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Ist Putins Säuberung im Militär und Geheimdienst real, oder eine strategische Täuschung?

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Bild: Free Wind 2014/Shutterstock.com

Wladimir Putin erweckt den Eindruck, er säubert die oberen Reihen seines Geheimdienstes und seines Militärs. Gleichzeitig soll die Welt denken, Geheimdienstler und Militärs planen seinen Sturz. Es kann sich um eine strategische Täuschung einer geheimen KGB-Kommandostruktur handeln, um Putin aus dem Spiel zu nehmen, um international wieder Anschluss zu finden

Wenn in Nordkorea etwas schiefläuft, dann kann es Militäroffizieren oder Geheimdienstlern schnell an den Kragen gehen. Sie „verschwinden“ dann plötzlich und es gehen Gerüchte um über abgedrehte Hinrichtungen. Als in Russland der sozialistische Parteikongress der „Sieger“ abgehalte wurde, wussten die Teilnehmer nicht, dass die meisten von ihnen von Stalin in den Folgejahren gesäubert werden würden. Auch zahlreiche Militäroffiziere und Geheimdienstler endeten mit einer Kugel im Genick, auch wenn sie brav ihren Dienst geschoben hatten. Auf diese Weise waren die Reihen des Fachpersonals merklich ausgedünnt, als der Zweite Weltkrieg losging.

Iwan der Schreckliche, der erste richtige Zar Russlands, musste sich gegen viele, tatsächliche Verschwörungen aus dem breiten, alteingesessenen Adel wehren und er tat dies auf die brutalst-mögliche Art und Weise als Abschreckung. Seit Iwan hat sich Russland aber sehr stark verändert: Es macht längst keinen Sinn mehr, eine Art Alleinherrscher zu haben, der darauf angewiesen ist, Söhne zu zeugen, die dann möglichst keinen Giftmorden zum Opfer fallen dürfen. Viel besser ist es, man hat eine breite Führungskaste, deren tatsächliche Kommandostruktur geheim ist, damit kein Außenstehender wirklich hineinsehen kann. Man setzt jemanden auf den Thron, bzw. den Präsidentensessel, der austauschbar ist.

Putin war gerade einmal 38 Jahre alt, als er nach wenigen Jahren KGB-Dienst in Dresden nach St. Petersburg zurückkehrte. Für die viel erfahreneren Agenten wie Primakow wäre es nahegelegenen, jemanden aus der dritten Garde wie Putin in das öffentliche Scheinwerferlicht zu stellen. Die tatsächlichen Kommandostrukturen geheim zu halten. Da der Krieg in der Ukraine schlecht verlaufen ist und die Sanktionen die Wirtschaft erdrücken, könnte der KGB Putin strategisch aus dem Amt entfernen, ihm den Krieg anhängen, ihn vergiften und ihm einen Herzinfarkt oder inoperablen Krebs verpassen. Mit einer neuen Marionette als Präsident wird dann ein Wandel behauptet in der Hoffnung, international wieder die Beziehungen zu normalisieren.

Oberflächlich betrachtet benötigt Putin nun Sündenböcke für den scheiternden Krieg und es sind Behauptungen durchgesickert, laut denen Geheimdienstchefs und Generäle ihm zuvor versichert hätten, die Ukraine könne in wenigen Tagen mit minimalen Kampfhandlungen übernommen werden. International klammern sich Putin-Unterstützer an dieses Narrativ und beteuern, der russische Präsident sei durch die Inkompetenz anderer in diesen Krieg hineinbugsiert worden. Manch einer versteigt sich sogar zu der These, die betreffenden Geheimdienstler und Generäle seien Agenten des Westens und hätten Putin regelrecht getäuscht und in den Konflikt hineingelockt.

Mehrere Berichte deuten darauf hin, dass eine bestimmte Abteilung des mächtigen russischen Bundessicherheitsdienstes (FSB) einer besonderen Prüfung unterzogen wurde, wobei ihr Führer verhört und Berichten zufolge sogar unter Hausarrest gestellt wurde.

Der Leiter des sogenannten 5. Dienstes des FSB, Sergei Beseda, und sein Stellvertreter, Anatoly Bolukh, seien beide im Rahmen einer Untersuchung unter Hausarrest gestellt worden, heißt es in einem Bericht.

Unbestätigten Berichten zufolge seien mehrere Generäle von ihren Aufgaben entbunden worden. Kurz vor der Invasion wies er in aller Öffentlichkeit seinen Geheimdienstchef zurecht, der sichtlich eingeschüchtert schien.

