakte zu russischen Regierungsstellen waren offenbar ein zentraler strategischer Bestandteil der Gruppe Reuß. So wurde immer wieder von einer „Allianz“ gesprochen, bei der die mutmaßlichen Putschisten Hilfe aus Moskau erwarteten. Doch das Signal kam offenbar nicht, was zu Frust führte.

AlexBenesch
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