Immer mehr Berichte werden lanciert, laut denen kaum jemand eingeweiht gewesen sei in den Plan für einen größeren Krieg, obwohl solche Operationen immer Jahre im Voraus vorbereitet sein müssen. Viele staatliche Funktionäre hätten nur damit gerechnet, dass Putin die Schein-Unabhängigkeit der Separatistengebiete im Osten der Ukraine anerkennt. Sie fühlen sich angeblich hintergangen und unvorbereitet auf die Sanktionen.

Dass Putin einen aufgedunsenen, wütenden Eindruck machte in den letzten Wochen wurde international vorschnell beurteilt als Anzeichen dafür, dass er irrationale Entscheidungen trifft und der Krieg nur aus seinen persönlichen Ambitionen herausgewachsen sein, anstatt aus einer streng rationalen imperialen Kalkulation, um Ukraines Industrie, Lithium-Vorräte und dringend benötigte Bürger einzufangen. Gerade Putins Gesundheit ist ein Framing, das benutzt werden kann von einer verdeckten Kommandostruktur Russlands, um ihn aus dem Amt zu entfernen, ohne dass er Rede und Antwort stehen muss. Er stirbt dann einfach weg, so wie einst Lenin oder Stalin. Seine Geheimnisse sterben natürlich mit ihm.

Vor dem Krieg gab es tatsächlich einige Säuberungen, an die sich die internationale Presse nicht zu erinnern scheint.

Ein 35-jährige Russe, offiziell als Botschaftssekretär der russischen Vertretung akkreditiert, inoffiziell ein hoher Geheimdienstoffizier, war am frühen Morgen des 19. Oktober 2021 von einer Polizeistreife schwer verletzt auf einem Gehweg in Berlin-Mitte entdeckt worden. Er flog oder fiel aus der russischen Botschaft aus dem Fenster. Die russische Botschaft lehnte eine Obduktion ab und ließ die Leiche möglichst schnell nach Russland bringen. Der Vater des Toten ist ausgerechnet Alexey Zhalo, Generalmajor und einer der Vizechefs des FSB in Moskau. In den Zuständigkeitsbereich des Vaters gehören auch Auftragsmorde und Anschläge.​ War der Sohn ein Verräter? Oder wurde er für gravierendes Versagen bestraft? Oder sollte damit eher der Vater indirekt bestraft werden?

So verstarb in den letzten Jahren eine auffällig hohe Zahl an Geheimdienstlern und Militäroffizieren, die mit der Salisbury-Aktion zu tun hatten, den Operationen in der Ukraine und ähnlich heiklen Missionen. Wenn auch nur ein Bruchteil davon ermordet wurde vom russischen Regime, müssen wir uns fragen, wieso diese dramatischen Strafen zum Einsatz kamen:

  • Innerhalb von zweieinhalb Monaten starben sechs aktive russische Diplomaten.
  • Davor gab es eine Serie weiterer mysteriöser Todesfälle.
  • Eine Mordserie 2017 in der Ukraine; die sogenannte „Moskauer Blutspur“
  • General-Oberst Igor Korobow, Chef des Militärgeheimdiensts GRU, starb nun mit 62 Jahren. Er landete auf einem gewöhnlichen Friedhof. Er soll verantwortlich sein für die peinliche Schlappe um die Vergiftung vom GRU-Überläufer Sergej Skripal und seiner Tochter im englischen Salisbury. Die Amateurhaftigkeit der Operation wurde zur Lachnummer, genauso wie der TV-Auftritt zweier Agenten und mutmaßlicher Täter, die vorgaben, (schwule?) Touristen gewesen zu sein.
  • Korobows Vorgänger, General-Oberst Igor Sergunriss starb 2016 an einem Herzinfarkt.
  • General-Major Sergej Mischaniner soll sich am 21. Juli 2014 in seinem Arbeitszimmer erschossen haben.
  • General-Leutnant Valerij Asapow soll zufällig von einem Geschoss getroffen worden sein.
  • General-Major Alexander Schuschkin starb am 27.  Dezember 2015 an Herzstillstand. Er war beauftragt mit der Eroberung der Krim
  • General-Oberst Andrej Serdjukowwurde ist entweder schwerstens verletzt oder tot.
  • Fast alle Kommandeure der Donbas-Milizen sind innerhalb von zwei Jahren gestorben.

Die betreffenden Personen waren vielleicht nicht bereit, größere Operationen in der nahen Zukunft durchzuführen, die ein hohes Risiko bergen, wie etwa großflächige Eroberungen, Cyberkrieg und biologische Waffen. Oder die betreffenden Personen waren tatsächlich grob inkompetent und hatten ihre Posten nur durch Korruption und Vetternwirtschaft erlangt. Dies würde Bände sprechen über das vorherrschende Niveau.

AlexBenesch
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